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Theatrale Rituale

Mit dem Stück „Die Messe“ führt artscenio, unter der Leitung von Rolf Dennemann, nach „Missing Link“ das Publikum weiter in Richtung archaisches Theater. In der Verbindung zwischen Tanz und Schauspiel finden sich die Zuschauer in einer surrealen Messe wieder, deren Rituale sich an religiösen Praktiken anlehnt, aber einer klaren Zuordnung verweigert. Die Premiere ist am 27. Mai 2016 um 20 Uhr im Theater im Depot.

Was erwartet den Besucher? Das Stück inszeniert eine Messe, in der vielleicht manches bekannt vorkommt, aber theatral aufbereitet und liturgisch verfremdet wird. „Es ist kein Gottesdienst“; stellt Dennemann aber sofort klar. „Das Publikum soll nicht aktiv machen.“ Dennoch werden eifrige Kirchengänger sicher das eine oder andere Deja-vu-Erlebnis haben, denn das lautmalerische Sprechen, das besondere Licht und die spezielle Musik sind auch Elemente, die in Gottesdiensten oder anderen rituellen Handlungen vorkommen.

Eine wesentliche Funktion haben die Schauspielerin Elisabeth Pleß, die schon in verschiedenen Produktionen von artscenico mit dabei war. Für die Tänzerin Lim Huynijn ist es die artscenico-Premiere. Dazu kommt Gesang aus dem Publikumsraum von Patricia Bailey mit Chor und selbst Kampfsportelemente dürfen nicht fehlen.

In Gottesdiensten herrscht meistens ein heiliger Ernst vor, den möchte Dennemann aber vertreiben. „Das Stück ist nicht frei von Humor, das geht bei mir auch gar nicht anders.“

50 Menschen verwandeln sich in ein Kunstwerk

Elmar Steinborn (Sparkasse Dortmund) und Rolf Dennemann (artscenico) freuen sich auf viele Besucher.
Elmar Steinborn (Sparkasse Dortmund) und Rolf Dennemann (artscenico) freuen sich auf viele Besucher.

Bereits in früheren Zeiten wurden bereits Menschen ausgestellt. Als „Freaks“ oder „Sonderlinge“. Vor hundert Jahren beispielsweise gab es „Negerdörfer“ im Fredenbaumpark, wo Ureinwohner der Deutschen Kolonien den gaffenden Zuschauern präsentiert wurde. In der Produktion von artscenico sind die Menschen aber keine Zoobewohner, sondern Teil eines Kunstwerkes, also Exponate. Zu sehen ist die Menschenausstellung am 31. Oktober um 20:30 Uhr und am 01. November um 18:00 Uhr in der Halle des Depots.

„Es ist leichter ein Museum zu eröffnen, als es am Laufen zu halten“, stellte Rolf Dennemann, der Kopf hinter artscenico fest. Denn wohin mit den Werken, wenn die Sammlung aus allen Nähten platzt? Dennemann präsentiert hier eine Lösungsmöglichkeit: Kunst mit lebendigen Menschen.

Was erwartet den Besucher an den beiden Tagen? Zunächst dürfen die Besucher nicht in den Innenraum, erst nach dem Aufmarsch der „Exponate“. Die Exponate stellen oder setzen sich in ihre Position und zu atmosphärischer Musik und passender Lichtstimmung dürfen die Besucher die Ausstellung betreten. Es ist keine Unterhaltung zwischen Besucher und Exponat gestattet. Die Exponate dürfen sich bewegen, denn „es ist kein Wachsfigurenkabinett“ (Dennemann), müssen aber in ihrem ausgewiesenen Bereich bleiben. Auf der Rückseite der Eintrittskarte sind Nummern angegeben. Wer eine Nummer ankreuzt, erhält ein Postkarten-Set „seines“ Exponates. Nach einer Stunde werden die Besucher wieder gebeten, in den Außenbereich zu gehen und die Exponate verlassen den Innenraum. Danach erst ist ein Gespräch zwischen Besucher und Exponate möglich.

