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Die erstaunliche Aktualität von Shakespeares Hamlet

Als Koproduktion mit dem Theater im Depot, der studiobühneköln und dem Rottstr5 Theater Bochum hat sich das freie Theaterkollektiv „Sir Gabriel Trafique (früher Sir Gabriel Dellmann)“ William Shakespeares „Hamlet“ als Vorlage für ihre sechste Produktion im Depot vorgenommen. Sir Gabriel Trafique wurde 2012 unter dem Label Sir Gabriel Dellmann gegründet. Ohne Stefanie Dellmann wurde eine Namensänderung notwendig. Geleitet wird das Theaterkollektiv von Schauspieler und Regisseur Björn Gabriel und Anna Marienfeld. In wechselnden Konstellationen stoßen jeweils SchauspielerInnen und VideokünstlerInnen zur Gruppe.

Unter der Regie von Gabriel entwickelt sich „Hamlet – Ein multimedialer Parcours nach Shakespeare“. Premiere ist Freitag, der 20. Oktober 2017 um 20:00 Uhr im Theater im Depot.

Wie der Regisseur verriet, erstaunt ihn immer wieder, wie viel Fundament und Aktualität in „Hamlet“ steckt. Heute, wo die humanistischen Säulen unserer Gesellschaft oft mit den Füßen getreten werden. Das Drama steht im Zentrum, weil es auf heute passt. „Die Codes gehen von den Schauspielern aus“, so Gabriel.

Dazu gibt es viele Zitate bei Hamlet wie zum Beispiel „Es ist etwas faul im Staate Dänemark“. Die Welt scheint aus den Fugen geraten, und wie Hamlet suchen wir nach einem moralischen Kompass für unser Leben.

Schwer gemacht wird uns das in der digitalisierten Welt mit seiner Bilderflut, „Fakenews“ und demagogischen Einflüsterern, die uns überfordern. Wie können wir moralisch verantwortlich Leben?

Drei Hamlets suchen nach einem würdevoll Sein oder Nichtsein und finden Orientierung an Shakespeares Klassiker. Unter Anleitung eines digitalen Orientierungssystems wagen sie dabei ein Experiment über das Mensch-Sein.

Gleich drei Hamlets erkunden die unterschiedlichen Möglichkeiten. (Foto: © Sabrina Richmann)
Gleich drei Hamlets erkunden die unterschiedlichen Möglichkeiten. (Foto: © Sabrina Richmann)

Drei SchauspielerInnen on Stage, drei SchauspielerInnen aus der Konserve (darunter Produzentin Anna Marienfeld), ein Live-Videokünstlerin, zwei Livekameras, über hundert Presents und unendliche Produktionsflächen kreieren einen Live-Film, popkulturelle Verführungsmethoden und schaffen immer neue virtuelle Welten. Diese zerfallen durch Offenlegung ihrer Mittel in ihrem Innersten.

Für den musikalischen Soundtrack sorgt die Gruppe AniYo Kore (Melody & Rene).

Sie unterlegen und begleiten das Geschehen atmosphärisch.

Die Vorstellung wird zwei Stunden nicht überschreiten.

Termine für weiter Aufführungen: 21.10.2017/ 09.11.2017/ 10.11.2017 jeweils um 20:00 Uhr im Theater im Depot, Immermannstr. 29, 44147 Dortmund.

Karten: ticket@theaterimdepot.de und an allen bekannten VVK-Stellen.

Hamlet als Kammer-Jugendoper

Sein oder Nichtsein? Für (v.l.n.r.) Timo Jouko Hermann (Komponist), Ingo Martin Stadtmüller (Musikalischer Leiter), André Meyer (Libretto) und Ronny Jakubaschk (Regisseur)-

Schon zum vierten Mal gibt es eine Kooperation des Kinder- und Jugendtheaters mit der Jungen Oper Dortmund. In diesem Jahr steht unter der Regie von Ronny Jakubaschk ein bekannter klassischer Stoff auf dem Programm. „Hamlet – Sein oder Nichtsein“ (ab 14 Jahren) von Timo Jouko Herrmann und dem Libretto von André Meyer. Der bekannte Stoff der Tragödie von William Shakespeare wurde von ihnen als Vorlage für ihre Kammer-Jugendoper genommen. Premiere ist am 23.02.2017 um 19:30 Uhr im KJT.

