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Tichy in der Chemo-Matrix

[fruitful_alert type=“alert-success“]Die Bühne sieht ein wenig aus wie die Brücke eines Raumschiffes. (Foto: © Birgit Hupfeld)[/fruitful_alert]

Stanisław Lem trifft auf „Die Matrix“. Live-Animation trifft auf reale Schauspieler. „Der Futurologische Kongress“ nach Lem mischt Zukunftsvisionen und Darstellungsformen. Ars tremonia war bei der Premiere am 11. Juni 2017 im Megastore dabei.

Ein Stück über die Zukunft in Räumen, die bald der Vergangenheit angehören. Denn das Schauspiel Dortmund wird das Megastore bald verlassen und wieder zurück in ihr angestammtes Domizil am Burgwall gehen.

Für den Schluss hat man sich was besonderes aufgehoben: Eine Live-Animations-Performance. Die Idee hatten die Medienkünstler von sputnic unter der Leitung von Nils Voges. Manche werden sich an das Stück „Die Möglichkeit einer Insel“ erinnern, das 2015 Premiere feierte. Auch beim „Futurologischen Kongress“ gab es die Animationstafeln, die die Akteure auf einer Landwand zum leben erweckten. Daneben gab es Szenen mit Modellen und Puppen, die eher an Arbeiten von Klaus Gehre erinnerten, der ebenfalls in Dortmund inszenierte, beispielsweise mit „Minority Report“. Dazu gab es auch immer wieder Szenen, die live von Schauspielern Marlena Keil, Frank Genser, Friederike Tiefenbacher und Uwe Schmieder gespielt wurden. Musik kam vom musikalischen Leiter Tommy Finke.

Die Handlung orientiert sich an Lems Erzählung „Der Futurologische Kongress. Aus Ijon Tichys Erinnerungen“. Astronaut und Wissenschaftler Tichy wird von seiner Raumstation zurück auf die Erde befohlen. In Costricana findet der Futurologische Kongress statt. Doch Proteste begleiten den Kongress. Im Laufe der Auseinandersetzungen zwischen Polizei, Militär und Demonstranten werden auch psychotrophe Substanzen eingesetzt. Dennoch eskaliert die Gewalt und Tichy sowie sein Bekannter, Professor Trottelreimer, kommen ums Leben, nur um etwa 60 Jahre später wieder zu erwachen. Und zwar im Körper einer Frau. Inzwischen lebt die Gesellschaft in einer Chemokratie, bei der die Einnahme von Pillen zur Grundvoraussetzung gehört. Doch was ist Realität und was nicht?

Die Frage nach der Realität scheint ein beliebtes Thema in der Science-Fiction zu sein. Sputnic zitiert auch beispielsweise aus den „Matrix“-Filmen, gegen Ende muss sich Tichy zwischen der roten und der blauen Pille entscheiden. Lems Erzählung – eigentlich gegen das kommunistische System in seinem Heimatland Polen gerichtet – hat auch in der kapitalistischen Welt seine kritische Berechtigung. Gewalt gegen Demonstranten, Einschränkung von Bürgerrechten sind aktuelle Probleme und Herausforderungen. Tichy wird von Frank Genser und Marlena Keil (ja, der Körpertausch) herrlich dargestellt. Der männliche und weibliche Aspekt von Tichy kamen gut zur Geltung. Auch Uwe Schmieder als überdrehter Professor Trottelreimer war klasse. Friederike Tiefenbacher sprach die künstliche Intelligenz „Automaty“, die ebenfalls an die Matrix erinnerte.

Wobei alle Schauspieler die Doppelfunktion als „Animateure“ und Schauspieler mit Bravour hinbekamen.

Wer „Die Möglichkeit einer Insel“ liebte, sollte den „Futurologischen Kongress“ nicht verpassen.

Karten und Informationen unter www.theaterdo.de

Besonderer Trip durch die Realitäten

[fruitful_alert type=“alert-success“]Mit dabei: Friederike Tiefenbacher, Carlos Lobo, T.D. Finck von Finckenstein, Marlena Keil, Uwe Schmieder. (Foto: © Birgit Hupfeld)[/fruitful_alert]

Nach ihrem ersten Live-Animationsfilm „Die Möglichkeit einer Insel“ (2015) im Schauspielhaus Dortmund hat die Medien-Künstlergruppe „sputnic“ mit Designer Malte Jehmlich, Nicolai Skopalik und Nils Voges mit „Der Futurologische Kongress. Aus Ijon Tichys Erinnerungen“ von Stanislaw Lem (1971) nun ein neues Live Animations Cinema-Abenteuer entwickelt. Die Premiere ist am 11.06.2017 um 19:30 Uhr im Megastore.

