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Auf Spurensuche bei der Tier-Mafia

Zoo-Direktor Frank Brandstätter und Autor Heinrich Peuckmann mit südamerikanischen Landschildkröten (keine Angonokas). (Foto: © Theo Körner)
Zoo-Direktor Frank Brandstätter und Autor Heinrich Peuckmann mit südamerikanischen Landschildkröten (keine Angonokas). (Foto: © Theo Körner)

Der Kamener Schriftsteller Heinrich Peuckmann hat sich schon öfter in seinen Kriminalroman um den pensionierten Dortmunder Kommissar Bernhard Völkel mit aktuellen Themen wie den Machenschaften von Bankern (Das Pendel) oder rechtsextremen Fußballfans in „Nach Anpfiff Mord“ beschäftigt.

 

In dem neuen Krimi „Angonoka“ geht es um den lukrativen Handel mit seltenen, vom Aussterben bedrohte Tiere. In diesem Fall steht die aus Madagaskar stammende seltene Schnabelbrustschildkröte (Angonoka tortoise) im Mittelpunkt. „Davon gibt es frei lebend nur noch rund 700 Stück. Beim illegalen Handel bekommt man pro Tier 50.000 Euro“, verriet Peuckmann.

Auf das Thema war der Schriftsteller im letzten Jahr während seines Aufenthalts bei der Leipziger Buchmesse gekommen. Da ging es um eine illegal gehandelte Agame, einem eidechsenartigen Tier.

„Zuhause hatte ich dann ein interessantes Gespräch mit meinem Sohn. Der studiert theologische Ethik und wir diskutierten über den Unterschied zwischen Mensch und Tier. Dabei stellte ich fest, dass entgegen den Behauptungen einiger, Tier ebenso eine Biographie haben wie wir Menschen. So wird ein Hund, der einmal schlecht von Menschen behandelt wurde, Kontakt mit ihnen ängstlich vermeiden“, erläuterte der Schriftsteller.

 

In dem Roman wird ein unbekannter Mann erschlagen im Wald aufgefunden. In seiner Nähe entdecken die Kriminalbeamten eine seltsam aussehende Schildkröte. Der als Tierfreund bekannte pensionierte Kollege Bernhard Völkel bekommt von ihnen das Tier aufs Auge gedrückt. Völkel will sich eigentlich aus der Mordgeschichte heraushalten, entdeckt aber, dass sich hinter der Schildkröte ein ein besonderes Geheimnis verbirgt. Die Spur führt bis nach Madagaskar. Erst als er eine Frau mit vielen Kenntnissen über geschützte, vom Aussterben bedrohte Tiere kennenlernt, kommt Völkel der Lösung des Geheimnisses näher. …

 

Ein guter Ratgeber für seinen Krimi hatte Peuckmann in dem Dortmunder Zoo-Direktor Frank Brandstätter, mit dem er freundschaftlich verbunden ist. „Er ist ein Informant, der bildhaft und interessant reden kann. So ist es eine Geschichte mit einen genauen Handlungsfaden geworden, und Fehler wurden korrigiert“, freut sich der Autor.

 

Zur Angonoka erläuterte Brandstätter: „Diese besondere Schildkrötenart hat einen runden Panzer und einen pflugscharartigen Knochenfortsatz am Vorderende des Bauchpanzers. Den setzten sie zum Beispiel beim Kampf um die Gunst eines paarungswilligen Weibchens ein. Er ermöglicht ihnen immer, sich nach dem Abrollen wieder auf zurichten.“

 

Die Haupthandlung des Krimis findet in Dortmund statt, später geht auch nach Madagaskar.

 

Der neue Kriminalroman von Heinrich Peuckmann ist im Lychatz Verlag Leipzig erschienen und kostet 9.95 Euro. Die ISBN lautet 978-3-94292-70-7.

Kassandras zeitlose Tragik

Kassandra (Bettina Lieder) als Zerrbild ihrer selbst. (Foto: © Birgit Hupfeld).
Die Spiegel zeigen die Zerissenheit von Kassandra (Bettina Lieder). (Foto: © Birgit Hupfeld).

Die 2011 gestorbene Schriftstellerin Christa Wolf schrieb ihre Erzählung „Kassandra“ unter dem Einfluss des nuklearen Wettrüsten in West und Ost am Anfang der 80-iger Jahre des letzten Jahrhunderts. Als verschlüsselte Fabel und Mahnung vor der Bedrohung spielt ihre Erzählung in der Antike zur Zeit des Trojanischen Krieges zwischen dem Königreich Troja und Griechenland. Griechenland war zu der Zeit auch mit Sparta und Mykene verbunden. Kassandra hat viele Dimensionen, neben der Politischen auch eine Feministische.

 

Am Freitag, dem 4. April 2014 hatte „Kassandra“ in der Inszenierung und Bearbeitung von Lena Biresch und Dirk Baumann Premiere im Studio des Schauspiels Dortmund. Die politisch zeitlose Dimension steht bei ihnen im Mittelpunkt.

 

Zentrum der Aufführung ist die trojanische Königstochter, Priesterin und Seherin Kassandra. Kurz vor ihrer Ermordung blickt Kassandra, eindrucksvoll von Bettina Lieder gespielt, schonungslos reflektierend auf ihr Leben zurück.

Sie beginnt mit ihrer Kindheit als „Lieblingstochter“ ihres Vaters Priamos, dem König von Troja und ihrer strengen Mutter Hekabe, und von ihrem sehnlichsten Wunsch, Priesterin zu werden.