Die 50 Menschen, die sich für diese Veranstaltung bereit erklärt haben, stammen überwiegend aus Dortmund, aber auch aus anderen Orten des Ruhrgebietes oder Köln. Mittels Aufrufe über Medien und Presse, aber auch durch Mund-zu-Mund-Propaganda hatten die Organisatoren die erforderliche Zahl von 50 Teilnehmern bereits im Mai erreicht. Die Teilnehmer sind aber kein Querschnitt der Bevölkerung.

Interessant wird der Ausstellungsbesuch sein, denn dann wird nicht mehr zu unterscheiden sein, wer Besucher und wer Exponat ist. Denn die Exponate sollten sich so kleiden und so gebärden, wie sie es gewöhnlicherweise auch tun. „Doe maar gewoon“, würde der Niederländer sagen. Das sei schwierig. „Authentisch sein, das gibt es eigentlich gar nicht“, erklärt Dennemann.

Der Eintritt beträgt € 10,00/7,00 (ermäßigt).

Einladung zum Adlergang

v.li. Rolf Dennemann, Wolfgang Kienast (Martini), Matthias Hecht mimt Dr. h.c. Loose (Foto: © Anja Cord)
v.li. Rolf Dennemann, Wolfgang Kienast (Martini), Matthias Hecht mimt Dr. h.c. Loose (Foto: © Anja Cord)

artscenico hat zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern aus dem Unionsviertel für das Projekt „Adlergang“ recherchiert und präsentiert nun das Ergebnis: Ein touristischer Spaziergang über die Adlerstraße mit einer Mischung aus Realität und Fiktion auf unterhaltsame Weise. Am Samstag, den 03. Oktober 2015 um 15.00 Uhr ist die Premiere.

Der Gang dauert etwa zwei Stunden. Wolfgang Kienast und Schauspieler Matthias Hecht als „Geschichtsprofessor Dr. h.c. Loose“ starten den Rundgang an der St. Suitbertkirche. Es wird aber nicht wirklich akademisch, die Unterhaltung steht im Vordergrund. Es gibt nur einen groben Rahmen für den Ablauf und natürlich einige Fixpunkte für den Rundgang. Es soll aber auch Raum für spontane Begegnungen und Reaktionen mit Anwohnern geben, Improvisation ist eingeplant.

Rolf Dennemann, der Kopf hinter artscenico, nennt die Idee dahinter, eine Makroansicht der Straße zu skizzieren. „Ich möchte neue Aspekte und Geschichten erzählen, die nicht sofort ersichtlich sind. Die Adlerstraße würde ja in einem Touristenführer nicht vorkommen, hat aber bei genauer Betrachtung viel Potential für unterhaltenden Geschichten.“ artscenico entwickelt solche Parcours seit 1990.

Die Inhalte des Adlergangs wurden in drei Sitzungen mit Anwohnern zusammengetragen. Zu den wahren Geschichten auch erfundene Anteile. „Es wird nicht so sehr über Verschwundenes erzählt sondern Ausblicke und Visionen sollen den Schwerpunkt bilden. Dies immer mit einem Augenzwinkern, weil es könnte ja doch erfunden sein“, erklärte Dennemann.

Bäckerei Hinz hat speziell zu den Adlerrundgängen eine "Adlerschnitte" kreiert, Kuchen mit Nüssen, Marzipan, Rosinen und Schokolade. Beim Rundgang hat die Bäckerei geöffnet. Ein Friseur und der Sariladen werden besucht.

Anmeldungen ab sofort unter: orga@artscenico.de – und

Quartiersmanagement Rheinische Straße, Heinrichstr. 1

Die. 9-13 Uhr + Do. 14-18 Uhr, Telefon: 0231-5337616

www.artscenico.de

Termine:

Samstag, 3. 10 – Premiere 15.00 Uhr

und Sonntag, 4.10. – 15.00

Mittwoch, 7.10. – 18.00 Uhr – die Abendführung

Samstag, 10.10. – 15.00

Sonntag, 11.10. – 15.00 Uhr

Treffen und Beginn des Adlergangs: im Kirchhof der St. Suitbertus.Kirche an der Adlerstraße

Dauer ca. 100 Minuten

Die "Adlerschnitte" wurde extra für den Adlergang kreiert. (Foto: Anja Cord)
Die „Adlerschnitte“ wurde extra für den Adlergang kreiert. (Foto: Anja Cord)

Wie klingt der Markt?

