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Beziehung in weiter Ferne

Am Anfang ist die Fernbeziehung zwischen Antonia (Julia Schubert) und Tomasz (Peer Oscar Musinowski) noch in bester Ordnung. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Am Anfang ist die Fernbeziehung zwischen Antonia (Julia Schubert) und Tomasz (Peer Oscar Musinowski) noch in bester Ordnung. (Foto: © Birgit Hupfeld)

So wie im richtigen Leben: Im entscheidenden Moment stürzt das Internet ab und man ist offline. Bei der Premiere von „Die Liebe in den Zeiten der Glasfaser“ von Ed. Hauswirth am 25. Februar 2016 im Megastore fiel dann Julia Schubert in der Rolle der Antonia der rettende Kniff ein: Sie ging einfach zur Nachbarin.

Zwei Paare – vier Schicksale. Drei Personen brechen auf zu einem entfernten Ort, nur einer bleibt daheim. Wie funktioniert eine Fernbeziehung? Anscheinend abgeklärt sehen das Wolf-Adam (Uwe Schmieder) und seine Frau Helena (Friederike Tiefenbacher), angespannter ist Tomasz ( Peer Oscar Musinowski), der zuhause bleibt, dafür auf seine Freundin Antonia (Julia Schubert) verzichten muss. Antonia, Studentin der Mediensoziologie, geht für ein Jahr nach Rom, um ein wenig die Welt zu verändern. Ihr Freund Tomasz bleibt und versucht, bei IKEA Karriere zu machen. Wolf-Adam ist Professor für Mediensoziologie (und „Magistervater“ von Antonia) bekommt die Chance für ein Jahr nach Aalborg zu gehen, während seine Frau Helena, für ein internationales Schauspielprojekt nach Breslau geht.

Kann eine Beziehung halten, in der der Partner hunderte Kilometer weit weg ist und die nur mit Hilfe einer Software namens Skype aufrecht gehalten wird? Hauswirth ist da eher skeptisch und obwohl das Stück sehr viele komödiantische Elemente hat, gehen die beiden Paare auseinander, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.

Das Stück dreht sich nicht nur um Skype, sondern es ist auch eine kleine Partneranalyse. Bei Tomasz und Antonia fragt man sich von Anfang an, warum die beiden überhaupt zusammen sind. Tomasz ist relativ einfach strukturiert, er will Karriere bei IKEA machen und versteht davon, was sein Freundin macht, so gut wie nichts. Der Frust über sein Scheitern schlägt schnell in Agression um. Antonia hingegen ist naiv und ichbezogen, sie will die Welt vom Kapitalismus retten, interessiert sich für die Probleme ihres Freundes überhaupt nicht. Mit der Zeit wird klar, dass sie eigentlich in zwei völlig anderen Welten leben.

Bei Helena und Wolf-Adam dreht sich viel um den zweiten Frühling oder die Midlife-Crisis. Das zeigt sich zu Beginn, als Wolf-Adam seinen Seminarzettel vorliest, auf dem nur Frauennamen stehen. Helena kann dadurch kontern, dass sie die einzige Frau unter vierzehn Männern sei. Zwischen Antonia und ihrem Professor läuft auch was. Wolf-Adam kann aber die Einsamkeit in Dänemark nicht verkraften und stirbt.

Das Stück will keine objektive Wahrheit über Fernbeziehungen verkünden. Das wäre auch vermessen. Die beiden Beispiele sind natürlich theatralisch überhöht. Daher sind bei aller Tragik sehr viele komödiantische Elemente enthalten wie der Seitenhieb von Hauswirth auf das moderne Regietheater, die Helena dazu zwingt, eine Vergewaltigungsszene zu simulieren. Auch Antonias erfrischende Naivität sorgt für Lacher.

Die „Liebe in den Zeiten der Glasfaser“ lebt auch durch die guten Darsteller. Oscar Musinowski geht in der Rolle des Tomasz auf und auch Julia Schubert spielt die Antonia mit entwaffnender Naivität. Uwe Schmieder als vergeistigter Professor und Friederike Tiefenbacher als leidgeprüfte Schauspielerin stehen den beiden in Nichts nach. Das Quartett ist ein echter Glücksgriff.

Alle, die schon mal in einer Fernbeziehung gelebt haben oder noch leben, werden einige Elemente wiedererkennen wie beispielsweise den verzweifelten Versuch, durch den Computer Nähe zum Partner zu erzeugen, indem man ihn ins Bett nimmt. Alle anderen, die keine Erfahrungen in Fernbeziehungen haben oder denen es noch bevorsteht, können sich über die Fallstricke informieren.

Letztendlich ist die Tragikomödie von Hauswirth ein vergnügliches, wenn auch tragisches Theaterstück mit tollen Darstellen, das den donnernden Applaus des Publikums mehr als verdient hat.

Infos und Karten unter www.theaterdo.de.

 

Entfernt zusammen

Isoliert in ihrer Beziehung trotz Skype: (v.l.n.r.) Friederike Tiefenbacher, Julia Schubert und Peer Oscar Musinowski. Foto: © Birgit Hupfeld
Isoliert in ihrer Beziehung trotz Skype: (v.l.n.r.) Friederike Tiefenbacher, Julia Schubert und Peer Oscar Musinowski. Foto: © Birgit Hupfeld

Sie ist anscheinend das Zeichen einer modernen, mobilen Gesellschaft: Die Fernbeziehung. Der Schmerz der räumlichen Trennung kann zumindest im IT-Zeitalter ein klein wenig gemildert werden durch Skype. Hier kann man nicht nur mit dem Partner reden wie beim Telefon, sondern ihn auch sehen. Das Stück „Die Liebe in Zeiten der Glasfaser“ wurde von Regisseur Ed. Hauswirth und dem Ensemble erarbeitet und hat am 25. Februar 2016 im Megastore Premiere.

Am Anfang standen Interviews: Die Schauspieler und der Regisseur machten zunächst mit Menschen aus ihrem Umfeld, die Erfahrung mit Fernbeziehung hatten, einstündige Interviews. Mit diesem und weiteren Material entstand in gemeinsamer Arbeit „Die Liebe in Zeiten der Glasfaser“.

Die Geschichte: Europa in einigen Jahren. Tomasz ist Logistiker bei Ikea, seine Freundin Antonia ist Studentin für Mediensoziologie und bekommt die Chance ein Jahr nach Rom zu gehen. Das zweite Paar ist Wolf-Adam (Professor für Mediensoziologie) und die Schauspielerin Helena. Wolf-Adam bekommt die Möglichkeit für ein Jahr nach Aalborg zu gehen, während seine Lebensgefährtin für ein Theaterprojekt nach Breslau gehen kann.

Das Stück dreht sich um die Frage: Was verbindet einem mit den Partner? Denn zunächst wird freudig geskypt, um mit dem anderen in Kontakt zu bleiben. Doch reicht das? Was ist mit der fehlenden Nähe, die kein Skype oder ähnliches ersetzen kann. „Ist man eigentlich nicht immer allein? Was bleibt einem“, fragt Regissseur Hauswirth.

Durch den Kniff, dass es in der nahen Zukunft spielt, bleibt ein „fiktionales Gefühl eines Unbehagens über die Situation in Europa“, so Dramaturg Alexander Kerlin. Um was es genau geht, wird in dem Stück nicht verraten.

Das Stück wird um die 1 Stunde und 50 Minuten gehen. Mehr Informationen unter www.theaterdo.de