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Hairspray – Ein Musical um Toleranz und Träume

Wenn einem die Musik noch Tage später im Kopf herumspukt, wenn das Publikum das Stück feiert wie sonst nur einen Sieg des lokalen Fußballvereins, dann war man auf einer besonderen Premiere. „Hairspray“ bot alles, was der Musical-Enthusiast erwartet: Musik, Gesang und Tanz kombiniert mit stimmigen Kostümen und Bühnenbild.

Das Broadway-Musical „HAIRSPRAY“ von Marc Shaiman und den Songtexten Scott Wittmans, hatte am 21.10.2017 seine fulminante Premiere im Dortmunder Opernhaus. Melissa King, die nicht nur als Tänzerin, Choreografin und Regisseurin arbeitet, sondern auch noch ein Politikwissenschaften an der renommierten Yale Universität in den USA studiert hatte, wurde mit der Inszenierung beauftragt.

Mit ihrem Hintergrund und profunden historischem Wissen war sie ein Glücksfall für diese Mammut-Aufgabe.

Das Musical spielt 1962 an Ostküste der USA in Baltimore. Eine Zeit, geprägt von Rassismus und biederer amerikanischer Bürgerlichkeit, aber auch der Träume und des Aufbegehrens. Die Inspiration für das Musical war der gleichnamige Film von John Waters aus dem Jahre 1988.

Teenager Tracy Turnblad träumt Übergewicht von einer Tanzkarriere und der Aufnahme im Komitee der angesagten „Corny Collins Show“, um die neuesten Tanzschritte präsentieren zu können. Ihre Mutter Edna möchte eigentlich lieber selber Kleider entwerfen als für andere Menschen Wäsche zu bügeln. Vater Wilbur betreibt einen kleinen Scherzartikelladen und wäre gerne ein Erfinder. Tracys Freundin Penny Pingleton ist zunächst ein schüchternes Mädchen, die sie unterstützt.

Beim Vortanzen wird sie von der selbstverliebten ehemaligen „Krabbenkönigin“ und Produzentin der Show, Velma von Tussle, herablassend wegen ihres Äußeren abgelehnt. Es ist ihr Ziel, ihre eigene Tochter Amber groß heraus zu bringen. Tracy verliebt sich sofort in den Mädchenschwarm Link Larkin, der sich erst langsam von ihren Qualitäten gegenüber seiner Freundin Aber überzeugen lässt. Einmal im Monat ist der sogenannte „Negroday“, wo es den farbigen Jugendlichen erlaubt ist, bei der Show aufzutreten. Tracy freundet sich beim Nachsitzen mit den dunkelhäutigen Seaweed sowie dessen Schwester an und lernt deren modernen lockeren Schritte kennen. Sie wird immer mutiger und hat endlich Erfolg beim Vortanzen. Nun kämpft sie auch unermüdlich dafür, dass Weiße und Schwarze zusammen Auftreten dürfen. Auch als Tracy ins Gefängnis muss, halten ihre Eltern zu ihr. Nach anfänglichem Zögern rettet Link das junge mutige Mädchen, erklärt ihr seine Liebe, und es kommt zum Showdown der Kontrahentinnen bei der Wahl zu „Miss Teenager Hairspray 1962“. Es gehen viele Träume in Erfüllung.

Stimmige Kostüme und Bühnenbild

Die Inszenierung zeichnet sich nicht nur durch wunderschöne Kostüme und Accessoires aus der damaligen Zeit, bunter flexibler Bühnenausstattung, schwungvoller Musik, starken Stimmen und Choreografien aus. Sie besticht durch ihren sensiblen Umgang mit dem Thema Rassismus oder allgemein der Akzeptanz des „Anderssein“ in diesem Musical.. Es ist ein klares Statement für Toleranz. Das ist vor allem auch dem Teil des Musical-Ensembles zu verdanken, die einen afroamerikanischen Hintergrund haben. Besonders hervorzuheben ist dabei Deborah Wood in der Rolle der Motormouth Maybelle (Mutter von Seaweed) die nicht nur durch ihre Power-Stimme berührte.