Was wohl in der Tüte ist? Rolf Dennemann wird es beim "Forum Markt" verraten.
Was wohl in der Tüte ist? Rolf Dennemann wird es beim „Forum Markt“ verraten.

Ein Markt hat viele Geräusche. Die Gespräche zwischen Verkäufern und Kunden, das Rufen von Angeboten, das Hin- und Herlaufen zwischen den Ständen. Und es gibt noch vieles mehr. Artscenico präsentiert vom 11. bis zum 13. September 2015 auf dem Vorplatz des Dortmunder U eine performative Installation unter dem Titel „Forum Markt“.

Welchen Sound haben Märkte? Gibt es hörbare Unterschiede zwischen einem Markt in Dortmund oder einen in Riga oder Athen? Für Rolf Dennemann, den Kopf von artscenico haben Märkte eine besondere Funktion: „Sie bieten einen unmittelbaren Kontakt zwischen Käufer und Verkäufer, man kann ein Schwätzchen halten. Dennoch haben es Märkte immer schwerer. „Die Mittelschicht kauft mehr, die armen Schweine eher weniger auf dem Markt“, so Dennemann.

Was ist die „performative Installation“? „Es wird fünf verschiedene Räume geben“, erklärte Dennmann, die in großen Containern beheimatet sind. Die Filmemacher „knallrotfilm“ präsentieren ihre Dokumentation über Märkte. Foto, Film und Sound laden die Besucher ein, Geschichten über Händler und Käufer zu erleben.

Rolf Dennemann präsentiert im „Sounds of markets“ Marktschreier aus Dortmund-Aplerbeck und Soundcollagen aus Spanien, Litauen und dem Ruhrgebiet.

Einen Apfel von einer Birne blind zu erkennen ist noch einfach. Aber der Unterschied zwischen Petersilie und Pastinake zu erfühlen, ist schon schwieriger.

Macht Obst und Gemüse Geräusche? Wenn ja, welche? Im vierten Container findet eine Soundcollage statt, die interessante und spannende Geräusche aufnimmt, die man mit Obst und Gemüse so machen kann: Essen, schaben, kratzen, kauen.

Was darf auf einem Markt nicht fehlen? Der Eiermann. Beim „Forum Markt“ ist sogar die ganze Familie Eiermann anwesend. Vier Schauspieler (Matthias Hecht, Denise Rech, Elisabeth Pleß und Sandra Wickenburg) machen ein kleines experimentelles Stück mit möglicher Beteiligung der Besucher. Machen Sie es sich im Wohnzimmer der Familie Eiermann gemütlich, es gibt sogar etwas zu essen.

Noch etwas typisches für einen Markt: Die Plastiktüten, in der die Ware hineingesteckt wird. In der Mitte des Vorplatzes wird Photini Melatiadis mit 200 dieser kleinen Tüten eine Tanzperformance aufführen.

Die genauen Zeiten:

Freitag, 11.09.2015 18 bis 21 Uhr

Samstag, 12.09.2015 16 bis 20 Uhr

Sonntag , 13.09.2015 16 bis 20 Uhr

Einblicke in Urängste

Gruppenbild mit Stoffente: Elisabeth Pleß, Paul Hess, und Rolf Dennemann. (Foto: © artscenico)
Gruppenbild mit Stoffente: Elisabeth Pleß, Paul Hess, und Rolf Dennemann. (Foto: © artscenico)

Mit dem Stück „Missing Links“ von „artscenico“ zeigte das Theater im Depot kurz vor der Sommerpause ein tiefschwarzen Blick in die menschliche Seele. Elisabeth Pleß, Rolf Dennemann und Tänzer Paul Hess zeigten am 26. und 27. Juni 2015 einen Parforceritt durch weitgehende dunkle Seelenzustände und Ängste.

