Schlagwort-Archive: David Mellin

Emerging Artists – Ausstellung und praktische Hilfe

Die vierte Ausgabe der zweijährlich stattfindenden Veranstaltung „Emerging artists“ zeigt nicht nur Arbeiten von acht Künstlerinnen und Künstlern, sondern hat auch ein interessantes Rahmenprogramm mit Seminaren, die jungen Kunstschaffenden den Start ins Berufsleben vereinfachen sollen. Die Ausstellung läuft vom 27.11.21 bis zum 13.02.22 in der UZWEI im Dortmunder U.

Neben den Seminaren stehen natürlich die Künstlerinnen und Künstler im Mittelpunkt. Um diese auch gut zu präsentieren, wird für jede Ausgab von Emerging Artists ein neues grafisches und szenografisches Konzept von Studierenden entwickelt. Für die Szenografie waren Ins Meyer und Lara König zuständig. Jede Künstlerin oder Künstler hat in der UZWEI einen eigenen Raum, getrennt durch transparente Rasterfolie.

Künstlerinnen und Künstler, Organisatorinnen und Organisatoren und weitere Altive von EMERGING ARTISTS in der UZWEI. (Foto: © Monika Hanfland)
Künstlerinnen und Künstler, Organisatorinnen und Organisatoren und weitere Altive von EMERGING ARTISTS in der UZWEI. (Foto: © Monika Hanfland)

In den Arbeiten von Sophia Weber werden die Auswirkungen von Krieg und der Technologie kritisch hinterfragt. Beispielsweise eine Drohne, die einerseits als sinnvolles Spielzeug für Landschaftsfotografie benutzt werden, aber auch dazu, um Leute zu töten. In der anderen Arbeit, einem Buchprojekt, werden Bilder von Verletzungen für 1. Hilfe Schulungen als Symbol für Kriegsverletzungen benutzt.

Die Malerei von Lucia Danieleit ist auf das Wesentliche reduziert und spielt mit Kitsch und Geschmack, sodass eine Art Parallelwelt sichtbar wird. Die Darstellungen in ihren Arbeiten scheinen irgendwie nicht möglich zu sein, oder vielleicht aber doch. Das muss der Betrachtende entscheiden. Generell interessiere sie sich für Menschen, so die Künstlerin.

Die fotografische Serie „Asking For The Sun“ von Steven Natusch entstand während eines mehrmonatigen Aufenthalts in Portugal. Den Bildern zeigen eine gewisse Nostalgie, eine Schwermut, die für Portugal typisch ist und dort Saudade genannt wird. Seine Fotos wirken wie lyrische Gedichte und sind offen assoziativ.

Lisa Grätsch arbeitet mit dem iPad. In ihren Arbeiten verbindet sie die Themen Erinnerung und die Mutter-Tochter-Beziehung. Die Werke sind collagenhaft, zeigen das Dilemma der Authentiziät und Fiktion. Denn können wir uns wirklich auf unsere Erinnerungen verlassen oder werden sie korrumpiert?

Mit Blender erschafft Philipp Hermeling virtuelle Welten, in der ein kleines Baby im Mittelpunkt steht. Obwohl die grafische Darstellung sehr genau ist, bleibt es für den betrachtenden etwas distanziert. Der „cuteness“ des Babys scheint noch etwas zu fehlen, die Illusion scheint nicht ganz perfekt.

Die Arbeiten von David Mellin befinden sich an der Schwelle zwischen digitaler Malerei und traditioneller Tafelbildmalerei. Eingescannte Malspuren dienen als Vorlage zur weiteren Bearbeitung mit selbstgemachten Farben. Dieses Spiel mit den Sehgewohnheit wird besonders deutlich, wenn die Bilder einen spiegelnden Effekt besitzen wie bei einem Display und sogar die typischen Kratzer aufweisen.

Alesha Klein ist Bildhauerin, deren Arbeiten von der Natur inspiriert sind. Sei es das Material selbst wie Schiefer oder Stahl oder die Abformung in Stuckmarmor. In ihrem ausgestellten Werk ist eine dezente Soundcollage gearbeitet, die der Arbeit eine weitere Dimension verleiht.

Constantin Grolig interessiert sich für die Materialbeschaffenheit und die Möglichkeiten der Formgebung. Seine Bildmotive sind von einer nebulösen Atmosphäre durchdrungen, sie zeigen beispielsweise die künstliche Lichtarchitektur des Stadtraums bei menschlicher Abwesenheit.

Zu der Ausstellung sind Postkarten zu den Künstlern erschienen sowie ein Flyer zum Begleitprogramm. Das Begleitprogramm ist offen für alle Interessierten. Aber eine Anmeldung ist verpflichtend. Informationen dazu gibt es auf der Internetseite www.emerging-artists.com

Offene Nordstadtateliers 2021 – ein zweitägiger Spaziergang zu Kunst in der Nordstadt

Am 04. und 05. September 2021 fanden wieder die Offenen Nordstadtateliers in Dortmund statt. Die Veranstaltung, die alle zwei Jahre über die Bühne geht, war coronabedingt etwas geschrumpft, sodass nur ein kleiner Teil der Künstlerinnen und Künstler mitmachte. Sicherlich haben einige auch wegen der geforderten Hygienebestimmungen dieses Jahr nicht mitgemacht. Dennoch boten die Offenen Nordstadtateliers einen schönen Einblick in die Ateliers und Werkstätten der teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler.

