Die Kinderbuchfigur Pinocchio von Carlo Collodi ist sicherlich jedem bekannt. Die Holzpuppe, die sprechen kann und nicht sehnlicher wünscht, als ein echter Junge aus Fleisch und Blut zu werden.
Doch auf dem Weg tappt der naive Pinocchio in jedes Fettnäpfchen und muss diverse Lernprozesse durchlaufen, bis er seinen Wunsch erfüllt bekommt. Zudem lernt er, dass Faulheit, Lügen und Ungehorsam nicht ungestraft bleiben. Anders als in der „schwarzen Pädagogik“ wie beispielsweise dem „Struwwelpeter“ begegnen die Autoritätspersonen Pinocchio aber verständnisvoll und nachsichtig. Eigentlich hat Pinocchio ja eine gute Intention und stürzt sich begeisterungsfähig in alle Abenteuer. Das ist auch, was die jungen AkteurInnen der Kulturbrigaden an dem Stoff fasziniert.
Die Abenteuer von Pinocchio erleben? Dann ins Fletch Bizzel. (Foto: (c) Kulturbrigaden)
Die Kulturbrigaden unter der Regie von Rada Radojčić verlegen die Handlung in eine fantastische Zirkuswelt. Die Musik wird live von Dixon Ra gespielt, der aber nicht auf der Bühne erscheint. Die Kostüme stammen von Anna Hörling.
Der Bühnenstoff wurde von Jürgen Poppig bearbeitet und die Aufführungsrechte liegen beim Verlag für Kindertheater Weitendorf.
äöü – Geh zur Ruh´: Gut, okay oder schlecht? Einfach müde!
Bei der Performance Geh zur Ruh´ lädt das Kollektiv äöü alle ins Theater ein, die dringend mal ein Nickerchen brauchen. Denn hier dreht sich alles um die Erschöpfung. Die beiden Performer:innen Patricia Bechtold und Johannes Karl treten dem Publikum in Kunstturnkostümen entgegen, die an vergangene vitale Zeiten erinnern. Doch jetzt sind sie einfach müde.
In einer klinischen Atmosphäre, irgendwo zwischen Irrenanstalt und Kurhaus, geben sie sich ihrer Erschöpfung hin. Ein mit Steppdecken verhülltes Doppelbett füllt den weißen Raum, auf dem die Performer:innen zuweilen ruhen oder ihre Müdigkeit zur Schau stellen. Im Hintergrund der Bühne thronen vier Säulen unterschiedlicher Größe, zwei davon präsentieren uns eine Kristallglas-Pyramide und einen antiken Tonkrug. Symbolträchtig wird diese Pyramide im Laufe der Performance befüllt und erwartbar überfüllt – der Tropfen, der das System zum Überlaufen bringt, gerinnt mahnend zu einer Pfütze auf dem Boden. Beiläufig, fragmentiert und unaufgeregt berichten die Performer:innen dem Publikum von verschiedenen Erschöpfungserzählungen – von schleichender Erschöpfung, von Abgeschlagenheit in Intervallen, von Überforderung bei scheinbarer Kontrolle, von selbstauferlegter Belastung, von permanenten Krisen und vom absoluten Zusammenbruch.
Die Frage, wie es dem anderen eigentlich geht, unterbricht und verbindet die Geschichten und wiederholt sich unermüdlich bei maximaler Müdigkeit. Das abgekämpfte „Geht’s dir gut?“ bleibt unbeantwortet und es ist dem Publikum überlassen, ob es darin Sorge, Wunsch oder Zwang erkennt. Doch die Erschöpfung endet nicht. Immer weiter hören wir, wie die alltäglichen Belastungen des Lebens den Abstieg unausweichlich provozieren, emotional unverfügbar machen, auslaugen bis zum letzten Tropfen, bis eine kleine Banalität wie die Aufgabe, eine Popcorn-Maschine zu putzen, zur schlussendlichen Katastrophe führt.