Es war wohl die eindrucksvollste Szene des Stückes: Pleß klammert sich an Hess und wirkt somit wie ein Alp, den der arme Tänzer mit sich herumschleppen muss. Doch auch andere Szenen hatten viel Kraft, was vor allem an der exzellenten Leitung von Hess lag. Die tänzerischen Bilder, die er entwarf, waren eindringlich und berührend. In einigen Momenten wurde sein Rücken sogar zur Projektionsfläche von kurzen Videoeinspielungen.

Dennemann, der Kopf hinter „artscenico“, arbeitete sich durch die Urängste der Menschheit. Die Angst vor dem „Schwarzen Mann“ oder dem „Butzemann“, die vor allem Kinder plagt, wird aufgegriffen. Neben ziemlich grausamen Grimmschen Märchen wie „Das eigensinnige Kind“ oder „Wie Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben“ steht auch beispielsweise Edgar Allen Poes berühmtestes Gedicht „Der Rabe“ oder Kafkas „Verwandlung“ Mittelpunkt des Stückes.

Die Bühne war karg, bis auf den Lichtkreis, der sich nach bedarf hob und senkte. Musik, unter anderem Mozarts Requiem, unterstützte das Stück. Das Ende von „Missing Links“ war wie der Anfang. Am Ende „stirbt“ der Tänzer durch mehrere Schüsse. Ein neuer Kreislauf beginnt.

Modernes Tanztheater trifft auf Schauspiel trifft auf Musik und Video. Auch wenn man die Rollen von Pleß und Dennemann nicht unterbewerten sollte, aber die tänzerische Leistung von Paul Hess stach einfach heraus. Das Stück ist sicher nicht jedermanns/-fraus Sache, aber wer modernen Tanz liebt und einen Einblick in menschliche Ängste bekommen möchte, sollte auf jeden Fall nach den „Missing Links“ Ausschau halten.

Kaleidoskop des menschlichen Lebens

Bereit für die fehlenden Verbindungen: (v.l.n.r.) Elisabeth Pleß, Rolf Dennemann und Paul Hess. (Foto: © artscenico)
Bereit für die fehlenden Verbindungen: (v.l.n.r.) Elisabeth Pleß, Rolf Dennemann und Paul Hess. (Foto: © artscenico)

Die letzte Premiere in der laufenden Spielzeit im Theater im Depot trägt den Titel „Missing links“ und ist ein Tanztheater von artscenico. Rolf Dennemann als Kopf der Produktion steht mit der Schauspielerin Elisabeth Pleß auf der Bühne, während Paul Hess den tänzerischen Teil übernimmt. Die Uraufführung ist am Freitag, den 26. Juni um 20 Uhr, eine weitere Vorstellung findet am 27. Juni 2015 ebenfalls um 20 Uhr statt. Im August gibt es weitere Termine.

„Urängste, Naturgewalten und Kindheitserinnerungen. Was macht das mit den Menschen“, fragte sich Rolf Dennemann und stieg hinab in unser aller Seelenleben, das geprägt ist durch Geschichten, Märchen und Anekdoten, die auch mal ins Grausame abgleiten können.

Um ein passendes Setting für diese Art von Geschichtenerzählung zu schaffen, wird ein Lichtkreis im Zentrum der Bühne stehen. Wie in einem Kaleidoskop werden die Geschichten von Kafka, Poe und weiteren Autoren in Ausschnitten angeleuchtet. „Die Geschichten werden aber nicht aus erzählt“, so Dennemann.

Den tänzerischen Part übernimmt der Essener Tänzer Paul Hess, der bereits in früheren Produktionen von artscenico zu sehen war wie beispielsweise „Feedback“. Denn der Körper kann bestimmte Dinge ausdrücken, die der Sprache fremd bleiben. Auch wenn sich die beiden Schauspieler bewegen werden, gestaltet Hess die tänzerischen Bilder. Dabei will er sich einer Tanzsprache bedienen, die ein reduziertes Bildmaterial benutzt und natürliche Bewegungen fördert. „Es werden Bilder entstehen, die Spaß machen können, aber auch erschrecken“, ist sich Hess sicher.

