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Ein Abend mit Willem

Die Geschichte des 30jährigen Willem erzählt die Komödie „Willems Wilde Welten“ im Theater im Depot. Der Mann steckt in einer tiefen Sinnkrise und sucht als ersten Ausweg eine Therapeutin auf. Hier beginnt eine Reise der Erkenntnis durch Abgründe der Vergangenheit und absurde Traumsequenzen. Rückblicke, Träume und Gegenwärtiges wechseln sich ab bei Willems Suche nach dem Glück.

Die Komödie des freien Theaters „glassbooth“ plante Regisseur Jens Dornheim als Fortsetzung des Stückes Container Love aus dem Jahr 2014.

Einige Sequenzen standen schon länger fest, es bedurfte aber einer Verknüpfung der Ideen und eines roten Fadens, um nicht in einer Nummernrevue zu landen. Gemeinsam mit Dominik Hertrich, mit dem Jens Dornheim schon mehrfach zusammengearbeitet hatte, entwickelte der Regisseur die Geschichte um die Hauptperson Willem, gespielt von Dietmar Meinel.

Die Titelfigur führt die Zuschauer durch ein Leben voller Zurückweisungen und Niederlagen. Sein Kostüm, bestehend aus einem beigen Hemd und einem Wollpollunder, der in die zu kurze Anzughose gestopft ist, unterstreicht das Loser-Dasein, das Willem in die Krise gestürzt hat. Während seiner Therapiesitzung erzählt er von Erniedrigungen auf dem Schulhof durch brutale Zwillingsbrüder, der Unfähigkeit sich mit einem Mädchen zu unterhalten, geschweige denn sich zu verabreden und einer grotesken Szene am Abendbrottisch der Familie. Diese wird in eine Videosequenz eindrücklich dargestellt. Ein despotischer Vater hält Frau und Kind mit strengen Regeln unter seiner Kontrolle. Als der Vater den Geschmack der abendlichen Suppe kritisiert und neues Essen einfordert, geht seine Frau in die Küche, nimmt einen gebrauchten Tampon und rührt das Blut in die helle Suppe, voilà ein neues Gericht. Dem Vater schmeckt es, Mutter ist kurzfristig gerettet, der kleine Willem starrt mit großen Augen hungrig auf seinen leeren Teller. Dieser bleibt leer, da seine Mutter nur ihren Mann bestrafen will. So mancher Zuschauer konnte angeekelte Laute nicht unterdrücken.

Auch eine Szene im Arbeitsamt war optisch schwer zu ertragen. Willem sitzt einem sabbernden dicken Mitarbeiter, der aus der Psychiatrie entsprungen scheint, gegenüber und muss sich mit Formalitäten herumschlagen. Die Dialoge sind so absurd, dass man viel Sympathie für den verzweifelten Willem entwickelt. Viele Lacher ernten die Schauspieler auch, als Willem bei der Automatenfee (Foto) ein Passbild anfertigen will, was natürlich misslingt.

Willem (Dietmar Meinel) hat kein Glück beim Passbildautomaten. (Foto: © Anja Cord)
Willem (Dietmar Meinel) hat kein Glück beim Passbildautomaten. (Foto: © Anja Cord)

In einer Castingshow mit mehreren Videoeinspielern nimmt Willem die Rolle des Chefs ein und agiert prompt nach dem Vorbild seines Vaters mit machtbesessenen Starallüren. Die Einspieler sind gespickt mit Zitaten von Woody Allen bis Dieter Hallervordens Palim Palim.

Im Schlussbild des Stückes kommt es zu einem versöhnlich Abschluss. Mit Tiermasken verkleidet lauschen die Schauspieler Opa Walters Märchenkiste, und im Kreis der Tiere schöpft Willem Vertrauen. Er beginnt befreit zu tanzen und fühlt sich in die Gemeinschaft aufgenommen.

Das sechsköpfige Ensemble, bestehend aus Dietmar Meinel, Safiye Aydin, Dominik Hertrich, Timo Josefowicz, Timo Knop und Aless Wiesemann meistert die Aufgabe des ständigen Rollenwechsels mit Bravour.

Das durch geschickt eingesetzte Garderobenständer schnell wandelbare Bühnenbild wurde von Sabine Bachem in Szene gesetzt, die Filmsequenzen drehten Dirk Gerigk und Stefan Bahl von bs-Film, einem langjährigen Partner der Theatergruppe.

Das Stück wird nach der Sommerpause am 22. September wieder im Theater im Depot zu sehen sein.

Freies Theater glassboth präsentiert „Willems wilde Welt“

Nach ihrem Erfolg mit „Container Love“ (Gewinner des Petra Sonderpreis 2015) zeigt das freie Theater glassbooth ihre neue Stückentwicklung „Willems wilde Welt“ unter Leitung von Jens Dornheim als Premiere am Samstag, den 08.06.2019 um 20:00 Uhr im Dortmunder Theater im Depot.

Die Theatergruppe arbeitet in unterschiedlichen Besetzungen und zeichnet sich oft durch ihre ungewöhnlichen oder kontroversen Stücke aus.

Bei dieser Produktion sind sechs SchauspielerInnen auf der Bühne, darunter auch der Co-Autor Dominik Hertrich. Er ist auch maßgeblich an der Entwicklung des Hauptcharakters Willem beteiligt gewesen. Zunächst waren nur verschiedene Textfragmente vorhanden, die mit einem roten Faden verbunden werden mussten.

Willem ( Dietmar Meinel ) hat scheinbar gute Laune. (Foto:© Oliver Mengedoht)
Willem ( Dietmar Meinel ) hat scheinbar gute Laune. (Foto:© Oliver Mengedoht)

„Nach unseren bisherigen dramatischen Adaptationen sollte es diesmal eine Komödie mit ein paar ernsten Tönen werden“, so der Regisseur. Es darf also bei dieser Stückentwicklung über die (Un-) Möglichkeiten auch gelacht werden.

Der Protagonist Willem gerät mit Mitte 30 in eine Sinnkrise und fragt sich zunächst bei einer Therapeutin, was in seinem Leben schiefläuft, welche Möglichkeiten er verpasst hat und was er jetzt braucht, um sein Glück zu finden. Daraufhin begibt er sich auf eine Reise, die ihn in allerlei skurrile Situation führt. Er trifft auf verschiedene Figuren, die seine Wahrnehmung auf die Probe stellen. Die Grenzen zwischen Erinnerung, Wunsch und Wahrheit verschwimmen…

Die musikalisch-atmosphärische Begleitung liegt in der Verantwortung von Danny-Tristan Bombosch.

Ein 20-köpfige Gruppe semiprofessioneller Schauspielerinnen im Alter von 8 bis 80 Jahren hat sich außerdem an der Entwicklung von sechs Videofilmsequenzen (2 bis 5 Minuten) beteiligt.

Für die Bühnenausstattung war Sabine Bachem zuständig. Vier hohe und praktische Garderoben auf drehbaren Rollen sind, was ihr wichtig ist, auf kleinen Raum multifunktional einsetz- und dann später auch abbaubar.

Außer bei der Premiere kann das Publikum „Willems wilde Welt“ noch am Sonntag, den 09.06.2019 und am Sonntag, den 22.09.2019 jeweils um 18:00 Uhr erleben.

Tickets gibt es unter ticket@theaterimdepot.de oder 0231 / 9822336 (AB) oder an allen bekannten Vorverkaufsstellen.