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Gute Aussichten im Künstlerhaus

Bis zum 01. Mai 2022 zeigt das Dortmunder Künstlerhaus im Sunderweg 1 die Ausstellung „Gute Aussichten“. Acht Positionen junger deutscher Fotografie zeigen unterschiedlichste Herangehensweisen an das Medium. Von klassischer Portraitfotografie, über KI unterstützte Arbeiten bis hin zu Videoproduktionen reicht die Bandbreite.

Max Dauven verknüpft Fotografie mit dem Internetphänomen „Meme“. Bei den Memes handelt es sich um verfremdete Bilder und ähnliche Vorlagen, die kreativ umgedeutet werden und so gewisse Popularität gewinnen können. Dauven benutzt einige Versatzstücke von Memes und baut sie in seinem Fotostudio analog auf. Selbst die Hängung seiner Werke im Künstlerhaus ist einem Meme nachempfunden.

Max Dauven, Assuming Control, Inkjet-Druck, 80 x 64 cm, gerahmt in Aluminium schwarz, 2021
Max Dauven, Assuming Control, Inkjet-Druck, 80 x 64 cm, gerahmt in Aluminium schwarz, 2021

Mit Irland verbinden die meisten Menschen Positives: grüne Insel, nette Menschen und Guinness. Aber auch in Irland gibt es Armut, in den Städten haben sich Armenghettos gebildet. Tamara Eckhardt hat über lange Zeit die Bewohner des Viertels „St.James Park“ in Limerick fotografisch begleitet und sich dabei auf die Kinder und Jugendlichen konzentriert. Herausgekommen sind starke Bilder von jungen Menschen, die ihren Weg finden müssen in einer Umgebung, die geprägt ist von Arbeitslosigkeit und Hoffnungslosigkeit.

Mit seiner Arbeit „18 Diptychen der lichtbildnerischen Forschung“ hinterfragt Maximilian Gessler die materiellen und technischen Grundlagen der Fotografie. Hingegen arbeitet Alexander Kadow mit „Big Data“ und Algorithmen und schafft abstrakte Schwarz-weiß Kompositionen. Als Basis dienen ihm alte Röntgenbilder.

Die Bilder von Natalia Kepesz haben durch den Krieg in der Ukraine ungeahnte Aktualität bekommen. Denn sie fotografierte Kinder, die in Polen in militärischen Camps und Uniformklassen gehen. Die sind im Polen in den letzten Jahren ziemlich populär geworden. Damit werden Kinder spielerisch mit Gehorsam und Patriotismus indoktriniert, und Krieg als eine Lösung akzeptiert.

Mit den typischen Musterhäusern beschäftigte sich Fiona Körner in ihrer Arbeit „Shoes can change your life, ask Cinderella“. Sie fragte sich, welches Familienbild und welche Werte werden in solchen Einfamilienreihenhaussiedlungen vermittelt? Ist es die typisch weiße, heteronormative Familie?

Wie in einem surrealen Videospiel wirkt die Arbeit „Nichts als Solide“ von Vanessa A. Opoku. Ihre Video-Projektion erkundet den öffentlichen Raum in Berlin gemischt mit Sounds aus Field-Recordings sowie Texten von Mascha Kaléko und May Ayim. Die zweite Arbeit „Haltung“ ist ein computergeneriertes Portrait von Opoku.

In „What has been will be again, What has been done will be done again“ zeigt Künstlerin Zoyeon ihre Zerrissenheit als Ausländerin in einem fremden Land. Die Gefühlswelten changieren zwischen Erstaunen und Hilfslosigkeit. Neben einem etwa 43 minütigen Film zeigt das Künstlerhaus auch einen Digitaldruck in der Größe von 1860x 150 cm.

Künstlerhaus Dortmund
Sunderweg 1
44147 Dortmund

Öffnungszeiten der Ausstellung :
Donnerstag – Sonntag
16 – 19 Uhr

Das Künstlerhaus zeigt “gute Aussichten”

Wenn der Lockdown vorbei ist und die Galerien, Museen und Theater endlich wieder geöffnet haben, dann ist es möglich, in die Ausstellung „gute Aussichten“ ins Dortmunder Künstlerhaus am Sunderweg 1 zu gehen. Dort zeigen acht  junge Fotografinnen und Fotografen ihre Arbeiten. Doch nicht nur klassische Fotografie ist zu sehen. Digitale Arbeiten und Film haben ebenfalls ihren Platz gefunden.