Im Traum wurde ihr die „Seher-Fähigkeit“ vom Gott Apollon verliehen. Als sie sich ihm nicht hingeben will, versieht er Kassandra mit einem Fluch. Sie soll zwar die Gabe zu Sehen weiter behalten, aber niemand wird ihr glauben.

Kassandra ist nun zerrieben zwischen der Verbundenheit zum König und Volk und ihrem zunehmende Ekel vor Täuschung, Betrug und Selbstbetrug, und rechthaberischer Feindseligkeit gegenüber der „Gegenpartei“ zum Machterhalt. Sie fleht ihren Vater an, doch Alternativen zu suchen und zu verhandeln. Sie sieht den Untergang Trojas voraus und muss die Ermordung von ihren Brüdern Troilos und Hektor durch „Achill, das Vieh“ verkraften, ohne etwas verhindern zu können. Darüber wird sie zeitweise krank und von ihren Geschwistern für wahnsinnig gehalten. Kraft geben ihr der Geliebte Aineias und Arisbe, die Mutter des Aisakos.

Kassandra kann letztendlich nicht gegen ihre Überzeugung handeln. Aineias will sie überreden, mit ihm aus besetzten Festung Troja zu fliehen und woanders etwas neues aufzubauen. Kassandra will aber aber nicht mitkommen, da er dann wohl ein Held werden müsse und sie keinen Helden lieben könne…

 

Die Bühne war minimalistisch, nur mit einer spiegelnden Folie im Hintergrund, eingerichtet. Zum einen sollte ja Kassandra im Mittelpunkt stehen und ihr eine Stimme gegeben werden, zum anderen unterstützte die Spiegelfolie gut die Selbstreflexion der Kassandra. Bettina Lieder stellte sich so mal mit dem Rücken zum Publikum, mal drehte sie sich um und sprach die Zuschauer/innen direkt offen an. Musik gab es keine, außer bei ihrer Erzählung aus der Kriegszeit. Hier hörten die Zuschauer leise Hintergrundgeräusche wie beispielsweise Kriegstrommeln.

 

Es war schon beachtlich, wie die junge Schauspielerin nicht nur den schwierigen, komplexen Text beherrschte, sondern mit ihrer starken Präsenz und Ausdruckskraft das Publikum in ihren Bann zog. Jede Geste und Wechsel in der Stimme zeigten die Gefühlswelt der Kassandra. Sei es Verzweiflung, Schuldgefühle, weil sie zunächst den Betrug mit der angeblich von den Griechen zurückeroberten „verschleierten Helena“ nicht sofort öffentlich gemacht hat, Ekel ob der Gewalt des Krieges oder die liebevollen Gefühle für Aineias.

Einer der Höhepunkte des Abends war sicherlich, als Kassandra sagt: „Wann ein Krieg beginnt, lässt sich zeitlich gut Terminieren. Aber wann beginnt die Vorkriegszeit?“ Oder als sie am Ende betont: „Eine Welt die Helden braucht, ist dem Untergang geweiht.“

Das ließ viel im Publikum wohl auch an gegenwärtige Konflikte wie im Augenblick in der Ukraine denken.

Ein nachdenklicher Abend, aber mit dem Wissen, dass sich die Welt im ständigen Wandel befindet, was durch auch als Quelle möglicher Hoffnung auf positive Veränderungen sein sollte.

Eine gelungene Inszenierung mit einer starken schauspielerischen Leistung wurde mit viel Beifall belohnt.

Karten gibt es noch für die Vorstellungen am 09. und 25. April sowie für den 23. Mai 2014. Karten und Infos unter www.theaterdo.de oder 0231 50 27222.

 

Kein Gehör für Kassandra

Hätte Kassandra (Bettina Lieder) sich anders entscheiden können? (Foto: © Edi Szekely)
Hätte Kassandra (Bettina Lieder) sich anders entscheiden können? (Foto: © Edi Szekely)

Am Freitag, den 4. April ist um 20:00 Uhr Premiere für „Kassandra“ nach Christa Wolf (1929 -2011) in einer Fassung von Regisseurin Lena Biresch und Dramaturg Dirk Baumann im Studio des Dortmunder Schauspielhauses. Im Zentrum der Erzählung steht die Zeit der „Trojanische Krieg“ zwischen Troja und Griechenland im Verbund mit Mykene und Sparta.

 

Die trojanische Königstochter und Priesterin Kassandra ist vom Gott Apollon in die Kunst der Wahrsagung eingeweiht worden. Da sie sich einer Liebesbeziehung mit Apollon verweigert, verflucht dieser sie. Keiner soll ihren seherischen Fähigkeiten glauben schenken. So bleiben auch ihre Warnungen vor den drohenden zehnjährigen Trojanischen Krieg ungehört. Verzweifelt und vergeblich versucht sie, den „unvermeidbaren Untergang“ noch zu verhindern. Von den Siegern wird Kassandra als Sklavin verschleppt, demütigt und am Ende ermordet…

 

Der Ausgangspunkt des Stückes ist der Zeitraum kurz vor Kassandras Ermordung. Sie erzählt Erinnerungen an ihre Erlebnisse in der Kindheit, wie sie Seherin wurde und wie sich ihr politisches Bewusstsein entwickelt hat. Wolfs „Kassandra“ hat viele Dimensionen. Vor allem eine Politische – geschrieben wurde die Erzählung Anfang der 80iger Jahre des letzten Jahrhunderts zum Höhepunkt der nuklearen Aufrüstung in West und Ost mit seinem Bedrohungsszenario. Zudem hat sie natürlich auch eine starke feministische Aussage.

