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Task Force Hamm im Einsatz

Der erste Fall für Kommissar Scholz in seiner neuen Zwangsheimat Hamm. (Cover: © grafit-Verlag)
Der erste Fall für Kommissar Scholz in seiner neuen Zwangsheimat Hamm. (Cover: © grafit-Verlag)

Dirk Schmidt, geboren 1964 in Essen, ist als Autor für Kriminalhörspiele für den WDR den Krimi-Liebhabern sicher ein Begriff. Jetzt hat er die einen Kriminalroman über die liebenswert chaotische Truppe der „Task Force Hamm“ mit dem Titel „Ertränkt, Erhängt, Erschossen“ im grafit-Verlag veröffentlicht.

Hamm ist den Bahnreisenden vermutlich nur deshalb bekannt, weil dort die Züge geteilt werden. Aber was hat die Stadt ansonsten zu bieten? Kommissar Scholz muss es herausfinden, denn, bisher in Köln tätig, wird er wegen seiner Spielsucht und Schulden zu einer Entziehungskur verdonnert und nach Hamm strafversetzt. Wie sich herausstellt, wird diese Stadt als ein Auffangbecken für „Problemfälle“ der Polizei benutzt. So trifft Scholz auf neue Kollegen wie den zu Aggressionen neigenden exzentrischen schwulen Ditters und den etwas tumben Hobby-DJ Latotzke. Der alte Chef Vorderbäumen lässt es eher gemächlich angehen und konzentriert sich auf seine Nebentätigkeit im Möbelbusiness.

Als schließlich ein toter Metzger gefunden wird, der sowohl ertränkt, erhängt und erschossen wurde, ist die Begeisterung für die Ermittlungen zunächst im Team nicht besonders groß. Nur Scholz versucht mit aller Macht, den verzwickten Fall aufzuklären…

In seinem ersten Roman um um die „Task Force Hamm“ gelingt es Schmidt mit viel Empathie die Charaktere in dem Krimi mit viel Liebe zum Detail zu entfalten. So bekommt der Leser einen Einblick in das Gefühlsleben eines Zockers. Die Akteure in Schmidts Buch werden nicht holzschnittartig gezeichnet, sondern werden behutsam in ihrer Vielschichtigkeit und inneren Konflikten dargestellt. Besonders eindrucksvoll gelingt ihm das bei Ditters, der sich am Ende eine schwere Entscheidung trifft, die für sein Leben eine grundlegende, nicht mehr rückgängig zu machende Wendung gibt.

Der Roman ist mit viel trockenem Humor geschrieben, ohne auf die nachdenklichen Töne dazwischen zu verzichten. Er ist kurzweilig zu lesen und hält seinen Spannungsbogen bis zuletzt durch überraschende Wendungen. Dieser Krimi macht Lust auf mehr.

Dirk Schmidt

Task Force Hamm – ertränkt, erhängt, erschossen

205 Seiten, grafit-Verlag, 9,99 €

ISBN 978-3-89425-459-9

auch als e-book erhältlich

Tod im Schatten des Stahlarbeiterstreiks

Die Trilogie über die Pastorin Martha Gerlach handelt diesmal im Stahlarbeitermillieu. (Foto: © emons Verlag)
Die Trilogie über die Pastorin Martha Gerlach handelt diesmal im Stahlarbeitermillieu. (Foto: © emons Verlag)

Nach ihren Ruhr Classic-Krimis „Kohlenstaub“ und „Linienstraße“, die uns ins alte Dortmund der Jahre 1965 und 1968 führte, spielt der neue Retro-Krimi „Tod im Stahlwerk“ von Pfarrerin und Autorin Anne-Kathrin Koppetsch während der aufregenden und turbulenten Zeit der Septemberstreiks bei Hoesch 1969.

Während die Stahlkocher erfolgreich für mehr Lohn streiken, überfährt ein betrunkener Lokführer den Sohn des Betriebsrats. Lokführer und Betriebsrat, einst befreundet, sind zur Zeit nicht gut aufeinander zu sprechen. Der Betriebsrat ist als jemand, der sich „mit den feinen Herren gemein tut“ in Verruf geraten. Wurde Freddy, der Sohn des Betriebsrats, Opfer dieses Streits, oder steckt etwas andres dahinter? Für Pastorin Martha geht es diesmal auf eine emotionale Berg- und Talfahrt.

Die Leser bekommen bei diesem Krimi wieder eine Menge Lokalkolorit aus Dortmund zur Zeit vor dem Strukturwandel und den Lebensumständen einer jungen Pastorin damals mit. Das „Fräulein Pastor“ hatte damals nicht nur einen schweren Stand gegenüber ihren männlichen Kollegen und Vorgesetzten, sondern war immer noch gezwungen, sich zwischen Beruf(ung) und Heirat zu entscheiden. Eine verheiratete Pastorin wurde von der evangelische Kirche auch Ende der 60iger Jahre noch nicht akzeptiert.

Der musisch begabte Sohn des Betriebsrats Freddy bringt in diesem Roman die Pastorin Martha Gerlach emotional gehörig aus dem Gleichgewicht. Um so mehr drücken sie Schuldgefühle nach dessen Tod. Der Reporter Luschinski steht ihr auch dieses Mal wieder als guter Freund und Beschützer zur Seite.

Nach und nach offenbart sich im Krimi familiäre Dramen. Als weitere Ebene spielt das Thema Homosexualität innerhalb der Kirche eine Rolle.

Der Krimi ist spannend aber auch amüsant geschrieben und Leser, die sich in Dortmund auskennen, werden sicher die eine oder andere genannte Örtlichkeit wieder erkennen.

Anne-Kathrin Koppetsch
Tod im Stahlwerk
Ruhr Krimi Classic, emons Verlag
192 Seiten
ISBN 978-3-95451-528-8
Euro 9,90 [D] , 10,20 [AT]