Meyer erzählt die Geschichte aus der Sicht des jungen traumatisierten Hamlet. Er hat seinen Vater früh verloren, seine Mutter hat einen neuen Mann geheiratet. Er fühlt sich isoliert, überfordert und alleine gelassen. Seine Liebe zu Ophelia treibt ihn noch zusätzlich immer weiter in ein Gefühlschaos. Seine Mutter und sein Stiefvater wissen nicht mehr, was sie mit ihm anfangen sollen. Sie wollen ihn in ein Internat schicken. Er denkt, sein Vater wurde ermordet und will Rache dafür nehmen. Der Wahnsinn nimmt immer bedrohlichere Züge an…

Der Regisseur verriet vorab: „Wir stellen die beiden Welten der Jugendlichen und der Erwachsenen gegenüber. Die Gedankenwelt des jungen Hamlet wird in musikalisch dramatischer Form umgesetzt, die Ausdrucksform der Erwachsenen ist die ernste und gewichtige Sprache. Das Orchester (Teile der Dortmunder Philharmoniker) wird Teil des Bühnenbilds sein. Die Rollen des Hamlet und der Ophelia werden von zwei Studierenden von verschiedenen Musikhochschulen ausgefüllt.

Diese beiden Sänger müssen mit den drei Schauspielern des KJT und dem Chor genreübergreifend zusammen arbeiten. Acht Personen des Dortmunder Opernchors unter der Leitung von Manuel Pujol werden Hamlet im Laufe der Aufführung als Stimme des toten Vaters immer näher rücken.

Das emotionale Erlebnis wird durch das Bühnenbild noch gesteigert. Sie wird zum Gedankenkonstrukt. Der Bühnenraum wird farbig mit einem Geflecht ausgestaltet. Das symbolisiert die Gefangenschaft der Beteiligten. Ein Lied wird sich wie ein musikalischer roter Faden durch die Handlung ziehen.

Wunsch aller Beteiligten an der Aufführung ist es, gerade die jugendlichen Besucher in den 70 Minuten emotional abzuholen und für Schauspiel und Oper zu begeistern.

Für die Premiere am 23.02.2017 gibt es noch Restkarten.Informationen und weitere Termine unter www.theaterdo.de

Hamlet-Konzentrat mit Überwachungskameras

Gertrud, die Königin, Hamlets Mutter, nun Frau des Claudius: Friederike Tiefenbacher Claudius, König von Dänemark: Carlos Lobo Laertes, Polonius' Sohn: Christoph Jöde. (Foto: © Edi Szekely)
Gertrud, die Königin, Hamlets Mutter, nun Frau des Claudius: Friederike Tiefenbacher
Claudius, König von Dänemark: Carlos Lobo
Laertes, Polonius‘ Sohn: Christoph Jöde. (Foto: © Edi Szekely)

Am Ende von „Hamlet“ stand ein typischer Voges-Gag. Frank Genser und Uwe Schmieder, seit Beckets Lum und Purl ein kongeniales Duo, standen als Wum und Wendelin auf der Bühne und riefen ständig „Wir machen jetzt politisches Theater“, während die Zuschauer ermuntert wurden Tweets zu senden, bis sich der Saal leerte. Wie heißt es so schön, wenn sie nicht gestorben sind, dann rufen sie noch heute. Nur Schade für die Schauspieler, sie erhielten nicht ihren verdienten Applaus und Regisseur Kay Voges nicht die Reaktion der Zuschauer auf seine Inszenierung.

Hamlet. Ein Klassiker. Nicht totzukriegen. Kay Voges sah in dem Stoff von Shakespeare Hamlet nicht als Zauderer, sondern als Überwachten. Diese Interpretation gibt es Stoff mühelos her. Polonius lauscht ständig hinter irgendwelchen Vorhängen und Rosencrantz und Guildenstern werden als Spione auf Hamlet angesetzt.

