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Im Fegefeuer der Eitelkeiten

Der Moment der Wahrheit, als Johan erzählt, er habe eine Geliebte.  Friederike Tiefenbacher Carlos Lobo Bettina Lieder Uwe Schmieder Julia Schubert Frank Genser Merle Wasmuth. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Der Moment der Wahrheit, als Johan erzählt, er habe eine Geliebte. Friederike Tiefenbacher, Carlos Lobo, Bettina Lieder, Uwe Schmieder, Julia Schubert, Frank Genser und Merle Wasmuth. (Foto: © Birgit Hupfeld)

„Love is a Battlefield“, sang Pat Benatar im Jahre 1983. Und in dieses Schlachtfeld geraten Johan und Marianne nach zehn Jahren Ehe. Urplötzlich und heftig. Claudia Bauer nahm sich „Szenen einer Ehe“ von Ingmar Bergman vor und verwandelte den Film in eine besondere Bühnenfassung mit multiplen Johanns und Mariannes. Ein Premierenbericht.

Johann und Marianne führen seit zehn Jahren eine mustergültige Ehe. Sie haben zwei Kinder, Erfolg im Beruf und sind der Ansicht, dass sie ihre Konflikte offen besprechen können. Doch plötzlich erklärt Johann, dass er sich in ein junge Frau namens Paula verliebt habe und verlässt sie. Für Marianne bricht eine Welt zusammen, doch nach einiger Zeit lernt sie, mit den Geschehnissen umzugehen. Dennoch bricht die aufgestaute Aggression am Ende durch.

Stecken in einem Menschen nicht mehr als eine Persönlichkeit? Mal muss man die devote oder die freundliche Gesicht zeigen. Manchmal präsentiert man auch hässliche Fratze. Aber man muss funktionieren, ob im Beruf oder in der Familie. Regisseurin Claudia Bauer lässt Marianne und Johan in vier Paare aufspalten, die völlig unterschiedlich mit der Katastrophe der Trennung umgehen (müssen). Vom Flehentlichen „Bitte bleib doch“, bis hin zum Wütend werden, all das zeigen die unterschiedlichen Mariannes in der Szene als Johan zu Paula geht.

Wie konnten Johan und Marianne es nur zehn Jahre aushalten und zwei Kinder bekommen? Durch Verstellung und durch Verleugnung der eigenen Wünsche. Besonders schön zu sehen in der ersten Szene: Katarina und Peter zwei Freunde von Johann und Marianne kommen zu Besuch. Alle tragen Masken, um ihre wahren Gefühle nicht gegenüber ihren Freunden zu zeigen. Die „wilde“ Art mit der Katarina und Peter ihre Ehe und Streitigkeiten austragen, irritiert Marianne und Joahnn.

Dass die unterdrückten Aggressionen bei Marianne und Johann brodeln, wurde in der nächsten Szene deutlich. Ihre Versuche aus dem täglichem Einerlei auszubrechen, sind zum Scheitern verurteilt. Brav bleiben sie hinter Schafsmasken versteckt, aber wollen den jeweiligen Partner mit dem Telefon eins überbraten.

Besonders komisch wurde es vor allem in der Szene. Als Johan, in dem Fall Carlos Lobo, bei einem Wiedersehen ein paar Jahren nach der Trennung erkennt, dass seine inzwischen starke Ex diese anscheinend besser verarbeitet hat als er selber. Der „weinerliche Johan“ lässt sich von allen Seiten trösten und klagt sein Leid über die „anstrengende“ Geliebte Paula.

Das ganze Stück hindurch wird auch musikalisch mit einem Soundtrack begleitet. Vom positiven „(You make me feel) Mighty Real“ von Jimmy Somerville zu Beginn über das verzweifelte „Jolene“ von Dolly Parton als Johan Marianne verlässt bis hin zum „Love Hurts“ von Roy Orbinson am Ende werden die Emotionen musikalisch verarbeitet. Teilweise singen die Schauspieler auch live.

