Schlagwort-Archive: Helden wie wir

Der Maueröffner

Eines vorweg: Das Solostück „Helden wir wir“, das pünktlich zur 30-Jahrfeier der Maueröffnung am 09. November 2019 Premiere hatte, lebte vor allem von der Darstellung von Andreas Beck. Ebenso präsent wie bei seinen anderen Solostücken „Die Agonie und Ekstase des Steve Jobs“ und „Die schwarze Flotte“ zeigte Beck den Größenwahn und die Minderwertigkeitskomplexe seines Helden Klaus Uhltzsch.

Das Bühnenstück von Peter Dehler nach dem Roman von Thomas Brussig stellte mit Klaus Uhltzsch eine klassische Ostbiografie vor. Der Staat griff mehr oder weniger lenkend in die Geschicke seiner Untertanen ein, die versuchten mit dem Leben zurecht zu kommen oder große Pläne zu schmieden. Uhltzsch träumte schon als Kind, dass er zu ganz Großem fähig sein. Für Uhltzsch war es ein Ziel, bei der Stasi als Agent Karriere zu machen. So wie James Bond oder besser wie in der DDR-Agentenserie „Das unsichtbare Visier“. Leider sind die Aufgaben bei der Stasi nicht wirklich spannend, aber durch seine Tätigkeit wird er zur großen Demo auf den Alexanderplatz geschickt. Dort kommt es zu einem Unfall, bei der er einen riesigen Blutstau in seinem Penis bekommt, das zu einem Riesenorgan wird. Damit öffnet er dann am 09. November 1989 die Mauer.

Andreas Beck als Klaus Uhltzsch, dem unbekannten Maueröffner in "Helden wie wir". (Foto: © Birgit Hupfeld)
Andreas Beck als Klaus Uhltzsch, dem unbekannten Maueröffner in „Helden wie wir“. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Wie am „Werkzeug“ der Maueröffnung ersichtlich wird, das Stück enthält viele sexuelle Anspielungen. Vielleicht war der Osten da ein wenig freier, wobei der Westen spätestens in den 70ern aufgeholt hat – Stichwort „Klimbim“. Die Hauptfigur leidet sein ganzes Leben an seinem kleinen Penis. Dass er ausgerechnet durch den ersten Sexualkontakt gleich Tripper bekommt, passt wie die Faust aufs Auge. Und darüber hinaus ist es sehr peinlich, denn seine Mutter ist Hygiene-Fachfrau.

Andreas Beck spielt die Hauptfigur mit Witz und Komik. Denn auch hier zeigt sich die Stärke des Stückes: Ost und West können gemeinsam lachen. Beck braucht keine Requisiten oder ein aufwändiges Bühnenbild, aus einem Schrank wird ein DDR-Wachhäuschen, das zu einem Tisch wird und umgekehrt. Die Präsenz, die Beck ausstrahlt, zieht die Zuschauer in seinen Bann und nimmt alle mit ins Stück. 80 Minuten können lang sein, oder aber wie bei „Helden wir wir“ mit Beck äußerst kurzweilig. Alles passte an diesem historischen Abend perfekt, zumal Beck den echten Mauerfall auf einer Bühne in Eisleben erlebte.

Musik gab es auch: Natürlich durfte die Hymne „Über sieben Brücken musst du gehen“ von Karat nicht fehlen, ebenso wenig wie „Der kleine Trompeter“ in der Version von Vera Ölschlägel.

„Helden wir wir“: Ein gelungenes Stück mit einem gut aufgelegten Schauspieler, der die Höhen und Tiefen seiner Figur glaubhaft machen konnte. Am 07. Dezember (20 Uhr) und am 25. Dezember (18 Uhr) gibt es weitere Gelegenheit der Maueröffnung beizuwohnen. Es lohnt sich.

Mehr Infos unter www.theaterdo.de