 

„Bei unserer Inszenierung steht Kassandra als eine Person, die letztendlich nur ihre Überzeugung verpflichtet fühlt im Mittelpunkt. Sie steht dem politischen System und seinen Mechanismen kritisch gegenüber und will die Fehler der Regierung aufzeigen. Gleichzeit zeigt sie andere, friedliche Wege der Konfliktbewältigung auf. Sie findet aber kein Gehör“, so Baumann. „Wir wollen dieser Frau wie es auch Christa Wolf wollte, eine besondere Stimme verleihen. Schwierig war, das 350-seitige wortgewaltige Werk so zu bearbeiten und zu kürzen, dass wir dem Publikum in 80 Minuten ein interessantes und eindrucksvolles Theatererlebnis mit der spezifischen interessanten politischen Dimension bieten können“, ergänzte Biresch.

 

In ihrer ersten Solo-Rolle als Schauspielerin wird Bettina Lieder vom Ensemble des Dortmunder Schauspielhaus die Kassandra spielen.„Wir gebrauchen bei dieser Aufführung wird eine minimalistische Formsprache sein. Die Figur der Kassandra steht im Zentrum des Geschehens und die Geschichte lebt von der Präsenz der Schauspielerin. Das ist eine große Herausforderung“, erklärte die Regisseurin. „Auch das Publikum wird in den Prozess des Erkennens und Sehens einbezogen“, ergänzte Baumann. Assoziationen zu Konflikten der Gegenwart wie etwa in der Ukraine werden da nicht rein zufällig aufkommen.

 

„Das Bühnenbild ist ebenfalls minimalistisch und eher abstrakt gehalten,, um nicht von der Hauptperson abzulenken“, verriet die für die Ausstattung verantwortliche Mareike Richter.

 

Die Premiere am 04. April 2014 ist bereits ausverkauft, aber Karten gibt es noch für die Vorstellungen am 09. und 25. April sowie für den 23. Mai 2014. Karten und Infos unter www.theaterdo.de oder 0231 50 27222.

Drama um Liebe, Hass und Leidenschaft

Im Banne der Leidenschaft. Pauline Steinmeyer (Carmen) und Steffen Happel (José). (Foto: © Birigt Hupfeld)
Im Banne der Leidenschaft. Pauline Steinmeyer (Carmen) und Steffen Happel (José). (Foto: © Birigt Hupfeld)

Das Publikum erlebte bei der Premiere des Musik-Theaterprojekts „Außer Kontrolle: Carmen“ nach Georges Bizets Oper „Carmen“ (ab 14 Jahren) eine spannende und interessante Mischung aus Schauspiel, Oper und Rap. Nach „Glaube, Liebe, Holländer“ ist es die zweite Koproduktion des KJT Dortmund mit der jungen Oper Dortmund.

Die Regisseurin Brigitta Gillessen transformiert und verändert die Handlung der Oper in die Gegenwart. Die Hauptpersonen treffen hier auf engen Raum in einer Art Arena, inmitten des Publikums, aufeinander. Das Besondere ist, das José und Zuniga von Schauspielern verkörpert werden, Carmen, Micaela und Escamillo aber junge Opernsänger sind.

Carmen ist die Besitzerin des Clubs „La corrida“. Als ihr der junge Polizist José begegnet, verfällt er ihr sofort und ist bereit, seine Karriere und die Liebe zu seiner Verlobten Micaela, die ein Kind von ihm erwartet, aufs Spiel zu setzten. Als bei einer Razzia mit seinem korrupten Vorgesetzten Zuniga im Club Drogen gefunden werden, hilft er Carmen, die mit ihrer Mädchengang mit Drogen handelt, den Stoff verschwinden zu lassen. Da die Liebe wie ein wilder Vogel“ ist, verliebt sich Carmen bald unsterblich in den Superstar und Motorrad-Rennfahrer Escamillo vom Team „Toreador“. Das Chaos der Gefühle nimmt seinen Lauf und die Geschichte gerät außer Kontrolle….

 

Gillessen hat in ihrer Inszenierung die Figur der Micaela gegenüber der Oper aufgewertet.

Sie steht der starken, verruchten und verführerische Carmen, die für Freiheitsliebe, Unabhängigkeit und Abenteuer steht, als Gegenpol gegenüber. Sie eine Frau, für die Geborgenheit, Familie und Beständigkeit wichtig sind. José, der sich selbst nicht in der Gewalt hat und schon einmal suspendiert wurde, muss sich zwischen ihnen entscheiden. Das führt zu einem tragischem Ende.

 

Das Drama wird von außen vor allem für auch jüngere Zuhörer/innen ansprechend von den beiden Rappern „Der Wolf“ (Jens Albert) und Tim Gilenberg begleitet und kommentiert. Dabei übernimmt“Der Wolf“ den Part des „Teufelchen“, der José von den Vorzug einer Beziehung mir Carmen überzeugen will. Gilenberg als das „Engelchen“ warnt ihn dagegen vor ihr und den Folgen.

Hinter der Bar unterstreicht eine 13-köpfigers Kammerorchester unter der Leitung von Michael Hönes mit den bekannten „Musikhits“ aus der Oper mit einstudierten leichten Veränderungen. Nötig waren die vor allem bei der ergreifenden Arie von Micaela, als sie besingt, dass ihr das ungeborene Kind am Wichtigste ist und sie Stark macht. Stark auch die sensible Begleitung durch das Orchester im Hintergrund der Handlung.

