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Die Tragik des Otello

[fruitful_alert type=“alert-success“]Langsam geht die Saat des Zweifels auf. Lance Ryan (Otello), Sangmin Lee (Jago). Foto: ©Thomas Jauk, Stage Picture[/fruitful_alert]

Giuseppe Verdis (1813 -1901) „Otello“ nach dem Melodrama von William Shakespeare, in einer modernen Inszenierung vom scheidenden Opernintendant Jens-Daniel Herzog, hatte am 26.03.2017 im Dortmunder Opernhaus Dortmund seine Premiere. Für die musikalische Begleitung war die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung des GMD Gabriel Feltz verantwortlich. Den unterschiedlichen Emotionen auf der Bühne einen entsprechenden musikalischen Hintergrund zu geben, gelang ihnen sensibel und kraftvoll.

Eine wichtige Rolle spielte wieder einmal der Chor-und Extrachor des Dortmunder Theaters unter der Leitung von Manuel Pujol und die Statisterie des Theaters.

Nach am Anfang auf einer Leinwand durch eine Videoprojektion im Hintergrund einen Blick wie quasi aus einem U-Boot auf gefahrvolle Kämpfe und tosenden Meereswellen zur dramatischen Musik werfen konnten, empfängt das Volk (Chor) kurz danach enthusiastisch ihren siegreichen Helden Admiral Otello auf dem von Venedig besetzten Zypern. Er hatte die Türken besiegt und die venezianische Flotte heil durch das schweres Unwetter geführt.

Selbsthaß und Selbstzweifel

Das Otello (Lance Ryan) ein starker und wenn nötig grausamer Admiral ist, wird auf der Bühne durch seinen blutige Trophäe, ein Wolfskopf, deutlich symbolisiert. Vielleicht ein kleiner Seitenhieb auf die „grauen Wölfe“ eine sehr nationalistische Gruppierung in der Türkei. Stark ist Otello aber nur als Soldat. Auf seine schöne Frau Desdemona (Emily Newton) ist er rasend Eifersüchtig. Er ist gefangen in Selbstzweifeln, Selbstmitleid und und einem Hang zur Selbstzerstörung. Er kann und will sich überhaupt nicht vorstellen, dass eine so schöne Frau wie Desdemona „einem Mann wie ihm“ treu ist. Herzog wählt dabei nicht wie im Original das Motiv des „andersfarbigen“ Menschen, sondern stellt der jungen Desdemona einen älteren Otello an die Seite.

Wie die zweite Seite einer Medaille ist da der ihn hassende Fähnrich Jago (Sangmin Lee). Er würde selbst gerne mindestens Hauptmann werden und versucht unerbittlich, Otello zu schaden. Das tragische an der Situation ist, dass beide sich gegenseitig brauchen. Otello möchte unbedingt den Beweis für die von ihm eigentlich schon als feststehend angenommene Untreue seiner Frau. Jago seinerseits will ihn vernichten und bietet dem Feldherrn und Gouverneur von Venedig durch Intrigen den vermeintlichen Beweis für das Fremdgehen von Desdemona. Alle weiteren Personen der Handlung sind nur Statisten in diesem Intrigenspiel. So zum Beispiel der bedauernswerte Hauptmann Cassio (Marc Horus), der als vermeintlicher Geliebter instrumentalisiert wird. Jago schreckt nicht einmal davor zurück, seine eigene Frau Emilia (Almrija Delic) für seine Zwecke einzuspannen.

Die Idee, den Bühnenraum in vier Zimmer einzuteilen, ermöglichte,es dem Publikum, parallel die Reaktion der verschieden Beteiligten zu erleben. Ein guter Schachzug.

If you want blood…

Das Melodrama geht zwangsläufig auf sein tragisches Ende zu. Otello ersticht Desdemona (zum Glück nicht im Bett). Als er von Emilia erfährt, dass Desdemonas Beteuerungen ihrer Unschuld stimmen, richtet er sich selber. Es fließt an diesem Abend viel Theaterblut und das Sterben dauert, wie es sich bei einer Oper gehört, ziemlich lange.

Bei Otello wird das fragwürdige Frauenbild der Zeit Shakespeares deutlich. Desdemona beteuert zwar ihre Unschuld, ergibt sich dann aber doch recht unterwürfig ihrem Schicksal. Warum klärt Emilia nicht früher die Intrige ihres Ehemannes auf? Ist die Frau etwa dem Manne zum Gehorsam verpflichtet?

Bei der Klasse der SängerInnen fällt es schwer, speziell jemanden heraus zu heben.

Sangmin Lee spielte die Rolle des grausamen und wirklich Bösen hinterlistigen Jago jedoch wirklich besonders glaubwürdig. Auch Emily Newton singt eine betörende Desdemona als Quell aller Unschuld, die völlig ratlos in die Mühlen von Jagos Intrigen gerät. Das wird im Stück schön von Herzog auf den Punkt gebracht mit einem Bild von Desdemona mit einem Heiligenschein.

Letztlich sind Desdemona und Otello beide blind. Sie vor Liebe und Unschuld, er vor Eifersucht und Selbstzweifeln. Jago braucht die meiste Zeit gar nichts zu tun, außer ein paar Nadelstiche zu setzen.

Weitere Termine und Karten unter www.theaterdo.de