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Theater, Theater…

Der Theatercampus machte ein Stück über vier Inszenierung am Schauspiel Essen. (Foto: ©Theatercampus Essen)
Der Theatercampus machte ein Stück über vier Inszenierung am Schauspiel Essen. (Foto: ©Theatercampus Essen)

Autorentheater, Absurdes Theater, Stückentwicklung, Postmodernes Theater und so weiter. Empörung und Entsetzen beim Publikum, wenn beim einem Klassiker plötzlich alle Schauspieler nackt auftreten. Theater und die verschiedenen Inszenierungen waren das Thema von „Scampis fischen“ des Theatercampus am Schauspiel Essen im Rahmen des Festivals Unruhr am 06. Juni 2015 im Studio des Schauspielhauses Dortmund.

Der Theatercampus ist ein besonderes Format für Studentinnen und Studenten am Schauspiel Essen, die nicht nur Theater machen, sondern auch Theater sehen. So haben sie sich vier Inszenierungen angesehen, sich Gedanken gemacht und auf der Bühne umgesetzt. So entstand mit „Scampis fischen“ ein Stück über Theater und ihre Formen, Positionen und Gegenpositionen.

Im Mittelpunkt stand die Frage: Welche Botschaft hat das Theater? Können wir mit dem Stoff, den Figuren mitfühlen oder langweilt uns das? Beim dem klassischen Stück „Die Leiden des jungen Werthers“ in der Regie von Karsten Dahlen ging es mehr um die Analyse des Stückes. Sind die Figuren nicht Projektionen des Autors? Welche Elemente kamen in dem Stück vor und welche waren einem wichtig. Kein Wunder, dass jeder etwas anderes erzählte, was einem wichtig war. Position und Gegenposition prallten aufeinander.

Bei der „Odyssee oder ‚Lustig ist das Zigeunerleben’“ (Regie Volker Lösch) ging es auch um die Begrifflichkeiten der „political correctness“. Denn Lösch hatte den antiken Stoff aktualisiert und Odysseus und seine Crew mit blonden Perücken ausgestattet, die auf den Inseln auf Sinti und Roma trafen. Etwas wilder ging es beim „Prozess“ von Kafka unter der Regie von Moritz Peters zu. Die Inszenierung war auch bei den Theatertagen 2014 in Dortmund zu sehen. Hier wurde der Rechtsanwalt als Hoffnungsträger wie ein Popstar abgefeiert.

Den Titel des Stückes des Theatercampus haben sie vom vierten Stück „Die lächerliche Finsternis“ von Wolfram Lotz in der Inszenierung von Robert Gerloff. In dem Stück geht es um das absurde Stück über Afghanistan und einem verzweifelten Fischer in Somalia, der wegen leerer Netze ein „Diplomstudium der Piraterie“ absolviert hatte. Aber es war kein Scampi zu sehen. Vielleicht ist beim absurden Theater auch die Analyse absurd.

Jedenfalls boten die neun Akteure auf der Bühne ein wahres Spektakel mit dem Höhepunkt eines Burlesque-Tanz am Ende. Schließlich gibt es ja ständig Nackte auf der Bühne. Es ging jedoch vorher das Licht aus. Kleine Gesangseinlagen mit dem Publikum vom „Roten Pferd“ und eine herrliche Diskussion mit einer Akteurin, die unbedingt im Publikum sitzen wollte: „Ich habe mir extra einen Platz reservieren lassen. Von da hat man die beste Sicht.“

Ein äußert witziges Stück über Theaterformen und ihre Bedeutung (wenn sie welche haben), aber wer die Inszenierungen in Essen nicht gesehen hat, dem werden vermutlich einige Insider-Gags durch die Lappen gegangen sein. Trotzdem eine tolle Leistung aller Beteiligten.

