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Romantische Klänge im Konzerthaus

Das 9. Philharmonische Konzert am 7. Mai 2014 stand ganz unter dem Einfluss der Romantik.

Das Motto „ferne_geliebte“ mit den Facetten ferne, getrennte Liebe und der Sehnsucht nach ihr war Programm. Nach dem Interview mit dem Dirigenten Marco Comin und Guy Braunstein (Solovioline) ist ein Zeit für einen Konzertbericht vom Mittwoch.

Zunächst wurde dem Publikum eine vielen nicht so bekannte Seite von Ludwig van Beethoven (1770 – 1827) näher gebracht. Der war nämlich nicht nur ein begnadeter Instrumentalkomponist, sondern hat auch ein umfangreiches Lied-Repertoire geschaffen, das 79 deutsche Gesänge und einige italienische Stücke umfasst.

Seine Vertonung des Liederzyklus „An die ferne Geliebte“-nach ein Liederkreis von Alois Jeitteles für Singstimme und Klavier op.98 (1816) wurde von dem mexikanischen Bariton Gerardo Garciacano vom Dortmunder Opern-Ensemble (Seit Spielzeit 2011/2012) und begleitet von dem Pianisten Michael Gees am Klavier mit Feingefühl dargebracht.

Dabei ist die Bezeichnung „Liederzyklus“ eigentlich etwas irreführend. Hier übersteigt die Konzeption alle anderen Zyklen, wie zum Beispiel Franz Schuberts „Schöne Müllerin“, wo einzelne Gedichte zu einer lockeren Geschichte zusammengefasst sind.. Die sieben vertonten Liedverse gehen bei Beethoven wie fließend ineinander über, beginnend mit „Auf dem Hügel sitzt ich spähend“ bis „Nimm sie hin denn , diese Lieder“.

Er variiert die Musik von einer Strophe zur nächsten, wobei der strophische Charakter der Dichtung für die Zuhörer dabei nicht verloren geht.

Ludwig van Beethoven bezieht jeweils zwei Lieder in der Tonart aufeinander. Das erste und letzte Lied zum Beispiel in Es-Dur. Die Mittel-Lieder in As-Dur. Er schrieb sie jedoch in unterschiedlichen Taktarten.

Garciacano, viel aus den Mozart Inszenierungen „Cosi fan tutte“ oder „Le Nozze di Figaro“ und anderen in bester Erinnerung, begeisterte mit seiner warmen Stimme und den sensiblen Vortrag das Publikum.

Die fällige Zugabe mit dem „Kuss“ von Ludwig van Beethoven nach dem Text von Christian Felix Weisse gab es übrigens schon vorab.

 

Danach war das Violinkonzert Nr.1 von Max Bruch an der Reihe. Guy Braunstein an der Sologeige zeigte seine Virtuosität. Bruchs wohl berühmtestes Werk ist eine Mischung zwischen sehnsuchtsvoller Romantik, die man vor allem beim Adagio hören konnte, und einer hohen Anforderung für den Solisten. Im Gegensatz dazu ist der dritte Satz, dass „Allegro energico,“ dynamisch pulsierend, tänzerisch fast. Auch hier zeigt sich Braunstein nicht nur als Meister der leisen, sondern auch der dynamischen Töne. Ein Könner seines Fachs, der erst nach zwei Zugaben von der Bühne gehen durfte.

 

Nach der Pause kam Mendelssohn-Bartholdys dritte Sinfonie, die sogenannte „Schottische“ zu Gehör. Zwar ist seine „Italienische“, die vierte Sinfonie ein klein wenig bekannter, aber die „Schottische“ braucht sich keinesfalls zu verstecken. Unter der Leitung von Marco Comin begann die Sinfonie düster, neblig, tastend. Im zweiten Satz hat der Zuhörer das Gefühl, ein schottisches Volkslied zu hören, ob die Klarinettenmelodie ein originales Volkslied ist oder von Mendelssohn erfunden, bleibt offen. Beeindruckend ist der vierte Satz, der mit seinem energischen Hauptthema der Violinen über die Köpfe der Zuhörer hinwegzubrausen scheint.