Am Ende haben die beiden wieder ein gemeinsames Verhältnis gefunden. Als gute Freunde, die heimlich im Landhaus ihrer Leidenschaft frönen können, ohne gesellschaftliche Verpflichtungen oder irgendwelche Rollens spielen zu müssen.

Respekt an alle Schauspielerinnen und Schauspieler, die vier Mariannes und Johans gespielt haben. Dabei waren Frank Genser, Sebastian Kuschmann, Bettina Lieder, Carlos Lobo, Uwe Schmieder, Julia Schubert, Friederike Tiefenbacher und Merle Wasmuth.

Ein oft grotesk-komisches und sehr direktes Schauspiel.

Viel Assoziationsraum im Schauspiel

Ausser Kontrolle? Uwe Schmieder, Sebastian Kuschmann, Julia Schubert, Merle Wasmuth, Carlos lobo, Friederike Tiefenbacher und Frank Genser  (Foto: ©Birgit Hupfeld)
Ausser Kontrolle? Uwe Schmieder, Sebastian Kuschmann, Julia Schubert, Merle Wasmuth, Carlos Lobo, Friederike Tiefenbacher und Frank Genser.
(Foto: ©Birgit Hupfeld)

Am Freitag, den 28. November 2014 ist Premiere für „Szenen einer Ehe“ von Ingmar Bergman im Schauspielhaus Dortmund. Dieser Straßenfeger aus dem Jahr 1973 (1975 BRD) von dem schwedischen Star-Regisseur Bergman ist sozusagen die Ur-Mutter der Beziehungsfilme.

Regisseurin Claudia Bauer will die Zuschauer auf eine Reise von den 70iger Jahren bis heute mit ihren verschiedenen Lebens- und Liebesmodellen von Paaren und verschiedenen Typen mitnehmen.„Es geht mir vor allem um die spannende und zeitlose Frage. Gibt es „Beziehungen für die Ewigkeit“, fragt Bauer.

Gerade ist es für viele junge Menschen wieder einmal „in“, zu heiraten. In einer sich einer immer schneller wandelnden Zeit mit seinen vielen Unsicherheit suchen sie Geborgenheit und Beständigkeit. Nach wie vor ist die Sehnsucht nach der „wahren einen Liebe“, die alle Wünsche abdeckt und für immer hält, groß. Doch die Realität sieht oft anders aus.

Szene einer Ehe setzt sich mit diesem Thema und allen seinen Facetten auseinander. Aufgefächert in sechs Szene mit acht Schauspieler/innen (je vier Paare) werden die verschiedenen Paar-Situationen dargestellt. Das geht von dem pseudo- idealen Paar Marianne und Johan, das sich mit einem streitenden „Inferno-Paar“ konfrontiert sieht, über die zunehmende Entfremdung, bis hin zur Trennung „befreiter unverbindlicher Liebe“(Die große Freiheit) und dem Versuch, wieder zusammen zu kommen. Am Ende steht die Frage, gibt es eine hoffnungsvolle Utopie?

„Die acht Schauspieler(inne)-Paare sind immer auf der Bühne. Jeder hat seinen „Hauptpartner“, aber auch seine „Beziehungen“. Jedem Paar stellt sich die gleiche Fragen, und die Suche nach der „einen Liebe“, erklärte die Regisseurin.

Bauer versucht, den Abend assoziativ zu gestalten. Dabei werden auch Masken zum Einsatz kommen, um die Verstellung der Personen offenzulegen. „Das ist eine sehr individuelles Thema. Dabei spielen auch Ängste und die „Verlorenheit in der Welt“ eine Rolle“, erläuterte Bauer.

Der Abend wird mit Einsatz von Video, einem Musik-Remix von dem bekannten ostdeutschen DJ Smoking Joe und drei gesungenen Musik-Songs begleitet.

Den Zuschauer erwartet ein komisch-grotesker,manchmal böser und bunter Abend mit viel Raum für Assoziationen.

Die Vorstellung beginnt um 19:30 Uhr, das Stück dauert ungefähr 2 Stunden und 30 Minuten. Es gibt keine 30-minütige Pause.