Coming-of-Age Geschichte um Zerrissenheit

 Das Theater Oberhausen zeigte eine Geschichte zweier Freunde nach dem Roman von Finn-Ole Heinrichs. (Foto: ©  2014 Dirk Grobelny)
Das Theater Oberhausen zeigte eine Geschichte zweier Freunde nach dem Roman von Finn-Ole Heinrichs. (Foto: © 2014 Dirk Grobelny)

Als letzter Beitrag im Rahmen des Festivals Unruhr wurde am 6. Juni 2015 im Kinder-und Jugendtheater Dortmund das Stück „Räuberhände“, nach dem Romandebüt von Finn-Ole Heinrichs vom Theater Oberhausen aufgeführt.

Der Erzähler der Geschichte ist Jannik, der mit seinem ungleichem Freud Samuel in Istanbul nach dem Abitur einen Neuanfang starten will. Samuel möchte zudem seinen vermuteten türkischen Vater hier finden. Er ist begeistert von der reizvollen Stadt Istanbul und möchte Janik alles zeigen.
Das Publikum erfährt nebenbei einiges über diese Stadt. Bilder werden einerseits über Videoprojektion oder als Fotos an die Wand geklebt.Orientalische Musik im Hintergrund begleiten die Aufführung atmosphärisch und ein türkischer Straßenhändler fungiert als geschäftstüchtiger Fremdenführer.

Das Publikum steigt mitten in die Geschichte ein, ohne von den Geschehnissen in der Vergangenheit zu wissen. Auf der Bühne steht ein Doppelbett und davor eine weiße Plane, die als Küche und Vorgarten dient.
Dahinter hängen transparente Papierstreifen als Zimmerbegrenzung. Diese werden multifunktional als Leinwand oder Schattenwand genutzt.

Durch Rückblicke bekommen die Zuschauer langsam Einblick in das Beziehungsgeflecht der beiden Freunde und ihrer Familien. Janik kommt aus einem fast schon zu liberalen Elternhaus, die Samuel, den Sohn einer Alkoholkranken, wie ihren Sohn behandelt. Janik sieht enttäuscht, wie seine Eltern Samuel das schenken und geben, was ihm seine leibliche Mutter ihm nicht geben kann.
Die beiden jungen Männer reden zwar viel, aber nicht über die wirklich wichtigen Dinge wichtige und Gefühle.. Was nach einem Verrat von Janik kurz vor ihrer Reise nach Istanbul nicht gesagt wurde, wird bedeutsamer als das, was gesagt wird.
Das Stück ist ein Konglomerat aus Schuldgefühlen, erdruss, Verantwortungsgefühl, Wut und Scham. Die Figur Samuels Mutter Irene wird mit ihren Gefühlen von Frust, Schuld und Wut sowie der Sehnsucht nach Freiheit und Unabhängigkeit und eben ihrer Alkoholsucht deutlich schmerzhaft vor Augen geführt. Der sonst auf sein Äußeres achtende Samuel hat symbolhaft für seine Zerrissenheit Risse in seinen „Räuberhänden“. Als seine Mutter nach einem Alkohol-Rückfall stirbt, trennen sich die Wege der Freunde und die Wände werden von allen Beteiligten eingerissen.

Der kaukasische Kreidekreis der Wahrheit

Der Jugendclub des Theaters Duisburg wagte sich erfolgreich an die Inszenierung von Brechts "kaukasischem Kreidekreis". (Foto: © Theater Duisburg)
Der Jugendclub des Theaters Duisburg wagte sich erfolgreich an die Inszenierung von Brechts „kaukasischem Kreidekreis“. (Foto: © Theater Duisburg)

Im Schauspiel Dortmund wurde am 6. Juni 2015 im Rahmen des Festival Unruhr die Produktion „Der kaukasische Kreidekreis“, Berthod Brechts Spätwerk aus dem amerikanischen Exil, vom Jugendclub „Spieltrieb“ im Theater Duisburg aufgeführt. Da zur Zeit noch das Urheberrecht an diesem Stück gilt, mussten sich die Regisseure Eva Zitta/Michael Steindl und die zahlreichen Darsteller dieser Aufführung natürlich streng an der Vorlage ausrichten. Vor der Aufführung gab es für Interessierte ein professionell angefertigtes Programmheft für das Stück.

