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Nabucco – Fundamentalismus sorgt für fehlendes Happy End

Die Intendanz von Jens-Daniel Herzog an der Dortmunder Oper neigt sich so langsam dem Ende zu. Als letzte Oper unter seiner Regie hatte am Samstag, den 10.03.2018 die Oper „Nabucco“ von Giuseppe Verdi (1813-1901) mit dem Libretto von Temistocle Solera hier vor Ort Premiere.

Es ist ein dramatisches und leidenschaftliches lyrisches Drama (Uraufführung 1842) um Macht, Fundamentalismus, Liebe, und der Sehnsucht nach Freiheit, Einheit und Selbstbestimmung. Inspirieren ließ sich Herzog bei seiner Inszenierung von der 444 Tage andauernden Geiselnahme in der in der US-Botschaft in Teheran (1979-1981) durch fanatische Khomeini-Anhänger.

Die Herrschaft wankt. Nabucco (Sangim lee) mit seiner Tochter Fenena (Almerija Delic) und seinem Getreuen Abdallo (Fritz Steinbacher). Foto: © Thonas Jauk, Stage Picture
Die Herrschaft wankt. Nabucco (Sangim lee) mit seiner Tochter Fenena (Almerija Delic) und seinem Getreuen Abdallo (Fritz Steinbacher). Foto: © Thonas Jauk, Stage Picture

In diese Zeit wurde auch diese Operninszenierung verlegt, wie das Publikum auch an Kleidung erkennen konnte. Eine Drehbühne führte in verschiedene Räumlichkeiten. Je nach Bedarf in den Königspalast, einem religiösen Schulungsraum, einem „Krankenzimmer“ für den zeitweise „wahnsinnigen“ babylonischen König Nabucco (bibl. Nebukadnezar) oder eben als bedrückendes Gefängnis für die unterdrückten Israeliten.

Babylon mit den Götzen Baal gegen den Gott Jahwe, König Nabucco gegen den jüdischen jüdischen Hohepriester Zaccaria. Inmitten dieser politischen Feinschaft als Katalysator der Eskalation ein Dreieck von Liebenden. Nabuccos vergötterte sanfte jüngere Tochter Fenena und die ältere Adoptivtochter Abigaille lieben beide den Israeli Ismaele. Eine brisante Mischung aus Gefühlen und politischem Kalkül entwickelt sich, als Ismaele seine Gunst Fenena schenkt. Abigaille ist gleich doppelt getroffen. Zurückgesetzt durch die Affenliebe seines Vaters zu seiner leiblichen Tochter und verschmäht von Ismael. In ihrer Rachsucht wendet sie sich gegen alle, die sie als ihre Feinde sieht. Fenena, Ismaele, ihren Vater und ganz Israel. Das ist die Stunde der Fundamentalisten, die diese Gemengelage für ihre Zwecke instrumentalisieren. Der Oberpriester des Baal befeuert den Konflikt geschickt und bestärkt Abigaille in ihrer Rachsucht. Auf der anderen Seite gießt der jüdische Hohepriester Öl ins Feuer und beeinflusst das jüdische Volk mit religiösen Fundamentalismus. Das kann für alle nicht gut ausgehen. Ein Happy End scheint es nur im Jenseits zu geben….

Eine großartige Leistung bot der Chor und Extrachor des Theaters Dortmund unter der Leitung von Manuel Pujol sowie die Statisterie. Interessant war zu sehen, wie sich die Kostümauswahl (Sibylle Gädeke) s den Einfluss der religiösen Fundamentalisten im Lauf der Aufführung veränderte.

Als Nabucco konnte der scheidende beliebte Bariton Sangmin Lee nicht nur sein gesangliches Können beweisen. Stark auch in seiner Zerrissenheit zwischen Staatssaison und der großen Liebe zu seiner leiblichen Tochter, die ihm so ähnlich war. Diese Rolle füllte Almerija Delic wunderbar aus. Thomas Paul wusste mit seiner starken Stimme zu gefallen. Gastsängerin Gabriele Mouhlen berührte mit starker Stimme und Empathie in ihrer Rolle als tragische Person Abigaille. Morgan Moody hatte als Oberpriester des Baal eine zurückgezogenere ,aber wichtige Rolle im Hintergrund. Es lohnt sich, ihn bei seiner „Hintergrund-Arbeit“ zu beobachten. Charismatisch und mit seinem warmen tiefen Bassbariton Karl-Heinz Lehner.

In kleinen aber feinen Nebenrollen gefielen Enny Kim (Anna) und Fritz Steinbrecher (Abdallo).

Was wär „Nabucco“ ohne die eindringlich-emotionale Musik von Guiseppe Verdi? Die Dortmunder Philharmoniker unter der sensiblen Leitung von Motonori Kobayashi ließ sie für die Inszenierung für das Publikum lebendig werden.

Eine moderne und aktuelle Inszenierung in einer Zeit, wo Fundamentalisten jeglicher Art in den Startlöchern sitzen, um immer mehr Einfluss auf das Weltgeschehen zu nehmen.