Der russische Wissenschaftler und philosophische Essayist Stanislaw Lem (1921 – 2006) hat schon in den siebziger Jahren des letzten Jahrhundert moderne Entwicklungen in unserer Zeit vorweg genommen, ohne das sie so beim Namen genannt werden.

Seine Lieblingsfigur ist der SF-Sternenfahrer Ijon Tichy. Im Rahmen eines „Futurologischen Weltkongresses“ und den während der gewalttätigen Auseinandersetzungen in der Hauptstadt Costricanas kommen ihm und seinem Freund Trottelreiner ein schlimmer Verdacht. Setzt das Militär glücksbringende psychtrope Gase ein als Kampfmittel ein? Es beginnt eine Reise durch verschiedene Zeiten und Realitätsebenen. Was ist Wirklichkeit, was ist Täuschung? Die Künstlergruppe unter der Regie von Nils Voges haben sich der Herausforderung der vielen Realitäten durch eine Weiterentwicklung der Animations-Platten sowie den Einsatz verschiedener Darstellungsformen Rechnung getragen. So werden dieses mal neben Live-Animationen, Live Musik von Tommy Finke, Live Comics, Puppenspiel und Schauspiel je nach Realität eingesetzt. In einer Runde werden neben einem Tisch für den Soundtrack von T. Finke drei Tische für die vier SchauspielerInnen für ihre Cut-Arbeit, Animations-Platten (keine Plexiglasplatten, sondern jetzt Holzplatten) bereit stehen. Das bedeutet, das an einem Tisch zwei Schauspieler zusammen sitzen.

Das sorgt für mehr Dynamik.

Die Bewegungsabläufe werden durch Vordergrund-und Hintergrundstrukturen der Animatios-Platten noch genauer erkennbar. Es werden verschieden verschiedene Charaktere von den Schauspielern dargestellt und die einzelnen Figuren werden entwickelt. Äußerliche Ähnlichkeiten zwischen den lebenden Schauspielern und den Figuren auf den Platten sind von der Charakter Designerin Julia Zejn bewusst gewollt. „Im Unterschied zur „Die Möglichkeit einer Insel“ arbeiten wir jetzt mit mehr Farbe“, verriet der Regisseur Nils Voges.

Die Premiere ist schon ausverkauft.

Weitere Termine und Informationen erhalten Sie unter www.theaterdo.de

Die Unmöglichkeit trotz unbegrenzter Möglichkeiten

[fruitful_alert type=“alert-success“]Von diesem Tisch gehen die meisten Episoden aus. (Foto: © Birgit Hupfeld)[/fruitful_alert]

Was ist die Liebe in Zeiten von „alles kann – nichts muss“? Joël Pommerat zeigt uns in „Die Wiedervereinigung der beiden Koreas“ die Schwierigkeiten von Menschen, sich aufeinander einzulassen, ihre Lebensentwürfe in Einklang zu bringen und ehrlich zu anderen zu sein. Die Premiere des Stückes unter der Regie von Paolo Magelli war am 08. April 2017 im Megastore.

er die Liebe. Doch keine Angst, der französische Autor hat keinen großen Eimer Zuckerguss parat, um ihn über das Publikum zu gießen. Kein triefender Kitsch á la „Tatsächlich… Liebe“, bei Pommerat geht es ums Eingemachte in den Beziehungen. Und die können durchaus komisch sein, wie bei einer geplanten Hochzeit, der bei die Braut kurz vorher feststellt, dass ihr Bräutigam doch auch ein Techtelmechtel mit jeder ihrer Schwestern hatte. Mehr ins Genre Horror/Psychodrama geht die Episode einer Babysitterin, die auf die nichtexistierenden Kinder eines Paares aufpassen muss. Natürlich machen sie die Babysitterin für das vermeintliche Verschwinden ihrer Kinder verantwortlich und dem Zuschauer ist es nicht deutlich: Ist das ein perfides Spiel, was die beiden treiben oder nicht.

Die Liebe hat bei Pommerat auch schmerzhafte Facetten: Einer Patientin einer Psychiatrie-Einrichtung soll überzeugt werden, ihr Kind abzutreiben, das sie mit einem anderen Patienten gezeugt hat und die Liebe eines Priesters zu einer Prostituierten steht unter einer harten Belastungsprobe.