Der selbstgerechte Gouverneur Georgi Abaschwili unds eine nur an Macht, Geld und Äußerlichkeiten interessierte Frau müssen nach einer Revolte der Fürsten gegen den Großfürsten und seine Gouverneure aus ihrem Palast fliehen. Abaschwilis Frau lässt ihr Baby Michel einfach alleine zurück. Das Küchenmädchen Grusche hat Mitleid mit dem Kind und nimmt es auf die abenteuerliche Flucht in die nördlichen Berge. Grusche liebt das Kind inzwischen wie ein eigens, da verlangt die berechnende Nattela Abaschwili ihren Sohn Michel wieder zurück. Es kommt zu einer Gerichtsverhandlung, die der Dorfschreiber Azdak leitet. Er fällt seine Entscheidung durch eine Probe: Das Kind wird in die Mitte eines Kreidekreises gelegt und beide Frauen sollen das Kind auf ihre Seite ziehen. Wem das gelingt, sei die wahre Mutter.

Grusche lässt aus Angst um das Kind dessen Hand los. Nattela freut sich schon, dass sie „gewonnen“ hat. Michel wird aber Grusche zugesprochen, die sich wie eine wirkliche Mutter verhalten hat.

Das praktische Bühnenbild mit dunklem Säulen bot für vielseitige Vewendung Raum. Zu Beginn wurde das Publikum mit unter weißen Planen als „Berge“ versteckte Darsteller und dem Gesang der späteren begleitenden Erzählerin in die kaukasische Umgebung eingeführt. Die weitere Aufführung wurde mit vielen Instrumenten, wie zum Beispiel Laute, Trommel, Violine oder Querflöte atmosphärisch unterstützt.

Die Charaktere in der Geschichte und die sozialen Missstände wurden von den Darstellern sensibel und oft humorvoll auf der Bühne umgesetzt.

Es fällt schwer, aus den guten schauspielerischen Leistungen jemanden herauszuheben. Besonders auffällig mit seinem humorvoll-ironischem Spiel war der Darsteller des Richter Azdak, Philipp Keßel.

Die Orestie in der Zirkusmanege

Der antike Stoff der Orestie wurde in einen Zirkus verpackt. (Foto © Joachim Schmitz)
Der antike Stoff der Orestie wurde in einen Zirkus verpackt. (Foto © Joachim Schmitz)

Eine verblüffend überraschende Aufführung bot am 4. Juni 2015 das Theater an der Ruhr Mülheim mit ihrem Stück „Die Orestie“ und deren besondere Interpretation im Kinder-und Jugendtheater Dortmund. Das Ganze im Rahmen des Festivals Unruhr 2015.

Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben sich lange mit der Orestie und der griechischen Mythologie beschäftigt und etwas Neues geschaffen. Das Geschehen wurde kurzerhand in eine Zirkusmanege verlegt. Agamemnon, König von Mykene wird zum Zirkudirektor, der zunächst die beteiligte Personen in der Manege vorstellt. Diese bekommen alle einen eigenen Charakter zugeschrieben. So ist seine Gattin Klytämnestra eine bestimmende, emanzipierte Domina, die ihm nie verzeihen konnte, dass er ihre Tochter Iphigenie opferte. Diese ist , wie wir erfahren werden, aber am Leben, und wurde gerettet.

Nachdem Troja gefallen ist, kehrt Agamemnon nach Jahren in Begleitung der Seherin Kassandra, die sein Schicksal voraus sieht, in die Heimat zurück. Da Klytämnestra nicht weiß, dass Iphigenie lebt, ermordet sie Agamemnon. An seinem Gab treffen die seit Jahren getrennten Geschwister aufeinander. Elekta, die von Hass auf die Mutter zerfressen ist und in dem Stück als Raubkatze dargestellt wird, ihre Schwester Chrysothemia, die für Vergebung plädiert und nicht fassen kann, dass ihr Vater wirklich tot ist sowie der Thronfolger Orest mit seinem Gefährten Pylades, die als eher traurige Clowns eine schwierige Entscheidung treffen müssen: Rache oder nicht?

Begleitet und beobachtet wird die ganze Geschichte von Apollon, als Vertreter der Götter. Er wird mit einer Klangschale angerufen.