 

Ein gelungener Abend mit frischer Musik, einem exzellenten Solisten, engagierten Gastdirigenten und spielfreudigen Dortmunder Philharmonikern.

Bruch – aus der Zeit gefallen

Guy Braunstein wird die Solo-Violine bei Bruchs Violinkonzert spielen. (Foto: © Ofer Plesser)
Guy Braunstein wird die Solo-Violine bei Bruchs Violinkonzert spielen. (Foto: © Ofer Plesser)

Beim 9. Philharmonischen Konzert am 06. und 07. Mai um 20 Uhr im Konzerthaus Dortmund steht das berühmte Violinkonzert Nr.1 von Max Bruch auf dem Programm. Bruch wird sicherlich zu Unrecht auf dieses Werk reduziert. Nicht nur Soloviolinist Guy Braunstein findet, dass Bruch weitere schöne Sachen komponiert hat. Nach dem Interview mit dem Dirigenten Marco Comin, sprach Ars tremonia mit Guy Braunstein.

 

 

Ars tremonia: Wie sind Sie zu Ihrem Instrument – der Violine – gekommen?

 

Braunstein: Ich bin aufgewachsen in der Nähe von Tel Aviv und damals in den 70er Jahren hat fast jedes Kind ein Instrument gespielt. Die meisten haben zwar nach ein paar Jahren ein neues Spielzeug gefunden und haben aufgehört, aber manche sind dabei geblieben. In dem kleinen Dorf bei Tel Aviv gab es immer Kinderkonzerte und ich bin mit fünf oder sechs Jahren mit meinen Eltern dorthin gekommen und habe einen Nachbarn gehört, der Geige gespielt hat. Meine Eltern haben mir später erzählt, wie furchtbar er gespielt hat. In meinen Ohren klang es aber so wunderschön, dass ich gesagt habe, das möchte ich spielen.

 

Ars tremonia: Sie haben eine lange Zeit bei den Berliner Philharmonikern gespielt und sind jetzt freier Solist. Was sind die Unterschiede?

 

Braunstein: Das Leben ist viel einfacher im Orchester. Ich habe die Jahre in Berlin sehr genossen und bin sehr dankbar für diese Jahre. Wie fast immer im Leben, irgendwann muss man sagen: Jetzt kommt der Zweite Satz. Ich möchte auch andere Sachen auch. Jetzt spiele ich so ungefähr 12-13 Wochen im Jahr mehr solistisch oder ich dirigiere. Zudem gebe ich noch Kammerkonzerte.

 

Ars teremonia: Stichwort Dirigieren. Was ist der Unterschied zwischen Solist und Dirigent?

 

Braunstein: Es sind zwei unterschiedliche Seiten einer Medaille. Ich kann die Vorteile nach den vielen Jahren im Orchester mitnehmen. Ich weiß genau, was man braucht, weil ich die Dirigenten von sehr nah gesehen habe mit jeder kleinen Bewegung. Was hilft der Musik und was nicht? Diese Erfahrung nehme ich mit.

 

Ars tremonia: Sie spielen ja die Solovioline bei Bruchs Violinkonzert Nr. 1. Wie würden Sie das Stück charakterisieren?

 

Braunstein: Bruch ist zu Unrecht ein „Ein-Stück-Komponist“ geworden. Das erste Violinkonzert ist das einzige Repertoirestück von ihm geblieben. Ich spiele auch gerne die „Schottische Fantasie“ von ihm. Sie ist genauso gut, wenn nicht sogar besser. Es war für ihn als Komponist einfach „schlechtes Glück“. Er war in der falschen Zeit. Ende des 19. Jahrhunderts bis Anfang des 20. Jahrhunderts hat sich alles bewegt nach Wagners Tod, nur Bruch ist bei seinen schönen Themen geblieben.