Der Blues des Lebens

Jetzt sind die armen Rosinen Schuld. In Brot gebacken und mit Käse als Aufschnitt sorgen sie bei Rolf Dennemann regelmäßig für Albträume. Doch Dennemann wäre nicht Dennemann, wenn er aus seinen Albträumen nicht noch etwas Produktives machen würde: Er verarbeitet sie literarisch und liest sie dem geneigten Publikum vor. Aber Rolf Dennemann ist nicht alleine bei seinem „Rosinenblues“, wie das Programm heißt, er hat mit Thomas Erkelenz und Gregor Hengesbach zwei Vollblut-Musiker an seiner Seite, die wie der Autor den Blues haben. Ars tremonia war bei der Vorstellung im Theater im Depot am Samstag, den 29. März dabei.

 

Die kleinen Geschichten, die Dennemann vorträgt, sind Geschichten aus seinem Leben oder entspringen seiner guten Beobachtungsgabe. Der zeitliche Rahmen seiner Erzählungen reicht von frühen Kindheitsgeschichten wie „Bei der Omma“, die ihm auf drastische Weise zeigt, dass Fleisch nicht einfach eine Ware im Supermarkt ist, sondern vom einem (vorher) lebenden Tier stammt. Gegen Ende des Programms wird Dennemann mit seinem Alter konfrontiert, als es in einer Arztpraxis heißt: „Herausnehmbare Zähne bitte entfernen“. Welche Impertinenz! Dennemann ist am besten, wenn er gegen solche Unbillen anliest. Hier und da hört man Max Goldt heraus, besonders bei seinem wunderbar witzigem Stück „Allein Essen gehen“, als Dennemann beklagt, wie er als Einzelperson in einem Restaurant an den Katzentisch gesetzt und fortan ignoriert wird.

 

Seine Geschichten sind vielschichtig, treiben manchmal surreale Blüten und tragen auch einen selbstironischen Touch. Dennemann erspart uns nichts. Sein Selbstbesäufnis beim „Sofablues“ ebenso wenig wie sein „Schlager-Tourette“, das ihm dazu zwingt, bei den unpassendsten Stellen irgendeine Schlagerzeile zu singen. Bei „Gelsenkirky“ singt(!) und spricht Dennemann über seine Geburtsstadt. Sein Fazit: Ein trostloser Ort, aber die, die bleiben, sind Helden. Dennemann kann aber auch die leisen Töne. Beim Balkan-Blues „Der alte Mann“ ebenso wie bei seiner Erzählung „Seltsam“, in der es um die Frage geht, „Kann man zu spät zu einer Beerdigung kommen?“ Mit einem „Die Welt ist schön“ entließ Dennemann die Zuhörer wieder in den Dortmunder Abend.

 

Thomas Erkelenz und Gregor Hengesbach spielten eine Art Soundtrack für die Lesung. Zwischen den einzelnen Texten hatten die beiden Musiker etwas Zeit, ihr Können an der Gitarre oder der Bluesharp zu zeigen, aber auch während Dennemann las, betonten manchmal Bassläufe oder andere Geräusche aus der Zauberwelt der Effektgeräte die Atmosphäre der Texte.

 

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