Die Aufführung ist durch eine starke Körperlichkeit und Symbolik gekenzeichnet, so dass die Geschichte der Orestie etwas in den Hintergrund gedrängt wurde. Da ist etwas Eigenes, voller Farbe, Bildersprache und Dynamik entwickelt worden. Den Darstellern merkte man an, dass sie gut aufeinnander abgestimmt sind. Alle waren weiter in ihren Rollen, auch wenn sie nicht im Mittelpunkt standen.

Die jungen Besucherinnen und Besucher waren begeistert.

Das Geheimnis eines Koffers

Der Jugendclub des Westfälischen Landestheaters Castrop-Rauxel erzählte den Zuschauern eine Familiengeschichte, die ihre Wurzeln in Russland hat. (Foto: © ©WLT Castrop-Rauxel)
Der Jugendclub des Westfälischen Landestheaters Castrop-Rauxel erzählte den Zuschauern eine Familiengeschichte, die ihre Wurzeln in Russland hat. (Foto: © ©WLT Castrop-Rauxel)

Der Beitrag vom WLT Castrop-Rauxel zum Festival Unruhr 2015, „Unter uns“, wurde im Schauspiel Dortmund am 4. Juni 2015 aufgeführt. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen Darsteller erzählten in ihrem Stück eine geheimnisvolle Geschichte, die in die 90iger Jahre des letzten Jahrhunderts nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hineinreicht.

Ella, die 17 Jahre alte Tochter von russischen Einwandern,möchte nicht in die alte Heimat ihrer Eltern zurück und wohnt deswegen bei ihrer Großmutter Galina in Castrop-Rauxel auf einem Dachboden. Als sie sich dort einrichtet, findet sie einen Koffer mit seltsamen Inhalt. Jede Menge Geld, ein Stapel Liebesbriefe in russischer Sprache, und sogar eine Pistole. Die Liebesbriefe sind an einem gewissen Viktor adressiert. Dazu findet sie Fotos aus den 90iger Jahren, die diesen Viktor zusammen mit ihrem Vater zeigen. Was hat es damit auf sich? Ihre Großmutter lenkt jedes Gespräch darüber auf ein anderes Thema ab. Ihr neidische und eifersüchtige Kusine Katja und ihr Freund Felix sind bei der Lösung des Rätsels keine wirkliche Hilfe. So nimmt Ella das Heft in die Hand und schreibt einen Brief an die Adresse in Russland. Auf diesem Weg kommt später in Kontakt mit dem jungen Ilya, der seinen Vater laut seiner Mutter bei einem Unfall verloren hat. Ella hat nun mit ihrem langsam wachsenden Gefühlen für Ilja und der Eifersucht ihres Freundes zu tun. Nach und nachlüftet sich das Geheimnis um den Koffer und um den wahren Vater von Ilya.

Das Thema des Stückes ist intressant und spannend und die jungen Darsteller engagiert. Ein guter Idee war die Zwiesprachen von Ella mit der Emscher (eine Gruppe der Darsteller hat sich in eine blauer Folie gehüllt) oder die lustig-intressanten Gespräche von Ilja mit seiner Katze. Wenn es nach Russland ging, traten drei Matrjoschkas auf.

Die Aufführung war durch ständige Szene-und Requisitewechsel sowie von vielen kurzen Anrissen von verschiedenen Musikstücken gekennzeichnet. Je nach Situation mal klassisch, oder auch rockig. Das sorgte für eine gewisse Zerissenheit und Unruhe im Stück.Leider sprachen die Darsteller manchmal zu leise und waren in den hinteren Reihen des Dortmunder Schauspielhauses nicht immer genau zu verstehen.

Warten auf Odysseus

Die 21 Jugendlichen und jungen Erwachsenen vom Jungen Schauspiel Bochum nahmen sich mit „Eine Odyssee“ dem gleichnamigen antiken griechischen Stoff an. Sie erzählen die Geschichte der langen Heimreise des Odysseus, dem König von Ithaka, der nach dem zehn Jahre dauernden Krieg als Held über Troja noch eine lange Irrfahrt vor sich hat, die noch weitere zehn Jahre dauern wird. Aufgeführt wurde das Stück im Rahmen des Festivals Unruhr im KJT am 03. Juni 2015.

