Ars tremonia

Daughters of the Future – Muss Geschichte immer gleich erzählt werden?

Das Favoriten Festival 2024 in Dortmund startete am Donnerstag, den 05.09.2024, mit einem schauspielerischen Paukenschlag. waltraud900 präsentierte mit „Daughters of the Future“ eine Neuinterpretation von „Iphigenie auf Aulis“. Die zentrale Botschaft: Töchter können und sollen auch einmal Nein sagen.

Die Geschichte von Iphigenie kurz erzählt: Agamemnon, Iphigenies Vater, verärgert die Göttin Artemis. Um nach Troja segeln zu können, benötigt er günstige Winde, doch Artemis hat den Wind gestoppt. Sie würde den Wind nur freigeben, wenn Agamemnon seine Tochter Iphigenie opfert.

Ein Teil der Darsteller*innen von "Daughteers of the Future" von waltraud900. Foto: (c) Melanie Zanin.
Ein Teil der Darsteller*innen von “Daughteers of the Future” von waltraud900. Foto: (c) Melanie Zanin.

Zusammen mit einem Chor von Jugendlichen hinterfragt waltraud900 den antiken Stoff aus heutiger Sicht und interpretiert Iphigenies Geschichte neu. Die Jugendlichen reflektieren dabei ihre Beziehung zu ihren Eltern – insbesondere zu ihren Vätern. Wie gut kennt ein Vater seine Tochter wirklich? Weiß er, was ihr Lieblingsessen ist, welchen Film sie mag oder welche Sorgen sie umtreiben?

Selbstbestimmung als zentrale Botschaft

In der klassischen Tragödie ist Klytämnestra, Iphigenies Mutter, keine große Unterstützung. Doch wie sieht es in der Gegenwart aus? Was wünscht sich die Mutter von heute für ihre Tochter? Auch diese Fragen stellen die Jugendlichen in ihrer modernen Interpretation.

Die emotionalen Höhepunkte des Stücks liegen in der Beziehung zwischen Vater und Tochter. Als Agamemnon merkt, dass seine Tochter nicht bereit ist, seinen Befehlen zu folgen, versucht er zunächst zu schmeicheln, dann zu drohen – jedoch ohne Erfolg. Die Töchter der Zukunft haben eigene Vorstellungen und Wünsche. Für sie zählt: „Die einzige Grenze, die ich kennen werde, sind die Grenzen der Physik.“

„Daughters of the Future“ zeigt, wohin der Weg der Töchter der Zukunft führen soll: in ein selbstbestimmtes Leben, frei von den Erwartungen der Eltern oder der Gesellschaft.
Ein besonderes Lob verdient auch Juliette Serrié, die für die Musik und Percussion verantwortlich ist. Ihre Arbeit trägt maßgeblich zur Wirkung des Stücks bei.
Insgesamt ein großartiger Auftakt zum Festival, der nicht umsonst für die Vorauswahl des Theatertreffens der Jugend in Berlin nominiert wurde.