Ars tremonia

Roll over from Beethoven to Haydn

Die Dortmunder Philharmoniker und die Wiener Klassik. Neben dem „Rockstar“ Mozart bewegten sich zahlreiche Künstler, Komponisten und Musiker vor allem, in Wien, das unter Kaiserin Maria Theresia, eigentlich „nur“ Erzherzogin, von Österreich, zur Musikmetropole Europas, und im damaligen Verständnis der Welt wurde.

Nareh Arghananyan verzauberte das Publikum mit dem Klavierkonzert Nr. 2 von Beethoven. (Foto:© Julia Wesely)
Nareh Arghananyan verzauberte das Publikum mit dem Klavierkonzert Nr. 2 von Beethoven. (Foto:© Julia Wesely)

Beethoven und Haydn waren zwei dieser Genies, oder wie man heute sagen würde „Rockstars“ der Wiener Klassik. Haydn formte sich in Entfernung von Wien, bei Fürst Nikolaus von Esterházy. Nach dessen Tod „freigesetzt“ vom Nachfolger, auch durch zerrüttete Finanzen der Familie, ging Haydn nach London und schuf dort die Londoner Sinfonien. Die erste war nun die an diesem Abend von den Dortmunder Philharmonikern gespielte „The Miracle“.

Dieses dritte Konzert der Dortmunder Philharmoniker 2022 steht unter dem Motto „Das Wunder“, dem zweiten Teil des musikalischen Abends und dem Dirigat Ulrich Kern. Bei dieser ersten der Londoner Sinfonien von Joseph Haydn, der Sinfonie Nr.96 D-Dur Hob. I:96, nicht der Premiere, der lockere Lüster des Hannover Square Rooms in das Parkett kracht … Die Besucher allerdings hatten sich an den Orchestergraben gedrängt, um den berühmten Gast aus Wien sehen zu können, so kam niemand zu Schaden. Nun sind aber die Engländer besonders nüchterne Menschen, wie wir alle wissen … und machten aus dem Ereignis ein Wunder, man hatte offensichtlich sonst keine …

So wie einst die Londoner 1791 von der Sinfonie begeistert wurden, konnten die Dortmunder Philharmoniker und die Solistin Nareh Arghananyan die Besucher dieses Abends mit diesem Klavierkonzert begeistern und zu einer Zeitreise nach London zum Ende des 18. Jahrhundert entführen.

Der erste Teil des Abends bis zur Pause wird jedoch von Ludwig van Beethoven gestaltet, also der Darbietung seines Klavierkonzert Nr2 B-Dur op.19, welches Kern mit den Dortmunder Philharmonikern und der Solistin Arghananyan am Flügel darbot. Beethoven verließ Bonn und ging 1792 nach Wien. Sein Start dort war holprig, aber er verschaffte sich ein Renommee als ausgezeichneter Pianist, wobei auch sein ungezügeltes Wesen zum Vorschein kommt, ihn aus heutiger Sicht, wie einen Gitarren zertrümmernden ungehobelten Rockstar erscheinen ließ. Arghananyan geht bei ihrem Klavierspiel ganz in der Musik von Beethoven auf und interpretiert ihn zart, ohne die Gefahr den Flügel wie Beethoven zu ruinieren. Sie fließt förmlich im Rhythmus der Musik.

Das Klavierkonzert ist aber alles andere als ein ungestümes Konzert eines ungehobelten Komponisten und Interpreten … Der Schüler von Haydn, inspiriert von Mozart, kommt in diesem Klavierkonzert leicht daher, was exzellent durch die Dortmunder Philharmoniker unter Kern herausgearbeitet und dargeboten wurde. Es ist immer wieder ein Erlebnis ihnen zuzuhören.

Die Dortmunder Philharmoniker, 1887 gegründet, genießen seit vielen Jahren einen ausgezeichneten Ruf unter den großen Konzert- und Opernorchestern Deutschlands, den sie auch an diesem Abend wieder unter Beweis gestellt haben. Mit bedeutenden künstlerischen vormaligen Leitern wie Wilhelm Schüchter, Marek Janowski und Hans Wallat, konnte das Orchester im letzten Jahrhundert mit einem kompromisslosen Qualitätsanspruch die Klassik und die Moderne nach Dortmund bringen und sich Renommee verschaffen.