Seine Frau Penelope und seinen Sohn Telemanchos hatte Odysseus zu Hause zurückgelassen. Penelope schwankt zwischen Hoffnung auf eine Heimkehr Odysseus und verzweifelter Ernüchterung und Skepsis. Sie denkt bereits daran, einen reichen Verehrer zu heiraten. Telemanchos schwankt zwischen Zorn auf seinen Vater, der ihn verlassen hatte, und der Sehnsucht nach dem „Vater als Helden“. Nach abenteuerlicher Reise schafft Odysseus die Heimkehr nach Ithaka. Er gibt sich nach einer Zeit dem Sohn zu erkennen, nachdem er einem von seinen Rivalen um Penelope angezettelten Mordanschlag entgehen kann und diesen ersticht. Penelope und Odysseus sind weiter in Liebe Verbunden und Telemanchos wird am Ende neuer König von Ithaka.

Das Geschehen auf der Bühne wurde auf einem erhöhten Podest von Zeus und seinen Göttern leger und humorvoll kommentiert. Dazu sitzen sie auf einer Art Kinosessel mit Popcorn und Softdrinks.

Drei blaue Fässer mit einem Brett und Segel darauf dienten als Schiff für Odysseus. Dazu gab es Sturmgeräusche vom Band. Eine weiße Leinwand an der Seite wurde geschickt alsSchattenwand eingesetzt. So tanzte die Nymphe Kalypso verführerisch hinter der Leinwand, als Odysseus durch den Einfluss von Poseidon auf ihrer Insel strandet. Lustig wurde es auf einer anderen Insel, als gelanweilte Prinzessinnen Odysseus wie einen Popstar anhimmelten. Darunter waren auch zwei junge Männer als „Prinzessinnen“ verkleidet.

Gelungen war, dass in der der Inszenierung Penelope von drei jungen Frauen gespielt wurde. Ein gelungener Schachzug, um ihre verschiedenen Facetten darzustellen. Mal ist sie Hoffnungsvoll, mal verzweifelt.

Der Rivalen und potenzielle Heiratskandidaten wurde als berechnende Persönlichkeit entwickelt. Sinnbild dafür war ein Schachbrett auf der Bühne, von dem er die Königin weg kickte. Begleit wurde Aufführung von kurzen dramatischen, martialischen Musikeinlagen.

Ein eindruckvoller Beitrag aus Bochum, der den Wunsch der Menschen nach „Heimkehr“ wiederspiegelte.

Frisch und frech auf die Ohren

Bei der Redaktionskonferenz: (v.l.n.r.) Michael Zabudkin, Fatima Talalini, Lea Degner, Ryan Woolston, Jonas Schweers, Christin Otto, Robin Frank, Annalena Lipinski. (Foto: ©Björn Hickmann)
Bei der Redaktionskonferenz: (v.l.n.r.) Michael Zabudkin, Fatima Talalini, Lea Degner, Ryan Woolston, Jonas Schweers, Christin Otto, Robin Frank, Annalena Lipinski. (Foto: ©Björn Hickmann)

Zum 14. Mal treffen sich sich Jugendclubs der Stadttheater des Ruhrgebiets zum Festival Unruhr, um erste Bühnenerfahrungen zu sammeln und zum gegenseitigen Austausch. Das Festival findet in diesem Jahr in Dortmund statt und hat neben den Jugendclubs aus Bochum, Castrop-Rauxel, Dortmund, Duisburg, Essen, Mühlheim an der Ruhr und Oberhausen auch das freie Theater Kohlenpott in Herne zu Gast. Die Aufführungen finden vom 3.-6. Juni 2015 im Kinder-und Jugendtheater sowie im Schauspiel Dortmund statt. (wir berichteten)

In ihrer Eröffnungsrede für das Festival im betonten Andreas Gruhn, Direktor des KJT, der Chefdamaturg des Schauspiels Dortmund Michael Eickhoff und Dr. Christian Esch vom NRW Kultursekretariat im KJT die große Bedeutung dieses Teffen für die Zukunft des freien und kreativen Theaters. „Theater kann sich mit der Realität ganz anders auseinandersetzen und Entwicklungen in der Gesellschaft kritisch hinterfragen. Es bietet einen Freiraum, den wir in der Realität so sonst nicht haben“, so Esch. Er erklärte: „Es ist viel zu viel Ruhe in diesem Land. Sorgt für „Unruhe“.

