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Armenisches Klanggemälde

Mit zwei Werken des sowjetisch-armenischen Komponisten Aram Chatschaturian und der 4. Sinfonie von Peter Tschaikowsky entführten die Dortmunder Philharmoniker im 8. Philharmonischen Konzert der Spielzeit 18/19 unter der Leitung von Markus Stenz das Publikum nach Russland und nach Armenien. Der Titel „Düstere Leidenschaft“ war Programm und Solokünstler Nemenja Radulović zeigte diese düsteren Leidenschaften im Violinkonzert von Chatschaturian.

Den Beginn des Philharmonisches Konzertes machten einige Sätze aus der Ballettmusik „Gajaneh“ von Chatschaturian. Das Ballett war eine Auftragsarbeit der Kommunistischen Partei der UdSSR und Chatschaturian komponierte die Arbeit 1942, also während des Zweiten Weltkrieges. Populär wurde vor allem der „Säbeltanz“ am Ende des Balletts. Er wurde in einigen Filmen benutzt und wurde sogar in der Popmusik gecovert. Klar, dass dieses bekannte Stück nicht fehlen durfte.

Gut bekannter Gast: Nemenja Radulović verzauberte erneut das Publikum beim Philharmonischen Konzert. (Foto: © Charlotte Abramow / Deutsche Grammophon)
Gut bekannter Gast: Nemenja Radulović verzauberte erneut das Publikum beim Philharmonischen Konzert. (Foto: © Charlotte Abramow / Deutsche Grammophon)

Mit einem großen Griff in das Repertoire der armenischen Volksmusik ging es weiter, denn auch das Violinkonzert in d-moll von Chatschaturian lebt in seiner Virtuosität und Musikalität vom Heimatland des Komponisten. Als Solokünstler wurde ein alter bekannter engagiert. Nemenja Radulović war bereits im Juni des vergangenen Jahres zu Gast der Dortmunder Philharmoniker. Damals spielte er das Violinkonzert in a-moll von Mozart. Jetzt hat Radulović Chatschaturian im Gepäck und passenderweise spielt er auf seiner neuen CD „Baïka“ auch sein Violinkonzert. Mit dem ersten Bogenstrich entführt uns Radulović in den Kaukasus. Die Dynamik, die rhythmischen Variationen der Tänze, energisch dargeboten von Radulović und den Philharmonikern. Verdientermaßen gab es Standing Ovations vom Publikum für den Solokünstler, aber auch für das Orchester, das mit Radulović eine musikalische Einheit formte. Der Künstler bedankte sich beim Publikum mit einer Zugabe.

Die düstere Leidenschaft hielt auch Tschaikowsky in ihren Bann. Zeitlebens konnte er seine Homosexualität nicht öffentlich machen, er flüchtete sogar in eine flüchtige Ehe, die ihn aber noch unglücklicher machte. Ein Seelendrama in Musiknoten eindrucksvoll intoniert von den Dortmundern Philharmonikern. Sehr anrührend ist der zweite Satz der Sinfonie, das „Andantino“, das mit einem Oboensolo beginnt. Hier erinnert sich Tschaikowsky musikalisch an bittersüsse Kindheitserinnerungen, der vierte Satz führt alle drei Themen wieder zusammen. Hier wird vielleicht ein Volksfest zelebriert und das Motto lautet: Freuen Sie sich an den Freuden der anderen Menschen. Doch das Schicksalsmotiv aus dem ersten Satz taucht wieder auf mit der düsteren Erkenntnis des Komponisten: Ich muss leider außerhalb dieser Freude bleiben.

Trügerische Idylle

Es gibt wohl nichts, was so sehr romantisiert wird, wie der Wald und das Landleben. Ein Blick in die Zeitschriften-Auslagen zeigt es: Landlust, Landküche suggerieren dem gestressten Städter wie erquicklich das Leben auf dem Land sei. Für einen Bauern (vor allem in früherer Zeit) war das Leben sicherlich nicht so erfreulich. Tägliche harte Arbeit und immer die Angst, dass ein Unwetter große Teile der Ernte vernichtet. Im 7. Philharmonischen Konzert am 19. und 20. März setzen sich drei Komponisten mit dem Landleben auseinander, mal heiter, mal bittersüß.

Den Beginn machte ein englischer Komponist namens George Butterworth. Seine Rhapsodie „A Shropshire Lad“ weckt Erinnerungen an das englische Landleben. Doch in der romantischen Musik wird die Idylle von Todesahnungen überschattet. Das Stück ist sehr melancholisch. Eine Vorahnung, die den Komponisten selbst trifft. Geboren 1885 meldet sich Butterworth für die englische Armee im Ersten Weltkrieg und fällt 1916. Ein guter Einsteig für die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Julia Jones.

Midori spielte das Violinkonzert von Brahms in meisterlicher Weise. (Foto: © Timothy Greenfield-Sanders)
Midori spielte das Violinkonzert von Brahms in meisterlicher Weise. (Foto: © Timothy Greenfield-Sanders)

Eine Herausforderung für Geiger ist das Violinkonzert D-Dur von Johannes Brahms. Früher als fast unspielbar angesehen, gehört es mittlerweile ins Repertoire vieler großen Geigenvirtuosen. Beim 7. Philharmonischen Konzert spielte die Japanerin Midori die Solo-Violine und begeisterte das Publikum mit ihrer Virtuosität. Vor allem im sehr langen ersten Satz präsentierte sie die Kadenz in einer so wundervollen Weise, dass das Publikum nicht anders konnte, als am Ende des Satzes zu applaudieren.

Idyllisch wurde es beim zweiten „pastoralen“ Satz. Hier führt die Oboe als „Fast-Soloinstrument“ ins musikalische Geschehen ein, bis die Violine einsetzt. Mitori zeigte auch hier, dass sie neben ihrer Virtuosität auch eine lyrische Stimmung mit ihrem Instrument zaubern kann.

