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Albert Camus – Berührende Kindheitserinnerungen

Am 20. Januar 2018 präsentierte das Schauspiel Dortmund den Schauspieler Joachim Król mit „L‘orchestrte du soleil“, der aus „Der erste Mensch“ von Albert Camus las. Król war bereits 2015 mit einer Lesung aus dem Buch „Seide“ im Schauspielhaus gewesen. Statt nach Japan ging die Reise nach Nordafrika, speziell nach Algerien.

„Der erste Mensch“ ist ein zum großen Teil autobiografisches Werk von Albert Camus. Der Literaturnobelpreisträger und Philosoph beschreibt hier seine Kindheit. Geboren in Algerien, das damals noch eine französische Kolonie war, aufgewachsen im Armenviertel der Stadt ohne Vater, der im Ersten Weltkrieg gefallen war, schafft der durch die Unterstützung des Grundschullehrers den Weg auf Gymnasium. Jacques Cormery, so nennt sich Camus in dem Buch, blickt – wenn auch etwas romantisch gefärbt – auf die Lebenssituation seiner Familie zurück. Seine Mutter ist Analphabetin – ebenso wie die strenge Großmutter – und im ganzen Haus gibt es nichts, was nicht irgendeinen Nutzwert hat. Bücher sind dort etwas völlig Fremdes.

Joachim Król las aus dem autobiografischen Werk "Der erste Mensch" von Albert Camus. (Foto: © Schauspiel Dortmund)
Joachim Król las aus dem autobiografischen Werk „Der erste Mensch“ von Albert Camus. (Foto: © Schauspiel Dortmund)

Das ganze Leben der Familie dreht sich um die Arbeit. Urlaub oder Ferien sind für sie Begriffe, die sie nur schwer verstehen. Trotzdem erdulden sie ihr Leben, sie nehmen es hin, ähnlich wie Sisyfos (über den Camus auch ein Buch verfasst hat), der Tag für Tag einen Stein den Berg hinauf rollt.

Warum trägt das Buch den Titel „Der erste Mensch“? Auf dem Gymnasium trifft er auf Klassenkameraden, die aus der französischen Mittelschicht kommen und eine Familiengeschichte haben. Sie wissen, woher sie kommen, was ihre Urgroßeltern gemacht haben. Cormery (Camus) weiß das nicht. Für ihn ist es, als wäre er der erste Mensch.

Eine zentrale Rolle in dem Buch spielt der Grundschullehrer und Camus‘ Förderer Louis Germain. Wäre er nicht gewesen, hätte wohl der junge Albert das Elendsviertel von Algier kaum verlassen und wäre sicher nicht Schriftsteller und Nobelpreisträger geworden. Manchmal braucht man einen wichtigen Anstoß von außen, der einem auf den weiteren Weg hilft.

Der Roman ist berührend und es ist dem Talent von Joachim Król zu verdanken, dass die Geschichte lebendig wird. Dazu gehören auch die sechs Musiker, die ihn begleiteten. Sie spielten eine Mischung zwischen französischen und arabischen Klängen, teils folkoristisch, teils etwas jazzig. Von der ersten Sekunde entführten sie uns nach Nordafrika und die wunderbare Sprache Camus‘. Die Vorlesekunst Króls tat ein übriges, dass sich wohl alle Zuhörer in die Rolle des kleinen Jungen hinein fühlen konnten.

Szenische Lesung voll Poesie und Musik

Am Freitag den 31. Januar 2014 durfte das Publikum im Dortmunder Schauspielhaus beim Gastspiel einer szenischen Lesung aus dem Roman „Seide“ des italienischen Autors Alessandro Baricco einen besonderen Abend voll Poesie und sensibler musikalischer Untermalung erleben.

 

Seine Stimme für diese Parabel auf die Liebe, Sehnsucht, Glück und den lange Weg zu sich selbst stellte der Schauspieler Joachim Król (unter anderem auch als Tatort-Kommissar sowie aus vielen Spielfilmen und dem Theater bekannt) zur Verfügung. Das tat er eindringlich, mit eine Prise Humor und gezielt eingesetzten Gesten. Król liest mit dem ganzen Körper, wird laut oder leise und versucht, dem Text einen Rhythmus zu geben.

Unterstützt wurde er dramaturgisch durch den wechselnden Einsatz der Beleuchtung und wenigen per Video auf die Vorhang-Wand geworfenen Hintergrundbildern.

 

Musikalisch begleitet und geschickt untermalt wurde die Lesung von den württembergischen Jazzpreisträgern Gee Hye Lee am Klavier, Christoph Dangelmaier am Bass und Ekkehard Rössle an der Bass-Klarinette und am Saxofon. Zusammen bilden sie das „South of the Border Jazztrio“.

 

Zunächst konnte kurz der Eindruck entstehen, dass die die Musik, die auch einsetzt, während Król spricht, stört. Doch dem Trio gelang, den Abend nicht nur musikalischer gut zu untermalen, sondern dem gesprochenen Worten auch eine weitere sinnliche Ebene hinzuzufügen. So wenn zum Beispiel feine ostasiatische Klänge zu hören sind ,als Joncour Japan betritt oder Vogelgezwitscher beim Betrachten der Voliere.

 

Zum Inhalt des Romans:

Die Geschichte spielt zur Zeit um 1861 in Südfrankreich. Dort lebt der verheiratete Seidenhändler Hervé Joncour. Als die Eier der Seidenraupen in näheren Umgebung von einer Krankheit befallen werden , muss er die weite Reise bis nach Japan auf sich nehmen, um Seidenraupen zu kaufen. Dort zieht ihn eine rätselhafte Schönheit Jahr für Jahr mehr in den Bann. Ohne ihr nahe zu sein oder auch nur ihre Stimme zu hören, erfährt er erotische Abenteuer von großer Befriedigung. Er bekommt seltsame Zeichen und kann sich der Faszination der jungen schönen Frau nicht entziehen. Im laufe der Jahr beendet Kriegsgewalt seine Reisen nach Japan. Er bekommt aber noch einen siebenseitigen Brief mit japanischen Schriftzeichen als letzte Nachricht…

 

Der Roman beschreibt -außer der Liebesgeschichte – sehr gut die Zeit des Exotismus in Frankreich und dem übrigen Europa. Dinge aus China und Japan waren „in“ und die Begeisterung schlug sich auch in Malerei und Musik um, der musikalische Höhepunkt des Exotismus ist sicher Lehárs Operette „Im Land des Lächelns“.

Während Joncours Geschichte poetisch und detailreich beschrieben wird, bleiben andere Figuren eher schablonenhaft, fast wie ein Beiwerk. Baldabiou, der Unternehmer und Kopf hinter den reisen Joncours, ist bestimmend und selbstsicher. Hélène, Joncours Frau, ist die Idealfigur einer liebenden, niemals murrenden Ehefrau. Ihren großen Liebesbeweis erfährt Joncour erst nach ihrem Tod.

 

Eine gelungene Vorstellung vor vollem Haus wurde mit viel Beifall belohnt.