Ars tremonia

Office Work

Ausstellung von Ignacio Uriarte im Museum am Ostwall im Dortmunder U, Leonie Reygers Terasse, MO_Schaufenster

Office Work, Kunst aus dem Büroalltag erwachsen? Ist das so was wie Telefonkritzeleien, weil das Gespräch anstrengend oder langweilig ist? Oder arrangierte Schreibmaschinen und Ordner? Was muss, was soll man sich darunter vorstellen?

 

Kreative Büroarbeiten von Ignacio Uriarte, begleitet von MO-Direktorin Dr. Florence Thurmes (li) und Kuratorin Natalie Çalkozan.
Kreative Büroarbeiten von Ignacio Uriarte, begleitet von MO-Direktorin Dr. Florence Thurmes (li) und Kuratorin Natalie Çalkozan.

Zuerst einmal Ignacio Uriarte ist Rheinländer, was der Name zuerst einmal nicht verrät. Seine Arbeiten, komplex, zugleich simpel und eindringlich verwirrend. Was aus dem Büroalltag alles zu Kunst werden kann, man ist erstaunt wie aus dem Banalen, ja Langweiligen, ein kreativer Akt Kunst macht.

 Aus dem „Zerreißen“ von Papier eine Struktur geben, die neue Formen entstehen lässt, wie z.B. Landschaften, oder die Wellenmuster im Watt erinnernd. Man kennt es vielleicht selber, wenn man aus einem Schreibblock eine Seite herausreißen will und dabei das Blatt unsauber herauslöst. Also nochmal, und wieder und wieder … Und vielleicht haben wir uns dabei ertappt, wie unsere Augen uns eine Landschaft zeigten.

Der Ausgang von Uriartes Werk ist das Banale, das Alltägliche aus dem Büroalltag, denn im vorherigen Leben war Uriarte Büroangestellter.
 
Die in Kreisen angeordneten Dreiecke erinnern an auf dem Kopf stehende Tannen, die in unterschiedlichen Winkeln, aus einiger Entfernung, wie in einem Tannenwald stehen. Es sind aber präzise und zeitraubend, sich wiederholende Tastenschläge mit der Schreibmaschine, tritt man direkt vor das Bild, man erkennt den Schrägstrich. Weiß man um die Herstellung, schmerzt geradezu der Finger.

 Oder die Videoinstallation der Aktenordner im Regal, die eine Art Ballett aufzuführen scheinen, dabei im Takt laufend, plötzlich sich aus der Ordnung lösen und unterschiedlich rasen und doch wieder, zack, eingefangen werden und in der alten Ordnung wieder laufen. Amüsante 8 Minuten.

Die Kreise und „kreiseigen“ Linien auf Papier in drei Farben und einmal übereinander gemalt verwirren das Auge und suggerieren eine monochrome Fläche, die sich bei näherer Betrachtung in besagte Kreise und Kreislinien auflöst. Denken sie bei der Betrachtung nicht an ihr Handgelenk.

Und Bauhaus hat Uriarte auch. Seine Fotografien von unterschiedlich angeordneten Geometriedreiecken. Es IST die Formensprache des Bauhauses, dass von 1919 bis 1933 in Deutschland neue Wege einer integrativen Kunst und Architektur fand … die einzige Kunst, Design und Architekturschule die es je gab und unser Leben bis heute beeinflusst, unsere Sehgewohnheiten, den NAZIs zum Trotz, bestimmt. Denken Sie nur an das iPhone von Apple, die Elektrogeräte von Braun oder den Schneewittchensarg. Diese Four Geometry Sets ergeben die unterschiedlichsten Figuren, je nachdem wie sie verschoben werden und zueinander stehen. Spannend.

Uriarte schafft Spannendes mit einfachsten Techniken. Er abstrahiert aus dem Büroalltag zu Minimal Art wodurch er mit der Wahrnehmung seines Gegenübers des Werkes geschickt spielt und die „Fleißarbeiten“ werden zu Kunst. Zugleich ist diese Kunst im heutigen Technikzeitalter, der Digitalisierung historisch, denn es werden Materialien verwendet, die in den 1950er bis 1980er Jahren Bürostandard waren, heute aber selten werden, wie z. B. das schwarz-rote Farbband einer Schreibmaschine.

Die Ausstellung ist vom 22.04.2022 bis zum 19.06.2022 geöffnet