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Eugen Onegin – Wenn die Erkenntnis für den Dandy zu spät kommt

Alexander Puschkin schrieb in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts mit Eugen Onegin ein russisches Nationalepos. Zeitlich spielt der romantische Versroman zwischen dem „alten Russland“ mit seinem Landleben und dem „modernen Russland“ in den Städten. Kein Wunder, dass mit Peter Tschaikowsky ein musikalischer Vertreter der russischen Romantik das Libretto zu einer Oper vertonte. Am 02. Dezember 2017 hatte „Eugen Onegin“ in der Inszenierung von Tina Lanik Premiere in der Dortmunder Oper.

Die Geschichte: Der Dichter Lenski bringt seinen neuen Nachbarn Onegin mit zum Gutshof seiner Verlobten Olga, die mit ihrer Mutter und ihrer Schwester Tatjana dort lebt. Olga ist naiv und lustig, während Tatjana, ein Bücherwurm und introvertiert ist. Tatjana verliebt sich in Onegin, der ihre Liebe aber zurückweist.

Auf einem Fest flirtet Onegin mit Olga, was Lenski wiederum eifersüchtig macht. Nach einem heftigen Streit treffen sich Lenski und Onegin zum Duell und Onegin tötet Lenski.

Nach einigen Jahren unsteten Lebens trifft Onegin den Fürsten Gremin in St. Petersburg. Dessen Frau ist keine geringere als Tatjana. Plötzlich flammen Gefühle bei Onegin auf. Es ist zu spät. Tatjana will ihrem Ehemann treue bleiben, obwohl sie Onegin immer noch liebt. Verzweifelt bleibt Eugen Onegin zurück.

Opern in russischer Sprache haben es deutlich schwerer als beispielsweise italienische. Von daher gehört der Oper Dortmund ein großes Lob, sich mit Stoff in der Originalsprache zu beschäftigen. Denn so verbindet sich die russische Musik der Romantik mit dem Text zu einer Einheit.

Aus dem schüchternen Landei Tatjana (Emily Newton) ist an der Seite von Fürst Gremin (Luke Stoker) eine selbstbewusste Frau geworden. Sehr zum Leidwesen von Eugen Onegin (Simon Mechlinski). (Foto: © Björn Hickmann)
Aus dem schüchternen Landei Tatjana (Emily Newton) ist an der Seite von Fürst Gremin (Luke Stoker) eine selbstbewusste Frau geworden. Sehr zum Leidwesen von Eugen Onegin (Simon Mechlinski). (Foto: © Björn Hickmann)

Tina Lanik stellt uns die „alte Welt „ und die „neue Welt“ in zwei drehbaren Würfeln vor. Das Landgut irgendwo in der russischen Steppe mit fröhlichen und singenden Bauern (Fron kommt aber nicht von fröhlich!) steht dabei im Kontrast zu St. Petersburg mit einem Auto als Statussymbol und Menschen in grauen Anzügen und Kostümen.

Eugen Onegin steht irgendwo dazwischen, das Landleben ist unter seiner Würde, aber auch das Stadtleben mit seinen Bällen langweilt ihn zu Tode. Ganz der Romantik verhaftet, ist die Hauptfigur des Versromans ein Vertreter des „überflüssigen Menschen“, inspiriert von den Helden des englischen Schriftstellers Lord Byron. Simon Mechlinski singt und spielt den Onegin sehr gekonnt, ebenso wie Emeliy Newton ihre Figur Tatjana. War Tatjana zu Beginn ein verschüchterter Bücherwurm, erschien sie im dritten Akt als gereifte Frau. Onegin erkennt hingegen, dass sein bisheriges Leben ein Fehlschlag gewesen ist.

Die tragische Gestalt der Oper ist aber Lenski. Er geht schlafwandlerisch seinen Weg in den Tod, obwohl es immer noch genügend Auswege gab. Aber hier steht eine romantische Auslegung von „Ehre“ und „Kränkung“ im Weg, die keinerlei Alternativen zum tödlichen Duell gibt. All das kommt in Lenskis Arie zum Ausdruck, die Thomas Paul brilliant singt. Auf der Bühne wird der tragische Ausgang des Duells schon als bedrohliches Schattenspiel angekündigt.Ileana Mateescu zeigt in ihrer Rolle die lustige, aber naive Olga wieder ihre gewohnten sanglichen und schauspielerischen Qualitäten.

Die ganze Inszenierung war auch in den Nebenrollen gut besetzt: Almeerija Delic als Larina, Judith Christ als Amme und Luke Stoker als Fürst Gremin fügten sich nahtlos ins das gut aufgelegte Ensemble ein. Fritz Steinbacher zeigte als Triquet erneut seine humoristischen Qualitäten.

Auch die Chöre boten eine hervorragende Leistung. Lanik spielt bei dem Mädchenchor mit der Metapher des Erwachsenen werden, indem sie deren unschuldig weißen Hemden mit roter Farbe beschmieren lässt.