Johannes Karl und Patricia Bechtold von äöü geben sich der Erschöpfung hin. (Foto: (c) Simon Lenzen)
Einen träumerischen Kontrast zum Reigen der Kraftlosigkeit bildet das gelegentliche Schwelgen in Erinnerungen an das längst vergangene System der Kur-Anwendungen in Deutschland. äöü zeichnen es als Sinnbild für die seit Mitte der 90er-Jahre gesellschaftlich und politisch verworfene Vorsorge und stellen provokant die Frage, warum wir heute erst abbrennen müssen, um uns dann wieder neu aufzubauen. Denn was bleibt, ist eine politische Situation, in der das Ausruhen des Einzelnen zur Unruhe der Anderen wird. Ein Leben, in dem wir uns Erschöpfung nicht mehr leisten können und sie doch ständig da ist. Die Frage „Geht’s dir gut?“ mutiert schließlich zu einem „Kann ich dir helfen?“. Das Sorgen füreinander scheint der etwas trostlose Ausweg aus der Erschöpfungsschleife. Die Verschiebung des Kümmerns vom staatlichen in den privaten Raum wird dem Publikum als notgedrungenes Pflaster gegen die systematische Zerschlagenheit präsentiert.
Schließlich verwandelt sich die Bühne, gestaltet von Sofia Falsone, sukzessive vom sterilen Whitecube in eine kuschelige Stoffhöhle. In einem schwerfälligen Kraftakt suhlen, winden und schlängeln sich die Performer:innen durch unzählige Decken, die immer weiter den Raum bedecken und zu guter Letzt mit Seilzügen zu einem bühnenfüllenden Zelt aufgezogen werden. äöü lädt das Publikum ein, diesen Raum als Utopie des Ruhens, der Sorge, der Solidarität oder der Geborgenheit mit ihnen zu betreten – ein Ort, in dem selbst das vorherige Schreckensbild der Popcorn-Maschine kindliche Genüsse und Träume weckt.
Die Performance Geh zur Ruh´ war am 12. und am 13. April 2024 im Theater im Depot zu sehen.
Über das Leben, Werden und Vergehen
Im Dortmunder Kinder und Jugendtheater (KJT) hatte am 12.04.2024 „Unterm Kindergarten“ (Eirik Fauske, deutsche Übersetzung : Geesche Wartemann) unter der Regie von Annette Müller seine Premiere.
Die Inszenierung für Menschen ab 4 Jahren beschäftigt sich sensibel mit dem Thema Tod, Vergehen aber auch dem Werden sowie dem Kreislauf des Lebens.
Unterm Kindergarten: Rainer Kleinespel als Giraffe und Thomas Ehrlichmann als Wal. (Foto: (c) Birgit Hupfeld)
Die beiden Schauspieler Thomas Ehrlichmann und Rainer Kleinespel vom KJT-Ensemble führten zunächst behutsam und still pantomimisch in die Geschichte ein. Musik und Sound wurde passend von Michael Lohmann eingebaut.
In der Mitte des hell gestalteten Raums (Skelly) stand eine Holzkonstruktion mit Vorhang, die sowohl als Verortung für einen Kindergarten wie auch zur Projektionsfläche für verschiedene Bilder diente. Über einen Projektor wurden diese mit Hilfe diverser Folien als Mittel zur Geschichtserzählung auf die Leinwand projiziert.
Die traurige Ausgangssituation: Ein kleiner Vogel prallt bei seinem ersten Flug frontal an die Fensterscheibe des Kindergartens, stürzt ab und verstirbt. Ein Kind findet es und begräbt ihn. Es fragt sich, was passiert mit dem Tier? Was ist da los in der Erde? Ist da alles tot?
Daraus entwickelt sich eine wunderbar absurde, anarchisch-witzige große Geschichte. Um das Leben, Werden und Vergehen, sowie der Gleichwertigkeit aller Lebewesen. Letztendlich ist alles miteinander verbunden.