Im Anschluss wurde als erster Beitrag das Stück „Jetzt gibt’s was auf die Ohren“ vom Jugendclub des KJT Dortmund aufgeführt. Die neun Jugendlichen und jungen Erwachsenen setzten sich auf humorvoll-ironische Weise mit Schein und Sein in der Medienbranche und und aktuellen Erscheinungen wie Pegida und Fremdenfeindlichkeit oder mit den Neonazis in Dortmund auseinander.

Zentrum ist die quirlige Redaktion des Radio-Senders „Auf die Ohren“, von der Putzfrau aus der Ukraine (eigentlich ist sie aus Polen) über den ausgenutzten Volontär bis hin zum koksenden, arroganten Chefredakteur. Die Zuschauer bekommen schmunzelnd die „Fakes“ der Redaktion mit, die Personen am Telefon dagegen nicht. So muss der Volontär schon mal einspringen, wenn eine zum Sender eingeladene Persönlichkeit nicht erscheint. Was er zu sagen hat, wird ihm auf einer Wandtafel aufgschrieben. Außer der Beitrag über die Pegida-Demonstration ist alles im Stück „gefaked“.

Als lustiger Gag hatte der Redaktionstisch zwei Öffnungen, aus der ein vorwitziger Wischmopp der Putzfrau grummelnd „meldete“ oder mitsang.

Musik aus den 80er und 90er Jahren auflockernd eingespielt. Der mehrfach gespielter Song „Freedom“ (Anthony Hamilton, Elayna Boynton) aus Django Unchaind (2012) von Quentin Tarantino hatte jedoch während des Stück eine besondere Bedeutung. Was ist und die Freiheit wert? So bildete das Lied auch der Aufführung.

Ein gelungener Beitrag der fünf jungen Damen und vier jungen Herren vom KJT Jugendklub. Frech und mutig setzten sie sich unter der Regie von Christine Klöck und Isabel Stahl mit aktuellen Themen und guter Beobachtungsgabe auseinander.

Eine weitere Vorstellungen des Stückes gibt es noch am Sonntag, den7. Juni 2015 um 18 Uhr im KJT zu sehen. Karten unter: 0231- 50 27 222

Letzte Gelegenheit: Im Rahmen des pottfiction-Camps am Sonntag, den 28. Juni.2015 um 14.30 Uhr vor der Jahrhunderthalle in Bochum.

Der ganz normale Wahnsinn in einem Radiosender

Diskussionsbedarf bei der Redaktionssitzung? (v.l.n.r.) Annalena Lipinski, Michael Zabudkin, Lea Degner. Foto: ©Christine Köck
Diskussionsbedarf bei der Redaktionssitzung? (v.l.n.r.) Annalena Lipinski, Michael Zabudkin, Lea Degner.
Foto: ©Christine Köck

Beim Radiosender „Auf die Ohren“ ist mächtig was los. Moderatoren, eine Putzfrau, Reporter und Studiogäste sorgen für Chaos. Nicht genug, ein sprechender Wischmop und singende Putzhandschuhe sind ebenfalls dabei. Die Jugendclubproduktion des Kinder- und Jugendtheaters präsentiert am 03. Juni 2015 „Jetzt gibt’s was auf die Ohren“, eine 60-minütige Reise in ein Hörfunkstudio und die Hierarchien eines Senders.