In dem Stück stehen die Schauspieler im Mittelpunkt: Besonders wenn alle mehrere Rollen spielen. Die Premiere war auch die Premiere für Christian Freund, der ab der Spielzeit 2017/18 dem Ensemble angehören wird. Zusammen mit Ekkehard Freye, Frank Genser, Caroline Hanke, Marlena Keil, Sebastian Kuschmann, Uwe Schmieder, Julia Schubert, Friederike Tiefenbacher und Merle Wasmuth fügte sich Freund in das gut funktionierende Team ein, das neben Tempokomödie auch die leisen romantischen Töne traf.

Ein großes Lob gebührt dem Bühnenbildner Christoph Ernst. Der Anfang und das Ende war eine Reminiszenz an da Vincis Gemälde „Das letzte Abendmahl“ und der Tisch war ein zentraler Punkt in dem Stück. Rechts und links waren Treppen zu einer Balustrade und ein vergittertes „Dachgeschoss“ zu sehen. Styroporplatten mit sichtbaren Leimspuren und Plastikflaschen als Baluste erzeugten die Anmutung eines Rohbaus. Vielleicht ein Symbol für die Liebe, die immer Veränderungen unterworfen ist. Vielleicht ist es auch unmöglich, der Liebe eine bestimmte, dauerhafte Gestalt zu geben, ebenso unmöglich wie die Wiedervereinigung der beiden Koreas.

Weitere Termine und Karten unter www.theaterdo.de

 

Von Nipstern und Wutbürgern

[fruitful_alert type=“alert-success“]Arne Vogelgesang präsentiert die virtuellen Stammtische auf YouTube. (Foto: © Birgit Hupfeld)[/fruitful_alert]

Vergessen Sie Ihre Vorstellungen von glatzköpfigen Nazis in Springerstiefel und Bomberjacke, die bis auf „Ausländer raus“ keinen geraden Satz sagen können.Die neue Rechte ist deutlich eloquenter geworden. Sie kopiert Methoden der Linken und tut auf den ersten Blick, als ob sie „nur“ besorgt seien. Was Arne Vogelgesang auf seiner „Video-Lecture“ mit dem Titel „Flammende Köpfe“ am 01. April im Megastore präsentierte, zeigte eine bunte Mischung rechtsorientierter Menschen, die unterschiedliche Rollen besetzen, aber dennoch im ein klares Ziel haben: Die Deutungshoheit über bestimmte Begriffe wie „Einzelfall“ zu kommen. Ihre Bühne ist das Internet. Hier vor allem YouTube, das sich als ideale Plattform erweist.

Die Reste der gewaltbereiten Nazis findet man vielleicht noch bei de „Hooligans gegen Salafisten“, kurz HoGeSa genannt. Die moderne Rechte hat aber mittlerweile gelernt, dass eine prügelnde SA schlecht für die PR ist und die ist in dieser Zeit besonders wichtig. Gewalt ist nur noch verbal zu hören, daher verstecken sich die Akteure gerne hinter eine Kunstfigur, um zur Not behaupten zu können: „Das habe ich nicht gesagt, das war nur meine Kunstfigur.“ Im Laufe des Abends stellt uns Vogelgesang unterschiedliche Akteure dieses rechten You-Tube-Kosmos vor. Sie alle nehmen eine bestimmte Theaterrolle ein wie die „strenge Haushälterin“ oder die „zu beschützende Jungfrau“ bis hin zum wackeren „veganen Germanen“. Übrigens „vegan“. Dieser Lifestyle ist nicht nur in linken Kreisen beliebt, auch in der rechten Szene ist vegan in. Schamlos werden Aktionen kopiert, die man eher aus dem linken Spektrum kannte, wie Kunstperformances und ähnliches. Statt Glatze und Springerstiefel trägt der hippe Nazis (Nipster) halt Hornbrille und schreibt seine Texte auf einem Mac.

Vogelgesang führt die Zuschauer Schritt für Schritt in die Welt der rechten Szene ein und stellt uns bestimmte Protagonisten vor, die dann später als Avatar auf einer kleinen Projektionswand auftauchen. Er karikiert sie nicht, sondern stellt sie erst einmal in ihrer eigenen Welt vor und präsentiert den Wahnsinn, den sie von sich geben.

Nach diesem Abend hat man die bittere Erkenntnis, dass die Rechten im 21. Jahrhundert angekommen sind. Sie sind hip, benutzen geschickt die neuen Medien und arbeiten genauso wie Linke mit Theaterelementen oder Performances. Es bleibt nichts anderes übrig, als immer genauer hin zuschauen.

