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Unheimliche Begegnung in der U-Bahn-Station

Die Geschichte in Markus Veiths Kammerspiel für zwei Personen „Die Erste Bahn“ hat schon etwas bizarr-surreales wie aus einem Sciencefiction Film. Ars tremonia war bei der Aufführung im Theater im Depot am 07. März 2015 dabei.

„Ach, und könnte ich doch
Nur ein einziges Mal
Die Uhren rückwärts drehen.“ (Kein Zurück, Wolfsheim)

Es gibt keinen Weg zurück in die Vergangenheit. Normalerweise. Außer im Kosmos des Sciencefiction. Dort kann der „Terminator“ oder Marty McFly in „Zurück in die Zukunft“ die Vergangenheit beeinflussen. Doch leider steht dem das sogenannte „Großvater-Paradoxon“ gegenüber. Wenn man hundert Jahre zurückreisen und dann seinen Großvater töten würde, um seine Existenz auszulöschen, bliebe die Frage, wie kann etwas, dass nie existiert hat, eine Zeitreise machen? Doch das ist die wissenschaftliche Wirklichkeit. Laut Heiner Müller soll ja Kunst (und dazu gehört auch das Theater) die Wirklichkeit unmöglich machen. Betrachten wir diese Geschichte also aus künstlerischer Sicht.

Kai , ein junger Mann sitzt etwa um das Jahr 2002 mit billigem Fusel frustriert auf einer rostigen U-Bahn Bank. Er hat die letzte Fahrt verpasst und muss nun ein paar Stunden an der vermüllten U.Bahn-Station überbrücken. Die erste Bahn fährt erst wieder um 5 Uhr morgens.

Zu ihm gesellt sich eine Frau mit Namen Helen im roten Lackmantel, die sich krampfhaft an ihrer großen Tasche festhält und sich seltsam verhält. Plötzlich zückt sie eine Waffe und erklärt, sie sei seine Tochter und komme aus der Zeit Ende der 30-iger Jahre dieses Jahrtausends und sei seine Tochter. Sie hat den Auftrag, ihn im Dienst der Zeitreisen-Forschung zu eliminieren. Wie das Publikum erfährt, will sie aber vor allem ihre verkorkste Existenz nicht nur beenden,, sondern durch seinen Tod komplett auslöschen. Kai reagiert zunächst mit ungläubiger Ironie. Helen verblüfft ihn jedoch mit genauen Kenntnissen seines nicht geraden Lebenslaufes.

Helen erzählt den erfreuten Kai, dass sein großer Wunsch, einen Bestseller mit dem Roman „Midas“ zunächst in Erfüllung gegangen ist. Dieses Buch voller Gewalt und Obszönität bleibt sein einziger internationaler Erfolg mit traurigen Folgen. Viele junge Menschen haben sich nach dem Lesen dieses Romans die beschrieben Gewaltexzesse als Vorbild genommen, erst danach kam es auf die „schwarze Liste“. Hier begibt sich Autor Markus Veith in eine ziemlich kontroverse Debatte über „fiktionale Gewalt“. Schon zu Beginn ist ein kleiner Ausschnitt aus „Helter Skelter“ von den Beatles zu hören und im Stück sagt Helen dazu, dass dieses Lied Charles Manson zu seinen Morden angestiftet hätte. Schön und gut, würde dies bedeuten, dass auch „Helter Skelter“ auf eine Schwarze Liste gehört? Was wäre dann mit den „heiligen Büchern“, auf die sich so viele Täter bei ihren Morden und anderen Untaten berufen?

Helen spielt eine ähnliche Rolle, die früher in den griechischen Tragödien dem Orakel vorbehalten war. Sie weiß über die Zukunft und informiert den unfreiwilligen Fragesteller. Ob Kai nun mit diesem Wissen, seine und damit Helens Zukunft beeinflusst, bleibt offen. Denn das bleibt die Frage: Ist meine Zukunft determiniert oder kann ich durch meinen freien Willen die Zukunft selber gestalten?

Das Spiel zwischen Sandra Wickenburg als Helen und Lars Lienen als Kai nimmt im Laufe des Abend deutlich an fahrt und Intensität zu. Lienen mimt den locker, oberflächlich coolen und abgeklärten Kai mit Spielwitz, bis zu Ende hin die Fassade bröckelt.

Wickenburg spielt den gebrochenen , sensiblen und am Anfang etwas unsicheren Typ der Helen mit all ihren kleinen Aggressions-Ausbrüchen eindringlich und glaubhaft.

Ein unterhaltsamer zugleich aber auch nachdenklicher Theaterabend.

Am Sonntag, den 29.03.2015 ist um 18 Uhr noch einmal Gelegenheit, sich dieses interessante Schauspiel anzusehen.

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Besuch aus der Zukunft

Lars Lienen (Kai) trifft seine Tochter Helen (Sandra Wickenburg) in der U-Bahn-Station. (Foto: © Theater im Depot)
Lars Lienen (Kai) trifft seine Tochter Helen (Sandra Wickenburg) in der U-Bahn-Station. (Foto: © Theater im Depot)

Skurrile Geschichte: Da verpasst Kai die letzte Bahn, muss also stundenlang in einer U-Bahn-Station ausharren, als er plötzlich Besuch bekommt. Es ist seine Tochter Helen. Aus der Zukunft. Mit dem Ziel, ihn zu töten und damit ihre Existenz auszulöschen. Doch aus einem geplanten Mord wird eine höchst ungewöhnliche Vater-Tochter-Geschichte, die im Stück „Die erste Bahn“ von Markus Veith erzählt wird. Es spielen Sandra Wickenburg und Lars Lienen. Premiere ist am 20. Februar 2015 im Theater im Depot.

Zeitreisen sind ein beliebtes Sujet in der Sciencefiction-Literatur und auch im Film wie beispielsweise beim „Terminator“ und bei „Zurück in die Zukunft“. Lassen wir das Zeitparadoxon auch „Großvaterparadoxon“ genannt mal außen vor, geht es bei „Die erste Bahn“ eher darum, dass jemand der Spiegel vorgehalten wird. Nach dem Motto: Schau mal, so wirst du in der Zukunft sein. Und das scheint nicht gerade das positivste Erscheinungsbild zu sein.

Wie geht die Geschichte weiter? In der ersten Bahn soll Kai die künftige Mutter von Helen kennenlernen. Aber im Verlauf des Stückes kommt Helen der Verdacht, dass sie vielleicht schon gezeugt wurde und daher zu spät kommt.

Neben der Premiere am 20. Februar um 20 Uhr wird das Stück noch am 07. März (20 Uhr) und am 29. März (18 Uhr) gezeigt.