Kommen wir zu der Musik: Tschaikowsky hat die Oper mit herrlichen romantischen Melodien versehen. In jeder Note bei „Eugen Onegin“ spürt man die russische Seele und die Gefühle und Konflikte der Hauptfiguren werden beinahe greifbar. Einen großen Anteil haben daher die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von GMD Gabriel Feltz.

Großartige Musik und großartige Stimmen – Eugen Onegin ist einen Besuch auf jeden Fall wert. Es muss nicht immer italienisch sein…

Termine und Karten unter www.theaterdo.de.

Besondere Selbstporträts in der Galerie kunstbetrieb

Selbstbildnis von Ankre Droste "Objekt – Subjekt", 120 x 160 cm, Acryl auf Leinwand, 2014
Selbstbildnis von Ankre Droste „Objekt – Subjekt“, 120 x 160 cm, Acryl auf Leinwand, 2014

Der Künstler ist anwesend. So steht es häufig auf Einladungen zu einer Vernissage. Die Galerie kunstbetrieb in der Gneisenaustraße zeigt vom 18. Mai bis zum 07. Juni unter diesem Titel Künstler-Selbstbildnisse unterschiedlichster Art. Auf die eine oder andere Weise: Der Künstler ist anwesend.

 

Das Selbstporträt ist ein beliebtes Sujet in der bildenden Kunst und hat es ins digitale Zeitalter als „Selfie“ geschafft. Die dreizehn Künstlerinnen und Künstler, zeigen auf unterschiedlichste Art und Weise ihre Herangehensweise an das Sujet.

 

Manchmal ist sogar überhaupt kein Künstler auf dem Bild zu entdecken. Beispielsweise die Arbeit „Vogelfrei“ von Martin Böttger zeigt einen Vogel am Firmament. Ein Sinnbild für den Künstler? Böttger jedenfalls hat eine besondere Art des Malens entwickelt, er benutzt keinen Pinsel, sondern malt mit den Fingern.

 

Anke Droste wiederum malt sich in zwei ihrer Werke als stilisierte Figur in der Natur. Einmal wirkt sie wie ein Gegensatz, das andere mal wie ein integrierter Bestandteil. Im dritten Bild „Objekt – Subjekt“ steht das Porträt im Mittelpunkt, hier wirkt die Künstlerin wie eine Art Kosmonautin, schnell gemalte weiße Kreise umgeben den Kopf wie einen Helm.

 

Neben Malerei gibt es noch andere Darstellungsformen wie beispielsweise Skulpturen. Während sich Mohammad Taghi Ghorbanali als Künstler während der Arbeit porträtiert, hat sich Almut Rybarsch-Tarry als „Frau Baccus“ dargestellt. Passend mit zerbrochenen Glassplittern auf dem Kopf und weiteren verschiedenen Stellen wirkt sie wie die dunkle Seite von „Herrn Baccus“. Quasi wie der Kater danach oder der Augenblick, wenn das Musikfestival nach drei Tagen im Schlamm zu ende geht.

 

Auch fotografische Arbeiten werden gezeigt. Hendrik Müller porträtiert sich selbst auf ein anderes Modell, aber dennoch so, dass sich beide Ebenen überlappen, aber auch gleichzeitig als verschiedene Personen weiterhin sichtbar bleiben.

 

Die ausstellenden Künstler sind: Martin Böttger, Anke Droste, Mohammad Taghi Ghorbanali, Anne Jannick, Hendrik Müller, Thomas Paul, Klaus Pfeiffer, Thomas Pläßler, Sylvia Reuße, Almut Rybarsch-Tarry, Mathes Schweinberger, Udo Unkel und Artur Aleksander Wojtczak.

Almut Rybarsch-Tarry: "Selbstbildnis als Frau Bacchus", Paper Clay, Flaschenscherben, Acrylfarbe, Bootslack, 2014
Almut Rybarsch-Tarry: „Selbstbildnis als Frau Bacchus“, Paper Clay, Flaschenscherben, Acrylfarbe, Bootslack, 2014

„der künstler ist anwesend“

Galerie der kunstbetrieb

Gneisenaustraße 30

44147 Dortmund

www.der-kunstbetrieb.de

 

Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 11 bis 13 Uhr und 15 bis 18 Uhr, Samstag 11 bis 13 Uhr.

 

Eine Sammelausstellung zur Winterzeit

Ein Flügelwesen von Almut Rybarsch-Tarry. Zu sehen in der Galerie "der kunstbetrieb".
Ein Flügelwesen von Almut Rybarsch-Tarry. Zu sehen in der Galerie „der kunstbetrieb“.

Die Galerie „der kunstbetrieb“ in der Gneisenaustraße 30 hat im Galeriearchiv gekramt und aus dieser Sammlung eine kleine Ausstellung gezaubert. Unter dem Titel „Mitten im kalten Winter“ zeigen Thomas Paul, Paola Manzur, Mathes Schweinberger, Anne Jannick, Artur A. Wojtczak, Almut Rybarsch-Tarry, Sylvia Reuße, M. T. Ghorbanali und Anke Droste. Die Ausstellung umfasst Bilder, Zeichnungen und Skulpturen. Eine Sammelausstellung zur Winterzeit weiterlesen