Schlagwort-Archive: Tobi Katze

Wenn Morgen auch noch ein Tag ist

Am 12. Mai präsentierte Tobi Katze im Fletch Bizzel sein Programm „Morgen ist leider auch noch ein Tag“, was auch als Buch erschienen ist. Depression ist mittlerweile durchaus ein Thema, neudeutsch könnte ich sagen, dass die awareness dafür gestiegen ist. Aber trotz Menschen wie Torsten Sträter oder Kurt Krömer, die die Krankheit in den Fokus gebracht haben, hängt depressiven Menschen immer noch nach, dass Depression eigentlich keine „richtige“ Krankheit sei. Der/Die Betroffene soll einfach mal was Lustiges machen, dann ginge das schon vorbei. Jeder sei mal traurig.

Tobi Katze thematisierte seine Krankheit Depression im Fletch Bizzel auf durchaus humorvolle weise. (Foto: © Sandra Limberg)
Tobi Katze thematisierte seine Krankheit Depression im Fletch Bizzel auf durchaus humorvolle weise. (Foto: © Sandra Limberg)

Doch die gesamte Problematik sitzt tiefer. Katze fängt ganz am Anfang an, nämlich beim Hausarzt. Denn zunächst müssen die Betroffenen ja den Hausarzt überzeugen, dass ihre Symptome fachmännisch untersucht werden sollten. Das kann je nach Hausarzt durchaus mit Schwierigkeiten verbunden sein.

Auch die „guten Ratschläge“ von Freunden sind nicht sehr hilfreich, vor allem wenn sie sich in Plattitüden erschöpfen wie „Reiß dich gefälligst am Riemen“ oder „Jeder hat mal einen schlechten Tag“. Als endlich der Tag der Diagnose gekommen war, fühlte sich Katze „nicht traurig, sondern leer“. Die Gespräche mit seinem Therapeuten nehmen einen guten Teil seines Bühnenprogramms und geben einen guten Einblick in dessen Arbeitsweise, Katze mit den richtigen Fragen die richtigen Antworten selbst geben zu lassen.

Auch ein ein kleines Stück zum Thema Antidepressiva gab es von Katze. „Ohne Antidepressiva säße ich nicht hier“, ist er über die Notwendigkeit dieser Medikamente überzeugt. Danach folgte ein besonders witziges Stück, als er nämlich bei seinem Geburtstag seine Erkrankung vor seiner Familie öffentlich macht. Auch hier herrschte Ratlosigkeit, gefolgt von Plattitüden, zeigte aber auch den Zusammenhalt in einer Familie, die sicherlich wichtig ist.

Denn, so Katze gegen Ende seines literarischen Programms, man braucht Geduld und Ausdauer, um mit Depressionen umzugehen, sie zu besiegen oder auch ein Leben lang mit ihr zu existieren. Daher seine logische Konsequenz als Philosophie: „Ist eben so“.

Juicy Beats mal anders

 

Wie im Westfalenstadion bei Spielen von Borussia: Die Juicy Beats waren ausverkauft.
Wie im Westfalenstadion bei Spielen von Borussia: Die Juicy Beats waren ausverkauft.

Fette Beats, DJs, HipHop, Techno – das Festival „Juicy Beats“ im Westfalenpark ist alljährlich der Treffpunkt für Freunde elektronischer Musik jeglicher Richtung. Liebhaber leiserer Töne sollten also einen großen Bogen um das Festival machen? Ganz und gar nicht. Die „Juicy Beats“ 2014 am 26. Juli boten auch denjenigen ein abwechslungsreiches Bühnenprogramm, die mehr auf Singer/Songwriter oder Poetry-Slam stehen. Ars tremonia war auf eher abseitigen Pfaden unterwegs. 30.000 Besucher sorgten für einen ausverkauften Westfalenpark.