Weitere Infos unter www.theaterdo.de

 

Radikale Spuren im Netz

[fruitful_alert type=“alert-success“]Arne Vogelgesang mit seinen „Flammenden Köpfen“. (Foto: © Birgit Hupfeld)[/fruitful_alert]

Ein neues Format hat am Samstag, den 25.04.2017 um 19.30 Uhr mit „Flammende Köpfe“ von Videokünstler und Performer Arne Vogelgesang im Megastore Premiere. Mit dieser Uraufführung geht das Schauspiel Dortmund seinen Weg zwischen Kultur und politischer Verantwortung in der Gesellschaft nach Produktionen wie „Die schwarze Flotte“ oder „Trump“ weiter. In die Schnittstelle von Kultur und politischen Aktivismus passt das Vogelgesangs Video-Lecture. Er hat Theaterregie studiert und ist seit Jahren im Netz Rechtsradikalen, radikalen Islamisten, Identitären, Verschwörungstheoretikern oder einfach „besorgten Bürgern“ und anderen wütenden „Flammenden Köpfen“ auf der Spur.

Er ist ein Experte für Radikale im Netz und wir freuen uns, ihn mit dieser Performance in unsere Stadt gelockt zu haben. Das ist einmalig in Deutschland,“ erklärte Dramaturg Alexander Kerlin vom Dortmunder Schauspiel. Seine Kollegin Anne-Kathrin Schulz fügte hinzu: „Es ist erstaunlich, was für überraschende Zusammenhänge Arne Vogelgesang entdeckt. Er weist auch auf kleine Details hin, die einem nicht sofort aufgefallen wären.“

Ausgangs- und Endpunkt des Abends bildet das allseits bekannte Video zu den traurigen Ereignissen im Februar 2016 im sächsischen Dorf Clausnitz. Ein Mob brüllte dort einen Bus mit Geflüchteten nieder. Dolmetscher Wolfram Fischer, der anwesende Dolmetscher, erinnert sich später vor allem an eine „Menge von brüllenden Köpfen“.

Der deutschsprachige Raum steht im Fokus des Abends. Was bringt die mehr oder weniger hasserfüllte wütende Masse im Netz dazu, den Weg auf die Straße zu verbaler und auch tätiger Gewalt zu beschreiten? Allen radikalen Gruppierungen haben eine Gemeinsamkeit. Sie sehen sich als Heilsbringer, die Menschen „erwecken“ wollen. „Sie wollen die Grauzone auslöschen und die Welt in schwarz und weiß, gut oder Böse einteilen. Sie drängen ihre Zuhörer dazu, sich für eine Seite zu entscheiden,“ so Kerlin.

Das Internet bricht seit den letzten Jahren immer mehr in die Politik an, wie Vogelgesang einmal sagte. Die Propaganda im Netz findet dabei selbstbewusst offen und direkt statt. Die Internet -User erhalten dabei auch Tipps, wie man am geschicktesten am Rande der Legalität agiert. Es gelingt ihnen immer besser, bisher positiv besetzte Begriffe wie beispielsweise die „Willkommenskultur“ negativ zu belegen. Negativ besetzte Begriffe wie „Nazi“ werden dem vermeintlichen Gegner einfach zurück an den Kopf geworfen. Es ist dann egal, was das Wort bedeutet, entscheidend ist nur, was der gesagte Satz auslöst und wie er der Gegenseite schaden zufügt.

Aber keine Angst. Der Abend wird aber nicht nur depressiv, verspricht Kerlin.

Für die Premiere am 25.03.2017 im Megastore gibt es noch Restkarten.

Weiterer Informationen und Termine finden sie unter www.theaterdo.de

Trump – eine unfassbare Geschichte?

[fruitful_alert type=“alert-success“]Bildunterschrift: Die Party ist vorbei, wie geht’s mit Trump weiter? Andreas Beck und
Bettina Lieder erzählten einiges über die Geschichte des aktuellen US-Präsidenten. (Foto: © Birgit Hupfeld)[/fruitful_alert]

Am Freitag, den 03.03.2017 luden die Schauspieler Bettina Lieder und Andreas Beck unter der Regie von Marcus Lobbes im Megastore zu einer ganz besonderen Stehparty. Ganz im amerikanischen Style gehalten mit Fähnchen und passender Hintergrundmusik konnten die Premierengäste zunächst Hotdog und Popcorn zu sich nehmen. Der Stargast, über den der Abend ging, war zwar immer präsent, aber natürlich nicht anwesend: Donald Trump, seines Zeichens 45. Präsident der USA. Der amerikanische Performer und Autor Mike Daisey hat sich schon vor längerer Zeit mit dem Phänomen Donald Trump befasst. Für die Deutschsprachige Erstaufführung hier in Dortmund übersetzten die Dramaturgin Anne-Kathrin Schulz und ihr Mitarbeiter Matthias Seier den Originaltext „The Trump Card“ ins Deutsche.