Aus 71 gültigen Einsendungen hat eine neunköpfige Jury sieben Positionen ausgewählt, die zum ersten Mal in Dortmund präsentiert werden. Das Künstlerhaus war schon 2006 Gastgeber sowie 2010 unter dem Titel “Damenwahl”.

Mit Tina Schmidt und Kerry Steen hat die politische Fotografie einen Platz im, Künstlerhaus gefunden. Die beiden Fotografen zeigen die Situation der Jahalin-Beduinen, die gefangen sind in der Westbank und nicht mehr ihr nomadisches Leben weiterführen können. Ihre großformatigen Porträts und Landschaftsbilder sind eindrucksvoll, zeigen sie den Kontrast zwischen einer modernen Großstadt und armseligen Hütten, die im Prinzip bereits vor 4000 Jahren dort stehen könnten.

So in etwa könnte die Hölle aussehen.Robin Hinsch fotografierte brennende Kohlegruben in Indien. (Foto: © Robin Hinsch)
So in etwa könnte die Hölle aussehen.Robin Hinsch fotografierte brennende Kohlegruben in Indien. (Foto: © Robin Hinsch)

Ein Spiel mit der „künstlichen Intelligenz“ (kurz KI) treibt Konstantin Weber. Hier ist es die KI, die eigene Bilder „erschafft“, wobei der Künstler hier als Art Lehrer dient, der die KI anleitet. Denn noch sind künstliche Intelligenzen weit davon entfernt aus eigenem schöpferischen Antrieb zu handeln.

Familienporträts besonderer Art zeigt Jana Ritchie. Sie fotografierte sich, ihre Mutter und ihre beiden Schwestern über zwei Jahre. Herausgekommen sind Bilder, die das traditionelle Familienbild infrage stellen und die Schwierigkeiten alleinerziehender Mütter aufzeigen. Denn auf allen Bildern fehlt der Vater. 

Gleich nebenan im Raum ist der Vater von Leon Billerbeck sehr präsent. Sein Vater leidet an der neurologischen Krankheit Ataxie. Die Ursache dieser Krankheit kann unter anderem an einem kleinen Kopierfehler in den Genen liegen. In seinen Arbeiten versucht er, diesen Kopierfehler zu reproduzieren, in dem er Fotografien durch Scanner und Kopierer jagt und somit ein Endprodukt schafft, dass augenscheinlich nicht mit dem Anfangsbild zu tun hat, aber letztlich doch seinen Ursprung dort hat.

Die Grenzen der Fotografie überschreitet Conrad Veit, denn er präsentiert seinen Film „Blastogenese X“, der auch auf der Berlinale gezeigt wird. Der Schwarz-Weiß-Film erinnert an frühe Surrealisten wie Buñuel der 20er und 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Veits Arbeit ist als Tierdokumentation angelegt, die die Diversität des Lebens feiert.

Im Keller des Künstlerhauses begegnen wir Mythen aus dem Regenwald von Sophie Allerdings unter dem Titel „Leuchtende Augen“. Während in der westlichen Welt die Natur als Objekt wahrgenommen wird, sehen die Ureinwohner des brasilianischen Regenwaldes die Natur als Subjekt. In ihren Bildern tauchen die mythologischen Figuren auf wie der Curupira, der seine Füße nach hinten gedreht hat.

Den Wahnsinn der fossilen Energieerzeugung zeigen die Bilder von Robin Hinsch unter dem Titel „Wahala“. Das Wort „Wahala“ stammt aus dem Nigerianischen und heißt soviel wie „Problem“. Und Probleme erzeugt die Ausbeutung von fossiler Energie eindrücklich. Ob Ölförderung in Nigeria, Tagebau in Deutschland oder – sehr erschreckend – brennende Kohle in Indien, der Abbau dieser Energien erzeugt immense Umweltzerstörung und Gewalt gegen Menschen, die dort leben (müssen).

Die Ausstellung ist im Künstlerhaus bis Ende Mai zu sehen, bis sie nach Koblenz weiterreist. Sollte es mit der Wiedereröffnung noch dauern, könnte der Zeitraum verlängert werden.