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Auf der Suche nach der Identität

Mit „Die Geworfenen“ zeigte das Sepidar Theater im Roto-Theater eine beeindruckende Premiere

Zwei Koffer, zwei Spieler. Mehr brauchte das Sepidar Theater nicht, um in dem Stück „Die Geworfenen“ im Roto-Theater für Begeisterung zu sorgen. Die Premiere am 19. Oktober 2019 war jedenfalls ein großer Erfolg.

Bahareh Sadafi und Mamadoo Mehrnejad haben die beiden Akteure, die „in die Welt geworfen wurden“. Nur mit einem Koffer, der aber alles enthielt, was wichtig war. Die erste Assoziation für Menschen mit Koffer war natürlich die Flucht. Und aus dem Off kamen passenderweise die Orte und Daten von Kriegen und Krisen, die Menschen dazu genötigt haben, ihre Heimat zu verlassen. Und das waren eine Menge vom 20. Jahrhundert bis heute.

Safadi und Mahrnejad ersinnen noch eine besondere Komponente: Sie markieren mit großen Klettbändern ein Grenze auf dem Theaterboden. Beim Versuch, die Grenzen zu durchschreiten, ertönt ein heulender Wind, der die beiden zurück bläst.

Bahareh Sadafi und Mamadoo Mehrnejad beeindruckten mit ihrer Körperlichkeit bei "Die Geworfenen". (Foto: © Robin Junicke)
Bahareh Sadafi und Mamadoo Mehrnejad beeindruckten mit ihrer Körperlichkeit bei „Die Geworfenen“. (Foto: © Robin Junicke)

Daher müssen sie in ihren engen Grenzen bleiben. Im Koffer finden sie Requisiten, die sie für ihre Performance benötigen. Beim Fußballspielen wird beispielsweise der Unterschied zwischen Frauen- und Männerfußball hörbar, denn jedes mal wenn Mamadoo den Ball hat, ertönt Jubel, bei Bahareh dagegen bleibt es still.

Humor beweisen die beiden Akteure bei der Ballettszene, als Bahareh als verzweifelte Balletttänzerin „Schwanensee“ tanzen soll und vom Ballettlehrer ständig korrigiert wird, bis sie es satt hat. Die Koffer können aber nicht nur Requisiten lagern, sondern sie dienen auch als Tafel oder Schneidebrett für eine imaginäre Küchensendung.

Gesungen wurde auch: Georg Kreislers „Tauben vergiften“ erklang unter kräftigen Streuen von Vogelfutter. Doch das blieb das einzig makabere Stück in der Performance. Gegen Ende verkleideten die beiden Schauspieler noch in verschiedene Personen wie Monroe, Rocker oder Fußballer, um aber sofort weggeweht zu werden. Nur als echte Persönlichkeit ohne Verkleidung konnten dann zum Schluss auch die Grenzen überwunden werden.

Neben Bahareh Sadafi und Mamadoo Mehrnejad sorgte Ruben Philipp mit seinen Sounds und Live-Klängen am Klavier für einen gelungenen Abend.

„Die Geworfenen“ ist ein gelungen Performance um Identitätsfindung, die mit einfachen Mitteln Stück für Stück eine ungeheure Kraft entwickelt. Es zeigt viele Facetten des menschlichen Lebens und die Möglichkeiten, sich in dieser Welt zurecht zu finden.

Weitere Termine: 08.11.2019 | 20 Uhr (Parzelle im Depot | Immermannstraße 29, Dortmund) und

09.11.2019 | 20 Uhr (Parzelle im Depot | Immermannstraße 29, Dortmund).

In die Welt geworfen

Eine Welt, in der es kein Halten gibt. Heulender Wind und unsicheres Schwanken in der gähnenden Leere. Mit diesem Gefühl beschäftigt sich die aktuelle Performance der Gruppe „Sepidar Theater“.

Die jungen Theatermacher*innen feiern im Oktober im ROTO-Theater Premiere mit ihrer Produktion „Die Geworfenen“. Die Bühne ist leer – nur zwei Performer*innen und zwei Koffer befinden sich in dem großen, weiten Raum. Die Besucher*innen werden empfangen von einer akustischen Wolke.

Gemeinsam mit den Performer*innen sind sie dieser Geräuschkulisse ausgesetzt – sie werden in sie hineingeworfen. Rund um dieses Gefühl des Geworfen-Seins dreht sich die Arbeit der jungen Theatermacher*innen. Mit ihren Koffern begeben sie sich auf eine Erkundungssuche danach, wie sie sich zu dieser Welt verhalten können, sollen und wollen. Sie fragen danach, wer sie sind und was sie mit den Koffern und ihrem Inhalt verbindet.