Eigentlich ist „Trump“ oder „The Trump Card“ ähnlich wie „Die Ektase und Agonie des Steve Jobs“ (im Schauspielhaus 2012 mit Andreas Beck aufgeführt) als Monolog konzipiert. Mit der Bearbeitung des Stoffes für das hiesige Publikum und Aktualisierungen hat der amerikanische Autor keine Probleme. Daher konnte Regisseur Marcus Lobbes den Stoff nicht als Monolog, sondern mit zwei Schauspielern inszenieren. Bettina Lieder und Andreas Beck vom Dortmunder Schauspiel waren die Gastgeber für eine Art Dinner-Party.

Die beiden Schauspieler wurden von der für die Kostüme verantwortliche Mona Ulrich schick eingekleidet. Bettina Lieder im schönen, halb schulterfreiem Kleid in hellem Lila hatte aber mit ihren silbernen Pumps mit den sehr hohen Absätzen zu kämpfen.

Im Laufe des Abends erfahren wir viel über die Person Donald Trump. Vor allem aber auch über seiner prägenden Familiengeschichte mit seinem Vater, dem Rassismus und Skrupellosigkeit durchaus nicht fremd waren. Hinzu kommt seine überaus große Selbstinszenierung. Wussten Sie dass es beispielsweise Mineralwasser von Trump gibt oder ein Brettspiel namens „The Trump Game“? (Für Hardcore-Fans: auf Amazon erhältlich). Zudem arbeitet er mit Mechanismen, die auch für europäische populistische Parteien gelten: Provozieren, bei Bedarf zurückrudern, leugnen von Tatsachen und der Aufbau von Lügen um einen Kern Wahrheit.

Das Schöne an der Inszenierung ist auch, dass das Publikum mit einbezogen wird. Es ist beileibe kein Mitmachtheater, aber sowohl vom erhöhte Podest als auch mit Ausflügen in die Menschenmenge sprachen die beiden Gastgeber die Anwesenden direkt an. So zum Beispiel: „Sie haben sicher auch gedacht, dieser Mann wird doch nie Präsident…“

Die Schauspieler agierten mit viel Spielfreude und warfen sich humorvoll und mit Selbstironie die verbalen Bälle zu.

Ist Trump nun die Wurzel allen Übels? Müssen wir vielleicht einfach nur die Geduld aufbringen und warten, bis die vier Jahre Präsidentschaft von Trump vorbei sind? Die bittere Aussicht, die Mike Daisey uns am Ende mit auf dem Weg gibt, ist düster. So lässt er den verstorbenen Roy Cohn, einem jüdischen, aber zugleich antisemitischen Anwalt und engen Berater von Donald Trump, sagen: „Was ihr nicht versteht, ist, dass da draußen schon jemand ist, der ihn beobachtet, der alles, was er macht, beobachtet und sich Notizen macht. Alles, was er macht, aufschreibt. Und diese Person denkt sich: ‚Ich werde sein wie er, aber besser. Ich werde schärfer agieren und viel klüger.‘“

Am Ende ist die Party vorbei und es gibt einen langen verdienten Beifall für die beiden Schauspieler. Jeder, der sich auch nur einen Hauch für Politik und deren Mechanismen interessiert, sollte gehen in dieses Stück.

Informationen über weitere Termine erhalten Sie unter : www.thaterdo.de

Phänomen Trump – Versuch einer Annäherung

[fruitful_alert type=“alert-success“]Bildunterschrift: Andreas Beck und Bettina Lieder laden zur Stehparty. (Foto: © Birgit Hupfeld) [/fruitful_alert]

Die Wahl von Donald Trump zum neuen Präsidenten der Vereinigten Staat am 9. November 2016 hat viele Menschen irritiert und fassungslos gemacht. Wer ist dieser Mensch? Seine Unberechenbarkeit, die rassistischen und frauenfeindlichen Bemerkungen sowie kritische Einstellung zu den freien Medien waren klar und deutlich. Wie konnte er von so vielen Menschen gewählt werden, und was hat das eigentlich mit Europa zu tun?

Der amerikanische Performer und Autor Mike Daisey hatte sich schon längere Zeit mit Donald Trump beschäftigt. Im Sommer 2016 entwickelte er den Monolog-Text „The Trump Card“. Daisey ist auch hier bekannt geworden durch seinen Monolog „Die Agonie und Ekstase des Steve Jobs“, der im Schauspiel Dortmund 2012 in der Regie von Jennifer Wigham mit Schauspieler Andreas Beck als genialen Erzähler seine erste deutschsprachige Aufführung erlebte und inzwischen über 40 mal gespielt wurde.