Der Schlussatz des Violinkonzertes gehörte dem ungarischen Temperament. Die folkloristischen Töne im schnellen Tempo erfordern immer wieder ein großes Können der Solo-Künstlerin Midori.

Nach einer Zugabe ging es in die Pause.

Nach der Pause erwartete das Publikum die „Mutter aller musikalischen Landpartien“, die 6. Sinfonie von Beethoven, auch „Pastorale“ genannt. Lustige Tänze, Vogelstimmen am Bach, Gewitter, an das alles lässt uns Beethoven in seiner Sinfonie teilhaben. Gerade die ersten beiden Sätze der Sinfonie sind ein Klangteppich voller Naturgeräusche.

Der dritte Satz ist einem ländlichen Fest nachempfunden. Hier imitiert das Orchester Dorfmusikanten, die zum tanz aufspielen. Doch die Idylle dauert nicht lange, denn mit großartiger Wucht lässt es Beethoven im vierten Satz Gewittern. Der Schlusssatz ist ebenfalls ungewöhnlich. Wer das triumphale Ende der 5. Sinfonie noch im Ohr hat, wird überrascht. Denn das Ende ist lyrisch und ruhig.

Große Bekenntniswerke beim 6. Philharmonischen Konzert in Dortmund

Das 6. Philharmonische Konzert im hieigen Konzerthaus am 19. und 20.02.2019 stand unter dem Motto „Selige Stimmen“. Zwei große Komponisten mit zwei persönlichen Bekenntniswerken standen im Mittelpunkt der beiden Abende. Zum einen die mysteriös-unvollendete Messe c-Moll KV 427 von Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791), nach seinem Umzug nach Wien und seiner Hochzeit mit Constanze Weber entstanden, zum anderen die musikalische Liebeserklärung an Russland „Die Glocken“ op. 35 von Sergej Rachmaninow (1873 – 1943).

Für die beiden herausragenden Werke wurde die ganz große Besetzung aufgeboten. Neben den Dortmunder Philharmonikern unter der temperamentvollen Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz waren noch insgesamt sieben Solosängerinnen und Sänger mit ausdrucksstarken Stimmen sowie der renommierte Tschechische Philharmonische Chor Brno an den Aufführungen beteiligt. Chormeister und Direktor dieses eindrucksvollen Chors ist Petr Fiala.

Die herausragende Messevertonung der europäischen Musikgeschichte von Mozart, aufgebaut in Kyrie, Gloria, Credo und Sanctus, zeichnet sich durch viele stilistische Ebenen aus. Sie ist gleichermaßen von barocken Passagen wie auch von der italienischen Oper durchdrungen. Die Sopranistin Akiho Tsujii hatte den größten Gesangspart zu bewältigen und tat dies mit Bravour. Auch ihre Gesangskollegen Anna Harvey (Mezzosopran, Benjamin Glaubitz (Tenor9 und Lucas Singer (Bass) standen ihr in verschiedenen Konstellationen, ob Solo- im Duett, Terzett oder am Ende als Quartett in nichts nach. Der „typische“ Mozart, mit dem ihm eigenen Stil als Meister des Kontrapunkts, war bei der Aufführung unverkennbar heraus zu hören.

Für „Die Glocken“ von Sergej Rachmaniniow wurde das große Orchester, dazu eine Solosängerin (Olesya Goloneva als Sopran), Maxim Aksenov (Tenor), der in Dortmund gut bekannte Luke Stoker (Bass) als Solosänger sowie der Tschechische Philharmonische Chor Brno als gewaltiges klangliches Fundament eingesetzt.

Der Komponist wurde durch das Gedicht „The Bells“ von Edgar Allan Poe, frei übersetzt ins Russische von Konstantin Balmont, zu seinem chorsymphonischen Werk angeregt. Diese russische Übersetzung wurde für die Aufführungen übernommen. So kommt viel „russische Seele“ rüber.

Unterstützt wurden die Dortmunder Philharmoniker beim 6. Philharmonischen Konzert vom eindrucksvollen Tschechischen Philharmonischen Chor Brno. (Foto: © Pavel Nesvatba)
Unterstützt wurden die Dortmunder Philharmoniker beim 6. Philharmonischen Konzert vom eindrucksvollen Tschechischen Philharmonischen Chor Brno. (Foto: © Pavel Nesvatba)

In vier Sätzen wird hier der vor der Verbreitung der Uhr durch Kirchenglocken bestimmte Lebensrhythmus der Menschen, den Rachmaninow gut aus seiner Heimat von früher kannte, musikalisch dargelegt.

Glocken kommen im Konzert auch in verschiedenen Größen und mit unterschiedlichen Klangfarben, die hervorragen die verschiedenen Stimmungen in den unterschiedlichen Lebenssituationen begleiteten.

Im ersten Satz „Silberne Glocken“ steht die jugendliche Lebensfreude im Mittelpunkt. Er beginnt mit einem hellen Läuten von Schlittenglocken (Glockenspiel, Triangel, Celesta und Streicher). Der Solotenor begleitete mit seiner vollen Stimme im Wechsel mit den Chor das Geschehen.

Im zweiten Satz erklingen „Hochzeitsglocken“, und die helle klare Stimme der Sopranistin gesellt sich nach dem feierlichen Choreinsatz in die fröhliche Stimmung ein und es endet mit dem Einsetzen von Röhrenglocken zu freudigen Rufen des Chors.

Im Dritten Satz „Sturmglocken“ wird die Wirkung der Feuer-und Alarmglocke auf den Menschen musikalisch eindrucksvoll beschrieben. Es geht hoch her in den Wirren des Lebens. Klage und Schreckensrufe des Chors und werden kontrastreich und dramatisch mit dem Sopran gesteigert.