Corny Collins (Morgan Moody) und sein Komitee mit Tracy Turnblad (Marja Hennicke). Foto: © Björn Hickmann, Stage Picture
©Corny Collins (Morgan Moody) und sein Komitee mit Tracy Turnblad (Marja Hennicke). Foto: © Björn Hickmann, Stage Picture

Die drei „Dynamites“ ( Taryn Anne Nelson, Denise Lucia Aquino, Anneka Dacres) brachten Glitzer und Glamour auf die Bühne. Marja Hennicke als Tracy Turnblad überzeugte durch eine starke volle Stimme, tänzerisches Vermögen und Sensibilität in der Rolle des etwas naiven und mutigen jungen Mädchens.

Eine wichtige Funktion hatte Michael B. Sattler als Seawood. Er „küsste“ sie Sinnbildlich wie „Dornröschen“ aus ihrem Schlaf wach und so wurde aus Penny Pingleton eine selbstbewusste junge Frau, die sich von ihrer „Über-Mutter“ Prudy Pingleton (Johanna Schoppa) emanzipiert. Die zweite Person, die eine Veränderung vollzieht, ist Link Larkin (Jörn-Felix Alt). Er wird im Laufe der Handlung immer mutiger und sieht ein, dass Amber ihn nur für ihre  Karriere benutzt hat.

Musical mit einer Botschaft

Den Charakter der egozentrischen Produzentin Velma von Tussle hat Sarah Schütz ebenso gut dargestellt wie Marie-Anjes Lumpp ihren der hochnäsigen Tochter Amber. Wie für sie geschneiderte Rollen gab es für Morgan Moody als Showmaster Corny Collins und selbstredend Kammersänger Hannes Brock als Edna Turnblad. Es war ihm anzumerken, was für einen Spaß er dabei hatte. Berührend war der Umgang mit dem Ehemann Wilbur, dem kongenialen Kollegen Fritz Steinbacher. Die Beiden brachten die gegenseitige Akzeptanz des Ehepaares herrlich auf die Bühne.

Es war erstaunlich, wie professionell und locker das gesamte Ensemble auch die schwierigen Choreografien meisterten. Ein paar kleinere Gags gab es auch: Achten Sie mal auf die Stimme des Nachrichtensprechers im Radio. Sicherlich wird Ihnen die Person, die in Dortmund ein wichtiges Amt bekleidet, bekannt vorkommen.

Die Aufführung wurde musikalisch grandios von der Dortmunder Philharmoniker unter der temperamentvollen Leitung vom 2. Kapellmeister Philipp Armbruster begleitet.

Am Ende gab es Standing Ovations vom „bewegten“ Publikum.

Wenn auch klar ist, das die Realität anders aus sieht und „Hairspray“ insofern als naiv betrachtet werden kann, ist eines doch sicher. Ohne positive Träume und Mut kann es keine Veränderungen zu mehr Humanität und Toleranz geben.

Informationen über weitere Aufführungen erhalten Sie unter www.theaterdo.de

9:0 für Roxy

Feiern den Sieg: Roxy und ihr Wunderteam. (Foto: © Thomas Jauk / Stage Picture)
Feiern den Sieg: Roxy und ihr Wunderteam. (Foto: © Thomas Jauk / Stage Picture)

Ein eindeutiges Ergebnis für die mitreißende Premiere von „Roxy und ihr Wunderteam“. Der riesige Applaus für alle Beteiligten bei der Premiere am 29. November war, wie man nach einem Fußballspiel sagen würde, hoch verdient.

Zwei Personen muss auf jeden Fall gedankt werden: Henning Hagedorn und Matthias Grimminger. Die beiden Musiker haben eine „bühnenpraktische Rekonstruktion“ des Werkes von Paul Abraham geschaffen. 1937 konnte die Operette noch in Wien uraufgeführt werden, danach musste Abraham vor den Nazis fliehen.

„Operette“, wer jetzt an Lehár, Fledermäuse oder weiße Rößl denkt, ist hier falsch. Schon mit den ersten Takten ist man mittendrin in den 30er Jahren. Jazzrhythmen bringen die Füße zum wippen, die Bühne hatte das Runde des Balles aufgenommen und Bühnenbildner und Kostümdesigner Toto schwelgte in zeitgenössischen Elementen, aber ohne historisierend zu sein.

