La Belle et la Bête – Das Weihnachtsmärchen

Die Schöne und das Biest

Fast jeder kennt die DISNEY Zeichentrick Version mit den „lieblichen“ klischeehaften Figuren. Kaum jemand jenseits der Grenzen Frankreichs aber das Original. Und wer kennt die fantastische Verfilmung mit Jean Marais als Prinz/Biest?

Die erste Veröffentlichung war eine Aufbereitung der Französin Gabrielle-Suzanne de Villeneuve, die 1740 im „La jeune américaine, et les contes marins“ erschien. Diese griff wiederum auf Motive zurück, die sich in den Märchensammlungen von Giovanni Francesco Straparola finden (König Schwein in Ergötzliche Nächte, 1550–1555).

Der Vater von Belle (Rainer Kleinespel), Max Ranft als „Bête“ und  Ann-Kathrin Hinz als „Belle“. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Der Vater von Belle (Rainer Kleinespel), Max Ranft als „Bête“ und Ann-Kathrin Hinz als „Belle“. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Das KJT hat wieder zu Weihnachten einen Klassiker der für seine jungen und jung gebliebenen Zuschauer auf die Bühne gestellt, der nicht in stereotypen Rollenbildern und Klischees kleben bleibt. So wie 2019 mit Cinderella. Ich denke, unser Direktor des KJT, Andreas Gruhn, kann gar nicht in Stereotypen denken oder / und inszenieren.

Dieses Dortmunder KJT Weihnachtsmärchen handelt von einem mächtigen und bösen Fluch über jemanden der kaltherzig und nur auf den Schein bedacht war. Der Prinz verwandelte sich ein Biest, mehr Raubtier als Mensch. Sein Fluch aber könnte aufgelöst werden, wenn sich ein Mädchen in ihn, das hässliche Biest, verlieben würde. Also wartete das Biest fortan auf das eine Mädchen … Normalerweise warten ja die Mädchen auf den Prinzen, der sie „wegheiratet“ …

Belle, natürlich schön, kommt in das Schloss des Biestes, als Geisel für den liebenswürdigen, aber grantelnden Vater, der sich einer Rose des Biestes bemächtigte und ungefragt von den aufgetischten Speisen aß … Belle ist natürlich und unprätentiös, verdeutlicht durch den Wechsel von eleganten Schuhen, zu für ihre Interessen förderlicheren, Gummistiefel symbolisiert. Ann-Kathrin Hinz gelingt die Belle mit Bravour. So wie Bianka Lammert hinreißend die unglückselige oder unzufriedene Gundula darstellt.

Andreas Ksienzyk und Bettina Zobel, als Conférencier und Assistentin sind zum einen die Erzähler und geradezu „Antreiber“ des Spieles und doch auch ein eigenes Schauspiel im Schauspiel, mit ihren Kabalen und Zänkereien.

Das Biest, Max Ranft, stöhnt und röhrt sich nach Liebe sehend durch das Stück und robbt sich gleichsam, seinen Charme ausspielend an Belle heran, die seinem Werben zu erliegen scheint … Man hofft es, doch Belle lässt sich nicht so leicht erobern. Dazu ist sie zu selbstbewusst und sich ihrer sicher, dass sie nicht gleich jedem Hornochsen auf den Leim ginge. Nur „ihr Gefängnis“ wird ihr vom Biest verschönt, erleichtert. Seine Sehnsucht nach Erlösung vom Fluch lässt das Biest, wie ein Teenager fragen, ob Belle denn nun was für ihn empfände … Es wirkte wie die fürchterlichen Zettel auf denen die Frage „Willst Du mit mir gehen? Ja / Nein / Vielleicht“ standen …

Sie kehrt, mit dem Versprechen der Rückkehr, aus Sorge um den erkrankten Vater, nach Hause zurück. Gundula, ganz „liebreizend“ und eigennützig, schafft es, dass Belle nicht ins Schloss zurückkehrt … vorerst … Der Vater ist schnell wieder genesen. Und so bricht aber doch die Erinnerung an das nicht so schreckliche Biest wieder in Belle hervor …

Ganz wie im Film mit Jean Marais, wird das Biest, bei ihrer Rückkehr geradezu siechend, mit einem Knall, nach ihrer Liebeserklärung wieder der schöne, nun geläuterte Prinz Phillip, Thomas Ehrlichmann.

Das Schöne an der französischen Version des Märchens ist die Tatsache, dass hier der Mann, das Biest, auf die Erwählung durch die Frau/das Mädchen warten und hoffen muss, um in die Zweisamkeit zu segeln. Die DISNEY Version hingegen ist versteift im Klischee der prüden 50er der USA, wo die unemanzipierte Frau als Kreischobjekt auf der Leinwand zu agieren hat/hatte … Es gibt mittlerweile emanzipiertere Frauen, auch in DISNEY Verquälungen oder Hollywoodinszenierungen. Das alte französische Märchen ist nicht erst durch die Inszenierung des KJT modern. Es war immer schon modern. Moderner als es die Zeit seiner ersten gedruckten Publizierung gestattete … Wobei damals schon sehr emanzipierte Frauen in Frankreich unterwegs waren, die eigene Salons führten, in denen sich Voltaire und andere Geistesgrößen trafen und diskutierten. So waren es auch die Frauen von Paris, die die Französische Revolution von 1789 auslösten.

Das Ensemble:

Der Mann in Pink, der Conférencier – Andreas Ksienzyk

Cécile, seine französische Assistentin – Bettina Zobel

Belle, die Heldin – Ann-Kathrin Hinz

Gundula, ihre unglückseelige Schwester – Bianka Lammert

Vater, ihr noch unglückseeligerer Vater – Rainer Kleinespel

Biest, eine traurige, angsteinflößende Kreatur – Max Ranft

Phillip, ein schöner Prinz – Thomas Ehrlichmann

Mutter, ein Geist – Bianka Lammert

Regie – Andreas Gruhn

Ausstattung Oliver Kostecka

Dramaturgie – Milena Noëmie Kowalski und Lioba Sombetzki

Musik – Michael Kessler

Video – Peter Kirschke

Regieassistenz – Alina Baranoswki

Inspizienz – Peter Kirschke

Theatervermittlung – Erika Schmidt-Sulaimon und Linda Thaller

Licht – Markus Fuchs

Bühnenbildassistenz – Janina Hudde

Kostümbildassistenz – Nicola Gördes

Print Friendly, PDF & Email