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Vielschichtige Musik an der Grenze zwischen Jazz und Ambient

Das zweite Album des Dortmunder Trios „About Aphrodite“ mit dem Titel „Future Memories“ ist Ende Oktober erschienen. Auch wenn es vielleicht unter dem Genre „Contemporary Jazz“ eingeordnet wird, ist es doch viel mehr. Die Gruppe zeichnet sich wie schon beim Debut „Polaris“ durch starke Ambient-Elemente aus, hinzu kommen Bezüge aus der Klassik und Filmmusik.

Das Trio besteht aus Gilda Razani, die vor allem Theremin und Sopransaxophon spielt sowie das Instrument „The Pipe“, das eine Art Synthesizer ist, der mit dem Mund gespielt wird. Hinzu kommt Hans Wanning, der Klavier und Synthesizer spielt sowie Jaime Moraga Vasques am Schlagzeug.

Die Songs auf „Future Memories“ sind offensichtlich durch die Klimadiskussionen der vergangenen Jahre inspiriert, doch manche Lieder wie „Seclusion“ lassen auch auf einen Weltraumtrip hindeuten. Das ganze Album ist sowieso sehr vielschichtig, der Klangteppich lädt dazu ein, die Lieder öfter zu hören, denn dann fallen dem Hörer wieder ein paar neue Klänge auf.

"About Aphrodite" sind (v.l.n.r.) Hans Wanning, Gilda Razani und Jaime Moraga Vasques (Foto: © About Aphrodite)
„About Aphrodite“ sind (v.l.n.r.) Hans Wanning, Gilda Razani und Jaime Moraga Vasques (Foto: © About Aphrodite)

Den Beginn macht „Protection zone“. Hier beginnt das Klavier mit serieller Musik, gefolgt von einem hypnotischen Saxophon, Naturgeräusche erklingen, scheinbar entführt uns die Musik in ein unbekanntes verborgenes Land. Ruhige Phasen wechseln sich mit rhythmischen ab.

Der folgende Titel „Seclusion“ wirkt etwas technischer vom Sound. Hier geht die Reise möglicherweise ins Weltall, das Theremin erschafft einen sphärischen Sound, ideal zum Entdecken fremder Welten.

Bei „Reflector“ erkennt man am deutlichsten, dass es sich um ein Jazz-Trio handelt. Jazz-Rhythmen dominieren, aber immer noch ist der typische, unverwechselbare Sound von „About Aphrodite“ im Vordergrund. Der längste Track des Albums,

Mit „Last Resources“ ist wieder ein Umweltthema im Mittelpunkt. Das klagendes Theremin und die langsamen Klavier-Akkorde haben etwas melancholisches an sich, im Laufe des Stückes nimmt die Dynamik und Dramatik zu.

Was ist das Gegenteil von künstlicher Intelligenz? „Artificial Stupidity“. Mit tanzbarem Offbeat und Theremin überrascht das Trio den Hörer, es wird in der Mitte kurz wild und verrückt. Der Song könnte auch gut in einem Club gespielt werden. Mein Lieblingsstück auf dem Album.

Nach dem Offbeat Ausflug geht es mit „Future Memories“ zurück zum Jazz. Ein Loop von einer Art Orgel, Saxophon im Mittelpunkt, schöne langsame Steigerung des Tempos gegen Ende des Songs.

„Way out“ wieder sehr technisch, mit einem warmes Saxophon. Das Stück wird mit Minute zu Minute vielschichtiger vom Sound. Es könnte die Musik für das Ende von einem Film sein.

„Future memories“ ist ein wundervolles Album, ein gelungener Genre-Mix aus Jazz, Ambient und anderen Inspirationsquellen. Es lohnt sich, die Songs wegen ihrer Vielschichtigkeit öfter zu hören.

Mit Space-Jazz in die Umlaufbahn

Einen ungewöhnlichen Abend erlebten die Besucher beim Konzert von „About Aphrodite“ im domicil am 27. September 2019. Eine Mixtur aus Jazz, Elektronik, Ambient und Techno, Grooves und Loops erfüllte den ehrwürdigen Jazzclub. „About Aphrodite“ sind Gilda Razani (Theremin/Sopransaxophon/Elektronische Instrumente), Hans Wanning (Piano/Synthesizer/Elektronische Instrumente) und Jaime Moraga Vasquez (Percussion/Drums). Unterstützung holten sie sich beim Streichquartett der Duisburger Philharmoniker: Teruko Habu (Violine), Peter Bonk (Violine), Kasumi Matsuyama (Viola), Friedmann Dreßler (Violoncello).

Die Musiker verteilten sich nicht auf der Bühne, sondern spielten mitten im Publikum. Das wiederum saß drum herum. So wurde die Band Teil des Publikums und umgekehrt.

Hans Wanning an den Keyboards, Gilda Razani am Theremin und Jaime Moraga Vasquez am Schlagzeug sind "About Aphrodite". (Foto: © Anja Cord)
Hans Wanning an den Keyboards, Gilda Razani am Theremin und Jaime Moraga Vasquez am Schlagzeug sind „About Aphrodite“. (Foto: © Anja Cord)

Die Musik von „About Aphrodite“ ist schwer zu beschrieben, denn sie widersetzt sich jeglichen versuchen, in eine Schublade zu passen. Es sind starke Jazzelemente zu hören, daneben forderte die elektronische Musik wie Techno oder Ambient ihr Recht und Schlagzeuger Vasquez pumpte ordentliche Grooves in den Saal, wenn er nicht gerade den Sound durch verschiedenste Percussioninstrumente unterstützte.

Es war ein Sound, der Landschaftsbilder entstehen lässt oder vielleicht auch für das schwerelose Schweben im All beim Passieren von Jupiter geschrieben wurden. Titel wie „Seclude“, „Reflector“ oder „Artificial Unintelligence“ erschaffen den Soundtrack für den eigenen Film beim Besucher.

Es war eine gute Idee der Band, den überwiegend elektronischen Sound mit dem analogen Klang der Streichinstrumente zu kombinieren. Daraus ergab sich eine weitere Öffnung des Klangbildes.

Der überwiegende Teil des Programms bestand aus Songs, die für das kommende Album geplant sind. Das Stück „Syria“ von der CD „Memebran Music-Polaris“ hatte dagegen fast schon einen klassischen Charakter und wirkte durch das Spiel von Wanning wie aus der Spätromantik entlehnt. Wanning war in der Band, die ja viel mit Improvisation arbeitet, so etwas wie der Taktgeber, der zu den einzelnen Teilen überleitete. Deneben sorgt er mit seinem Synthesizerspiel für das solide Fundament, auf dem die Reise in ferne (oder nahe) Welten losgehen kann.

Gilda Razani, manchen bekannt als Saxophonistin der „Geierabend“-Band, spielte neben Saxophon auch ihr Theremin und „The flute“ von Soma laboratories. „The flute“ ist ein interessantes Instrument, das die menschliche Stimme so moduliert, dass sich spannende Klangeffekte ergeben. Zusammen mit dem Theremin, aus dem Razani auch wunderbare Melodiestimmen zauberte, fungierte sie quasi als Sängerin, die aber keinen Ton sang.

Mit einer Zugabe ging das spannende Konzert zu Ende. Man kann sich auf die kommende CD nur freuen.