„Das Stück handelt von einem Radiosender, der politisch arbeitet“, erklärt Theaterpädagogin und Regisseurin Christine Köck. „Es dreht sich um die Themen Anschlag in Paris, Pegida oder AfD. Dabei werden verschiedene Radioformate eingesetzt wie Interviews, Reportage, Musiksendungen.“

Da wir ja beim Theater sind, wird dies kein Hörspiel, sondern die Besucher erleben, was sonst noch im Studio passiert. „Es wird Choreografien geben, die Mitarbeiter tanzen“, so Dramaturgin und Regisseurin Isabel Stahl. Dazu gibt es mit dem sprechenden Wischmop und den singenden Putzhandschuhen Elemente, die an die Fraggles oder die Muppet-Show erinnern.

Dabei geht es auch um Kritik an den Medien. So wird aus der ukrainischen Putzfrau eine Verfolgte. Zudem wird auch einiges durch den satirischen Kakao gezogen. So wird über eine „Messe für Fanatiker“ berichtet oder ein Schädlingsbekämpfer muss zu einem Einsatz nach Dorstfeld, weil eine Bewohnern mit Nazis zu kämpfen hat. Daneben gibt es Musik, nicht nur aus der Konserve, sondern auch live gespielt.

Der Jugendclub besteht aus neun Spielerinnen und Spielern im Alter von 15 bis 23 Jahre. Von von neun sind sieben neu dabei. „Jetzt gibt’s was auf die Ohren“ gibt nicht nur den Startschuss für das Festival Onruhr 2015 vom 03. bis 06. Juni 2015, sondern wird auch im Rahmen des pottfiction-Camps am 28. Juni 2016 vor der Jahrhunderthalle in Bochum gezeigt. Daneben gibt es eine weitere Aufführung am 07. Juni um 18 Uhr im KJT. Die Premiere am 03. Juni ist bereits ausverkauft, für den Termin am 07. Juni gibt es noch Restkarten.

Wer Lust hat, am pottfiction-Camp teilzunehmen, kann sich bis zum 10. Juni 2015 bei Christine Köck unter ckoeck@theaterdo.de melden.

Jugend macht Theater

Es macht "BÄM!" beim diesjährigen Treffen der Theaterjugendclubs, dem "Festival Unruhr"
Es macht „BÄM!“ beim diesjährigen Treffen der Theaterjugendclubs, dem „Festival Unruhr“

Seit 2002 treffen sich die Jugendclubs aus den Theatern Bochum, Castrop-Rauxel, Dortmund, Duisburg, Essen, Mülheim an der Ruhr und Oberhausen. In diesem Jahr ist Dortmund der Gastgeber und hat mit dem Theater Kohlenpott in Herne zum ersten Mal auch ein freies Theater eingeladen. Das Festival Unruhr 2015 findet vom 03. bis zum 06. Juni am Schauspiel und im KJT statt.

Mittlerweile ist es das 14. Treffen der Ruhrgebietsjugendclubs. Neben der Möglichkeit, sich auf der Bühne zu präsentieren, steht das gegenseitige Kennenlernen im Mittelpunkt. Der Mix, der beim Festival präsentiert wird, reicht von Stückentwicklungen bis hin zu fertigen Stücken.

Doch nicht nur anschauen ist angesagt, sondern auch selber machen. Daher findet am 04. Juni ein „Performing Workshop“ statt. Leandro Kees, Daniel Matheus, Julia Mota Carvalho und Martin Rascher werden die 120 Jugendlichen und jungen Erwachsenen (die meisten sind zwischen 16 und 25 Jahre alt) in sechs Gruppen aufteilen und am selben Tag noch eine Mikro-Inszenierung gestalten.

Am Freitag können die Teilnehmer des Festivals auf dem Theatervorplatz weiße T-Shirts (selber mitbringen) mit fluoreszierenden Farben bemalen und besprühen. Die Shirts können dann auf der Abschlussparty am Samstag um 21:30 Uhr getragen werden.

Die Veranstaltungen im kleinen KJT sind bereits ausverkauft, für die Stücke im Schauspielhaus im Donnerstag („Zwischen uns“ vom WLT Castrop-Rauxel) und Samstag („Der kaukasische Kreidekreis“ vom Theater Duisburg) gibt es noch Karten, die 5 € kosten.

Das detaillierte Festivalprogramm und weitere Infos gibt es unter www.festival-unruhr.de.