Meine Tour am Samstag begann außerhalb der Nordstadt, denn Marika Bergmann hatte ihr Atelier an der Rheinischen Straße, also im Unionsviertel, geöffnet. Doch geöffnet ist der falsche Begriff, denn ich konnte einen Blick auf die Kunst nur durch die Fenster erhaschen. Ob diese Aktion wegen Corona so durchgeführt wurde oder ob die Künstlerin ihr Atelier später öffnete, bleibt leider offen.

An zwei Tagen öffneten Künstlerinnen und Künstler ihre Türen bei den Offenen Nordstadtateliers.
An zwei Tagen öffneten Künstlerinnen und Künstler ihre Türen bei den Offenen Nordstadtateliers.

Denn weiter ging es ins Künstlerhaus am Sunderweg. Dort ist die Ausstellung „science-ex“ zu sehen, die bis zum 10. Oktober 2021 läuft. Insgesamt zehn Künstlerinnen und Künstler blicken zurück auf die Sciencefiction Geschichten des 20. Jahrhunderts. Darüber hinaus hatten die dort arbeitenden Künstlerinnen und Künstler ihre Ateliers geöffnet und luden zu einem Gespräch mit den Besuchenden ein.

Danach stattete ich der Galerie „der kunstbetrieb“ einen Besuch ab. Präsentiert wurde die Ausstellung „Grauzone“, an der sich die bekannten Künstlerinnen und Künstler der Galerie wie Klaus Pfeiffer, Mathes Schweinberger, Sylvia Reusse, Udo Unkel oder Anke Droste beteiligten. Schweinberger zeigte seine beeindruckenden Zeichnungen aus der Nordstadt, Udo Unkel seine filigranen Stahlfiguren und Sylvia Reusse malte unter dem Titel „Grauzone A1“ eine Person in einer Burka, die natürlich in die aktuelle Berichterstattung zu Afghanistan passt.

Wenige Straßen weiter hatte Hendrik Müller das „Müllers Kabinett“ geöffnet. Seine neue Serie dreht sich um ein ernstes Thema: Plastik. Dazu hat er einen „Plastikmensch“ in verschiedene – von Menschen veränderte – Landschaften gestellt. Die schwarze Figur steht stellvertretend für unseren Gebrauch von Plastik, das nichts weiter als ein Synonym für Öl ist, denn Plastik wird schließlich aus Öl hergestellt. Die Figur auf seinen Bildern sieht ein wenig aus wie ein ölverschmiertes Tier, aber auch Sciencefiction Assoziationen kommen auf. Müller hat bereits 10 Bilder gemacht, es werden sicher noch welche folgen.

Der nächste Besuch führte mich in die Westerbleichstraße. Dort befinden sich die Ateliers W53 und W55. In W53 zeigte Ute Brüggemann ihre Zeichnungen und Malerei. Von Tierbilder bis hin zu Industrieansichten sind ihre Motive sehr vielfältig. Beeindruckend sind ihre Bilder, die von alten schwarz-weißen Familienfotos inspiriert sind und mit Farbe den Geist der alten Bauerngesellschaft atmen. Ingrid Schmechel präsentiert dreidimensionale Objekte, die aus Kinderspielzeug entstanden sind. Die einzelnen Elemente wie beispielsweise Tipp-Kick-Tore werden zu komplexen Strukturen zusammengesetzt. Andere Arbeiten von ihr kombinieren alte Postkarten mit kleinen Plastiksoldaten, die somit eine neue Aussage bekommen.

Im Nebenhaus W55 hatte Christina Kreymborg ihr Atelier geöffnet. Sie benutzt für ihre Werke unterschiedliche Materialien und bringt alte Sachen in neue Zusammenhänge. So entstehen neue plastische Bilder, die auf alten Gemälden aufbauen. Nebenan hat Andrea Fortmann ihr Atelier. Die studierte Grafikdesignerin fing mit Zeichnungen an und konnte sich zunächst nicht vorstellen, mit Farbe zu arbeiten. Doch mit der Zeit wurden ihre Arbeiten abstrakter, zunächst fein flächiger, ihre neuesten Arbeiten sind Dank den vielen Linien viel lebendiger geworden. Für ihre Bilder vergibt sie keine Titel, denn die Bilder müsse auf die Menschen wirken, findet die Künstlerin.

Die Kunstdomäne in der Schillerstraße hatte natürlich auch für die Besucherinnen und Besucher geöffnet, die dort vertretenden Künstlerinnen und Künstler Karina Cooper, Anette Göke, Sylvia Jäger, Sandra Lamzatis, Franz Ott und Rita-Maria Schwalgin öffneten ihre Ateliers.

