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Die Vielschichtigkeit der Farbe „WEIß“

Sechzehn Künstlerinnen und Künstler, die sich in der Produzenten-Galerie 42 „Kunst im Kreuzviertel“ (Arneckestraße 42 , Dortmund) zusammengeschlossenen haben, zeigen zum Thema „annähernd weiß“ ihre Arbeiten aus den Bereichen Malerei, Fotografie und Skulptur. Die Ausstellung ist vom 24.11.2019 bis zum 12.01.2020 zu besuchen und zu erkunden.

Der Dortmunder Fotokünstler Klaus Pfeiffer eröffnete die Ausstellung am Sonntag mit einer kleinen Einführung in die Kunst der Moderne zu Beginn da 20. Jahrhunderts am Beispiel von Kasimir Malewitsch, Wassili Kandinski oder Piet Mondrian.

Diese Avantgardisten zu Beginn des 20. Jahrhundert lebten in einer Zeit des Umbruchs und des technischen Fortschritts (z.B. Einsteins Relativitätstheorie, Quantenphysik und mehr). War Weiß für Malewitsch politische Utopie, für Kandinsky die Farbe der Schöpfung, war sie für Mondrian ein Gegenentwurf zur Wirklichkeit, damit eine Nichtfarbe.

Der Gebrauch von „Weiß“ als Ausdruck einer „höheren Dimension“

Weiß ist aber viel mehr: Weiß ist selbst farbig! Den Künstler*innen geht es um das Zusammenspiel von Farbe als Sinnesreiz und Farbe als Materie, so Pfeiffer. Viel Symbolik wird mit„Weiß“ als Farbe verbunden. Mal steht sie für Reinheit, Friedensangebot als gehisste Flagge, oder zum Beispiel im Buddhismus als Zeichen von Trauer. Die Wurzeln des Wortes liegen im indogermanischen und bedeutet „leuchtet, glänzen, hell“. Im Englischen „leuchten“, Licht, Enlightment, Aufklärung (Wissen statt Glauben).

Weiß ist außerdem ziemlich fragil. Den Farbeindruck „Weiß“ entsteht nur, wenn wenn ein Material das Licht so reflektiert, das alle drei Zapfen in der Netzhaut unserer Augen in gleicher Weise und ausreichender Intensität gereizt werden. Sinkt die Strahlungsintensität, entsteht der Eindruck Grau.

annähernd weiß: Marika Bergmann neben ihrem Bild "Weiße Treppe" in der Produzenten-Galerie 42.
annähernd weiß: Marika Bergmann neben ihrem Bild „Weiße Treppe“ in der Produzenten-Galerie 42.

Je nachdem wie die Oberfläche, zum Beispiel bei dem unschuldigen, stilisierten „reinen weißen Brautkleid“ (Heute heirate ich mich selbst) von Ulla Kallert, entstehen je nach Konzentration, auch andere Farbeindrücke im Auge des Betrachters. An die fließenden Grenzen zum Grau führen uns auch die Fotoarbeiten (Blind Dance, More Real) von Klaus Pfeiffer. Es ist spannend, sie zu erkunden.

annähernd weiß: Klaus Pfeiffer und seine Fotoarbeiten.
annähernd weiß: Klaus Pfeiffer und seine Fotoarbeiten.

Geheimnisvoll und etwas surreal sind die Bilder von Marika Bergmann (weiße Treppe), Wendy Wendrikat (ohne Titel) oder die Skulptur (Frau mit Dutt) von Pia Bohr. Das ist nur eine kleine Auswahl der Vielfältigen Arbeiten.

Pia Bohr präsentiert Ihre Arbeit „Frau mit Dutt“

Es stellen sich den Besuchern (wie auch mir) sicher einige Fragen, die zur Diskussionen anregen. Wie sieht es zum Beispiel heute aus? Der Pessimismus nimmt zu, und der Fortschrittsglaube angesichts des kontinuierlich abnehmenden „Weiß“ etwa der Schneefelder und die Folgen des Klimawandels im allgemeinen ab. Löst sich am Ende alles in „Weiß“ auf oder stellen wir Fragen zu einem positiven Fortschrittsbegriff?




Wendy Wendrikat zeigt auf ihrem Bild eine weiße (geisterhafte?) Frau.

Alle ausgestellten Werke sind natürlich auch käuflich zu erwerben. (Eine Preisliste liegt aus).