Die „Todesglocken“ im vierten Satz deuten auf das Lebensende hin. Elegisch-melancholisch beginnt er mit dem Einsatz des Englischhorn. Er wird dann monoton traurig begleitet vom Chor und dem tiefen warmen Bass. Atmosphärisch eindrucksvoll ist der musikalische Wechsel von Aufbäumen im Schmerz und dem Versinken in Trauer bis zum. Da kommt viel rüber, was man al

Ein wunderbares Orchesternachspiel, das harmonisch und melodisch etwa an das Ende von Wagners „Götterdämmerung“ erinnert, bildete den eindrucksvollen Abschluss.

Musik voll Triumph und Schmerz

Die Dortmunder Philharmoniker unter der engagierten Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz haben am 15./16.01 .2019 unter dem Motto „Teurer Triumph“ ganz besondere Werke von zwei außergewöhnlichen russischen Komponisten für ihr 5. Philharmonisches Konzert ausgewählt.

Zum einen die „Ouverture Solennelle „1812“ op. 49“ von Peter Tschaikowsky (1840 – 1893, )und nach der Pause die 7. Sinfonie C-Dur op. 60 „Leningrader“ von Dimitri Schostakowitsch (1906 – 1975). Ars tremonia war am 15. Januar im Dortmunder Konzerthaus anwesend.

Die beiden Werke sind in mehrfacher Hinsicht beachtlich und besonders. Die „Ouverture Solennelle „1812“ nimmt Bezug auf den Einmarsch der französischen Truppen am 22.Juni 1812 in Russland, und den teuer mit vielen Menschenleben erkaufte Sieg der Russen gegen Napoleon. Als historisch einzigartigen Parallele beginnt genau 129 Jahre später, am 22. Juni 1941 der Überfall des deutschen NS-Regimes auf die Sowjetunion unter dem Namen „Unternehmen Barbarossa“. Nach der Einkesselung der Stadt Leningrad und dem lange Kampf voll Entbehrungen und am Ende über 1.000.000 Toten gegen die Deutsche Armee begleitet als musikalische Unterstützung Schostakowitsch mit seiner 7. Sinfonie bis zum siegreichen Ende.

Die Ouverture 1812 entspricht vom Wesen her einer sogenannten „Battaglia ( einem musikalischen Schlachtgemälde) und ist auch so aufgebaut. Aufstellung der Heere – Kampflärm – Siegeslied. Die feierliche Einleitung erinnert an russisch-orthodoxe Kirchenklänge. Nach einer Passage der leichten Verunsicherung kann der Zuhörer die französische „Marseillaise“ erkennen. Die war zwar 1812 nicht die Nationalhymne Frankreichs, unter Napoleon erklang „Le Chant du Départ“, aber 1882 (Zeit der Aufführung) schon. Es steht als Sinnbild für die anfänglichen Siege der Franzosen. Nach dem „Kampflärm“ strahlt das folgende Thema Hoffnung aus. Das nachfolgende russische Volkstanzthema bringt eine folkloristische Note (etwa mit dem Tamburin) in die Ouverture. Es entwickelt sich ein weiterer musikalischer Kampf zwischen der „Marseillaise“ und dem russischen Volkslied, bis am Ende der Anfangschoral majestätisch-pompös mit Glockengeläut ein weiteres Mal erklingt. Nun ist der russische Sieg Gewissheit.

Die 7. Sinfonie op. 60 von Schostakowitsch begleitete als stützende musikalische moralische Begleitung die Zeit der Belagerung Leningrads durch die Deutsche Wehrmacht. Es ist nicht nur eine heroische Sieges-Sinfonie, sondern macht auch den tiefen Schmerz und die unzähligen Verlust spürbar.

Nachdem im ersten Satz zunächst ein eher idyllisches Bild mit in Hinblick auf eine glücklichen Vergangenheit vermittelt wird, trübt diese sich schnell ein. Die kleine Trommel läutet erst ganz leise, dann immer deutlicher die folgende Invasionsepisode ein. Was folgt ist ein gigantisches Crescendo, das sich Furcht erregend monströs steigert.

Imposante Musik von Tschaikowsky und Schostakowitsch, die das Ringen der Russen gegen Invasoren eindrücklich widerspiegelt. Dargeboten von den Dortmunder Philharmonikern unter Generalmusikdirektor Gabriel Feltz. (Foto: © Anneliese Schürer)
Imposante Musik von Tschaikowsky und Schostakowitsch, die das Ringen der Russen gegen Invasoren eindrücklich widerspiegelt. Dargeboten von den Dortmunder Philharmonikern unter Generalmusikdirektor Gabriel Feltz. (Foto: © Anneliese Schürer)

Das folgende traditionelle Scherzo erinnert mit unbeschwerten Klängen zwar an die „Glückliche Zeit“, wird aber durch subtil eingesetzte Taktwechsel unterlaufen. Der schrille Mittelteil führt wieder Invasionsepisode zurück und es bleibt nichts von der Unbeschwertheit übrig.

Das Adagio ist ein großer Trauer-Choral. Durch einzelne Instrumente werden klagende Erinnerungstöne eingeführt. Der Mittelteil ist musikalisch wieder von Klänge der Invasionsperiode geprägt und geht zum schwelgenden Anfangs-Rhythmus über als Zeichen von dem Gewinn des Lichts über die Dunkelheit.

Der Sieg über die Invasoren im vierten Satz entwickelt sich musikalisch langsam zum Sieg hin. Das feierliche und triumphale C-Dur der letzten Takte wird dabei aber immer mit irritierende schreiende Untertöne gestört. Ein klares Zeichen, das dieser Triumph schwer und teuer mit unzähligen Opfern errungen wurde.