Ode auf unbesungene Berühmtheiten

Rolf Dennemann hat anscheinend eine spannende Geschichte entdeckt, Annette Kritzler (rechts) ist skeptisch, während Nora Reul erfreuter ist.
Rolf Dennemann hat anscheinend eine spannende Geschichte entdeckt, Annette Kritzler (rechts) ist noch skeptisch, während Nora Reul erfreuter ausschaut.

Am 10. Mai 2015 um 15:30 Uhr geht die erste Führung der „Borsig Vips“ los. Entlang der Oesterholzstraße werden an 18 Stationen Personen und Typen präsentiert, die bisher in den Geschichtsbüchern keine Erwähnung fanden.

Entstanden ist diese Idee während den sonntäglichen Sprechstunden bei den „Borsig-Blinks“ mit Schauspieler, Regisseur und Autor Rolf Dennemann im ehemaligen Ladenlokal in der Oesterholzstraße 103. Hier erzählten die Besucher Geschichten, die Dennemann künstlerisch „hochbearbeitet“ hat. „Wenn aus den Geschichten ein Mythos wird, dann haben wir einen Meilenstein geschafft“, so Dennemann. Denn die Gegend bestehe fast nur aus „Normalbürgern“. Wenn hier Tourismus stattfinde, dann nur wegen Fußball, dem Hoeschmuseum oder um sich Elend anzugucken.

Die „Borsig-Vips“ sollen diesem Umstand abhelfen. Ähnlich wie in Wien oder anderen Städten werden an den Stationen Informationstafeln an den Häuserwänden angebracht. So beginnt die Tour in der Oesterholzstraße beim Imbiss „Kohldampf“ (Nummer 51) und endet an der Hausnummer 103. Die Geschichten der neuen Berühmtheiten „werden nicht humorfrei sein“, erklärte Dennemann. Bei der Tour wird Dr. h.c. Wilfurt Loose ein wenig antropologische Informationen geben. Die Studentin Nora Reul, die durch die „Borsig-Blinks“ hinzugestossen ist, wird assistieren und hat zwei Geschichten zur Tour beigesteuert.

Organisiert wird die Tour von Annette Kritzler, die bekannt ist durch ihre Borsigplatz-VerFührungen. „Für mich ist das eine Herausforderung“, so Kritzler, „die Borsig-Vips sind jenseits der standardisierten Tourismusführungen der Städte“. Das Ziel der Aktion formuliert Dennmann so: „Die Bewohner sollen zu ihrem Wohnort eine andere Identität bekommen.“

Neben dem 10. Mai gibt es weitere Termine: 14.05. (11 Uhr), 15.05. (18 Uhr), 22.05. (18 Uhr), 23.05. (14 Uhr), 24.05. (18 Uhr), 30. Mai (14 Uhr und 18 Uhr).

Die Teilnahme ist kostenlos, nur Anmeldungen werden erbeten an rolf@borsig11.de, denn es können maximal 15 bis 20 Personen pro Tour mit.

Ein klein wenig Urlaubsfeeling

Woran denken Sie, wenn Sie an Urlaub denken? An Sonne, Meer, Berge, gutes Essen, Erholung? Sicher nicht an ein Krankenhaus. Schauspieler und Autor Rolf Dennemann hat diese Analogie zu seinem Programm „Unterwegs mit meinem Körper“ gemacht. Am Mittwoch, den 25. März 2015 hatte die szenische Lesung Premiere im Theater im Depot.

Rolf Dennemann kam nicht alleine, er hatte die Schauspielerin Elisabeth Pleß mitgebracht, die ihn nicht nur literarisch, sondern auch musikalisch unterstützte.