Der letzte Weg am Samstag führte mich ins depot. Hier hatten Monika Ihl und Suse Solbach ihre Türen für die Öffentlichkeit geöffnet. Monika Ihl arbeitet vor allem mit Glas, aber auch mit anderen Materialien wie Holz. Sie interessiert sich sehr für Strukturen und Oberflächen und arbeitet sehr konzeptionell. In der Serie „Verknüpfungen“ werden verschiedene Materialien wie Holz und Glas zu einem neuen Objekt verbunden. Suse Solbach sammelt Naturobjekte wie Zweige oder Äste, die sie mit Wachs überzieht und danach Farbe aufträgt. Die Farbe produziert sie weiter, indem sie Pinselwasser für neue Farbe benutzt. Darüber hinaus erstellt sie kleine Kisten, in denen sie ihre Kunst zum Entdecken packt.

Am nächsten Tag ging es um 11 Uhr pünktlich los zum Beginenhof Dortmund. Hier hatte Kersten Versteylen seine Arbeiten ausgelegt. Der Künstler arbeitet mit digitalen Fotografien, die er weiter bearbeitet. Manchmal bleiben sie relativ original, manchmal werden sie stärker bearbeitet. Seine Motive stammen vorwiegend aus Dortmund und reichen von Pflanzen bis hin zu Details aus Industrieanlagen. Zudem zeigte Versteylen auch seine Videoarbeiten.

Ein weiterer künstlerischer Schwerpunkt liegt in der Lortzingstraße 26 und 28. Dietrich Lacker macht aus alten Metallgegenständen neue Kunstwerke. Sein Atelier „Durchs blaue Tor“ ist voll von „menschlichen“ Figuren aus Zangen und anderen Werkzeugen. Draußen stehen Kunstwerke aus einer alten Brötchenmaschine oder beispielsweise eine Kobra aus einem Schusterwerkzeug. Für Lacker ist es wichtig, dass ich so wenig wie möglich an den Teilen verändern muss“.

Das Atelier nebenan an der Lortzingstraße 26 beherbergt zwei (eigentlich drei) Künstler. Stefan Mischke und David Mellin. Mellin hat das Klein- und Mittelformat für sich entdeckt. Seine Bilder im Format von 25 × 21 cm stehen im Verhältnis 6:5. Er malt auf Holztafeln und versucht der traditionellen Tafelmalerei eine virtuelle Ästhetik zu geben. Auch er stellt seine Farben selbst her und ist fasziniert von dem Material Farbe. Stefan Mischke hingegen ist für die großen Bilder zuständig. „Das hat mit dem Raum zu tun“, so der Künstler. Seine Bilder zeichnen sich dadurch aus, dass sie von der Anzahl der Farben beschränkt sind. „Es dürfen nicht zu viele Farben sein“, erklärt er.

Um die Ecke befindet sich das Atelier 1, leider waren die beiden Künstler Darkko Lingo und Hakan Poyraz nicht da, aber ich durfte trotzdem einen kurzen Blick hineinwerfen. Poyraz arbeitet mit Acrylglas, das er wohl mit Schablonen beklebt und dann besprüht, sodass filigrane Strukturen entstehen. Die großformatigen Bilder von Lingo zeigen einen ungegenständlichen Hintergrund, auf dem Figuren plastisch daraufgesetzt wurden.

Das Nordstadtatelier an der Bornstraße hatte eine ungewöhnliche Idee. Dort hatten die Bewohnerinnen und Bewohner der Nordstadt vorher die Möglichkeit, Postkarten auszufüllen und auf Fragen zu antworten wie „Was ist typisch Nordstadt“ oder „Wie stellst du dir die Nordstadt in der Zukunft vor“. Die Besucherinnen und Besucher konnten nur von außen auf die Antworten schauen.

In der Oesterholzstraße 68 befindet sich das Büro Praktik. Dort hat sich das Künstlerpaar Leonie Ioannidis und Alexander Wertkind niedergelassen. Wertkind arbeitet mit der Konservierung von Objekten. Nach der Erstellung einer Gussform erschafft er aus Alabaster beliebig viele weitere, die wie das Original sehr detailreich sind. Darüber hinaus arbeitet er viel mit Pappe und erschafft mit diesem Material Fotoapparate oder Musikinstrumente.

Ioannidis hingegen arbeitet digital und erschafft mittels Apps ihre Werke. Sie versucht, die Methoden der klassischen Malerei mithilfe der digitalen Möglichkeiten nachzuempfinden.

Sabitha Saul hat sich dem vielschichtigen Thema „Freiheit“ gewidmet. Sie hat dabei überwiegend Geflüchtete in der Nordstadt fotografiert und sie zu einem Statement zum Thema „Freiheit“ gebeten. Es ist nicht verwunderlich, dass jeder Mensch den Begriff der Freiheit anders definiert. Es mag irritierend klingen, doch für Geflüchtete kann Freiheit bedeuten „von der Polizei beschützt zu werden“, während Einheimische sich vielleicht von der Polizei in ihrer Freiheit eingeschränkt fühlen.