Dieses besondere Konzert hat alle beteiligten Musiker mit ihrem Dirigenten spürbar auch an ihre emotionalen Grenzen gebracht.

Das Konzert am Dienstag, den 15.01.2019 wurde von WDR 3 live im Rahmen der Reihe „WDR 3 Städtekonzerte“ übertragen.

Klassische Musik zwischen Trauer und Hoffnung

Das 4. Philharmonische Konzert am 11./12. Dezember 2018 im Dortmunder Konzerthaus stand unter dem Motto „Trauer und Hoffnung“. Ars tremonia war am 12.12.2018 mit dabei.
Die Dortmunder Philharmoniker unter der schwungvollen Leitung des französischen Dirigenten Marc Piollet kombinierte ganz verschiedene Gegensätze mit Werken von vier Komponisten. Die musikalischen Welten gehen von Bohuslav Martinů bis Wolfgang Amadeus Mozart, sowie Maurice Ravel bis Benjamin Britten.
Entstanden sind die zu hörenden Musikwerke alle in für die Komponisten schwierigen Phasen, Zwei sind auch von Trauer und Verzweiflung im Angesicht von Kriegsdrohung und Gewalt geprägt.


Das zu Beginn gespielte „Mahnmal für Lidice“ von dem tschechischen Komponisten Bohuslav Martinů (1890 – 1959) ist ein eindringliches musikalisches Mahnmal und Erinnerung an das grausame Massaker des NS-Regimes am 22.06.1942 im tschechischen Lidice.
Ein düsterer und schriller Anfang löst sich erst langsam in einem patriotischen Choral aus dem 13. Jahrhundert auf und wirkt wie eine Paraphrase auf das Dies irae-Motiv aus der lateinischen Totenmesse. Nachdem sich die Atmosphäre langsam aufklärt, erhellt sich die Musik in hoffnungsvolle fast hymnische Höhen, bis die Idylle am Ende brachial durch einen Tutti-Akkord beendet wird. Hier kommen die tiefe Trauer und Mahnung mit der Trost und Hoffnung in einem Werk zusammen.


Für das folgende Klavierkonzert G-Dur von Maurice Ravel (1875 – 1937) konnte der renommierte Pianist Alexandre Tharaud gewonnen werden.
Das so leicht und brillant daherkommende und aufregend instrumentierte Konzert für ein Soloinstrument und kleines Orchester bietet nicht nur für den Pianisten sondern für alle Beteiligten eine große Herausforderung. Ein fulminanter Peitschenschlag eröffnet das Konzert und schafft gleich eine spezielle „Zirkus-Atmosphäre“mit spanischem Flair. Es folgen eine Fülle von verschiedenen Themen, die von Amerika beeinflusste Jazz wie Blues-Elemente enthalten. Diese treffen unter anderem auf surreale Harfen-Klänge. Das wunderbare Adagio assai danach steht kontrastreich dazu und ist in seiner vordergründigen Einfachheit besonders kompliziert. Der Komponist hatte nach eigenen Angaben „Takt für Takt“ um die fließende Melodie gerungen. Nach einem Trommelwirbel beginnt im letzten Satz ein rhythmisch vorantreibendes und rasantes Finale mit schwindelerregenden Klavierkaskaden.

Das beeindruckte Publikum bekam vom virtuosen Pianisten noch zwei Zugaben zu hören.

Alexandre Tharaud spielte das Klavierkonzert von Maurice Ravel in G-Dur. (Photo: © Marco Borggreve)
Alexandre Tharaud spielte das Klavierkonzert von Maurice Ravel in G-Dur. (Photo: © Marco Borggreve)

Nach der Pause stand die Sinfonie D-Dur KV 504 „Prager“ von Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791) auf dem Programm, mit der der Komponist erst im zweiten Anlauf in Prag einen Riesenerfolg verbucht hatte.
Der erste Satz nimmt in seiner Bildhaftigkeit und thematischem Reichtum schon einiges von dem später entstandenen „Don Giovanni“ voraus. Im folgende Andante verbindet Mozart die gegensätzlichsten Elemente, Formen und Melodien zu einer für ihn typischen kunstvoll aufgeladenen Struktur. Der ernstere Charakter passten wohl nicht zu einem eleganten, tänzerischen Menuett. Jedenfalls ließ der Komponist es wegfallen. Das Rondo-Finale ist wieder von heiterer Lustigkeit und Finessen geprägt und endet mit einem strahlenden D-Dur.


Die als letztes gespielte „Synfonia da Requiem op. 20“ des britischen Komponisten Benjamin Britten (1913 – 1979) kann als prophetische Mahnung für das dem bekennenden Pazifisten im Jahr 1938 schon klar ersichtlichen drohendem Grauen des Zweiten Weltkriegs gesehen werden.
Zugleich hatte Britten noch den Tod seiner Eltern zu verarbeiten.
Das in drei Sätzen konzipierte Werk wollte er so sehr zu einem Anti-Kriegsstück wie möglich machen. Auch wenn die drei Sätze Titel aus der der lateinischen Totenmesse tragen, ist dieser theologische Bezug für ihn eher ein emotionaler. Die drei Sätze wurden an diesem Konzertabend als eine zusammenhängende Einheit präsentiert. Es beginnt mit einem donnernden Paukenschlag und führt zu einem dunklen langsamen Trauermarsch. Deutlich wird das durch die Lamento-Klage der Holzbläser und Streicher.
Dissonant und als Apokalyptische Reiter musikalisch herumrasend sowie nicht greifbare Gefahr geht es weiter. Das Saxophon sorgt nur kurz für eine gewisse Entspannung, bevor die Musik wieder zu neuen Höhepunkten aufgepeitscht wird und am Ende zerfällt.
Das zurückgenommene und friedliche Finale wird von drei Flöten etabliert.
Der Friede ist im Jahr 1941 bei der Uraufführung leider noch in weiter Ferne. Aber wie heißt es so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

3. Philharmonisches Konzert mit den „letzten Dingen“

Der Monat November bringt uns das Thema Vergänglichkeit und „letzte Dinge“ näher.Aber nicht nur das. Schreckliche Ereignisse wie die sogenannte Reichsprogromnacht (1938), die nur den Auftakt für die massenhafte Vernichtung von Menschen jüdischen Glaubens (oder politisch andersdenkenden und sexuell orientierten Personen) bildeten, fanden im November, genauer am 9., statt.