Bahareh Sadafi und  Mamadoo Mehrnejad in Aktion bei "Die Geworfenen". (Foto: © Robin Junicke)
Bahareh Sadafi und Mamadoo Mehrnejad in Aktion bei „Die Geworfenen“. (Foto: © Robin Junicke)

Die Künstler*innen vom Sepidar Theater setzen bei ihrer Inszenierung gezielt auf Körperlichkeit. Sie werfen sich über die Koffer, klettern auf ihnen herum und fahren mit ihnen durch die Gegend. Mit ihren Körpern erforschen sie die Bühne und suchen, welchen Platz sie dort – und somit stellvertretend in der Welt – haben.

Das Sepidar Theater existiert seit 2016. Gegründet wurde die Gruppe von den iranischen Theaterwissenschafts-Studierenden Bahareh Sadafi und Mamadoo Mehrnejad. Mittlerweile gehören viele Kulturschaffende mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen der Gruppe an. Mit ihrer ersten Produktion „Der kleine schwarze Fisch“ wurde die Gruppe zum 45. Fritz-Wortelmann-Preis eingeladen.

„Die Geworfenen“ feiert Premiere am 19.10. Premiere im ROTO-Theater Dortmund (Gneisenaustraße 30). Weitere Vorstellungen finden am 8. und 9. November in der Parzelle im Depot (Immermannstraße 29) statt. Karten können per Mail reserviert werden unter sepidar.theater@gmail.com. Für die Premiere kosten die Karten 12 Euro (10 Euro ermäßigt) und können bei allen Vorverkaufsstellen von ProTicket erworben werden. Bei den weiteren Vorstellungen kosten die Karten 10 Euro (8 Euro ermäßigt).

Requiem für Frida Kahlo

Am 20. September 2015 um 18 Uhr präsentiert das Roto Theater in der Gneisenaustraße 30 eine neue Premiere: „Frida Kahlo – ein Requiem für eine Malerin“. In dem literarischen Stück präsentiert Barbara Kleyboldt die mexikanische Malerin unter den Schwerpunkten „Liebe“ und „Tod“. Musikalisch begleitet wird sie dabei vom Saxophonisten Roger Hanschel. Regie führt Rüdiger Trappmann.

Frida Kahlo (1907-1954) ist mit Abstand die bekannteste Malerin Mexikos. Ihr Schicksal, ihre Liebesbeziehungen und natürlich ihre Kunst lieferte den Stoff für Filme, Opern und Theaterstücken. Ihre Bilder, die zwischen volkstümlichen Surrealismus, magischen Realismus und Neue Sachlichkeit einzuordnen sind, zeigen Kahlos Sichtweise auf das Leben in farbenfrohen Gemälden.

So bunt wie ihre Bilder war ihr Leben oft nicht. Kahlo litt zeitlebens unter starken Schmerzen, sie erkrankte mit sechs Jahren an Kinderlähmung und hatte in jungen Jahren einen schweren Busunfall, worauf rund 40 Operationen folgten. Ihre lange Leidenszeit überlebte sie durch das Malen.

Sie war (zweimal) mit dem mexikanischen Maler Diego Rivera verheiratet, der sie mit anderen Frauen betrog. Aber auch Frida war kein Kind von Traurigkeit, einer ihrer berühmtesten geliebten war der Revolutionär Trotzki, der vor Stalins Rache nach Mexiko geflohen war.

Frida Kahlo war durch ihre Krankengeschichte zeitlebens mit dem Tod verbunden. Besonders faszinierte sie anscheinend der mexikanische Feiertag „Día de los Muertos“ (Tag der Toten) am 02. November. An dem Tag wird auf dem Friedhof ein Feiertag zelebriert, dabei wird auch die Leibspeise der Verstorbenen zubereitet. Kahlo hatte in ihrem Tagebuch eine Kochrezepte für diese Opferspeisen gesammelt.

Wer einen kunsthistorischen oder mexikanisch-folkloristischen Abend mit Mariachi und Sombrero erwartet, wird enttäuscht sein, denn die Musik, die Hanschel spielt, ist eher moderne, symphonische Jazz-Musik. Das Sopran-Saxophon unterstützt die Texte, die Kleyboldt liest, tritt aber auch ab und an in Dialog.

Die Basis der Texte stammt aus dem Roman „Das geheime Buch der Frieda Kahlo“ des mexikanischen Autors Francisco Haghenbeck.

Die Premiere am 20. September 2015 ist bereits ausverkauft, für die Vorstellungen am 23. Oktober (19.30 Uhr) und am 13. Dezember (18 Uhr) gibt es noch Restkarten.