Die drei jungen Sängerinnen und Sänger von der Folkwang-Hochschule Essen, Paulina Steinmeyer (Carmen), Engjellshe Duka (Micaela) und Christian Henneberg(Escamillo) boten sowohl vom gesanglichem Können wie auch im Schauspiel eine eindrucksvolle Leistung.

Besonders die beiden Frauen überzeugten in ihren Rollen als verführerische, stark Carmen, die weiß was sie will, und der für ihre kleine Familie und ihr Glück aufopfernd kämpfende Micaela.

Die beiden Schauspieler vom KJT, Steffen Happel (José) und Andreas Ksienzyk (Zuniga) als gut in das Spiel um Leidenschaft, Liebe und Gewalt ein. Happel spielte den José zunächst hin und hergerissen zwischen den beiden Frauen, dann als Mann, der sich nicht mehr unter Kontrolle hat überzeugend. Ksienzyk mimte den auf seinen Vorteil bedachten korrupten Zuniga merklich mit viel Vergnügen.

Das Bühnenbild bot einiges zum Sehen. Wie eine Arena aufgebaut, konnten die Zuschauer das Spiel von drei Seiten erleben. An einem Ende befand sich das „Wohnzimmer“ von José und Micaela, am anderen Ende Carmens Club „La corrida“. So war es möglich beide weiblichen Hauptfiguren parallel zu erleben.

 

Eine bemerkenswerte Spielfreude zeigten auch die Mädchengang „Karincas“. Die Jugendlichen wurden aus einem der Projekte des Kulturrucksacks NRW ausgewählt.

 

So wird die Oper den Jugendlichen „schmackhaft“ gemacht. Mehr davon!

Weitere Termine am 30. März, 11., 12., 28., 29., 30. April, 02., 13., 14., 15. und 18. Mai 2014.

Karten und weitere Informationen unter www.theaterdo.de oder 0231 5027222.

Wiener Klassik beflügelt Fantasie

Im Mittelpunkt des 2. Wiener Klassik Konzertes standen am 24. März 2014 im Dortmunder Konzerthaus die Ouvertüre „Meeresstille und glückliche Fahrt“ op.27 (1828) von Felix Mendelsohn Bartholdy (1809 – 1847). die Sinfonia concertante für Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Orchester Es-Dur KV 297b (1778) und die „Italienische“ Sinfonie Nr.4 A-Dur op.90 (1833).

Dirigiert wurde die Dortmunder Philharmoniker von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz.

 

Mendelsohn Bartholdy wurde bei seiner Ouvertüre stark von Goethes Gedichtpaar „Meeresstille und glückliche Fahrt“ beeinflusst. Der Sonatensatz beginnt zunächst langsam und still wie das Meer an einem nebeligen, trüben Morgen. Dies Gefühl wird durch gedämpfte Akkorde und einzelne Bläserfloskeln verstärkt. Dann kündigen Flötentriolen den leisen Wind an und die Tempi ziehen an. Feltz und die Philharmoniker inszenieren die Ouvertüre temperamentvoll mit einem Wechsel von Hauptthema und Seitenthema und leiten dann wieder hin zum Wellenmotiv. Beeindruckend, wie gegen Ende die Trompeten die glückliche Ankunft des Schiffes ankündigen und drei Orchester-Akkorde leise die Ouvertüre beenden. Das Publikum konnte sich gut in die Meeresreise hinein träumen und ihren eigenen Fantasien freien lauf lassen.

 

Ein besonderes Erlebnis bot Mozarts „Sinfonia concertante für Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Orchester Es-Dur KV 297b. Sie wurde erst 77 Jahre nach Mozarts Tod in der Berliner Hofbibliothek entdeckt und es gab einige die daran zweifelten, dass das Werk, zwischen Konzert und Sinfonie angesiedelt, vom Meister stammt. Die vier Sätze waren alle, für Mozart unüblich, in der Tonart Es-Dur komponiert.

Allerdings spricht wirklich sehr vieles für die Echtheit des Werkes und Mozarts Urheberschaft.

Er hatte gegen Ende des 18. Jahrhunderts diese Gattung auf seinen Reisen, vor allem nach Paris, kennengelernt und damit experimentiert. Die Solopartien sind zudem meisterhaft vollendet und virtuos komponiert.

Gleich vier Solisten der Dortmunder Philharmoniker konnten mit oder ohne die unterstützende Begleitung der Philharmoniker hier gleichzeitig ihr Können zeigen und ausleben. Die Solisten an diesem Abend waren der Solo-Oboist Volkmar Schöller, die stellvertretende Solo-Klarinettistin Frauke Hansen, die Solo-Hornistin Monika Lorenz sowie die Solo-Fagottistin Minori Tsuchiyama.

Besonders das Allegro, hatte mit seiner Verspieltheit, Feierlichkeit und punktierten Rhythmen viel von typisch „Mozartischem“. Seinen Stil konnte das Publikum auch beim Andante mit seinen eleganten und schönen Klängen erkennen.

Einen grandiosen Abschluss bildete das Adantino mit zehn Variationen eines Themas. Die vier Bläser trieben sich hier gegenseitig zu Höchstleistungen. Mal als Soloinstrumente einzeln im Vordergrund, um sich dann wieder gemeinsam verbindend zueinander zu finden.

 

Nach der Pause ging es mit Mendelsohn Bartholdys durch seine zweijährige Italienreise um 1830 inspirierten „Italienischen Sinfonie Nr.4 A-Dur op.90“ weiter. Es sei „ das lustigste Stück“, was er je gemacht habe. Erstaunlich ist dabei, dass eigentlich nur die Ecksätze einen leichten südländischen, die beiden Mittelsätze aber eher einen nordisch-melancholischen Charakter aufweisen.