Für das 3.Philharmonische Konzert am 13./14. November 2018 wählten die Dortmunder Philharmoniker unter der engagierten Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz Musikwerke von drei Komponisten aus, die mit dem Titel „Letzte Dinge“ in verschiedener Weise zu tun haben.

Da ist zunächst das „Scherzo triste op. 5“ des jüdischen Komponist Pavel Haas (1899– 1944) aus Brünn (Tschechien). Als Jude musste er sich nicht nur von seiner nicht jüdischen Frau scheiden lassen, sondern er wurde auch nach Theresienstadt deportiert und am 17. Oktober 1944 im Konzentrationslager Auschwitz ermordet. Sein während der Studienzeit entstandenes „Scherzo triste“ trägt schon in seinem Namen etwas Doppeldeutiges. Scherz, eigentlich ein fröhlicher Tanz, im Gegensatz dazu das Traurige „triste“.

Das Werk ist von rhythmischen Wechseln und dem Gegensatz von heiter-tänzerisch hin zu tief melancholischen Passagen geprägt. Besonders berührend, dass vier restaurierte „Violinen der Hoffnung“ von deportierten (jüdischen) Musikern, die während des Zweiten Weltkrieges im Streichorchester von Theresienstadt gespielt haben, bei den Konzerten hier 2018 zum Einsatz kamen.

Die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Gabriel Feltz bei der 9. Sinfonie von Bruckner.
Die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Gabriel Feltz bei der 9. Sinfonie von Bruckner.

Emigriert vor dem drohenden „Räuber- und Mördersystem“ der Nazis aus Deutschland ist der ungarische Komponist Béla Bartók(1881–1945) in die USA. Nie richtig zu Hause,starb er 1945 an seiner Leukämie-Erkrankung. Tragisch, dass ihm 17 Takte zur Vollendung seines an den beiden Abenden zuhörenden 3. Klavierkonzert Sz 119 fehlten. Mit dem international bekannten und renommierten Pianisten Gerhard Oppitz hatte man einen hervorragenden Interpreten der Musik von Bartó kam Klavier gewonnen. Die Musik zeichnet sich durch durch dominierende Dreiklänge, Terzvierklänge sowie auch Quartakkorde aus. Ab und zu sind Dissonanzen zu hören, die aber eher zurückhaltend eingesetzt werden. Die allgemeine Klangfarbe ist zum einen mild und pastoral,aber gleichzeitig auch erfrischend. Das Werk erforderte eine hohen Grad an Empathie von dem Pianisten.

Nach der Pause folgte die monumentale 9. Sinfonie d-Moll von dem österreichischen Anton Bruckner (1824 – 1896), die sogenannte „Unvollendete“ Es war dem Komponisten nicht vergönnt, einen vierten Satz für die Sinfonie zu vollenden. Neunte Sinfonien umgibt in der Musikgeschichte seit Beethoven ein fast sakraler Mythos. Erst mit Dimitri Schostakowitsch (1906 – 1975) und seiner Zehnten Sinfonie wurde dieser „Mythos“ durchbrochen.

Die Musik ist für die Tonsprache ihre Zeit ungewöhnlich kühn, zwischen Spätromantik und Moderne, in der Tradition von Beethoven, über Wagner bis zur Volksmusik angesiedelt.

Beim ersten Satz meint man einer musikalischen Welt bei ihrem Entstehen zuhören zu können.

Das Werk ist eine Wiederkehr von Musikentwicklung, Steigerungen hin zu einem orchestralen Höhepunkt und danach folgendem Zerfall.

Beschreibt der erste Satz die Entstehung einer Welt, den maximalen musikalischen Gegensätzen im zweiten Satz bis zum „Abschied vom Leben“ im dritten Satz und endet mit einem versöhnlichen E-Dur Schluss.Besonders der dritte Satz ist musikalisch-thematisch eindeutig von Bruckners Religiosität beeinflusst und gefärbt.

2. Philharmonisches Konzert unter dem Motto „Langsamer Abschied“

Am 23. und 24.10.2018 luden die Dortmunder Philharmoniker unter der sensiblen Leitung des jungen skandinavischen Dirigenten Daniel Blendulf zum 2. Philharmonischen Konzert mit dem Motto „Langsamer Abschied“ in das hiesige Konzerthaus. Ars tremonia war am 23.Oktober 2018 dabei.

Die beiden Komponisten und die drei Werke waren passend zur Thematik ausgewählt.

Von einem hohen Schaffensgipfel blicken die Komponisten Jean Sibelius (1865 – 1957) und Edward Elgar (1865 – 1934) in privaten sowie gesellschaftlich schwierigen Umbruchzeiten musikalisch etwas melancholisch auf eine versunkenen Epoche.

Nicht nur die politischen Veränderungen und ein Weltkrieg (!914 -1918), sondern auch neue Einflüsse durch die atonale Musik (zum Beispiel Arnold Schönberg) lassen sie nostalgisch zurück blicken. Die Komponisten der Spätromantik stehen im Spannungsfeld zwischen Romantik und den modernen Einflüssen. Sibelius und Elgar machen zudem Depressionen (Sibelius) und Krankheit (riskante Mandeloperation bei Elgar) zu schaffen. Der „langsame Abschied“ betrifft also viele Bereiche und gehört zu unserem Leben.