Die Schauspieler schlüpften mit viel Humor, wechselnden Mienenspiel in verschiedene fantasievoll gestaltete Kostüme. Ein Vogel oder Hahnkostüm dienten ihnen als humorvoll-lebendige Darstellung der Story. Zudem benutzten sie die großen Wale und Giraffen. Wie im Spiel erzählen sie mit Witz und Poesie von dem Vogelkind, der Giraffe, dem Wal, dem unermüdlichen Baggerfahrer, oder von Fossilien und einem in der Tiefe versunkenen Baum.
Ein Gebläse wird als Windsimulator benutzt, eine Bobby-Car als Laut-Instrument eingesetzt. Ehrlichman und Kleinespel bewiesen ihr Talent als Imitatoren unterschiedlichster Geräusche. Sprachlich wurden öfter kurze Sätze mit Wiederholungseffekt (Loop) genutzt. Das sorgte beim (jungen) Publikum für viele Lacher. Musik spielte bei der Aufführung eine wichtige Rolle.
Es wurde sogar ein Song über die Verbundenheit in Liebe und Tod live auf der Gitarre von Thomas Ehrlichmann gespielt.
Infos zu weiteren Aufführungsterminen erhalten Sie unter www.theaterdo.de oder Tel: 0231/ 50 22 416
INSOMNIA – Was uns schlaflos macht
Das Projekt „BE CONNECTED – Schlaflos in Dortmund“ hat über ein halbes Jahr junge Menschen mit Workshops in ihrer Kreativität und Darstellungsfreude gefördert. Passend dazu hat der Jugendclub 16Plus am Dortmunder Schauspiel unter der Regie von Sarah Jasinszczak ein neues Stück entwickelt. Für die schöne Choreografie sorgte Birgit Götz.
„INSOMNIA – Wenn meine Gedanken Pyjamaparty machen“ feierte am 28.03.2024 im Studio des hiesigen Schauspiels seine Uraufführung.
Jugendclub 16Plus bei „Insomnia“. (Foto: (c) Florian Dürkopp)
Die zwölf jungen Personen (darunter ein junger Mann) wurden atmosphärisch stimmig mit klassisch-hellen Pyjamas oder Nachthemden ausgestattet. Für den Schutz vor hellem Licht wurden sie mit pastellfarbenen Augenklappen ausgestattet. Jede(r) hatte ein plüschiges Kissen zur Verfügung. Dies wurde auch ausgiebig als multifunktionales Ausdrucksmittel genutzt.
Über ihnen schwebte eine weiße Wolke, auf der die jeweilige Uhrzeit während der Nacht eingeblendet wurde oder sich „Bernd das Brot“ mahnend meldete.
Eindrucksvoll stand auf der rechten Seite eine riesige leuchtende Vollmondkugel sowie auf der anderen ein offenes Hausgestell als Wohnungssymbol.
Das jugendliche Ensemble aus verschiedenen Perspektiven und Formationen auf die Farben der Nacht. Sie setzten sich mit ihren verborgenen Ängsten, dem gesellschaftlichen Druck (Familie, Schule, beruflicher Erfolg usw.), Versagensängsten, eventuell Mobbing u.a. auseinander, die zu Albträumen führen.
Außerdem spielen aber auch Wunschträume und Sehnsüchte eine Rolle, die zu einer Flucht in Träume führen können. Kurz wird auch die Möglichkeit, in seine Träume aktiv einzugreifen, angesprochen. Andere haben Angst vor dem Aufwachen, wenn sich nichts an ihrer prekären Situation ändert oder man wieder scheinbar hilflos den vielen Weltkrisen gegenübersteht.
Musik spielt eine große Rolle bei der gemeinsamen Stückentwicklung.
Patricia Kalde und Ley-Vannah Amani Monthé begeisterten mit ihren starken Stimmen mit einem Song aus der „Eisprinzessin“.
Am Ende steht der Song „Lila Wolken“ (Marteria, Yasha, Miss Platnum) für eine gemeinsame Feier des Lebens, egal wie reich oder klug man ist und woher man kommt.