Doch zu Beginn stand eine gefilmte Autofahrt im Vordergrund, die über die Leinwand flimmerte. Die letzten Bilder eines eigenständigen Menschen, bevor er sich in die Hände einer Anstalt übergab? Die Erfahrungen, die Dennemann in den Krankenhäusern machte und literarisch verarbeitete, lassen sich in zwei Bereiche unterteilen: Die Organisation in Krankenhäusern und das Essen. Während Dennemann vom Mittagessen in manchen Häusern durchaus angetan war, war für ihn das Frühstück und das Abendbrot eine Reise in die Vergangenheit, als sein Vater noch im Krankenhaus war. „Das nenne ich Tradition“, so Dennemann in seiner süffisanten-ironischen Art.

Auch den Tagesablauf im Krankenhaus nimmt Dennemann auf Korn. Das frühe Aufstehen, die leicht chaotische Organisation. „Eine Schwester fragte mich nach der OP, ob ich eine Patientenverfügung hätte“, erzählte Dennemann. Vor allem das Warten im Krankenzimmer auf der Bettkante auf die Dinge, die vielleicht kommen würden (oder nicht) nahm er auf Korn. Nicht nur literarisch, sondern auch musikalisch und visuell. Zu der Musik von „Waiting for the sun“ von den „Doors“ gab es eine Diashow von Menschen, die auf Bettkanten saßen (oder lagen).

Nach der Pause wurden die Tische zusammengerückt, ein Strandbild auf den Beamer geworfen, eine Art Pepita-Hut aufgesetzt und weiter ging es in Dennemanns Tour durch die Krankenhäuser. Dem Betrieb der Krankenanstalten setzt Dennemann die ambulante Medizin in Form von niedergelassenen Ärzten, Apothekern und Optikern entgegen. Inwieweit der Autor das ernst meint oder Ironie hineinmischt, bleibt jedem selber überlassen.

„Unterwegs mit meinem Körper“ ist sicherlich nichts für Liegend kranke oder Menschen, die sich nicht mehr selber helfen können. Ansonsten wird jeder, der zumindest für ein paar Tage im Krankenhaus war, die Geschichten wiedererkennen. Sei es der Kampf um die Fernbedienung im Krankenzimmer oder die verwinkelten Gänge und Flure zu den jeweiligen Abteilungen, gegen die das Labyrinth des Minotaurus wie ein simpler Kreisverkehr anmutet.

Ob sich bei den Zuhörern jetzt trotz Koffer, Rezeption, Zimmerservice und „all-inklusive“ ein Urlaubsgefühl einstellt, wenn sie an Krankenhäuser denken, ist wohl nicht anzunehmen. Dennoch war es ein gelungener Abend aus dem Innenleben verschiedenen Krankenanstalten.

Kein Programm für Liegendkranke

Im Jahr 2014 war der Autor, Rolf Dennemann, in sechs verschiedenen Krankenhäusern zu Gast – als Patient und als Beobachter. Es zeigte sich das ganze Dilemma des „Systems Krankenhaus“. Er schildert zusammen mit seinem Gast Elisabeth Pleß ebenso tragische wie komische Momente und nennt dies Krankenhausreport. Die Premiere von „UNTERWEGS MIT MEINEM KÖRPER – DER KRANKENHAUSREPORT“ ist am 25. März 2015 im Theater im Depot. Ars tremonia sprach mit Rolf Dennemann.

Ars tremonia: „Unterwegs mit meinem Körper“ klingt ja ein wenig distanziert, als wenn der Körper getrennt vom Ich ist.

Dennemann: Es war für mich noch nie ein Problem, über mich in der dritten Person zu sprechen. Dann gibt es die Weisheit, dass man nur über etwas mit einem gewissen Abstand schreiben soll. Liebesgedichte ihm Wahn der Liebe zu schreiben, das ist ganz schlecht. Es gibt nur ganz wenige Ausnahmen.

Ars tremonia: Sie haben im Laufe der Zeit verschiedene Krankenhäuser besucht. Waren Sie als Patient oder Besucher dort?