Das bekannt spritzige Hauptthema in A-Dur im Allegro vivace wird von diesem fast durchgehend geprägt. Mit Hörnerklang weckt das E-Dur Trio des Menuetts dann aber auch durchaus Assoziationen an (deutsche) Waldromantik.

Im zweiten Satz Andante con moto in d-Moll eher melancholisch und wohl durch die Nachricht vom Tod von Goethes mit beeinflusst. Es schließt sich dann ein ruhiger dritter Menuettsatz in A-Dur an.

Den Abschluss bildet ein siebenteiliges Rondo in a-Moll, das mit Saltarello (italienischer Springtanz) überschrieben ist und im schnellen Sechsachtel-Takt endet.

Ein gelungener Konzertabend und am 19. Mai 2014 gibt es um 19.00 Uhr das 3. Konzert Wiener Klassik im Konzerthaus mit der Sinfonie Nr.82 C-Dur, Der Bär“ (1786) von Joseph Haydn, dem Konzert für Flöte, H arfe und Orchester C-Dur KV 299 (778) und der Sinfonie Nr.104 D-Dur „Salomon“ (1795).

Carmen als modernes Musiktheater

Carmen verzaubert die Männer in ihrem Club. (v.l.n.r.) Andreas Ksienzyk, Steffen Happel und Paulina Steinmeyer. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Carmen verzaubert die Männer in ihrem Club. (v.l.n.r.) Andreas Ksienzyk, Steffen Happel und Paulina Steinmeyer. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Am 28.03.2014 ist im Dortmunder Kinder-und Jugendtheater um 19.30 Uhr Premiere für das Musik-Theaterprojekt „ Außer Kontrolle: Carmen“, (ab 14 Jahren) nach Georges Bizets Carmen von Brigitta Gillessen (Regisseurin) und Michael Hönes (Musikalischer Leiter der Jungen Oper).

Es ist nach „Glaube, Liebe-Holländer“ die zweite Koproduktion zwischen dem KJT und der Jungen Oper Dortmund.

 

Regisseurin Gillessen verriet vorab: „Wir adaptieren die bekannte „Carmen“ nicht nur in die Gegenwart, sondern verbinden mit einem Genre-übergreifenden Cross-ver-Projekt Klassik, Rap und Theater. Die beiden Rapper „Der Wolf“ (Jens Albert) und Timo Gilenberg haben aus Bizets Musik Raps komponiert und die Geschichte in eine heutige musikalische Sprache transformiert. Daneben spielen Mitglieder der Dortmunder Philharmoniker nur leicht veränderte Musikstücke aus der Oper Carmen.“

Michael Hönes ergänzte: „Wir kommen dieses Mal mit einem mittelgroßem Kammerorchester von 13 Musikern und spielen die berühmtesten Zwischenspiele aus Carmen. Wir wollen auch die jungen Zuschauer begeistern.“

„Der Wolf“ erläuterte: „Das ist eine interessante und zeitlose Geschichte um Liebe und Leidenschaft. Ich habe festgestellt: Hip-Pop geht auf Klassik. Über einen Prozess, der um mehrere Ecken ging, haben wir zusammen gefunden. Der Rap macht die Geschichte auch für ein jüngeres Publikum noch greifbarer.“

„Das besondere an unserer Version ist unter anderem, dass José und Zuniga von Schauspielern verkörpert werden – Carmen, Micaela und Escamillo aber junge Opernsänger sind“, so Gillissen.

Im Mittelpunkt der Inszenierung steht die ungeschönte Sicht auf die Realität – der auch gewalttätigen-Liebe und großen Leidenschaft.

Änderungen im Vergleich zur Oper „Carmen“ bei dieser Aufführung: Carmen ist hier die Besitzerin des Clubs „la corrida“. José ist nicht wie „Don José“ ein Soldat, sondern ein Polizist, Micaela seine Frau und Escamillo ein „Superheld“. Außerdem steht Carmen eine junge Mädchengang zur Seite, die in dem Stück von Laiendarstellern gespielt wird.

 

Zum Inhalt: José verliebt sich in die starke Club-Besitzerin Carmen und greift für sie Partei, als sie wegen Drogen mit der Polizei in Konflikt gerät. Er lässt das Beweismaterial verschwinden. Doch Carmen hat sich inzwischen in den „Superhelden“ Escamillo verguckt und findet José nur noch lästig. Da gerät die Situation außer Kontrolle…

 

„ Die Hauptpersonen treffen wie bei einem Kammerspiel aufeinander. Bei uns steht die in Bizets Oper „brave Micaela“ nicht im Schatten von Carmen sondern ist ihr gleichgestellt und aufgewertet. Sie ist ein Gegenpart zu Carmen und José muss sich zwischen diesen Frauen entscheiden, die ihm beide etwas bedeuten“, erklärte Gillessen.

 

Ute Lindenbeck, verantwortlich für Ausstattung, erläuterte: „ Die Bühne wird zu einer in zwei Bereichen geteilten Arena, bei der das Publikum ganz nah am geschehen sitzt. Vorne befindet sich zum einen sozusagen das „Wohnzimmer“, die Club-Bar mit den Rappern und das Orchester als sind im Hintergrund zu sehen.“

 

Die Inszenierung möchte dem jungen Publikum einen Einstieg geben, um ein Gefühl für die Faszination des Musiktheaters zu bekommen, und so eventuell auch einen Zugang zur Oper zu finden.