Es bleibt spannend zu verfolgen, welche Wege die jungen Künstler*innen in der Zukunft beschreiten.
Die gelungene Premiere wurde mit einer ausgelassenen Aftershow-Party gebührend gefeiert.
Weitere Termine: 28.04 (18 Uhr), 9.5. (im Rahmen des Unruhr-Festivals)
Gemusical – ein Musical über Gemüse
Wie wurde eigentlich der „Sauerkraut“ zur „Kartoffel“? Mit dem Begriff „Kartoffel“ wird manchmal ein Deutscher oder eine Deutsche scherzhaft bezeichnet. Jetzt gilt das Nachtschattengewächs als Symbol für den typischen Deutschen. Doch woher kommt die Kartoffel eigentlich? Und die Tomate? Und die Avocado, die als Superfood aus europäischen Küchen kaum wegzudenken ist? Die Antwort: Aus Mittel- und Südamerika.
Nach „Boyband“ geht es jetzt um Gemüse. Das Performancekollektiv notsopretty präsentierte in ihrem Musical „Gemusical“ am 22. und 23. März 2024 im Theater im Depot die Reise der Kartoffel (gespielt von Anna Júlia Amaral) zu sich selbst. Mit Hilfe ihres Freundes Tom (Marco Gonzales) und einem Mitarbeiter des Mycelium Network Centers (Emmanuel Edoror) konfrontiert sich Kartoffel mit ihren Erinnerungen und einer Geschichte, die viel komplexer ist, als sie dachte. Wie ist die Kartoffel zu einem Symbol für Deutschland geworden, obwohl sie in Südamerika ihren Ursprung hat?
Die Antwort lautet Friedrich der Große, der auch in dem Stück einen Auftritt hat. Friedrich (im Stück Freddy genannt) erkannte das Potenzial der Kartoffel als preiswerte Nahrungsquelle für die wachsende Bevölkerung und setzte Maßnahmen zur Förderung des Kartoffelanbaus durch. Er ließ Kartoffelfelder anlegen und verordnete die Kartoffel als Grundnahrungsmittel für seine Armee und die Bevölkerung. Dadurch wurde die Kartoffel in weiten Teilen Europas als wichtiges Nahrungsmittel anerkannt und gewann an Popularität.
Doch die Geschichte der Nahrungsmittel hat auch seine Schattenseiten (passend zu Nachtschattengewächsen). Die Spanier und andere Kolonialmächte waren nicht auf friedlichen Austausch mit den indigenen Völkern aus. Die europäische Entdeckung und Kolonialisierung Amerikas ermöglichten nicht nur die Einführung neuer Pflanzen und Nahrungsmittel nach Europa, sondern waren auch eng mit Ausbeutung, Versklavung und Unterdrückung indigener Völker verbunden. Die Kartoffel war Teil dieses komplexen Netzwerks des Austauschs zwischen den Kontinenten und trug sowohl zur Ernährungssicherheit als auch zu sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen bei.
Wir, und damit meine ich nicht nur die Deutschen, haben der Kartoffel viel zu verdanken. Sie spielte eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Hungersnöten und der Ernährungssicherheit in Europa. Insbesondere während des 19. Jahrhunderts, als Europa von zahlreichen Missernten und Hungersnöten geplagt wurde, diente die Kartoffel vielerorts als zuverlässige Nahrungsquelle, da sie robust genug war, um widrige klimatische Bedingungen zu überstehen.
Aber mit Tomate und Kartoffel ist es nicht getan. Angebliches Superfood wie Chia oder Avocados (als Food-Influencerin Nina Weber) sind immer noch beliebt. Besonders Avocados haben eine schlechte Ökobilanz, weil sie einen enormen Wasserverbrauch haben und weil Wälder für Anbaugebiete gerodet werden. Der Avocadokonsum steig von 2016 bis 2019 auf ein Drittel. Anders als bei der Kartoffel ist unser Hunger auf die Avocado ein ernstes Problem für die Umwelt.
