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Sonderausstellung in der Steinwache Dortmund beleuchtet Mitläufertum und Widerstand

Passend zum Antikriegstag am 01.09.2020 eröffnete die Mahn- und Gedenkstätte Steinwache in Dortmund eine Sonderausstellung unter dem Titel „Einige waren Nachbarn“. Es geht dabei um Täterschaft, Mitläufertum und Widerstand in der Zeit des Nazianalsozialismus.

Grundlage ist ein dazu entwickeltes Konzept des „United States Holocaust Memorial Museums“ aus Washington (USA). Bis zum 31. Oktober untersucht die Ausstellung dieses Museums die Rolle der „gewöhnlichen Menschen“ im Holocaust. Beleuchtet werden die Vielzahl ihrer Motive und Handlungspositionen. Hinterfragt werden in Fotos und Erzählungen die Vielzahl von Motiven und individuellen Handlungsoptionen.

Ein oft gehörte Argument zu Kriegsende war, dass man nur ein kleines Rädchen im Getriebe gewesen sei und sich konnte sich nicht gegen die Staatsgewalt im Nazi-Reich wehren konnte. Das widerlegen die Beispiele derjenigen, die einfach nicht anders konnten, als human und empathisch zu handeln. Denn es gab auch Menschen in Deutschland, die (manchmal mit nur kleinen Gesten) ihren Teil von Widerstand leisteten und ihre Mitmenschen nicht verrieten. Auch in außergewöhnlichen Zeiten gibt es Alternativen zu Kollaboration und Täterschaft.

In Kooperation mit der Gedenkstätte Villa ten Hompel (Münster) wurde die Ausstellung mit dem „United States Holocaust Memorial Museum“ für das deutsche Publikum übersetzt.

Präsentierten die Ausstellung: (v.l.n.r.) Thomas Köhler (pädagogisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gedenkstätte „Villa ten Hompel“) und der Leiter der Steinwache Markus Günnewig.
Präsentierten die Ausstellung: (v.l.n.r.) Thomas Köhler (pädagogisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gedenkstätte „Villa ten Hompel“) und der Leiter der Steinwache Markus Günnewig.

Der pädagogisch-wissenschaftliche Mitarbeiter der Gedenkstätte „Villa ten Hompel“, Thomas Köhler erklärte im Gespräch, das diese Sonderausstellung schon im Deutschen Bundestag und 2020 (27. Januar 2020) in Münster gezeigt wurde. Sie wird nach und nach bis 2023 in allen Bundesländern zu sehen sein.

Spezielle informative Seminare für Schüler, Studenten sowie n der Bundeswehr oder Polizei sind zusätzlich im Angebot. Die Ausstellung „Einige waren Nachbarn“ führt deutlich vor Augen, wie wichtig Zivilcourage, Achtsamkeit und individuelle Verantwortung.

Öffnungszeiten in der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache, Steinstraße 50, 44147 Dortmund: Dienstags bis sonntags zwischen 10:00 und 17:00 Uhr.

Der Eintritt ist frei. Derzeit dürfen maximal 20 Besucher*innen gleichzeitig in das Gebäude, es besteht Maskenpflicht.

Grundlegende Neuorientierung der Steinwache

Das Team der Steinwache (v.l.n.r.): Carmen Hause, Arnd Lülfing, Markus Günnewig, Stefan Mühlhofer und Stefan Klemp.

Seit 2014 entwickelten der Leiter der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache Dr. Stefan Mühlhofer und sein Stellvertreter Markus Günnewig ein Konzept für eine neue Dauerausstellung und einer grundlegenden Neuausrichtung. Eigen-und Drittmittel wurde generiert und das Team um die beiden Historiker Carmen Hause und Dr. Stefan Klemp sowie dem Grafiker und Fotografen Arnd Lülfing erweitert.

Mit ihrer Erfahrung als Vorsitzende des Vereins „Jugend für Dora“ wird Carmen Hause für die pädagogische Programmgestaltung für das jugendliche Publikum verantwortlich sein. Arnd Lülfing ist für die notwendigen Dokumentationen und überfälligen Aufarbeitungen zuständig. Darüber hinaus wird die Steinwache neu gestaltet. Moderne Sehgewohnheiten sollen dabei berücksichtigt und die Ausstellung exklusiv gestaltet werden. „Nicht nur die Optik soll verändert, sondern auch Inhalte transportiert werden“, so Dr. Mühlhofer.

Inhaltlich steht dabei als Kern der Ausstellung das Geschehen im Haus im Mittelpunkt. Das bedeutet vor allem , das ehemalige Polizeigefängnis als Zentrum lokaler und regionaler Verfolgung. Die Steinwache soll den „Nachgeborenen“ als Schnittstelle und Durchlaufstation der Gefangenen und Verfolgten bis zu den verschiedenen Vernichtungslagern erlebbar werden. Die Darstellung orientiert sich dabei am aktuelle Stand der Forschung. Dafür sorgen unter anderem auch die „Neuen“ im Team.

Im vergangenen Jahr hatte der Rat der Stadt Dortmund auch dem Bau eines neuen Funktionsgebäudes zugestimmt. Der genaue zeitliche Rahmen von der Durchführung bis zum Ende des Neubaus und Umbaus der Ausstellung lässt sich so nicht einschätzen. Die Schließung der Steinwache soll aber möglichst knapp gehalten werden, verspricht der Leiter der Mahn- und Gedenkstätte.

Außerdem wurde das Veranstaltungsprogramm der Steinwache für das erste Halbjahr 2017 vorgestellt.

Den Anfang macht am 19. Januar ein Vortrag von Bastian Pütter, Historiker und Chefredakteur der Zeitschrift bodo, zur Geschichte der Dortmunder Nordstadt und den periodisch wiederkehrenden Debatten und Vorurteilen über diese.

Martin Sabrow, Professor für Neueste Geschichte und Zeitgeschichte an der Berliner Humboldt-Universität und Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschung in Potsdam, spricht am 22. Februar über Erich Honecker im Widerstand gegen den Nationalsozialismus.

Um den Journalisten und Philosophen Siegfried Kracauer geht es in einem Vortrag von Dr. Jörg Später von der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg am 4. Mai.

Dazwischen wie danach folgen Lesungen aus dem Werk des 2016 verstorbenen ungarischen Schriftstellers Imre Kertész durch Claus-Dieter Clausnitzer in der benachbarten Auslandsgesellschaft (5. April.)

Schon Tradition haben die Lesungen aus den Werken NS-Verfolgter durch Dortmunder Autoren anlässlich des Jahrestages der Bücherverbrennung (24. Mai).

Am 11. Mai stellt Schriftstellerin Dr. Eva Weissweiler die erste Frau des Malers Max Ernst vor: Luise Straus-Ernst ist Holocaust-Opfer, Muse der Dadaisten und Surrealisten, Kunsthistorikerin, Rundfunkautorin und Verfasserin von Kurzgeschichten, Reportagen und Romanen.

Am 21. Juni folgt der Vortrag von Professor Dr. Martin Aust (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn) über die russischen Revolutionen von 1917 und ihre Bedeutung bis ins Jahr 2017.