 

Die Aufführung dauert ungefähr 90 Minuten.

Neben der Premiere am 28.03. 2014 gibt es noch weitere Termine am 30. März, 11., 12., 28., 29., 30. April, 02., 13., 14., 15. und 18. Mai 2014.

Karten und weitere Informationen unter www.theaterdo.de oder 0231 5027222.

Streichquartett-Kultur auf hohem Niveau

Das Mannheimer Streichquartett mit Andreas Krecher (1. Violine), Shinkung Kim (2. Violine)- bekannt als Konzertmeisterin der Dortmunder Philharmoniker, Sebastian Bürger (Viola) und Armin Fromm (Cello) hatte beim 3.Kammerkonzert im Orchesterzentrum/NRW am17.3.2014 reichlich Gelegenheit ihr Können zu beweisen.

Zu Anfang spielten sie das Streichquartett Nr. 1 e-Moll „Aus meinem Leben (1876) von Bedřich Smetana (1824 – 1884). Smetana als Vertreter der Romantiker aus Böhmen ist vielen Menschen ja vor allem durch „Die Moldau“ ein Begriff geworden.

Der erste Satz „Allegro vivo appassionato“ gab einen romantisch-schwelgerischen Einblick in sein Gefühlsleben. Mal gaben die einzelnen Instrumente den Ton als „Vorreiter“ an, um dann wieder mit den Anderen zu einem gemeinsamen Ganzen zusammen zu finden. Beim „Allegro moderato alla Polka“ mit seinen musikalischen Anklängen an Böhmen, Österreich-Ungarn veranschaulicht mit seiner Beschwingtheit die heitere Seite des Lebens. Das „Largo sostenuto“ wechselt dagegen schon zu Beginn mit einem melancholischen Cello-Solo zur melancholischen Seite im Leben. Der vierte Satz „Vivace“ nimmt ein ein aufbrausend-rasantes Tempo und endet mit einem Zzusammenklang.

 

Als Kontrast zur europäischen Musik der Romantik wurde dem Publikum vor der Pause mit „Eight Colors for string quartet“ moderne Klangkunst des zeitgenössischen chinesisch-amerikanischen Komponisten Tan Dun (1957) dargeboten. Sein europäisch-asiatisches geprägtes Klangfarben-Vexierspiel, bei dem durch Zupfen, Streichen und Klopfen auf den Klangkörper verschiedene Geräusche und Klänge entstehen und zwischen den vier Instrumenten hin und her schwingen.

Ein interessantes Klangerlebnis, wenn auch für unsere Ohren etwas befremdlich. Die größte Wirkung wird erreicht, wenn man beim Hören seine Augen schließt.

 

Nach der Pause ging es mit dem zweiten böhmischen Romantiker des neunzehnten Jahrhunderts, Antonin Dvořák (1941-1904) und seinem Streichquartett F-Dur op.96 „Amerikanisches“ (1893). Das Werk ist während seines „Neue Welt“-Aufenthaltes entstanden.

Hier erleben die Zuhörer wieder die europäische, folkloristisch-naturbezogene Klangwelt der Romantik zur damaligen Zeit. Deutlich wird das schon beim ersten Satz „allegro ma non troppo“. Typisch für diesen Satz ist das in Variationen von den Instrumenten immer wieder aufgegriffene melodiös beschwingte Hauptthema und die naturbezogenen Klänge. Das erinnert ein wenig an die „Moldau“. Hier scheint man manchmal Bergbäche in der Natur zu hören. Beim „Lento“ wird dann es melancholisch-traurig, während das „Molto vivace“ und das „Finale. Vivace ma non troppo“ rasant und heiter beschwingt daher kommt mit einem beeindruckend virtuosem finalem Abschluss.

 

Die vier Musiker boten eine Streichquartett-Kultur vom Feinsten auf hohem Niveau. Als Zugabe für das begeisterte Publikum gab es als Zugabe einen Auszug aus einem Streichquartett von Joseph Haydn.

Beschwerlicher Weg zu sich selbst

Barbara (Bettina Zobel) findet Ruhe nach der Anstrengung einer Etappe. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Barbara (Bettina Zobel) findet Ruhe nach der Anstrengung einer Etappe. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Das Publikum bei der Premiere der Aufführung „The road to Santiago – ein Jakobsweg“, einem Ein-Personen-Stück von und mit Bettina Zobel (Ensemblemitglied des Kinder- und Jugendtheaters), war am 15. März 2014 durchschnittlich älter als sonst im KJT üblich. Das lag wohl an der Thematik des Stückes, einer Koproduktion mit der „Companie des Mers du Nord“ aus Grande-Synthe (Frankreich), deren Gründerin Brigitte Mounier auch Regie führte.

 

Nach dem Motto „Ich bin dann mal weg“ wagt die Protagonist Barbara (Bettina Zobel) den schweren Schritt in ein Abenteuer und nimmt sich eine Auszeit von Beruf, Familie und Krankheitssorgen. Sie will in 116 Tagen zu Fuß den Jakobsweg von ihrer Heimatstadt Köln bis nach Santiago de Compostela gehen. Auf diesen physisch wie psychisch anstrengenden Weg begegnet sie auch vielen Pilgern. An ihren Begegnungen mit fünf von ihnen lässt sie uns teilhaben. Jeder dieser fünf hat unterschiedliche Beweggründe, ob Unzufriedenheit mit dem Beruf, das zerstrittene und in seinen Rollen eingefahrene Paar, die mit ihren Mitmenschen hadernde Veganerin oder eine nach Freiheit und Unabhängigkeit strebende Britin. Mit jedem Schritt begegnet die gut auf die Reise vorbereitete Barbara nicht diesen Pilgern, sondern vor allem auch sich selbst mit ihren Ängsten und Schuldgefühlen am Tod ihres Bruders….