Dennemann: Man kann es ruhig sagen, der Hauptgrund war Rheuma,. Genauer gesagt, um Herauszufinden, was es für eine Art Rheuma ist. Da war ich in dieser Zeit innerhalb von einem halben Jahr aus unterschiedlichen Gründen in sechs verschiedenen Kliniken. Schon beim ersten Besuch habe ich gedacht, wie vertreibe ich hier meine Zeit? Ich vertreibe sie nicht, sondern verbringe sie damit, mir Notizen zu machen, von dem, was ich hier so sehe und erlebe. Später habe ich mir gedacht, daraus ein Programm zu machen.

Ars tremonia: Was ist ihnen am Betrieb der sechs Krankenhäuser aufgefallen? Gibt es irgendwelche Gemeinsamkeiten?

Dennemann: Ich weiß aus Schilderungen meines Vaters und meinem Krankenhausaufenthalt in den 70ern: Es hat sich nichts verändert. Die Technik ist auf einem höheren Stand, die Ärzte sind komplizierter, die Vorgänge umfangreicher, aber das Prinzip, dass man sich einer Anstalt annähern muss, um zu überleben, ist das Gleiche. Das heißt, die Essenszeiten sind für einen Südeuropäer eine Katastrophe, wenn der um 17 Uhr das letzte Essen kriegt, sitzt der um 20 Uhr auf der Bettkante und wartet auf den Stockfisch, aber es kommt nichts.

Organisatorische Abläufe sind ebenfalls gleich geblieben. Im ersten Viertel des Tages finden die Aktivitäten statt und der Rest ist Dasein. Und wenn man das Pech hat in einer Dreierkabine zu liegen, auch noch das unvorbereitete Miteinander mit Menschen die man nicht kennt und deren Leiden. Alles noch so wie vor Jahrzehnten.

Ars tremonia: Was erwartete den Zuschauer am Mittwoch? Wird auch eine Krankenhausatmosphäre verströmt?

Dennemann: Das wird ganz simpel. Zwei Leute auf der Bühne, die ihre Texte lesen. Mit Unterstützung modernster Technik, nämlich Video und Computer. Das ganze ist kein lockeres Kabarettprogramm, sondern ist sozusagen durch-komponiert. Deshalb machen das auch zwei Schauspieler und nicht zwei Schriftsteller. Es sind Reportagen aus verschiedenen Häusern unter Einstreuung von Wahnvorstellungen.

Ars tremonia: Es hat also einen roten Faden.

Dennemann: Der rote Faden ist quasi ein Abschnitt von mehreren Monaten und im Hintergrund steht eigentlich immer der Gedanke: Eigentlich bin ich ja im Urlaub. Man weist sich ein, hat ein Köfferchen dabei und steht an der Rezeption. Dann wartet man auf die Nennung des Zimmers, wo man für die Dauer des Aufenthalts untergebracht ist. Bis dahin ist alles Urlaub.

Dann kommt der Zimmerservice und der sieht ganz anders aus als erwartet.

Ars tremonia: Ist das Essen denn vergleichbar mit den „All inclusive“-Hotels?

Dennemann: Ich habe noch nie Urlaub „All inclusive“ gebucht. Von daher weiß ich nicht, wie das Essen in diesen Masseneinrichtungen ist. Das Essen in Krankenhäusern hat sich mit Ausnahmen auch nicht verändert. Das ist ein Hauptthema des ganzen Stückes, weil mich das beschäftigt. Was soll man machen in einem Krankenhaus, wenn man noch Herr seiner Sinne ist? Man wartet auf das Essen.

Das Frühstück und das Abendbrot ist unverändert geblieben. In einem Krankenhaus war jedes Stück Käsescheibchen einzeln eingepackt. Aus Hygienegründen. Und die Käsescheiben sind aus diesem Presskäse. Das ist wie im Hotel. Da hat sich nichts verändert. Beim Mittagsessen war ich hoch überrascht. Da gab es doch einige kulinarische Leckereien. Der Nachtisch hingegen war so wie früher.

