Rauschender Ballettabend mit Strawinsky

Zwei beeindruckende Interpretationen von „Petruschka“ und „Le Sacre du Printemps“ von Igor Strawinsky zeigt das Dortmunder Ballett im Opernhaus.

In der Inszenierung von Xing Pen Wang begibt sich das Ballett auf eine Zeitreise durch das 20. Jahrhundert bis heute. Ein weißer riesiger Stoffzylinder in der Mitte der Bühne dient als Projektionsfläche für gefilmte und gezeichnete Bildikonen. Die Zeitreise beginnt im Entstehungsjahr des Stückes 1911, im Zusammenspiel mit den Tänzern ist man an Fritz Langs Metropolis erinnert. Die zahlreichen Filmzitate enden in einer digital animierten futuristischen Szenerie.

Unter aus dem Off eingespieltem wahnsinnigen Gekicher erscheint Petruschka (Javier Cacheiro Alemán) auf der Bühne. Selbstverliebt und selbstbewusst tanzt er durch die Zeiten, spielt mit den Frauen, stellt sich zur Schau und genießt das Leben. Nachdem er während einer seiner Eskapaden niedergeschlagen wird, rettet ihn ein Mädchen, in das er sich sofort verliebt. Nach einigen koketten Annäherungen, wendet diese sich jedoch einem reicheren, besser situierten Geschäftsmann zu. Petruschka gerät in eine Abwärtsspirale, sein Glück schwindet, sein Selbstvertrauen ist dahin. Das Ensemble tanzt als Straßengang und zeigt ihm, dass er nicht mehr dazu gehört. Er ist allein. Mit einem letzten Aufbäumen in pinkfarbenen und gelben Outfit, geschminkt als Joker, versucht er sich noch einmal zu etablieren, schafft dies aber nicht. Als letzten Ausweg geht er in den Tod. Das gleiche gruselige Gekicher vom Beginn des Stückes erschallt zum Ausklang erneut.

Javier Cacheiro Alemán (Petruschka), Ensemble; Foto: (c) Leszek Januszewski
Javier Cacheiro Alemán (Petruschka), Ensemble; Foto: (c) Leszek Januszewski

Spektakuläre Tanzszenen im Dauerregen zeichnen die Inszenierung von Strawinskys „Le Sacre du Printemps“ aus. In Kaskaden stürzte immer wieder Wasser auf die Bühne herab. Zeitweilig meinte man das Wasser am Boden müsse in den Orchestergraben überlaufen. Eine Meisterleistung vollbrachten die Tänzer und Tänzerinnen auf dem spiegelglatten Tanzboden. Sehr deutlich veränderten sie ihre Haltung. Sie tanzten mit tiefer gebeugten Knien, um besseren Halt zu finden, was einen erdverbundenen Eindruck verstärkte. Mit wirbelnden Figuren und rutschenden Bewegungen entstehen völlig ungewohnte Bilder. Das Dortmunder Ballett studierte die Choreografie des „Bewegungspoeten“ Edward Clug mit Tänzer und Choreograf Gaj Zmavc ein, der das Ensemble mit den Vorstellungen von Clug vertraut machte.

Zu Beginn sind sechs Männer und Frauen isoliert auf einer dunkelblauen Bühne zu sehen. Sie tanzen für sich, sind dann aber auf der Suche nach dem zukünftigen Frühlingsopfer. In einer archaisch wirkenden Tanzszene erwählen sie schließlich das Opfer aus ihrer Mitte, brillant verkörpert von Sae Tamura. Sie wird eingekreist, versucht zu fliehen, erkennt nach einigen Kämpfen mit der Gruppe die Aussichtslosigkeit ihrer Lage und nimmt sie an. In einem atemberaubenden Finale wird Sae Tamura vom hellen Licht, in dem sich die Gruppe befindet ins Dunkel und in die Ausweglosigkeit geworfen. Das Publikum war wie gebannt und applaudierte dann mit langanhaltenden Standing Ovations für dieses wundervolle Tanzerlebnis.

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