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We fade to grey

Eindringliches Psychodrama über den Alltag einer Drohnenpilotin im Studio

Die „Simpsons“ wussten es schon lange: In einer Folge von 1997 erklärte ein Millitärausbilder Lisa und Bart, dass es im Krieg der Zukunft nur noch darum geht, Roboter und Drohnen zu bedienen. Mittlerweile haben auch Computerspiele das Genre des Drohnenkrieges entdeckt und so kann jeder auf seinem PC oder seiner Spielekonsole nachfühlen wie es ist, „Gott“ zu sein, wie es die Titelfigur beschreibt.

Wo endet der Alltag? Wo beginnt der Krieg? Es war ein nicht so leichter Stoff, mit dem das Publikum bei der Premiere von „Am Boden“ (George Brant) unter der Regie von Thorsten Bihegue im Studio des Dortmunder Schauspiels konfrontiert wurde. Thematisch ist „Am Boden“ verwandt mit dem Film „Good Kill – Tod aus der Luft“, auch hier gerät die Titelfigur in einen moralischen Zwiespalt.

Die junge erfolgreiche namenslose Air Force-Pilotin, beeindruckend von Alexandra Sinelnikova in all ihren Facetten gespielt, wird nachdem sie ihren „Traummann“ trifft schwanger und wird schwanger. Das ändert ihr Leben auf dramatische Weise. Die stolze Pilotin, die sich immer als „Heldin der Lüfte und des blauen Himmels“ sah, wird nach ihrem Schwangerschaftsurlaub in ihre Heimat in Nevada zu einem Bodeneinsatz-Stützpunkt versetzt, um im Schichtdienst mit Kampfdrohnen durch Afghanistan zu navigieren, um gegebenenfalls anonymen Schießbefehlen Folge zu leisten. Aus dem blauen Himmel wird der Bildschirm mit der grauen Wüste. Das Sterben findet zehntausende Kilometer entfernt und erscheinen ihr in einem seltsamen Grau.

Das Grauen holt sie langsam aber sicher ein und die Grenzen zwischen Verantwortung für die Familie, dem Berufsalltag und zwischen Illusion und Wahrheit verschwimmen immer mehr. Was sich jetzt entwickelt, ist ein Psychodrama mit einer sich entwickelnden Paranoia der Pilotin.

Die innere Zerrissenheit führt am Ende dazu, dass ihr Leben zu einem Schlachtfeld wird, in dem sie desillusioniert zurückbleibt…

Die Inszenierung ist eine gelungene Kombination von analogen und digitalen Element mit Live-Musik (Schlagzeug) und starkem Monolog.

Die Pilotin (Alexandra Sinelnikova) im God-Modus: Sie lässt von oben her den Tod regnen. (Foto ©: Birgit Hupfeld)
Die Pilotin (Alexandra Sinelnikova) im God-Modus: Sie lässt von oben her den Tod regnen. (Foto ©: Birgit Hupfeld)

Die Leinwand mit den passenden Video-Projektionen im Hintergrund zeigt zunächst friedliche Bilder der des Beginns der Liebe und Entstehung der Familie, um dem Publikum einen erschreckend realen Einblick in die (mögliche) moderne technologisch-virtuelle Kriegsführung zu geben. Man sitzt sozusagen mit der Pilotin vor dem Bildschirm und ist emotional nah bei ihr.

Auf der rechten Seite der Bühne stand ein riesiges Regal mit dreißig Kartons, das multifunktional eingesetzt wurde. Es diente der entweder zum Aggressionsabbau der Pilotin, oder beinhaltete Familienfotos, rosa Stoffponys (der Tochter) und den Sitzhocker der Protagonistin.

Musikalisch atmosphärisch passend unterstützt wurde das Geschehen auf der linken Seite von Manuel Loos (Schlagzeug). Die Stimmungen wurden sensibel von der Musik, mit Hip-Hop und anderen Grooves begleitet und unterstützt. Zweimal trat Loos auch als allerdings stummer Ehemann„Eric“ neben der Pilotin auf.

Die junge Schauspielerin Alexandra Sinelnikova strahlte nicht nur in ihrem hellblauen Piloten-Uniform großes Selbstbewusstsein aus, sondern zog das Publikum in der Darstellung all ihren Facetten in den Bann. Das Spektrum reichte von Stolz, Größenwahn, Lebensfreude bis hin zur Wut und Paranoia.

Es gelang ihr, einen berührenden und intimen Einblick in das Leben und Fühlen einer jungen Kriegspilotin zu geben.

Eine starke Aufführung, die unter anderem auch die Gefahren einer anonymisierten modernen virtuellen Drohnen-Kriegsführung vor Augen führt.

Weitere Aufführungstermine erfahren Sie wie immer unter www.theaterdo.deoder Tel.: 0231/ 50 27 222.

Am Boden – Monolog um das Leben einer Kriegspilotin

Im Studio des Dortmunder Schauspiels findet am Freitag, den 30.11.2018 die Premiere von „Am Boden“ (George Brant) unter der Regie von Thorsten Bihegue statt.

Es ist der erste Soloabend von Alexandra Sinelnikova, seit der Spielzeit 2017/18 festes Mitglied im Ensemble am hiesigen Schauspielhaus. Ihr zur Seite steht der Musiker Manuel Loos live am Schlagzeug.

In Form eines inneren Monologes spielt Sinelnikova eine erfolgreiche und selbstsichere Air Force-Pilotin, die von sich in der „Ichform“ spricht. Nachdem sie ihren Traummann kennengelernt hat, wird sie schnell schwanger. Nach ihrem Schwangerschaftsurlaub wird sie zurück in ihre Heimat Nevada versetzt. Sie soll ab jetzt am Boden vor dem Bildschirm sitzen und Kampfdrohnen durch Afghanistan navigieren. Die Schießbefehle erfolgen anonym via Kopfhörer. Sie nimmt diese Bilder mit nach Hause, wo ihr zweites Leben als Mutter und Ehefrau wartet.

"Am Boden" ist ein Soloabend für Alexandra Sinelnikova. (Foto: © Birgit Hupfeld
„Am Boden“ ist ein Soloabend für Alexandra Sinelnikova. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Ihre berufliche Situation, die Überwachungssituation und die Einengungen durch ihre Kleinfamilie, so der Regisseur, hinterlassen bei der jungen Frau ihre Spuren. Der Krieg wird zum Berufsalltag, die Grenzen zwischen Freund und Feind, Heimat und Kriegsgebiet , Wahrheit und Illusion verschwimmen immer mehr. Die Situation wird allmählich immer surrealer und düsterer. Am Ende entsteht die Leere nach einem zerplatzten Traum.

Die Musik, zunächst noch an Soul und Hip-Hop angelehnt, wird dem sicherlich Rechnung tragen.

Es sollen aber, so Bihegue, durchaus auch lustige Momente zu Anfang eingestreut werden, bis die Stimmung zum Ende hin kippt.

Es ist ein knallhart recherchierter Monolog zwischen Kriegsdrama und Psychothriller. Die speziellen Video-Arts dazu stammen von Mario Simon. Zum einen ein ungewohnter Einblick in das Leben und Fühlen dieser jungen Kriegspilotin, und gleichzeitig in die moderne technologisch-virtuelle Kriegsführung unserer Gegenwart.

Für die Premiere am 30.11.2018 um 20:00 Uhr im Studio (Schauspiel Dortmund) gibt es noch Restkarten.

Nähere Informationen über weitere Aufführungstermine finden Sie wie immer unter www.theaterdo.de oderTel.: 0231/ 50 27 222