 

Zur Bühne: Im Hintergrund eine Landkarte mit dem Jakobsweg, mitten auf der Bühne ein Laufband, dass auch multifunktional zum Beispiel als Pilgerherbergs-Schlafstätte Verwendung fand. Das waren die wenigen Requisiten die nötig waren, um die physische Herausforderungen und Anstrengungen dem Publikum lebendig vor Augen zuführen.

Daneben spielten Musik und Alltagsgeräusche wie Autobahnlärm oder Vogelgezwitscher sowie der geschickte Einsatz von Beleuchtung eine wichtige Rolle. So war das Publikum beispielsweise mit der Protagonistin in dunkler Einsamkeit in einer Pilgerherberge oder hörte das Surren der Stechmücken im Wald von Gascogne. Der Übergang nach Luxemburg wurde musikalisch mit Beethovens „Ode an die Freude“ begleitet.

Zu Beginn stellte Barbara (Bettina Zobel) die Personen die sie während der 116 Tage kennenlernt symbolhaft in Form von fünf Steinen vor, und legt diese um die Bühne herum auf den Boden.

Beeindruckend, wie lebensnah Zobel die Zuschauerinnen und Zuschauer von ihrer akribischen Vorbereitung, angefangen von angemessener Funktionskleidung und Schuhwerk sowie an an allen Emotionen wie Freude und Euphorie, körperlichen und psychischen Schmerz oder auch ihren Ängsten teilhaben lässt. Das Publikum hatte wohl mehr als einmal das Gefühl, selbst diesen Weg zu gehen. Der Satz „Das war das Beste, was ich machen konnte“ konnte man ihr wirklich abnehmen, auch wenn er vielleicht etwas zu häufig benutzt wurde.

Ein bedeutender Moment war auch, als Barbara mitten im Regen einen glatt polierten kleinen Stein findet, den sie gegen Ende als „ihren Stein“ am Cruz de Ferro, dem Eisenkreuz ablegt. Für das Paar Monika und Harro gibt es dort auch ein „Happy End“. Und sie finden wieder zueinander.

 

Der Jakobsweg ist sicherlich für viele Menschen ein Weg – aber eben auch nur eine von mehreren Möglichkeiten – zu sich selbst zu finden. Bettina Zobel ist diesen Weg auch privat schon gegangen. Das war ihrem Spiel anzumerken.

 

Die Inszenierung und schauspielerische Leistung wurde mit viel Beifall belohnt.

 

Weitere Termine So, 23. März 2014, Sa, 29. März 2014, Sa, 24. Mai 2014, So, 25. Mai 2014 und Sa, 14. Juni 2014. Karten gibt es unter www.theaterdo.de oder 0231 5027222.

Re-birthing auf türkisch

Der Protagonist wacht in einem merkwürdigen jenseits wieder auf. Ensemble Altidan Sonra Tiyatro. (Foto: © Yucel Kursun)
Der Protagonist wacht in einem merkwürdigen jenseits wieder auf. Ensemble Altidan Sonra Tiyatro. (Foto: © Yucel Kursun)

Als drittes Gastspiel aus der Reihe „Szene Istanbul“ wurde am 14. März 2014 im Schauspielhaus Dortmund „Du bist tot, kapiert?“ (Öldün, duydun mu?) der Gruppe Altidan Sondra Tiyatro/Kumbaraci50 unter der Regie von Yiğit Sertdemir aufgeführt.

Diese Reihe wird in Kooperation mit dem Mülheimer Theater an der Ruhr realisiert.

Das freie Theater Altidan Sondra Tiyatro hat – wie die anderen auftretenden Gruppen – seine Heimat in einem der interessantesten und vielfältigsten Viertel in Istanbul. Beyoğlu, unterhalb des Taksim-Platzes gelegen, ist zudem auch Partnerstadt(teil) von Dortmund.

Das Stück wurde in türkischer Sprache mit deutschen Übertitel gespielt.

 

Schon das Bühnenbild dieser märchenhaften, satirischen Gesellschafts-Parabel ist fantasievoll – fabelhaft angelegt. Der Bühnenboden war voll von weißen, plüschigen und Wattebäuschen ähnliche „Wolken“. Umfasst war die Bühne von einer eierschalenfarbenen, durchbrochenen Konstruktion, die nach oben hin kuppelartig abgeschlossen war. Ein Raum, der einer fantasievollen Vorstellung von einem „Jenseits“ nahe kam.

In der Mitte lugte nur der Kopf eines Mannes heraus. Begrüßt wird der Mann, nach seinem dritten Selbstmordversuch von einem Wesen zwischen Engel und Clown. Es verrät ihm, dass er im Jenseits sei. Sein Lebenswandel würde aber einer Prüfung unterzogen und er könnte eventuell eine zweite Chance bekommen. Sein Leben wird aus einem Buch in Form einer märchenhaften Parabel vorgetragen. Die Menschen leben in „Schalen“, Kinder heißen „Bobolops“, Erwachsene“Bobolips“ Geliebte „Liebliebfrauen“ und ein Suizid „Dezius“. Wir erfahren von dem herrschsüchtigen, gewalttätigen Vater, der auch seine Frau schlägt, wenn sie nicht „gut funktioniert“. Der Vater erhängt sich und der Bruder wird von Militär ermordet. Den Selbstmord des Vaters schiebt er unbewusst seiner Mutter in die Schuhe. Der Protagonist der Geschichte geht seinen Weg, studiert , wohnt in seiner eigenen „Schale“ und verliebt sich. Er verzweifelt an den gesellschaftlichen Bedingungen und unternimmt mehrere Suizidversuche. Von einem älteren „Bobolip“ wird ihm aber klar gemacht, dass er sich trotz allem dem Leben stellen muss. Nachdem ihm seine Geliebte verlassen will, unternimmt er den letzten Versuch, sich das Leben zu nehmen.