Zur Geschichte: Das ungarische Fußball-Nationalteam hat mal wieder verloren. Ihr Trainer verdonnert sie zu einem Trainingslager am Plattensee. Doch er selbst will nicht mitfahren, sondern zu seiner Geliebten nach Venedig. Das Training soll Mannschaftskapitän Gjurka leiten. Das bekommt seine Verlobte Aranka von Tötössy mit, die daraufhin das Training der Fußballer sabotiert. Von Tötössy ist Leiterin eines Mädchenpensionats und schickt ihre Schülerinnen ebenfalls zum Plattensee. Damit nicht genug. Roxy, die Nichte des Mixed Pickles-Herstellers Sam Cheswick sollte heiraten und brennt mit der Mannschaft durch und verliebt sich in Gjurka. Sam Cheswick und Roxys Verlobter Bobby sind ihr aber dicht auf den Fersen.

Der Erfolg von „Roxy“ liegt zunächst an der Musik. Philipp Armbruster injizierte seinen Dortmunder Philharmonikern eine gehörige Portion Jazz und fast musste der Dirigent seine Musiker wieder einfangen. Dazu gab es eine Vielzahl von Tanzszenen, eine Stepptanz begeisterte Fußballmannschaft und natürlich einen sehr gut aufgelegten Chor.

Die Schauspieler waren nicht minder beteiligt am Erfolg. Emily Newton spielte eine Roxy, die nicht in Naivität ertrank, sondern durchaus selber Netze auswarf. Mannschaftskapitän Gjurka wurde von Lucian Krasznec dargestellt, dem sein Pflichtbewusstsein als Sportsmann seinen Gefühlen im Weg steht, bis es fast zu spät ist. Fritz Steinbacher wusste als weinerlicher Verlobter Bobby zu gefallen, Johanna Schoppa spielte wieder ihre Paraderolle als selbstbewusste, mitunter auch leicht dominante Frau mit Herz las Aranka von Tötössy. Großen Beifall bekam auch Kammersänger Hannes Brock in seiner Rolle als sehr sehr sparsamer Schotte und Mixed-Pickles-Hersteller Sam Cheswick. In einem seiner Lieder konnte Brock aktuelle Bezüge einbauen, so sang er von Merkel, dem Berliner Flughafen und auch von Dortmunder Sparsünden. Doch bei einem war für seine Sparsamkeit kein Platz, nämlich beim BVB. „Spart nicht bei eurer Unterstützung, sie brauchen den 12. Mann“ sang Brock unter großem Beifall der Zuschauer.

Das Stück ist auch eine Freude für Liebhaber sogenannter Fußballweisheiten, die die ungarische Mannschaft nach der Niederlage in der Kabine zum besten gibt: „Erst hatten wir kein Glück, dann kam auch noch Pech dazu“ oder „wir wollten kein Gegentor kassieren, das hat bis zum Gegentor auch gut geklappt.“

Am Ende steht das Rückspiel, dessen Ergebnis ich nicht verraten werde, doch eins steht fest, „Roxy“ ist ein haushoher Heimsieg für die Dortmunder Oper.

Weitere Termine: SO, 07. DEZEMBER 2014, SA, 13. DEZEMBER 2014, SO, 21. DEZEMBER 2014, SA, 27. DEZEMBER 2014, MI, 31. DEZEMBER 201, SA, 17. JANUAR 2015, DO, 29. JANUAR 2015, SA, 07. FEBRUAR 2015, FR, 13. FEBRUAR 2015, MI, 18. FEBRUAR 2015, FR, 27. FEBRUAR 2015 und SO, 15. MÄRZ 2015

Infos und Karten unter 0231 5027222 oder www.theaterdo.de

Leicht, luftig, locker, Lehár

Lucian Krasznec als Graf René von Luxemburg als Karnevalskönig der Narren. (Foto: © Thomas M. Jauk / Stage Picture)
Lucian Krasznec als Graf René von Luxemburg als Karnevalskönig der Narren. (Foto: © Thomas M. Jauk / Stage Picture)

Bekömmlich wie ein Wiener Kaiserschmarrn präsentierte Regisseur Thomas Enzinger Lehárs Operette „Der Graf von Luxemburg“ bei der Premiere am 11. Januar 2014. Enzinger baute viele kleine komische Elemente in seine Inszenierung ein, wobei der Höhepunkt der Auftritt von Johanna Schoppa als Gräfin Stasa Kokozow war. Sie brachte mit ihrem Lied „Alles mit Ruhe genießen“ den Opernsaal zum mitsingen. Leicht, luftig, locker, Lehár weiterlesen