Der Vampir, das sind wir

„Die tonight“ von Sivan Ben Yishai hatte bereits die vergangenen Spielzeit Premiere gefeiert, aber aus verschiedensten Gründen konnten wir von ars tremonia niemand zu den Terminen hinschicken. Bei der Wiederaufnahme am 14. Oktober 2022 hat es endlich geklappt und ich konnte mir ein Bild von der Aufführung (Regie: Paul Spittler) im Studio machen.

Das Stück heißt komplett „Die tonight, live forever oder Das Prinzip Nosferatu“ und ist in den vergangenen Jahren öfters auf den verschiedenen Schauspielbühnen aufgeführt worden. Im Mittelpunkt stehen drei namenlose Menschen, die freiwillig oder unfreiwillig zu Nachtmenschen werden oder bereits welche sind.

Da wäre zum einen der Makler (gespielt von Linus Ebner), der ein wenig an die Figur Jonathan Harker aus „Dracula“ erinnert. Er verfällt langsam, aber sicher der Nacht. Drogen und homosexuellen Sex ist für ihn die Erfüllung, aber auch Flucht aus den kalten Vorstädten. Am eindrucksvollsten ist die „Business-Frau“ (Valentina Schüler), die nicht nur scheinbar alle Selbstoptimierungsbücher gelesen hat, sondern alles als ihr „Projekt“ sieht. Selbst als sie mit Krebs konfrontiert wird. Die zweite Frau (Lola Fuchs) kann obwohl sie müde und kaputt von der Arbeit ist, dem Reiz der Nacht nicht widerstehen.

Alle drei sind Getriebene, die der Nacht verfallen sind. Anders gesagt: Sie verwandeln sich aus eigenem Willen in Untote. Kein Vampir – ob Nosferatu oder Dracula – muss sie dazu machen.

Neben dem Blutsaugermythos präsentiert uns das Stück noch einen besonders gruseligen Ort in Paris: Die Katakomben. Von 1785 bis zum 19. Jahrhundert wurden in den alten unterirdischen Steinbrüchen von Paris etwa 6 Millionen Gebeine überführt. Etwa zwei Kilometer vom riesigen, teilweise noch unerforschten Gelände ist öffentlich zugänglich. Natürlich gibt es auch einen Horrorfilm aus dem Jahre 2014 (As above – so below) zum Thema.

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