Ist die Kartoffel jetzt kulturelle Aneignung? Nein, eher eine gelungene Integration, ähnlich wie die Hugenotten fast 100 Jahre vorher in Preußen. Sie bereicherte den Speiseplan vieler Länder.
Das Kollektiv notsopretty verpackte ihre Kritik an koloniale Geschichte und Gegenwart geschickt in mitreißenden Songs und Choreografien. Absurdes, Lustiges und Trauriges war ebenso zu sehen, wie gut gemachte Kostüme. Alles in allem waren es zwei Stunden, die wie im Flug vorübergingen. Ein großes Lob an das gesamte Team von notsopretty.
Modernes Opernmärchen mit aktuellem Problembezug
In Opernhaus Dortmund hatte am 20.03.2024 die Familienoper (ab 8 Jahre) „Die Reise zu Planet 9“ seine Uraufführung.
Die Oper von Pierangelo Valtinoni (Libretto Paolo Madron basierend auf einer Vorlage von Paula Fünfeck) wurde von der Regisseurin Cordula Däuper zu einem fantasievollen-bunten musikalischen Märchen mit deutlichen Bezügen zu den Krisen unserer Zeit auf die Bühne gebracht. Sie führte das Publikum auf eine fantastische Reise mit buntschillernden Kostümen, wechselndem „stellaren“ Hintergrund und witzigen Effekten.
Denis Velev, Sooyeon Lee und Fritz Steinbacher Foto: (c) Björn Hickmann
Der von den Problemen und Volkszorn in seinem Reich überforderte König Krax von Abholzhausen (Denis Velev) begibt zusammen mit seinem macht- und habgierigem Berater Megapfiffikus (Fritz Steinbacher) auf eine Reise nach dem Planeten 9. Dort wird ein riesiger Schatz vermutet. Nicht ohne seine kluge Tochter, Prinzessin Lunatick (Sooyeon Lee), die sich mutig für Schutz der Umwelt und soziale Gerechtigkeit einsetzt. Sie treffen dort auf eine ihnen völlig fremden Kultur, und müssen sich zunächst mit deren Misstrauen auseinandersetzen.
Während König Quyobo (Mandla Mndebele), seine Frau Ikuma (Ruth Katharina Peeck, Junge Oper) den Fremden erst kritisch gegenüberstehen, verlieben sich dessen Sohn Quyokuma /Fantastikuss (Sungho Kim) und Lunatick ineinander. Mit der Kraft ihrer Liebe kämpfen sie gemeinsam passend zum „Kindertag“ für ein friedliches, respektvolles Miteinander und den Schutz von Leben und Natur. Mit Megapfiffikus steht ihren Zielen ein gefährlicher und egoistischer Gegenspieler im Weg….
Musikalisch märchenhaft schön begleitet wurde das Geschehen von der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Koji Ishizaka.
Eine wichtige Rolle spielte der Opernchor Theater Dortmund (Leitung Fabio Mancini) als Volksvertreter.
Auf der Bühne wurden einige verschieden großer Pappkartons genutzt, um mit viel Bewegung sehr fantasievoll multifunktional als Aussagefläche oder Baumaterial (z.B. Rakete) eingesetzt zu werden.
Trotz der schweren Thematik konnten die Sängerinnen und Sänger nicht nur mit ihren starken Stimmen, sondern auch mit einer gehörigen Portion Humor und Spielfreude überzeugen. Sie suchten den Kontakt zum jugendlichen Publikum.
Die anwesenden Schulklassen reagierten auf die Handlung ihrerseits öfter lautstark und lebhaft.
Ein Opernmärchen als Aufforderungen, vor allem aber auch an die jungen Menschen, sich verantwortungsvoll und mutig für den Erhalt der natürlichen Ressourcen, Offenheit gegenüber fremden Menschen und Kulturen, einem respektvollen Umgang gegenüber unserer Umwelt sowie Gerechtigkeit auf der Welt einzusetzen.
