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tt#14 4. Tag – It’s the economy, stupid!

Zurück in die 80er Jahre, in die goldene Zeit der Börsenspekulanten, Yuppies und als es modern wurde, mit allen Tricks Kohle zu machen. Wer erinnert sich nicht an Michael Douglas in dem Film „Wall Street“? Der Roman „JR“ von William Gaddis“ treibt diese Gier nach Geld auf die Spitze und lässt einen 11-jährigen Jungen zum Finanzmogul werden. Auf der Hinterbühne des Dortmunder Schauspielhauses inszenierten die Wuppertaler Bühnen am 16. Juni 2014 eine spannende Abrechnung mit dem Kapitalismus.

 

Was lernen wir? Selber arbeiten ist blöd, besser wäre es, wenn Geld für einen arbeiten würde, aber am besten ist es, wenn das Geld anderer Leute für einen selbst Profit abwirft. Nach dieser Logik Arbeit unser Anti-Held JR, der jede sich bietende Gelegenheit ausnutzt. Ein Schnäppchenjäger der übelsten Sorte und schon früh ein guter Manipulator. Er hätte es vermutlich auch in der Politik sehr weit gebracht. Die meiste Zeit des Stückes wirkt er ein wenig wie ein kindlicher Gustav Gans, dem der Erfolg quasi zufliegt.

 

Aber In dem Stück geht es nicht nur um die Perversion des „American Dreams“, der mit Leichtigkeit alteingesessene Unternehmen aufkauft, sie zerpflückt und die Reste gewinnbringend wieder verkauft. Ob die Arbeiter, die nicht mehr gebraucht werden, auf der Strecke bleiben, interessiert niemanden. Obskure Finanzpraktiken wie „Sale & Lease back“, die vermutlich kaum jemand durchschaut, werden in dem Stück ebenfalls thematisiert. Dieser Mechanismus der Wirtschaft, die völlig ohne Bewusstsein für ihr Tun agiert, ist das Hauptthema.

 

Doch bei „JR“ geht es auch um die Korrumpierung der Künstlergilde. Da unser JR mit 11 Jahren noch nicht geschäftsfähig ist, braucht er einen Strohmann. Den findet er im erfolglosen Komponisten Edward Bast, der sich erst wehrt, dann aber dem Glanz des Geldes nicht widerstehen kann. Auch ein erfolgloser Schriftsteller wird als PR-Mann engagiert. Erst zum Schluss, als sich das Finanzimperium von JR wieder in Wohlgefallen auflöst, versucht Bast JR die Schönheit der Musik anhand von Bachs Kantate zu vermitteln. „Muss es für alles eine Millionen geben“, wird einmal im Stück gefragt.

 

Marcus Lobbes, der für die Inszenierung verantwortlich ist, präsentierte einen alten Indianer „Smokey Bear“ als Erzähler, der natürlich auch alte Indianer-Weisheiten zum Besten gab wie beispielsweise die „Weissagung der Cree“, die angeblich von Häuptling Seattle stammen soll.

 

Beim Bühnenbild griffen die Wuppertaler in die Trickkiste. Eine Gazewand und eine weitere Wand boten dem Ensemble vielfältige Möglichkeiten. Zudem konnten Bilder projiziert werden und aus den Schauspielern wurden manchmal Schattenspieler.

 

Siegt am Ende die Kunst, wenn Bach ertönt? Nein, das wäre auch völlig platt. Am Ende wächst aber die Erkenntnis, dass die Kunst Werte erschaffen kann, die nicht mit Geld zu bezahlen sind. Ob JR daraus etwas gelernt hat? Wenn ich mir die Wirtschaftsnachrichten durchlese, fürchte ich, dass es eher noch mehr JRs gibt.