Geschichten mit Augenzwinkern

Am 25. Februar ist es wieder soweit. In einem leerstehenden Ladenlokal an der Oesterholzstraße 103 lädt der Autor, Regisseur und Schauspieler Rolf Dennemann um 18 Uhr zu seinen „Sprechstunden“ Hier können Bewohner zusammenkommen und erzählen, was es so zu erzählen gibt im Quartier. Die daraus entstehenden Geschichten nennt Dennemann „Borsig-Blinks“. Das Projekt wird organisiert von der Machbarschaft Borsig11 e.V. und der Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft.

Im Mai soll dann ein Ergebnis vorliegen. Was daraus werden soll, erzählt uns Dennemann in einem Interview.

Ars tremonia: Was ist „Borsig-Blinks“ eigentlich?

Dennemann: Ich treffe hier Menschen, die mir ihre Geschichten erzählen. Nicht ihre Lebensgeschichten, sondern die aus ihrem Alltag. Das ist nicht einfach, denn viele Leute merken nicht, was sie an kleinen Geschichten so sehen und erleben.

Ich habe hin und wieder etwas über diese Gegend hier geschrieben, kleine kurze Texte, die ich „Blinks“ genannt habe. Es gibt keine direkte Übersetzung dafür. In etwa „Geschichten mit Augenzwinkern“, aus dem Alltäglichen, die dann etwas in Übertreibungen münden.

Wir richten daher „Sprechstunden“ ein. Eine habe ich schon gemacht, ab dem 15.02. gibt es jeden Sonntag um 18 Uhr in dem Ladenlokal in der Oesterholzstraße 103 Sprechstunden mit mir und Gästen.

Ars tremonia: Was sind das für Gäste?

Dennemann: Mit Gästen sind erst mal alle gemeint, die kommen, aber auch jemanden, den wir mitbringen. Prominent oder nicht prominent. Das muss sich herumsprechen. Wir brauchen natürlich die Bürgerinnen und Bürger. Das ist ein schwieriges Unterfangen in dieser Gegend. Es ist nicht so, dass jeden Sonntag ein Programm stattfindet. Das Programm ist die Sprechstunde. Man kann sich treffen und es wird einem zugehört.

Ars tremonia: Welche Geschichten sollen die Menschen denn erzählen?

Dennemann: Das weiß ich nicht. Das ist ja der Punkt. Manche fangen einfach an. Beim ersten Mal ging es von Hölzken auf Stöcksken. „Da war doch mal einer, der war obdachlos und ganz beliebt.“ Da sagt die nächste: „Ja, da hatte ich noch meinen kleinen Hund“ und dann muss ich schauen, wie ich aus den ganz kleinen Abrissen meine Texte mache, die durch meine Art und Weise überhöht werden, so dass sie nichts mehr damit zu tun haben, was ich gehört habe. Ich kann mir auch vorstellen, einen Sonntag die Leute einfach meckern zu lassen. Darüber hinaus planen wir auch, eine Art Bürgertalkshow zu machen, weil das Format bekannt ist und wir über diese Talkshow mit den Leuten ins Gespräch kommen.

Daneben wird es einen weiteren, kleineren Kreis von Menschen geben, die sich anmelden. Mit denen werde ich mich woanders treffen und können mit den Geschichten tiefer gehen.

Ars tremonia: Was soll aus dem Projekt entstehen?

Dennemann: Das Programm endet im Mai. Es gibt eine Art Ziel, ich will mir nicht ein Resultat setzen und muss dann darauf hinarbeiten. Ich kenne kein Ergebnis und bin gespannt, wie sich das zusammenpuzzelt.

Die Geschichten, die ich sammele, könnten am Ende eine Art Drehbuch ergeben. Das ist das ehrgeizigste Ziel. Das ist nah an den Leuten. So kann ich ihnen vermitteln, wie kommt eine reale Szene in einen Film.

Ars tremonia: Haben Sie keine Angst, dass Nörgler und Besserwisser in die Sprechstunde kommen

Dennemann: Man muss den Leuten immer wieder klarmachen, dass wir das mit einem Augenzwinkern betrachten. Manche Leute muss man auch bremsen.