Mit „Die Okeaniden op. 73“ von Jean Sibelius ging es los. Es ist das einzige musikalische Werk des finnischen Komponisten, mit dem dieser sich der griechischen Mythologie zuwendet.

Okeaniden nannte der Dichter Hesiod die Töchter des Okeanos, der göttlichen Personifizierung eines die bewohnte Welt umfließenden gewaltigen Stromes. Sie durchwandern die Tiefen der Ursee.

Leicht und flirrend beginnt nach einem kurzen Paukenschlag die Musik und lässt im Publikum Bilder im Kopf von schwimmenden Okeaniden entstehen. Nach ruhigeren und tänzerischen Passagen steigert sich das Ganze zu einem orchestrieren rauen Sturm.zum Finale beruhigt sich alles und die Klänge enden in einem ruhigeren elegischen Fahrwasser.

Virtuos interpretierte Franziska Batzdorf das Cellokonzert von Elgar. (Foto: © Paul Galke)
Virtuos interpretierte Franziska Batzdorf das Cellokonzert von Elgar. (Foto: © Paul Galke)

Das folgende „Cellokonzert e-Moll op. 85“ von Edgar Elgar hatte mit Franziska Batzdorf von der Dortmunder Philharmoniker eine hervorragende Solo-Cellistin und Interpretin, die gut mit dem Orchester interagierte. Das Konzert entstammt aus der letzten Schaffensphase des Komponisten. Und ist überwiegend von einer melancholischen Stimmung geprägt. Das viersätzige wechselvolle Cellokonzert hat in seine Finale den umfangreichsten Satz des Werkes und es erscheint als Reminiszenz erst die Melodie des Adagio und dann das Cello-Rezitativ vom beginn des ersten Satzes. Zum einem fast abrupten Ende getrieben wird der letzte Satz im vollen Orchesterklang .

Nicht ohne Grund versah der Komponist sein Cellokonzert am Ende mit den Worten „Fins.R.I.P.“ Es war sein letztes vollendetes Werk.

Das begeisterte Publikum bekam noch einen berührenden „Elgar-Zuschlag“ als Zugabe vo Franziska Batzdorf.

Nach der Pause folgte die letzte vollendete Sinfonie, die „7. Sinfonie C-Dur op. 105“ von Jean Sibelius. Als dreisätzige Werk geplant, entwickelter er eine Sinfonie in nur einem Satz. Die Musik ist, im Gegensatz zu seiner Lebenssituation (Depression und Alkoholsucht) zunächst von einer friedlichen Musik in schillernden Farben geprägt. Sie befindet sich in einem ständigen organischen Fluss und Gestalt-wandel. Mal heiter-tänzerisch, dann wieder wild-temperamentvoll wechselt die Siebte ihr Erscheinungsbild wie ein Chamäleon

Das Adagio-Finale wird mit einem Posaunenruf eingeleitet und am Ende führt die Musik in eine andere friedliche „himmlische“ Welt hinauf. Es sollte sein letztes großes Vermächtnis werden.

Klassische Musik in Zeiten von Umbrüchen

Die neue Spielzeit 2018/2019 steht bei der Dortmunder Philharmoniker unter dem Motto „Krieg und Frieden“. Beim 1. Philharmonischen Konzert am 11. und 12.09.2018 stand Musik von Georg Friedrich Händel, Richard Strauss und Ludwig van Beethoven auf dem Programm, die geprägt war von ihrer jeweiligen „Zeitenwende“. Ars tremonia war am 11.09.2018 anwesend.

Unter diesem Titel luden der engagierte Generalmusikdirektor Gabriel Feltz und die gut aufgelegte Dortmunder Philharmoniker ihr Publikum ein.

Die „Zeitenwende“ für die Feuerwerksmusik HWV 351 von Händel (1685 – 1759) das Ende des sogenannten Österreichischen Erfolgskriegs (1740 – 1748), das in London mit einer Siegesfeier gebührend gefeiert werden sollte. Der zu dieser Zeit größte Komponist sollte zu dem geplanten Feuerwerk am 27.04.1748 die passende feierlich Musik komponieren. Die strahlende und feierliche und ebenso beschwingte Musik ließ auch nichts zu wünschen übrig. Einen kleinen (bewussten?) Affront leistete sich der Komponist jedoch. Bereits die Ouvertüre wurde von ihm rhythmisch im Stile der barocken französischen Opernouvertüre konzipiert. Frankreich war aber Hauptgegner der Engländer in diesem Krieg gewesen! Das Finale ist italienisch tänzerisch gehalten.

Dem folgenden Oboenkonzert D-Dur von Richard Strauss (1864 – 1949) , dass nach dem der Befreiung durch die Alliierten und dem Ende des 2. Weltkrieges entstand, wurde das melancholische „Soliloquy“ von Edward Elgard (1857 – 1934) für den großartigen Oboisten Leon Goossens geschrieben. In Gedenken auch an seine 1920 verstorbene Frau Alice.

