Carlo wer?
Carlo (Karl) Il Calvo (der Kahle) ist der Sohn des Ludovico I. il Pio (Ludwig der Fromme), Kaiser des Fränkischen Reiches. Der war ein Sohn Karl des Großen. Die Barockoper von Nicola Antonio Porpora, 1738, dreht sich in erster Linie um die Familienangelegenheiten dieses Karolingers, und am wenigsten um die Politik, die genug Dramatik geboten hätte. Die Politik oder Geschichte kommt kurz zum Schimmern mit der Erwähnung einer Schlacht. Aber das Libretto konzentrierte sich auf Regenbogenpresse-Material, also aus intimer Quelle. Es kündigt sich die Zeit der Empfindsamkeit an. Kabale und Liebe, bei Kaisers ist auch nicht alles Prinzessinnenheil. Und Calvo, Kahl, ist nicht als Glatzköpfig gemeint, sondern bedeutete im damaligen Fränkisch/Germanisch landlos, im Gegensatz zu seinen Halbbrüdern Lothar (Lottario), Pippin und Ludwig.
Carlo il Calvo ist ein „dramma per musica“ in drei Akten von Nicola Antonio Porpora (Musik) mit einem Libretto nach Francesco Silvanis Text für Benedetto Vinaccesis Oper L’innocenza giustificata aus dem Jahr 1698. Die Uraufführung von Porporas Oper fand im Frühjahr 1738 im Teatro delle Dame in Rom statt. Eine Barockoper mit Countertenören. Das kann für einige anstrengend sein … nur nicht für das Publikum dieses Abends.
Carlo ist der jüngste Sohn Ludwigs aus seiner zweiten Ehe mit Guiditta (Judith) dei Guelfi (Welf). Welf? Ja die Welfen mit dem Ernst August. Carlo/Karl und Ludwig spielen aber im Stück keine Rollen, sondern sind Figuren im Off. Lottario war als Kaiser in der Erbfolge vorgesehen und sollte die Oberherrschaft über seine Brüder haben. Fränkische Erbfolge. Das Theater setzt nach dem Tod Ludwig des Frommen ein.
Karl wird später Herrscher des Westfranken Reiches, aus dem schließlich Frankreich hervorgehen wird.
Wir haben also zwei Liebespaare, Adalgiso, der Sohn von Lottario und Gildippe, Tochter von Giuditta, Und Eduige, ebenfalls eine Tochter von Giuditta und Berardo. Aprando ein Vertrauter Lottarios streut das Gerrücht, Carlo sein der Sohn von Berardo Giuditta und somit ein nicht erbberechtigter Bastard. Es kommt zum Kampf in dem Lottario unterliegt und am Ende bei einem Gespräch mit Giuditta doch noch versucht Carlo zu ermorden,, woran ihn aber sein Sohn Adalgiso hindert.
Erbstreitigkeiten in Familien sind immer irgendwie ziemlich böse.
Max Emanuel Cencic singt den Lottario, Franco Fagioli singt den Adalsgiso, Julia Lezhneva singt die Gildippe, Suzanne Jerosme singt die Giuditta, Ambbroisine Bré singt die Eduige, Dennis Orellana singt den Berardo und Stegan Sbonnik singt den Asprando
Dirigat ist George Petrou mit seinem Ensemble Armonia Atenea
Die vier Countertenöre, Cencic, Fagioli, Orellana, Sbonnik, und die Sopranistinnen Lezhneva und Jerosme mit der Mezzosopranistin Bré begeisterten das Publikum derart, das eigentlich nach jeder Arie ein Applaus und Bravorufe die Künstler “ernährten”.
Schon in der Overtüre wird, wie im Barock typisch, die Dramatik betont, die sich danach durch die Oper zieht. Das zeigt sich auch in seinen “arie di azione”. Asprandos “Temer della sorte”, obgleich lehrhaft ist dramatisch motiviert. Wobei ich hier noch einmal die Reaktionen des Publikums anführen möchte … jeder der Arien an diesem Abend folgte tosender Beifall auf dem Fuß. Sowohl die Countertenöre, als auch Sopranistinnen und die Mezzosopranistin begeisterten das Publikum im Dortmunder Konzerthaus. Und man fragt sich manchmal wo und wie Klangvokal diese Juwelen findet …
Carlo il Calvo von Nicola Antonio Porpora in der Aufführung auch ohne Bühnenbilder und Kostümreigen mit Armonia Atenea und unter dem Dirigat von George Petrou war ein Vergnügen … und war imstande Kopfkino zu verursachen, wohl nicht nur für Geschichtssichere oder Liebhaber von Regenbogenpresse.