Der Kontakt zu Mike Daisey war nie wirklich abgebrochen und so kam es, dass wir uns kurzfristig unter der Regie von Marcus Lobbes diesem aktuellen Stoff annahmen,“ erklärte Dramaturgin Anne-KathrinSchulz. Zusammen mit Matthias Seier hat sie den Text ins Deutsche übersetzt. „Mike Daisey ist ein offener Typ, und hat uns freie Hand zu Aktualisierungen und Anpassungen an das hiesige Publikum gelassen,“ so Schulz.

Dinnerparty mit dem Publikum

Lobbes konzipiert den Abend als eine Art Dinner-Party für über 80 Gästen, nämlich das Publikum. Es wird auch keinen Monolog-Text geben, sonder die Schauspieler Bettina Lieder und Andreas Beck werden als „Gastgeber“ auftreten und sich geschickt die Text-Bälle zuwerfen. Das Publikum ist mitten drin statt nur dabei.

Es wird aber kein Mitmachttheater werden. Da wird niemand offensiv angesprochen,“ erläuterte der Regisseur. Beim Probepublikum konnten aber wohl einige der Anwesenden mit Reaktionen nicht an sich halten.

Wie es sich gehört, werden geschmückte Party-Tische im Aufführungsraum stehen. Es wird eine ca. 88-minütige Stehparty werden. Die Video-Einspielungen werden nicht die beherrschende Rolle spielen.

Inhaltlich wird auch versucht, die Persönlichkeitsentwicklung von Donald Trump durch seine Familiengeschichte zu erklären. Nicht als Entschuldigung, sondern eben als ein Faktor.

Wie sieht es in Europa aus?

Es geht aber um viel mehr als nur um Trump und die USA. Auch in Europa versuchen rechtspopulistische Parteien gezielt, durch Grenzüberschreitungen, ihre politischen Machtpläne durchzusetzen. Sie loten sie immer weiter aus. Sei es in Polit-Shows, auf Veranstaltungen oder im Internet. Wie weit sind wir bereit zu gehen? Wann wird es gefährlich?

Neben den humorvollen Momenten wird es am Ende wohl auch ein nachdenklicher Theaterabend werden.

Nähere Infos und Termine unter www.theaterdo.de

Es lohnt sich immer nachzufragen, ob man noch Karten für eine Vorstellung bekommen kann!

Hommage an die Dada-Bewegung

Die vier Dadainen gaben eine wunderbare Lektion in Dada-Geschichte. (Foto: © Joe Kramer)

Mit der Gründung des Cabaret Voltaire in Zürich am 5. Februar 1916 mitten in den Wirren und Grausamkeiten des Ersten Weltkrieges durch Hugo Ball und Emmy Hennings hatte der Dadaismus ein Zuhause gefunden. Das war kein Zufall. Viele Künstler waren während des Krieges in die Schweiz geflohen. Der Dadaismus stand für Anti-Kunst gegen gefestigte Ideale und Normen, totales Zweifeln und extremen Individualismus. Dada lässt sich nicht klassifizieren und hat sich nach seiner Festigung auch wieder aufgelöst. Mit einfachen, willkürlich anmutenden Aktionen und einer gehörigen Portion Sarkasmus drückten sie ihre Haltung künstlerisch aus. Zu ihren Protagonisten gehörte auch der in Dortmund aufgewachsene Richard Huelsenbeck oder etwa Raoul Hausmann und Hans Arp.

Im Jahr 2016 entwickelten vier weibliche Dadainen unter der Regie von Thorsten Bihegue zum 100-jährigen Jubiläum der künstlerisch-literarischen Bewegung Dada mit „Letzte Lockerung“ (Ein Abend vor über von nach Dada).

Am 26. Februar 2017 traten die vier Dadainen im Megastore auf. Die Chronisten-Dada, die Propaganda-Dada, die Maschinen-Dada und die Monteur-Dada.

Die vier Damen, die allesamt Mitglieder des Dortmunder Sprechchores sind, hatten alle die gleiche grauen Filzkleider über ihrer schwarzen Unterkleidung. Nur die schwarze Kopfbedeckung unterschied sie voneinander.