Albert Mayer begeisterte mit seinem Oboenspiel das Konzerthaus. (Foto: © Anneliese Schürer)
Albert Mayer begeisterte mit seinem Oboenspiel das Konzerthaus. (Foto: © Anneliese Schürer)

Als Solo-Oboist konnte erneut der hervorragende und charmante Albrecht Mayer gewonnen werden. Im vergangenen Jahr überzeugte Mayer mit dem Oboenkonzert Nr. 1 von Frigyes Hidas. Dieses Mal interpretierte er zunächst „Soliloquy“ sensibel und zeigte direkt anschließend auch sein ganzes Können beim Oboenkonzert von Richard Strauss. Nach nur zwei kurzen Cello-Takten folgten 57 anstrengende Takte nahezu pausenlosen Soloflug für die Oboe. Der ersten Tutti-Akkord bringt die Erlösung und es folgt ein musikalisch elegischer Abschnitt. Heitere und getragene Passagen wechseln sich im Folgenden ab und es entspinnt ein munterer Dialog der Solo-Oboe mit einzelnen Instrumenten. Das Andante verfällt nach seinem reinen Fluss nur kurz in eine eher düstere Stimmung, um schließlich wieder zum klaren klang zurück zu kehren. Als es gen Ende musikalisch ruhiger und elegischer wird, kann die Solo-Oboe noch einmal ihr ganzes können beweisen.

Das begeisterte Publikum verzauberte Mayer dann mit seiner ersten Zugabe von J.S. Bach (Ich hatte viel Bekümmernis BWV 21).

Nach der Pause stand dann Ludwig van Beethovens (1770 – 1827) heroische Sinfonie Es-Dur op. 55 auf dem Programm. Es ist laut Widmung eine „Heldensinfonie, komponiert um das Andenken an einen großen Mann zu feiern.“ Es ranken viele Anekdoten darum, wem diese Widmung galt . Dem damaligen preußischen Prinzen Louis Ferdinand oder doch Napoleon Bonaparte?

Es ist vor allem Musik von revolutionärer Kraft. Nach zwei gewaltigen Akkorden beginnt das erste Thema mit einem eher pastoralen Dreiklang, ehe nach einigen Takte unvermittelt und tonartfremd ein Cis mitten in das Es-Dur hinein. Es ist eine Art Startschuss für ein revolutionäre thematische Arbeit mit einem Satz voller musikalischer Konflikte. Im folgenden wechseln sich triumphale Akkorde mit Trauermarsch-Musik ab. Statt eines für den dritten Satz üblichen höfischen Menuetts bringt Beethoven revolutionär ein und furioses Scherzo, bei dem die Streicher unerbittlich und rasant voran treiben. Romantisch wird es nur im Mittelteil, wo die Hörner musikalisch dominieren .Der vierte Satz mit seiner Mischung aus Rondo und den vielen Variationen mit den strengen Fugen-Elementen ist der formal wohl am anspruchsvollsten.

Eine fulminante Code steht am Ende einer unvergleichlichen Sinfonie.

Glanzvoller Abschluss der Spielzeit mit Gustav Mahlers 8. Sinfonie

Mehr als 40 Jahre war die 8. Sinfonie Es-Dur von Gustav Mahler (1860 – 1911) in Dortmund nicht mehr zu hören gewesen. Es war das wichtigste Werk des Komponisten und der Höhepunkt seines Schaffens und sprengte alle bis dahin bekannten Maßstäbe.

Im hiesigen Konzerthaus entführte Dortmunder Philharmoniker unter der schwungvollen Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz ihr Publikum zum Abschluss der Spielzeit mit der außergewöhnlichen Sinfonie im 10. Konzert am 03. und 04. Juli 2018 ins „himmel_reich“. Ars tremonia war am 03.07.2018 mit dabei.

Diese prachtvoll-gigantische Vokal-Sinfonie hat nicht nur eine riesigen Orchestrierung mit mehreren Harfen, sieben Posaunen, acht Hörner und Trompeten, Orgel sowie selten verwendete Instrumente wie Harmonium, Basstuba und Mandoline. Für die umfangreichen Vokal-Passagen kamen neben zwei gemischten Chören, ein Knabenchor, fünf Sängerinnen und drei Sänger zum Einsatz. Deswegen wird sie auch oft als „Sinfonie der Tausend“ bezeichnet

Die Sinfonie ist Oratorium, Messe, Oper und Kantate zugleich und wird fast vollständig durch gesungen.

Mit dem tschechischen Philharmonischen Chor Brno (Einstudierung: Petr Fiala), dem Slowakischen Philharmonischen Chor Bratislawa (Einstudierung : Jozef Chabroň) und dem Knabenchor der Chorakademie Dortmund (Einstudierung: Jost Salm) konnten erstklassige Chöre für das Konzert gewonnen werden.

Als hervorragende Sänger und Sängerinnen zeigten die hier bestens bekannte Emily Newton (Sopran), Ashley Thouret (Sopran), Michaela Kaune (Sopran), Iris Vermillon, Mihoko Fujimura (beide Alt), sowie Brenden Patrick Gunnell (Tenor), Marcus Eiche (Bariton) und Karl-Heinz Lehner (Bass) ihr Können.

Die Sinfonie ist in zwei Teile gegliedert:

Die Texte aus dem Hymnus „Veni creator spiritus“ aus dem neunten Jahrhundert (Rabanus Maurus) und dem 1832 veröffentliche „zweite Faust“-Teil von Goethe. Die beiden Jahrhunderte haben als inhaltlichen Zusammenhang . Zum einen die nach dem Schöpfergeist sehnende „unzulänglichen Menschen, Eros und Liebe als erlösendes Prinzip und deren Macht sowie der Vorstellung eines „höheren Wesens“, von dessen Gnade sie abhängig seien.

Für den vom jüdischen Glauben zum Katholizismus konvertierten Komponisten, entsprechend dem Dichter Goethe, mündet alles hin zur Überwindung des Todes.

