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Tartuffe oder der Wolf im Schafspelz

Eigentlich erstaunlich, wie aktuell Molièrs „Tartuffe“ immer noch ist. Immer noch lassen sich Menschen von anderen leicht übers Ohr hauen, trotz allen Warnungen der Umstehenden. Eine der realen Figuren war beispielsweise Rasputin, der die Familie des letzten russischen Zaren lange unter Kontrolle hatte. Was Rasputin und Tartuffe gemeinsam haben: Sie versuchen mit der Religion die Leute zu beherrschen. Das Schauspielhaus Dortmund präsentierte am 01.12. 18 eine frische und freche Variante von „Tartuffe“ unter der Regie von Gordon Kämmerer.

Ganz in Weiß: Tartuffe hat schon die gesamte Familie von Orgon unter seine Fittiche und hat sie wie damals die Bhagwans uniformiert, aber halt im unschulduigen Weiß. So stehen sie zusammen und proben tanzend ihren Aufstand: Mariane, die Tochter Orgons (Merle Wasmuth), Damis, sein Sohn (Christian Freund), Orgons Ehefrau Elmire (Bettina Lieder), Organs Bruder Cléante (Ekkehard Freye) und das Dienstmädchen Dorine (Marlena Keil).

Nur Orgons Mutter Pernelle (Uwe Schmieder) und natürlich Orgon (Uwe Rohbeck) selbst sind zu 1000 Prozent von Tartuffe (Björn Gabriel) überzeugt. Und so geht das Unglück seinen Gang, denn Orgon verspricht Tartuffe erst die Hand seiner Tochter und dann überschreibt er ihm auch noch sein Vermögen.

Während Orgon (Uwe Rohbeck oben auf dem Wohnwagen) zu lange an Tartuffe festhält, hat seine Familie (Kevin Wilke, Merle Wasmuth, Christian Freund, Marlena Keil) den bBtrüger längst durchschaut. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Während Orgon (Uwe Rohbeck oben auf dem Wohnwagen) zu lange an Tartuffe festhält, hat seine Familie (Kevin Wilke, Merle Wasmuth, Christian Freund, Marlena Keil) den bBtrüger längst durchschaut. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Es ist wohl die Angst vor dem Tod oder die Suche nach dem Sinn des Lebens, was Orgon leichtgläubig macht. Er erkennt nicht, dass die frommen Sprüche von Tartuffe nur dazu dienen, ihn zu benebeln, während er Tartuffes Taten ignoriert. Was nicht in sein neues Weltbild passt, wird ignoriert. Es wird es einem Heuchler leicht gemacht, macht und Besitz zu erlangen. Er muss sich nicht besonders anstrengen.

Dass Molièrs Theaterstück nicht in der Katastrophe endet, hat einem „deus exmachina“ zu verdanken, in der Realität sieht es aber anders aus.Ich mag mir nicht vorstellen, wie viele Existenzen ruiniert wurden durch Betrüger, die den Menschen ihr Geld aus der Tasche zogen oder sie in seelische Not brachten (und dann finanziell ruinierten).

Daher ist das Stück auch keine Komödie und so wird es glücklicherweise auch nicht dargeboten. Ja, es gab wirklich komische Szenen, als Elmire so tut, als ob die den Schmeicheleien von Tartuffe nachgibt. Meistens bleibt einem das Lachen im Halse stecken, weil man weiß, überall lauern Tartuffes, deren Motto „Jeden Tag steht ein Dummer auf“ ihnen ein üppiges Einkommen generiert.

Das Dortmunder Ensemble, mit seinen alten und neuen Mitgliedern, ist zu einer starken Einheit zusammengewachsen. Gemeinsam mit ihren drei Gästen aus Graz (Bérénice Brause, Frieder Langenberger und Mario Lopotta) sowie dem Dortmunder Sprechchor boten sie eine glanzvolle Leistung.

Besonders zu würdigen war die Abschlusschoreografie der von Tartuffe erlösen Familie, die zeigt, dass tänzerisch ein großes Potential im Ensemble ist.

Wie kommt man an Karten? Entweder unter www.theater.dooder telefonisch unter 0231 502722

Molières „Tartuffe“ – zeitloses Theaterstück im Dortmunder Schauspiel

Das Dortmunder Schauspielhaus zeigt mit der Premiere von „Tartuffe“ (Molière)unter der Regie von Gordon Kämmerer (schon als Regisseur von „Biedermann und Brandstifter /Fahrenheit 451 oder„Kasimir und Karoline“ in guter Erinnerung) am Samstag, den 01.12.2018 um 19:30 Uhr ein Stück von zeitloser Aktualität. Erstaunlich, dass es schon über 350 Jahre alt ist! Die erste Version vom 12. Mai 1664 wurde danach sogar verboten, da sie zu Religionskritisch war und den Klerus erzürnte.

Es ist die aberwitzige Geschichte einer gut situierten Familie mit drei Generationen unter einem Dach und mehreren Dienstboten. Familienoberhaupt ist Orgon, der trotz allem eine Leere empfindet. Er sucht einen Sinn im Leben und vor allem Antworten auf seine Fragen nach Gott. Da bietet sich der selbstverliebte und betrügerische Tartuffe an und nistet sich beider Familie ein. Er ist ein raffinierter Stratege und guter Schauspieler, der behauptet, dass Leben der Familie zu ordnen. Während sich Orgon immer mehr von Tartuffe einfangen und beeinflussen lässt, ahnt der Rest der Familie nach und nach, dass der scheinbar so fromme und weise Tartuffe ein Heuchler ist, dem es nur Macht und Profit geht. Doch ihre ersten Versuche, Orgon die Augen zu öffnen, scheitern. Denn Orgon möchte unbedingt an den Himmel, die klare Trennung zwischen Gut und Böse und natürlich an Tartuffe glauben. Diesen Mann, der Ordnung, Sicherheit und Frieden auf Erden verspricht. Das geht so weit, das er sogar seine Tochter Mariane mit ihm verheiraten will, obwohl diese schon verlobt ist, und ihn schließlich als Alleinerben einsetzt. Die Spirale geht immer mehr ins Absurde.

Die Sehnsucht nach Sicherheit, Ordnung, der Glaube an „etwas Höheres“ ist tief in uns Menschen verwurzelt. Darin besteht aber auch die allgegenwärtige Gefahr, den scheinbar einfachen „Lösungen“ und Versprechungen von Populisten zu erliegen.

Da hat sich Orgon eine Laus in den Pelz gesetzt. Wie wird man Tartuffe wieder los? (v.l.n.r.) Uwe Rohbeck, Kevin Wilke, Marlena Keil und Uwe Schmieder. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Da hat sich Orgon eine Laus in den Pelz gesetzt. Wie wird man Tartuffe wieder los? (v.l.n.r.) Uwe Rohbeck, Kevin Wilke, Marlena Keil und Uwe Schmieder. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Mit zwölf Schauspielern ist ein große Anzahl des hiesigen Ensemble beteiligt. Mit dabei sind auch die vier Schauspielstudenten aus Graz, die in dieser Spielzeit Ensemblemitglieder am Schauspiel Dortmund sind.

Die passende Musik dazu kommt wieder von Max Thommes, der auch schon beiden anderen Produktionen von Kämmerer die Kompositionen übernommen hatte. Tobias Hoeft wird für die Video Art verantwortlich sein.

Für die Premiere am Samstag , den 01.12.2018 um 19:30 Uhr gibt es noch (Rest-) Karten.

Informationen zu den weiteren Aufführungsterminen erhalten Sie wie immer unter www.theaterdo.de oder Tel.: 0231/ 50 27 222.