Voges modernisiert das Stück und bringt es in die Gegenwart. Gleich zu beginn wird das Grundgesetz (repräsentiert vom alten König Hamlet) mit der Begründung „Kampf dem Terror“ quasi ermordet. Danach entwickelt sich eine Tragödie mit Überwachung, Schaffung eines Übermenschen und vielen Toten. Nichts für Freunde von werkgetreuen Inszenierungen, denn neben Shakespeares Text gibt es zeitgenössisches Material zum Thema Überwachung und Leben in der Moderne.

Fünf Video-Kameras und eine Kinect-Kamera sorgen für ein riesiges Überwachungsbild. Mittels Videobearbeitung können wir Bilder aus jedem Raum des Königsschlosses sehen. Voges schafft aus dem Stoff „Hamlet“ eine Überwachungs-Exegese, die mit Elementen aus populären Fernsehsendungen wie etwa „Big Brother“ spielt. War bei „Das Fest“ noch für den Zuschauer deutlicher zu sehen, wie der Film im Hintergrund live entstand, ist bei „Hamlet“ diese Transparenz verloren gegangen. Der „Container“, indem die eigentliche Handlung stattfindet, ist für den Theaterzuschauer nicht einsehbar. Intransparenz in einer Geschichte über die allgegenwärtige Transparenz von Daten und Vorgängen. Wir agieren wie jemand, der diverse Monitore in einer U-Bahn-Station oder in einem Kaufhaus überwacht. Überall scheint etwas zu passieren.

„Hamlet“ als Überwachungsdrama zu inszenieren ist so verkehrt nicht, das Konzept ist schlüssig. Doch Berater Polonius als eine Art Dr. Frankenstein in Szene zu setzen, der an einer perfekten Symbiose von Mensch und Maschine bastelt (der alte König Lear wird in den transhumanen Fortinbras verwandelt), ist meiner Meinung nach ein wenig überdreht.

Technisch ist der „Hamlet“ auf einer hohen Stufe angelangt. Video, Sound und Musik verschmelzen zu einer Symbiose und zusammen mit den Schauspielern entwickelt sich eine Form von Zwitter zwischen Film und Schauspiel. Doch man kann auch bemängeln, dass die Schauspieler von der Technik in den Hintergrund gespielt werden. Schön zu sehen, wenn Hamlet (Eva Verena Müller) oder Laertes (Christoph Jöde) nach vorne auf die Bühne kommen. Sie wirken unter der Riesenleinwand ein wenig klein und unbedeutend.

Die Hauptrolle hatte Eva Verena Müller inne. Im Batman-Kostüm, mit blonder Perücke und Nerdbrille spielte sie einen „Hamlet“, der vielleicht gerne ein Superheld sein möchte, aber viel zu zögerlich ist und letztendlich an seiner Aufgabe – der Rache an seinen Vater – scheitert. Bettina Lieder spielte eine zarte zerbrechliche Ophelia, im Ballettkleid, die ein wenig hilflos durch die Handlung irrt. Publikumsliebling Christoph Jöde spielte den Laertes in Uniform. Bestimmt entschlossen. Zu tun, was zu tun ist. Letztendlich als Gegenteil von Hamlet. Beide gehen in einem Showdown oder besser „Shootdown“ unter. Carlos Lobo als König Claudius hatte ein wenig Ähnlichkeit mit Graf Orloc aus „Nosferatu. Er spielte ihn als reinen Machtmenschen. Frederike Tiefenbacher spielte die Mutter Hamlets ebenfalls nur eine Nebenrolle. Michael Witte gab einen Polonius in der Variante „verrückter Wissenschaftler“, während Sebastian Kuschmann die merkwürdigste Rolle hatte: Er spielte nicht nur den alten König, sondern auch den als künftigen Übermenschen angelegten Fortinbras.