Mit weißem langen Haar und hellem Gewand steht erhöht die als „Herrin“ bezeichnete Gestalt als entscheidende Instanz für eine zweite Chance für den Protagonisten.

 

Gegen Ende wird klar, der Protagonist ist nicht tot ist, sondern befindet sich nach seinem letzten Suizidversuch in einer Art psychiatrischen Klinik. Hier wird versucht, den Protagonisten durch eine Art „Re-birthing“ „umzupolen“, so dass er seinen Hass auf die Mutter verliert.

 

Untermalt wurde das Stück manchmal mit Instrumentalmusik und zur Unterstützung der Stimmung und Aussagekraft wurde die Beleuchtung geschickt eingesetzt.

 

Die Aufführung gab interessante Einblicke in die frei Theaterszene Istanbuls und in ein Leben, dass durch ein patriarchalisches Gesellschaftssystem und der Militärherrschaft in den 80er Jahren mit all seinen Folgen für die einzelnen Menschen geprägt war.

 

Die Geschichte weckt viele unterschiedliche Emotionen. So wird zum Beispiel humorvoll erzählt, wie der Protagonist als kleiner Junge in ein Bordell gerät, aber auch tieftraurige Erlebnisse wie die Militärgewalt und der Suizid des Vaters beschrieben.

 

Am 7. April 2014 ist als letztes Stück aus der Reihe „Szene Istanbul“ am 7. April 2014 um 20.00 Uhr im Studio des Dortmunder Schauspiels Iz/ Die Spur von Ahmet Sami Üzbudak (Galataperform) zu sehen.

 

Karten und Infos gibt es unter www.theaterdo.de oder 0231 5027222.

Jakobsweg zur Selbstfindung

Er erste Schritt ist am schwersten. Bettina Zobel als Pilgerin.
Er erste Schritt ist am schwersten. Bettina Zobel als Pilgerin.

Am 15. März 2014 um 20.00 Uhr ist Premiere für „The road to Santiago – ein Jakobsweg“ (ab 14 Jahren) im Kinder- und Jugendtheater Dortmund. Die Koproduktion des KJT mit der Companie des Mers du Nord, Grande-Synthe ist zugleich die erste internationale Kooperation im Haus.

 

Die Gründerin der Companie Brigitte Mounier führt bei diesem ein Personenstück Regie. Die Schauspielerin Bettina Zobel vom KJT hat die Geschichte geschrieben und spielt auch die Hauptperson.

„Das war mir eine Herzensangelegenheit. Es gibt leider zu wenige Stücke über Frauen, die sich außerhalb der üblichen Rollenklischees bewegen. Die Frau in meiner Geschichte ist mutig und bringt die physische und psychische Kraft auf, von ihrer Familie wegzugehen und sich auf den Jakobsweg zu machen. Eine geheimnisvolle , interessante Geschichte sowohl auf physischer als auch auf psychologischer Ebene. Ich bin diesen Weg übrigens selber auch gegangen. Allerdings erstreckte sich bei mir der Zeitraum über sieben Jahren“, erklärte Zobel.

 

Der Leiter des KJT Andreas Gruhn fügte hinzu: „Es gibt einen Mangel an neuen Frauenbildern und Lebensentwürfen. Leider definieren sich Frauen immer noch über Männer. Bei “The road to Santiago-ein Jakobsweg“ geht es vor allem auch um Unabhängigkeit und Freiheit.“

 

Kurz zur Geschichte: Eine Frau findet den Mut, einen ersten Schritt aus ihrem familiären Trott und mit dem Hintergrund einer schweren Krankheit zu gehen und sich eine Auszeit zu genehmigen. Sie will wie schon viele Pilger vor ihr zu Fuß den besonders durch Hape Kerkeling bekannt gewordenen Jakobsweg von ihrer Heimatstadt Köln bis nach Santiago de Compostela zu gehen. Dabei trifft sie neben verschiedene Menschen, aber vor allem sich selbst….

 

Gast-Regisseurin Brigitte Mounier sieht es Aufgabe für ihre Inszenierung an, die Schwierigkeit „weg zu gehen“ und die damit zusammenhängenden physischen wie psychischen Herausforderungen auf der Bühne spürbar präsent werden zu lassen.

 

Der Abend wird auch musikalisch begleitet werden. Wie die fünf immer wieder auftretenden Personen bei dieser ca. 55 Minuten dauernden Ein-Personen-Aufführung eingebracht werden, wurde noch nicht verraten.

 

Es gibt einen Themenabend für Pädagogen und Erzieher am 13. März um 17 Uhr.

Weitere Termine Sa, 22. März 2014, So, 23. März 2014, Sa, 29. März 2014, Sa, 24. Mai 2014, So, 25. Mai 2014 und Sa, 14. Juni 2014. Karten gibt es unter www.theaterdo.de oder 0231 5027222.