Gabriel Feltz dirigierte das 10. Philharmonische Konzert mit der monumentalen 8. Sinfonie von Mahler. (Foto: © Magdalena Spinn)
Gabriel Feltz dirigierte das 10. Philharmonische Konzert mit der monumentalen 8. Sinfonie von Mahler. (Foto: © Magdalena Spinn)

Im ersten Teil seiner Sinfonie ist musikalisch gekennzeichnet durch alte Kompositionstechniken mit kompliziertem Kontrapunkt und einem dichte Geflecht von Motiven, die sowohl Einheit wie auch Bedeutungszusammenhänge schaffen. Wechselseitiger Gesang der Chöre im Zusammenspiel mit dem Orchester, einzelnen Instrumenten (zum Beispiel der Solovioline) und den Solisten (Gesang).

Dabei wechselt die Stimmung von andächtig über atmosphärisch spannungsgeladen (ähnlich wie auf einem Schlachtfeld) und dann wieder mit Hilfe der „Himmelstonart“ E-Dur in höhere Sphären gleitet. Mit dem hymnischen „Gloria“ endet der erste Teil.

Der zweite „Faust II“-Teil befasst sich vor allem in verschiedenen Variationen mit dem Thema Liebe.

Nach einem Beginn als instrumentales Naturstück steigert sich die Musik und der Gesangstext bis hin zu überirdisch-heiteren „himmlischen Sphären“. Als höchste Steigerung stand gegen Ende die „unberührbare Mater Gloriosa“ (Ashley Thouret) erhöht auf der linken Seite des Konzertraumes und sang dazu mit ihrem klaren und hellen Sopran. Das ganze gipfelt in einer letzten Verherrlichung und Erhöhung (Apotheose), in der das Leitmotiv ein letztes Mal beschworen wurde. Der Schluss ist eine Art Hymne auf den „ewig-weiblichen“ Eros und dessen Kraft.

Es war ein würdiger Ausklang zum Ende der interessanten und vielfältigen Spielzeit.

Musikalischer kontra_punkt im Konzerthaus

Im hiesigen Konzerthaus luden die Dortmunder Philharmoniker unter der souveränen Leitung des österreichischen Dirigenten Martin Haselböck am 5./6. Juni 2018 zu ihrem 9. Philharmonischen Konzert unter dem Titel „kontra_punkt“ ein. Ars tremonia war am 5.6.2018 anwesend.

Im Mittelpunkt des Konzerts standen mit Johann Sebastian Bach (1685-1750) und Ludwig van Beethoven (1770-1827) zwei der größten Komponisten aller Zeiten. Bach ist als „Urvater der Harmonie“ (Beethoven) und Meister des Kontrapunkts bekannt. Beide hatten der musikalischen Entwicklung entscheidende neue Impulse gegeben.

Der musikalische Stilbegriff „Kontapunkt“ wurde ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts im weiteren Sinne als „Polyphonie“ (Mehrstimmigkeit) als Organisation von Gegenstimmen zu einer vorhandenen Tonfolge gesehen.

Es ging eindrucksvoll mit der bekannten Toccata und Fuge d-Moll BWV 565 von Johann Sebastian Bach mit Martin Haselböck an der Orgel los.

Interessant war an diesem Abend für das Publikum, dass dieses Werk am Ende des Konzerts in einer orchestrieren Version (Leopold Stokowski) von der Philharmoniker dargeboten wurde. Die gewaltige Toccata und Fuge d-Moll mit seinen vielen ineinander verzahnten Elementen wurde so zu einem ganz besonderen Klangerlebnis.

Ein andere Facette von Bach, teilweise leicht an die Harmonien von Wolfgang Amadeus Mozart erinnernd, konnten die Zuhörer beim folgenden Violinkonzert a-Moll BWV 1041 erleben. Die Streichfraktion des Orchesters wurde bereichert durch den virtuosen serbisch-französischen „Geigenderwisch“ Nemanja Radulovic als Soloviolinist.

Nemanja Radulovic erinnerte mit seinem Violinspiel ein klein wenig an Paganini. (Foto: Marie Staggat).
Nemanja Radulovic erinnerte mit seinem Violinspiel ein klein wenig an Paganini. (Foto: Marie Staggat).

Er begeisterte das Publikum mit einfühlsamen Spiel bei den harmonischen (an Mozart erinnernden) Passagen, mit viel Temperament bei den musikalischen Steigerungen des Violinkonzerts und im Zusammenspiel mit dem Orchester. Sein großes virtuoses Können zeigte dann auch bei einer Zugabe.

Die folgende Fantasie und Fuge c-Moll BWM 537, orchestriert vom britischen Komponisten Edward Elgar (1857-1934) zeichnet sich durch eine sich steigernde wechselreiche musikalische Intensität aus. Einzelne Instrumente wie Oboe, Klarinette, zweite Violine oder Bratsche hatten in den Solo-Kadenzen im Wechsel öfter Gelegenheit sich hervor zu spielen.

Nach der Pause ging es mit der viersätzigen 1. Sinfonie C-Dur op. 21 von Ludwig van Beethoven mit einem intensiven Wechselspiel von Streichern und Holzbläsern und einigen Steigerungen bis zum finalem Höhepunkt weiter. Der dritte Satz bietet eine kleine musikalische Revolution in der Geschichte der klassischen Sinfonie. Obwohl noch traditionell Menuett genannt, ist dieser Satz eigentlich schon ein rasantes und furioses Scherzo.

Ein grandioses Kabinettstück war zum Schluss die von Leopold Stakowski orchestrierte Fassung von Bachs Toccata und Fuge d-Moll BWV 565. Den ersten Lauf übernehmen die groß besetzten Streicher, den zweiten dann die Holzbläser. Der Dritte wird wuchtig und massiv von den Kontrabässen übernommen. Die musikalische Ausdifferenzierung in allen möglichen Klangfarben, ob zarte und feine Klänge der Streicher oder mächtige Klangpracht, sorgte für ein emotionales Erlebnis. Beim finalen Showdown war dann noch einmal das gesamte Orchester gefordert.