Die Frage „Was ist DADA“ ließ sich natürlich nicht endgültig klären. Die Dadainen, an einem Tisch mit Telefon und vielen kleinen Lampen sitzend, fanden bei ihrer assoziativen Lesung Tagesbucheinträge, Manifeste, Lautgedichte, Dialoge und Lieder. Dabei wurden zum Beispiel Texte von Kurt Schwitters, Hans Richter, Hugo Ball, Emmy Hennings, Hans Arp, Anastasyia, Raoul Hausmann Erich Mühsam, Kurt Tucholsky und Christian Morgenstern gelesen. Von großer Bedeutung war die starke Körpersprache, künstlerische Einbeziehung verschiedenen Gegenständen sowie die Musik von Kallabris, Paul Godwin und Erik Satie. Die parodistische Begleitung von zwei Dadainen-Paaren zu „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehn“ (Zarah Leander) war einer der Höhepunkte an diesem „unvernünftigen“ Abend. Musikalisch waren die vier Damen des öfteren unterwegs. So gaben sie Hugo Balls „Todestanz 1916“ (So sterben wir“) zum besten.

Darüber hinaus wurde das Publikum mit in das Programm einbezogen, denn es wurden wahllose Sätze aus einem Werk von Martin Walser vorgelesen. Auch hier gab es dadaistische Vorgänger, dennoch ist es immer wieder herrlich verrückt. Man könnte auch mit Fug und Recht sagen: Völlig aus dem Zusammenhang gerissen.

Was gibt es zu DADA zu sagen? Dada will mit Nichts die Welt verändern.

Eine schöne Hommage an die Dada-Bewegung.

Reflexion über Vergänglichkeit und die Schönheit des Moments

Hier trägt der Engel Schwarz: (v.l.n.r.) Frank Genser, Marcel Schaar (Fotograf), Uwe Schmieder, Julia Schubert, Ensemble- (Foto: ©Birgit Hupfeld)

Kann man einen Augenblick für die Ewigkeit festhalten? Diese Frage spielt nicht nur in Goethes Faust beim Packt mit dem Teufel (Mephisto) eine große Rolle. Die Fotografie versucht schon länger, besondere Momente des Lebens für die Zukunft einzufangen. Einerseits kann der Betrachter sich so vergangene Augenblicke wieder in das Gedächtnis rufen, führen uns aber auch die Vergänglichkeit unseres Lebens und die Relativität von Raum und Zeit vor Augen.

Schauspielintendant Kay Voges, drei Dramaturgen und sein gesamtes Ensemble haben zusammen mit dem Kunstfotografen Marcel Schaar versucht, sich der Thematik durch die Verbindung von Fotografie und Theater zu nähern. Am Samstag, den 11.02.02017 hatte im Megastore das Theater-Abenteuer „hell / ein Augenblick“ Premiere.

Wohl einmalig in der Theatergeschichte lichtet ein Fotograf während der Vorstellung live auf der dunklen Bühne ein Motiv ab, das dann direkt in den Zuschauerraum projiziert wird. Helligkeit und Dunkelheit tauschen ihre Plätze. Die Bühne wird zu einer Dunkelkammer, die nur ab und zu durch das Blitzlicht des Fotografen für eine 1/50 Sekunden durchzuckt. Insgesamt etwa 100 mal am Abend.

Zur Erläuterung: Auf der Bühne stehen an den Seiten zwei große Leinwände und zwei Minni-Flutlichtanlagen. In der Mitte befindet sich im Hintergrund eine Art weiße „Magic-Box“ ,wo der Fotograf als „Meister des Augenblicks“ Schauspieler in speziellen Momenten ablichtet. Diese werden als schwarz-weiß Bilder auf die großen Leinwände projiziert. Diese Reduktion verlangt von den Schauspieler/innen viel Mut, denn sie sind es normalerweise gewohnt, ihre Körper deutlich sichtbar dem Publikum zu präsentieren. Die entstehenden Bilder sind berührend ehrlich und zeigen die kleinste Poren im Gesicht und Körper.

Alles fließt, alles steuert der Blitz“ ,sagt Heraklit. So beginnt der Abend mit einer philosophische Abhandlung aus dem „Baum des Lebens“ (Rabbi Isaak, Luria, um 1590) erzählt von Friederike Tiefenbacher.. Es geht darin um die Themen Leben und Licht, Raum und Zeit. Die Schauspieler/innen befinden sich sowohl auf der Bühne und in der „Magic- Box“, wo sie abgelichtet werden. Die Bilder auf der Großleinwand werden von den Schauspielern mit passenden philosophische Texte von Arthur Schopenhauer, Nietzsche, Bertand Russel, Charles Bukowski, Rainald Götz und andere begleitet. Das verstärkte die Wirkung der Bilder.

Als typisch für das, was viele Menschen empfinden, wenn sie fotografiert wurden denken, steht Uwe Schmieder, abgelichtet mit einem Schild „You see me“. Erschrocken ruft er in die Dunkelheit: „Das bin ich nicht, das bin doch nicht ich!“ Andere hingegen finden sich fotogener und rufen: „Das bin ich. So sehe ich aus.“

Es entstehen schöne Bilder von Zuneigung und Liebe, aber auch viele ernste, nachdenklich machende eindrucksvolle Bilder von Vergänglichkeit.

