… oder befreit man eine Bühnenlegende von toxischer Männlichkeit
Carmen aufgefrischt und „zurecht“ gemacht für das 21.Jahrhundert. Eine emanzipierte Carmen, befreit von Klischees und Zerrbildern des 19.Jahrhunderts, in dem sich heute leider immer noch zu viele bewegen oder wieder zurückhaben möchten.
Ein Jahr lang haben über 😯 Schülerinnen und Schüler des
Märkischen Gymnasiums Iserlohn in Kooperation mit der jungen Oper
Dortmund, dem Jugendclub „Tortugas“ (Oper Dortmund) hart
garbeitet, um zusammen mit Profis des Musiktheaters (wie etwa
Tanzprofi Jutta Maas) unter der Leitung von Regisseur Alexander
Becker und dem Dirigenten Christoph JK Müller sowie Unterstützung
durch die Musikschule Dortmund ihre Version von Andrew Lloyd Webbers
„Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat“ (Lyrics : Tim Rice
1968) einzuüben. Die SängerInnen werden dabei von der eigens
gegründeten Projektorchester „Orange Groove“ (Musikschule
Dortmund) begleitet. Am 10.07.2019 war dann um 19:30 Uhr Premiere in
der Dortmunder Oper. Am 11.07.2019 gab es dann sogar noch zwei
Aufführungen.
Das Musical bezieht
sich auf die biblische Geschichte von Joseph dem Träumer,
Lieblingssohn von Jacob (gelobtes Land Kanaan). Seine elf Brüder
sind neidisch und er wird von ihnen gehasst. Ausgestoßen sowie an
den reichen Potiphar nach Ägypten verkaufen, macht er sich wegen
seiner guten Ratschläge zunächst unentbehrlich. Aus Eifersucht wird
er dann an einen Pharao weiter verkauft. Wegen seinem Sachverstand,
Traumdeutungen und Prophezeiung der „sieben schweren Jahre“ kommt
er zu viel Ansehen. Alles ändert sich, am Ende auch die Beziehung zu
seinen Brüdern…
Die Geschichte wird
von einer Erzählerin vor einer großen Gruppe von Kindern und aus
deren Blickwinkel berichtet.
Bei dieser
Inszenierung wird zusätzlich ein Schulszene vorangestellt, wo der
junge Schüler Joseph (wie leider heute so oft) gemobbt und davon
sogar ein Selfie gemacht wird. Damit ist ein aktueller Bezug zur
heutigen Zeit geschaffen, wo es Außenseiter jedweder Art schwer
haben. Es ist die Story von Neid, Missgunst, Außenseitern und
möglicher Versöhnung. Tenor: Glaub gegen alle Widerstände an dich,
deine Träume und Visionen.
Der junge Joseph
wird wunderbar verkörpert von Jonathan Pannek, dem wirklichen Bruder
von Lennart Pannek, dem „Joseph“ in der erzählten Geschichte.
Lennart hat nicht nur eine gute und warme Stimme, sondern sieht
seinem Bruder Jonathan praktischer Weise auch noch recht ähnlich.
Eine wichtige Rolle
spielt die Erzählerin, die ständig bei Joseph ist und ihm auch Mut
zuspricht. Als dieser zunächst glaubt, es geht nicht mehr weiter,
sagt eine Stimme ihm als Aufmunterung „Hey Joseph, you‘re not
beaten, yet!“ Mit ihrer klaren, starken Stimme und viel Engagement
füllt Lisa Pauli (bekannt durch ihre großen Rolle aus dem Projekt
„Beethoven“ (2017)) diese schwierige Rolle aus.
Die weiteren
beteiligten Personen, die Darsteller der Brüder, der Vater und
Pharao, Potiphar, seine Frau und natürlich die beteiligten Chöre
oder Musiker, wussten zu überzeugen.
Modern war auch der
gezielte Einsatz von Video-Projektionen und der gekonnte Umgang mit
der verschiebbaren Bühne, die für verschiedene Ebenen sorgten.
Musikalisch besteht
das Musical aus einer Vielzahl von Parodien verschiedenster
Musikstile (ob Cha Cha Cha, Country-Ballade, Pop oder Chanson) und
Hommagen an bekannte Größen wie Harry Belafonte (Benjamin Calypso),
Elvis Presley (Song of King). Gut, das der Pharao nicht übertrieben
als Elvis-Imitator (in Elvis-Kleidung) auftrat , sondern als Pharao
gekleidet wurde. Er wurde von Felix Kriewald mit viel Humor auf die
Bühne gebracht.
Die Inszenierung war
von viel Humor geprägt. Besonders witzig: Die Verführungsszene
zwischen Mrs. Potiphar (Sabine Flora) und Joseph (Lennart Pannek),
als dieser (vergeblich) verzweifelt versuchte, eine riesige Bibel zum
„Schutz vor der Versuchung“ zwischen sich und der Frau zu
schieben.
Ein großes
Kompliment für die anspruchsvolle Tanz-Choreografie von Jutta Maas
und die schönen bunten Kostüme, die nicht übertrieben auf „Hippie“
getrimmt waren.
Dem begeisterte
Publikum wurden gleich mehrere Wiederholungen der eingängigen Songs
aus dem Musical geboten.
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