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Der Weibsteufel oder wenn die Schachfigur selbst aktiv wird

Auf den ersten Blick wirkt es so wie die klassische Dreiecksbeziehung. Eine Frau steht zwischen einem älteren und einem jüngeren Mann. Doch der österreichische Schriftsteller Karl Schönherr verfasste mit seinem Stück „Der Weibsteufel“ keine Geschichte über eine willenlose, getriebene Frau. Hier bestimmt die Frau letztendlich selbst ihr Schicksal. Fast schon ein Stück feministischer Literatur, dass das Theater glassbooth am 26.10.2018 zum ersten Mal unter der Regie von Jens Dornheim im Theater im Depot aufführte.

Regisseur Jens Dornheim hat dem Stück von 1914 einen Zeit- und Ortswechsel verpasst: Es spielt jetzt in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg und auch nicht mehr im bayerisch-österreichischen Grenzgebiet, sondern im Ruhrgebiet. Daher hat Dornheim auch die Sprache ins Hochdeutsche übertragen und nicht ins Ruhrdeutsche, um nicht einen ungewollten Comedyeffekt zu erzeugen.

Denn das Thema ist ernst: Der Mann (gespielt von Ulrich Penquitt) ist eine ältere kränkliche Person, die als Hehler für Schmuggelware arbeitet. Sein Traum ist es, aus dem „Rattenloch“ herauszukommen und ein Haus auf dem Marktplatz zu kaufen. Seine Frau, im Stück „Das Weib“ genannt, wird von Alexandra Lowygina gespielt. Sie ist jünger rund attraktiver als ihr Ehemann. Doch bisher ist sie ihm treu geblieben. Carl Bruchhäuser spielt den „Soldat“. In Dornheims Bearbeitung ist er Mitglied eines Freikorps. Der Soldat versucht, die Hehlerei des Mannes zu beweisen.

Das Fatale der Geschichte: Beide versuchen die Frau für ihre Zwecke einzuspannen. Der Soldat soll die Frau verführen, um so an die Informationen zu kommen, der Mann will seine Frau als Lockvogel benutzen, damit er bei seiner illegalen Tätigkeit ungestört bleibt. Zudem betrachtet er seine Frau als sein „Eigentum“.

Jetzt wird‘s spannend: Die Frau fühlt sich missbraucht und entwickelt ihre eigenen Pläne, die sie in die Tat umsetzt und im Laufe des Abends immer mehr an Selbstbewusstsein gewinnt.

Noch steht die Frau (Alexandra Lewygina) abseits, aber weder der Mann (Ulrich Penquitt) noch der Soldat (Carl Bruchhäuser) ahnen von ihren Plänen. (Foto: © Uwe Faltermeier / Theater Glassbooth)
Noch steht die Frau (Alexandra Lowygina) abseits, aber weder der Mann (Ulrich Penquitt) noch der Soldat (Carl Bruchhäuser) ahnen von ihren Plänen. (Foto: © Uwe Faltermeier / Theater Glassbooth)

In „Der Weibsteufel“ steht und fällt alles mit der Rolle der Frau. Sie ist die zentrale Figur. Erst als Schachfigur benutzt, dreht sie den Spieß um. Alexandra Lowygina zeigt sich dabei von ihrer besten Seite. Angefangen von der treuen, naiven Ehefrau über den verführerischen Vamp bis hin zur eiskalten Fallenstellerin, zeigt sie die Bandbreite ihres schauspielerischen Könnens.

Die Männer spielen nur die Nebenrollen, auch wenn sie glauben, die Hauptrolle zu sein. Ulrich Penquitt interpretiert den Ehemann als bedächtige Person, die glaubt, alles im Griff zu haben. Bruchhäuser hingegen zeigt den Soldaten zunächst als schneidigen Menschen, der forsch seine Karriere vorantreiben will. Doch die Frau erkennt schnell die geheimen Wünsche nach Familie und treibt ihn ins Verderben.

Neben den Schauspielern gab es weitere Gründe für das gelungene Stück: Die atmosphärische Musik von Danny-Tristan Bombosch und das in schwarz-weiß gehaltene Bühnenbild der Künstlerin Sabine Bachem, das Anleihen an den Expressionismus der 20er Jahre aufleben lässt.

Es war eine gelungene Premiere zum 15-jährigen Jubiläum von theater glassbooth. Ein Stück, das unter die Haut geht, aber dennoch Platz lässt für einige heitere Stellen. Drei tolle Schauspieler machen aus dem „Weibsteufel“ einen dramatischen Parforceritt.

Freitag, 02. November 19:00 Uhr, Magazin Gladbeck (ausverkauft)

 

Sonntag, 04. November 18:00 Uhr, Magazin Gladbeck (ausverkauft)

 

Donnerstag, 08. November 20.00 Uhr, Theater im Depot Dortmund

 

Freitag, 09. November 20:00 Uhr, Theater im Depot Dortmund

 

Samstag, 17.November 20:00 Uhr, Katakomben Theater Essen

 

Samstag, 24. November 19:30 Uhr, Rottstr 5 Theater! Bochum