Für das sinnliche Erleben war der sensible begleitende Soundtrack von Tommy Finke und die Musik von Mahler bis Brian Molko/Placebo von großer Bedeutung.

Es war ein meditativer,archaischer Abend mit Nachwirkung. Wenn es um sich nicht erinnern können, Tod und Vergänglichkeit geht, ist das keine leichte komödiantische Kost. Das der Tod nicht gerne gesehen ist, zeigen die Text von Christoph Schlingsensief oder Robert Gernhardt aus dem Jahr 1997. Gernhardts Gedicht „So“ besagt, dass der Mensch in keinem Monat gerne sterben will. Er will immer wieder neue Moment generieren, um sie fest zu halten.

Schönheit des Augenblicks und die Vergänglichkeit

Ein kleiner Ausschnitt aus dem Stück. Zu sehen sind v.l.n.r. Marcel Schaar (Fotograf), Bettina Lieder und Marlena Keil. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Die Stückentwicklung „hell / ein Augenblick“ von Schauspielintendant Kay Voges und seinem Team ist ein weiteres Theater-Abenteuer nach „Das Goldene Zeitalter“ und „Die Borderline Prozession“. Es schließt sich künstlerisch als Fortsetzung an.

Während bei der „Borderline Prozession“ die Gleichzeitigkeit von Ereignissen und deren sinnliche Darstellung im Theater mit einer Bilderflut verdeutlicht wurde, geht es bei „hell / ein Augenblick“ um Reduktion und Entschleunigung.

Der berühmte Satz „Werd‘ ich zum Augenblicke sagen, verweile doch du bist so schön…“ von Goethes Faust war Inspiration für das neue Stück unter Voges Regie.

Können wir den Augenblick , den Moment für die Ewigkeit festhalten?

Die Fotografie versucht das seit 200 Jahren.

Der Regisseur und das gesamte Ensemble versuchen mit einer neuen Theaterform, sich mit der Fotografie zu verbünden. Ein Grenzgang des Theaters zur Kunst der Fotografie. Vier Dramaturgen sind an der Aufgabe beteiligt. Für den musikalischen Soundtrack ist wieder Tommy Finke verantwortlich.

Der Hauptakteur an diesem Abend ist aber der Kunstfotograf Marcel Schaar. An diesem Abend tauschen Helligkeit und Dunkelheit die Plätze. Er wird als Live-Fotograf auf der dunklen Bühne als Meister des Augenblicks mit dem Blitzlicht seiner Kamera ein Motiv ablichten, das dann direkt auf eine große Leinwand in den Zuschauerraum projiziert wird. Für 1/50 Sekunde Licht lässt dann vor den Augen der Zuschauer als Abbild auf der Netzhaut Bilder entstehen und wieder vergehen. Es entstehen Fragen dem Verhältnis von Bild, Abbild, Raum und Zeit und der Flüchtigkeit des Moments. Insgesamt werden bei der Vorstellung 100 Momente aufgefangen. Mit dieser Reduktion umzugehen, verlangt ein mutiges Ensemble.

Das ist eine Reflexion über die Vergänglichkeit und die Schönheit des Augenblicks. Es wird ein sinnlicher und vielleicht archaischer Abend,“ so Voges.

Inhaltlich passend werden die Schauspieler Textzitate aus verschiedenen Jahrhunderten von der jüdischen Kabbala bis Charles Bukowski , Goethe, Nietzsche oder Baudelaire u.a. verwenden. Dabei spielen die Themen Vergänglichkeit,, Erinnerung, Vergessen und der Zauber des Augenblicks natürlich die wesentliche Rolle.

Auf der Bühne werden zwei große Leinwände an den Seiten als Projektionsfläche dienen. Ein weißer Kasten für bietet ganz spezielle Beleuchtungsmöglichkeiten.

Die Vorstellung wird zirka zwei Stunden ohne Pause dauern.

Die Premiere von „Hell /ein Augenblick“ im Megastore um 19.30 Uhr am 11.02.2017 ist schon ausverkauft. Nachfragen lohnt sich aber immer! Manchmal werden auch Karten kurzfristig zurückgegeben.

Weitere Informationen erhalten sie unter www.theaterdo.de

Das Schauspielhaus rät: Menschen mit Dunkelangst, akuten Herzproblemen, einer Neigung zu Migräneanfällen und/oder Epilepsie wird dringend von einem Besuch der Vorstellung abgeraten.