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Taxi Driver – Fallstudie einer individuellen Radikalisierung

Die wegen einer Erkrankung verschobene Premiere von „Taxi Driver – Die totale Mobilmachung“ unter der Regie von Alexander Olbrich konnte zur Erleichterung der Organisatoren am 03.10.2020 im Theater im Depot stattfinden. Für das Theater wurde der Kultfilmklassiker um die Radikalisierung eines stillen Außenseiters hin zum skrupellosen Attentäter für die heutige Zeit überschrieben.

Der Hintergrund (Großstadtkulisse, Taxis u.s.w.) wurde wechselnd per Video auf eine Leinwand projiziert, das Sounddesign wurde von Lukas Rabl übernommen. Der Schauspieler Denis Merzbach spielte die Rolle des Taxifahrers Travis eindringlich, während seine beiden Kolleginnen Chris Nonnast (Zuhälter*in und Macht strebende Politikerin) Brit Purvin ( Minderjährige Prostituierte, Wahlkampfhelferin) in die unterschiedlichen Charaktere ihrer Doppelrollen schlüpften.

In diesen aktuellen Plot wurde eine starke ambivalente Politikerin (etwa angelehnt an Ursula von der Leyen), nicht ein männlicher Präsidentschaftskandidat eingebaut.

Das Geschehen spielt auch nicht in New York, sondern in irgendeiner europäischen Großstadt.

Der während seiner Militärzeit traumatisierte Taxi Driver erlebt während seiner nächtlichen Fahrten all den „Schmutz, Drogen, Prostitution und Verelendung“ in einer gespaltenen Gesellschaft. Für ihn „Abschaum“. Es ist wie in einer Art „Kampfzone“. In seiner „Taxi-Blase“ bekommt er alles verdichtet und geballt mit.

Eigentlich sucht er Glück, Anerkennung und Zuneigung. Seine Annäherungsversuche bei der Wahlkampfhelferin Helen müssen scheitern. Es prallen zwei unterschiedliche Welten aufeinander, und es gibt keine wirkliche Kommunikationsebene. Bezeichnet, dass dies schon beim Tanzen der beiden sinnbildhaft wird.

Beeindruckende Performance aller Schauspieler in "Taxi Driver". Hier zu sehen Chris Nonnast und Denis Merzbach als Hauptfigur Travis. (Foto: © privat)
Beeindruckende Performance aller Schauspieler in „Taxi Driver“. Hier zu sehen Chris Nonnast und Denis Merzbach als Hauptfigur Travis. (Foto: © privat)

Pornokinobesuche beeinflussen sein Frauenbild. Zurückweisung durch Helen und die empfundenen Kränkungen verstärken sein Gefühl der Missachtung. Der Versuch, eine minderjährige Prostituierte aus ihrer Situation heraus zu holen, schlagen fehl. Mit einem „missionarischen“ Eifer ändert er sein Leben und macht sich fit für „die totale Mobilmachung. Der Zwang, etwas tun zu müssen, da es „kein anderer macht“, wächst immer weiter.

Der Schauspieler benutzte zwischendurch auch eine Kamera, um sein Gesicht vergrößert auf die Leinwand zu projizieren. So waren die Emotionen für das Publikum deutlich sichtbar.

Die Politikerin hält im Parlament der EU eine Rede über die aktuellen Krisen- und Problemfelder. Ihr Mantra ist „Europa muss die Sprache der Macht wieder lernen“.

Die Lage spitzt sich zu und Travis wird am Ende zum Attentäter.

Die zunehmende Radikalisierung in einer gespaltenen und entfremdeten Gesellschaft wurde für die Zuschauer*innen auf der Bühne klar und (erschreckend) klar dargestellt.

Informationen zu weiteren Vorstellungsterminen erhalten Sie unter www.depotdortmund.de