Für Shakespeare-Puristen ist dieser Hamlet mit Sicherheit nicht gedacht. Die Bücher können also getrost zu Hause gelassen werden. Wer sich auf ein Konzentrat einlässt, in der die Technik eine wesentliche Rolle spielt, sollte den Versuch wagen und sich Voges‘ Inszenierung anschauen. Nicht zögern wie Hamlet, es braucht schon etwas Mut.

 weitere Termine sind: SO, 21. SEPTEMBER 2014, MI, 01. OKTOBER 2014. FR, 14. NOVEMBER 2014, FR, 12. DEZEMBER 2014, SA, 27. DEZEMBER 2014, DO, 08. JANUAR 2015, SA, 14. FEBRUAR 2015, MI, 04. MÄRZ 2015, SO, 12. APRIL 2015 und DO, 21. MAI 2015

Karten und Infos unter 0231 50 27 222 oder www.theaterdo.de

Hamlet – Zwischen Überwachung und Voyeurismus

Hamlet, Prinz von Dänemark: Eva Verena Müller. (Foto: © ©Edi Szekely)
Hamlet, Prinz von Dänemark: Eva Verena Müller. (Foto: © ©Edi Szekely)

Wir sind zwiegespalten – einerseits fürchten wir uns vor einer Überwachung und auf der anderen Seite machen wir „Selfies“ und geben unsere Daten freiwillig jedem, der sie haben will. Die Hamlet-Inszenierung von Kay Voges zeigt den dänischen Prinzen als Zweifler, der sich nicht entscheiden kann: alles hinnehmen oder gegen das Überwachungssystem kämpfen. Die Premiere ist am Freitag, den 12. September um 19:30 Uhr.

Hamlet ist eines der am häufigsten gespielten Stücke in der Theaterwelt. „Wir haben uns gefragt, warum dies so ist“, so Regisseur und Intendant Kay Voges. Den Schwerpunkt legt Voges auf das Thema Überwachung. „Bei Hamlet gibt es beispielsweise mit Polonius jemanden, der ständig hinter einem Vorhang lauscht“, gibt Voges ein Beispiel. Auch die Studienfreunde von Hamelt, Rosencrantz und Guildenstern, sind ja nichts weiter als verkappte Spione.

Fünf Kameras und eine Kinect-Kamera werden das Geschehen aufnehmen. Wird es eine Art Live-Film werden wie beim „Fest“. „Nein“, widerspricht Voges, „es ist eher wie in einer Überwachungssituation. Stellen Sie sich ein Fußballstadion vor. Dort kann die Polizei auch in verschiedene Fanblöcke schalten, um zu sehen, ob dort irgendetwas passiert.“

Daher ist das Bühnenbild sehr wichtig. Kreiert hat es Pia Maria Mackert, die für den Theaterpreis „Faust“ nominiert wurde. „Der Zuschauer kann mehr sehen“, verspricht Dramaturgin Anne-Kathrin Schulz. Dafür sollen die beiden Kameraleute Jan Voges und Robin Otterbein sorgen. Das Kamera-Konzept stammt vom Videokünstler Daniel Hengst, für die Video-Art ist Programmierer Lars Ullrich zuständig. Paul Wallfisch ist für die Musik zuständig.

Mit Eva Maria Müller hat Voges den Hamlet mit einer Frau besetzt. Ungewöhnlich, aber nichts Neues, unter anderem hat schon Asta Nielson 1921 einen weiblichen Hamlet gespielt. Ein Wiedersehen gibt es mit zwei Gästen: Christoph Jöde spielt Laertes, den Sohn von Polonius und Michael Witte, der bei „Nora und die Gespenster“ in Dortmund aufgetreten ist, spielt Polonius.

Für die Premiere am 12. September gibt es noch Restkarten, weitere Termine sind: SO, 21. SEPTEMBER 2014, MI, 01. OKTOBER 2014. FR, 14. NOVEMBER 2014, FR, 12. DEZEMBER 2014, SA, 27. DEZEMBER 2014, DO, 08. JANUAR 2015, SA, 14. FEBRUAR 2015, MI, 04. MÄRZ 2015, SO, 12. APRIL 2015 und DO, 21. MAI 2015

Karten und Infos unter 0231 50 27 222 oder www.theaterdo.de