 

Zu Beginn erlebten wir um 13 Uhr das Konzert von „Egotronic“. Elektropunk mit 8-Bit Gefühl, so dass mir als Ex-C64-Besitzer beinahe die Tränen der Rührung in die Augen schossen. Ansonsten: Klare Texte, klare Kante. Es hat sich gelohnt, dass wir so früh gekommen sind.

 

Danach ging es zur „Sounds & Poetry Stage“. Für uns als Lokalpatrioten (Tremonia ist ja ein alter Name für Dortmund) quasi Pflichtprogramm, denn Tobi Katze, Rainer Holl und „die Unordnung der Dinge“ sind Dortmunder oder leben dort. Auch Torsten Sträter hat einen Bezug zu Dortmund, er ist hier geboren.

 

Tobi Katze moderierte nicht nur das Programm, sondern eröffnete auch den Poetry Slam. Katze, Holl und Julian Gauda sowie Roman Kurth präsentierten Texte und Gedichte zwischen Comedy und Ernsthaftigkeit. Die Bühne am Seerosenteich entwickelte sich so zu einer Oase für all diejenigen, die den hämmernden Beats zu entkommen versuchen. Pointierte Worte, Sätze und Gedanken standen hier im Mittelpunkt. Ob nun die Ex-Freundin (Katze) oder Hipsterbabys (Holl) thematisiert wurde, mein Eindruck ist, dass sich Poetry-Slam doch stark dem Kabarett bzw. der Comedy-Szene annähert, was auch durch Preisverleihungen eben dieser Preise an Poetry-Slammer niederschlägt.

 

Nach dem dreifach Slam wurde es Zeit für etwas Musik: Auf der Konzerthaus-Bühne spielte Kalle Mattson, der kein Skandinavier ist, sondern aus Kanada stammt. Seine meist zärtliche akustische Folk-Rock Musik musste gegen die Beats vom benachbarten Daddy Blatzheim ankämpfen, was der Kanadier nicht immer für sich entscheiden konnte. Eine Bitte an die Veranstalter: Wenn ihr schon Musiker einladet, die mit einer akustischen Gitarre bewaffnet sind, platziert sie bitte in einer Umgebung, in der die leisen Töne nicht ganz untergehen.

 

Danach ging es zurück zu Torsten Sträter auf die „Sounds & Poetry Stage“. Bekannt aus Funk und Fernsehen, erwies sich Sträter als Meister der skurrilen Begebenheiten. Ob als Beantworter von unbeantworteten WDR-Leserbriefen oder Erlebnisberichte aus Tuttlingen, Sträter seziert gnadenlos die typischen Befindlichkeiten.

 

Zurück zur Konzerthaus-Bühne: „Yes say dog“ aus Luxemburg zeigten eine sehr gute Mischung zwischen Pop und Elektro. Das Konzert von Alligatoah verfolgten wir auf dem Bildschirm im Pressebereich (sehr geile Bühnenshow!), dann wurde es Zeit die die texanischen Country-Folk-Rocker von Calexico.

 

Ich denke, allein das Konzert von Calexico hat den Altersdurchschnitt auf dem Festival in die Höhe getrieben.Das amerikanische Quintett, das seit 1996 musiziert, ist bekannt für ihren Mix aus Country, Folk und Desert Rock.Instrumente wie Mariachi, Trompeten, Mundharmonika und Marimbas sind jetzt nicht die Klänge, die die meisten Besucher zum Kauf einer Festivalkarte animiert haben. Claexico überschritt nicht nur musikalisch, sondern auch sprachlich die Grenze zwischen USA und Mexiko.

 

Juicy Beats entwickelt sich erfreulicherweise immer weiter. Freunde jeglicher elektronischer Musikrichtungen werden hier immer fündig. Wer genauer im Programm sucht, findet auch spannende und interessante Musik jenseits von Beats und Bytes. 2015 feiert die Juicy Beats ihr 20-jährgies Jubiläum mit einem zweitägigen Festival. Man kann auf das Programm gespannt sein.