Dantes Inferno oder The Dancing Dead

Es ist keine leichter Kost, das vorweg. Wer sich aber auf Xin Peng Wangs ersten Teil der „Göttlichen Komödie“ von Dantes Inferno einlässt, erlebt eine bildgewaltige Balletchoreografie. Die Solisten und das Ensemble inklusive dem NRW Juniorballett entführen in eine Hölle, die trotz aller Dissonanz eine ästhetische Komponente enthält und die Liebe als Kraft feiert, die die Hölle überwindet. Ein Premierenbericht vom 03. November 2018.

In Dantes „Göttliche Komödie“ geht es um die Reise des Dichters durch die drei Reiche der Toten: Das Inferno, der Läuterungsberg und das Paradies. Im ersten Teil konzentrierte sich Xin Peng Wang auf das Inferno, die beiden anderen Teile werden in den folgenden Jahren gezeigt, so dass die Zuschauer sich 2021 auf eine komplette Trilogie freuen können.

Im „Inferno“ lernt verzweifelte und unglückliche Dante (Javier Cacheiro Alemán) den römischen Dichter Vergil (Dustin True) kennen, der ihn durch die verschiedenen Höllenkreise führt. Hin und wieder erscheint Dantes Jugendliebe Beatrice (Lucia Lacarra). Eine wichtige Rolle spielt auch der Fährmann Charon (Cyrill Pierre), der für Nachschub an Toten sorgt.

Die Toten, dargestellt von Mitgliedern des Ensembles und des NRW Juniorballett, machen den ersten Teil zu einem durchaus gruseligen Erlebnis, denn sie stecken in Ganzkörperanzügen, die sie skelettartig aussehen lassen. Ein großes Lob an Kostümbildner Bernd Skodzig. Die tanzenden Toten symbolisieren die verschiedenen Sünden, die sich die Menschen zu Lebzeiten zu Schulden kommen ließen. Hier konnten einige Ensemblemitglieder in einem Pas de deux, Pas de trois oder Pas de quarte ihr Können zeigen: Sehr beeindruckend waren die Reminiszenzen an das klassische Ballett mit seinen Sprüngen und Drehungen.

Das Ensemble kämpft mit dem Höllentor. (Foto: © ©Maria-Helena Buckley)
Das Ensemble kämpft mit dem Höllentor. (Foto: © ©Maria-Helena Buckley)

Atemberaubend war das Licht (Carlo Cerri) und das Bühnenbild von Frank Fellmann. Ein sehr beeindruckendes Anfangsbild, als Dante unter der Last der Ketten schier erdrückt wurde und später dann der umgedrehte Höllenturm.

Zum infernalischen Genuss gehört natürlich die passende Musik: Mit Musik aus der Symphonie „Decasia“ von Michael Gordon wurde das Inferno akustisch wunderbar dargestellt. Gordon gehört zur Künstlergruppe „Bang On A Can“ , und seine Musik ist im Grenzbereich zwischen Klang und Geräusch anzusiedeln. Das Publikum wurde in den 75 Minuten magisch in eine Welt hineingezogen, und ein Kopfkino entwickeltet sich sich denjenigen, die sich darauf eingelassen haben.

Diese dunkle Sphäre (oft verdrängt) gehört auch zum Leben, genau wie Schönheit, Liebe und Genuss auf der anderen Seite.

Xin Peng Wang hat mit „Inferno“ wieder ein Ballett geschaffen, das einen packt und in die tiefen der Hölle zieht. Mit seinen exzellenten Solisten und den beiden Ensembles kreiert er ein bildgewaltiges Ballett, das alle Sinne anspricht. Was bleibt ist die Vorfreude auf den zweiten Teil.

Termine und Infos unter www.theaterdo.de

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