Weitere Vorstellungstermine: So. 21.04.2024 sowie So. 26.04.2024 um 16:00 Uhr., oder am Mo. 17.05.2024 um 11:00 Uhr.
Großes Kulturprogramm zur UEFA EURO 2024 in Dortmund
Die UEFA EURO 2024 wird am Freitag, den 14. Juni in München eröffnet und endet am Sonntag, den 14. Juli 2024 in Berlin. Einige Spiele werden auch in der wichtigen Fußball-Stadt Dortmund stattfinden.
Am 15.03.2024 wurde im Deutschen Fußballmuseum das umfangreiche Kulturfestival-Programm unter dem Motto „SPIELRÄUME“ von Manuel Neukirchner (Direktor des Fußballmuseums), Dr. Stefan Mühlhofer (Geschäftsführender Direktor Kulturbetriebe Dortmund) sowie Martin Sauer (EM Beauftragter unserer Stadt) in seinen wichtigen Teilen vorgestellt. Christian Scherney (stv. Geschäftsführung UEFA EURO 2024 Host City Dortmund) moderierte die Informationsveranstaltung.
Stellten das Kulturprogramm der UEFA EURO2024 vor: (v.l.n.r.) Manuel Neukirchner (Direktor Fußballmuseum), Christian Scherney (stv. Geschäftsführer UEFA EURO2024 Host City Dortmund), Dr. Stefan Mühlhofer (Geschäftsführender Direktor Kulturbetriebe Dortmund) und Martin Sauer (EURO2024 Beauftragter für Dortmund)
Angemessen für Dortmund als Stadt der Kultur und des Fußballs mit seinen vielen begeisterungsfähigen Fans wurden mehr als 60 Veranstaltungen, begleitenden Ausstellungen in Kooperation mit allen Kultursparten (u.a. Theater, Musik, Film, Talk, Kunst, Workshops) aus der Rhein-Ruhr-Region für ein einzigartiges Festival der Fußballkultur in Deutschland entwickelt.
Manuel Neukircher und die anderen Diskussionsteilnehmer wünschen sich vor allem ein friedliches, buntes, Europa verbindendes Erlebnis für die Menschen hier und alle Gäste. Gerade in diesen Zeiten besonders wichtig. Alle träumen von einem „Sommermärchen“ wie bei der Fußball WM 2006.
Auf alle Veranstaltungen und Events einzugehen, ist aus Platzgründen schwierig.
Ein paar kulturelle Highlights sollen hier jedoch erwähnt werden.
Am 15.05.2024 um 19.30 Uhr können interessierte Menschen im Theater Dortmund das dokumentarische Theaterstück „Die Nacht von Sevilla“ (1982) von Manuel Neukirchner als Leseinszenierung mit Peter Lohmeyer (Schauspieler) und Toni Schuhmacher (Ex-Torwart) erleben.
Rechtzeitig Karten sichern wird empfohlen.
Ein bedeutender Veranstaltungsort neben vielen anderen ist das für diesen Rahmen gemeinsam mit der Stadt Dortmund errichtete „Stadion der Träume“ im Deutschen Fußballmuseum.
Im DFM findet am 02. Und 03.05.2024 um jeweils 19:00 Uhr die Aufführung von „SPAASS“ des Kinder- und Jugendtheaters Dortmund für ein junges Publikum statt.
Ein Ereignis der besonderen Art kann man dort am 20.06.2024 erleben. Die Dortmunder Philharmoniker wird das EM-Gruppenspiel Spanien-Italien „musikalisch passgenau“ begleiten und interpretieren.
Der Friedensplatz wird neben dem Westfalenpark wieder ein Public-Viewing sein. Ein grüner Kunstrasenteppich wird von der Stadtmitte bis zum Westfalenpark führen. Eine Gabelung sogar bis zum Stadion.
Übrigens: Am 01.06.2024 ein kulinarischer Steetfood-Markt mit Köchen aus den EM-Teilnehmerländern auf dem Vorplatz des DFM statt.
Eine Beilage mit allen Terminen und Infos gibt es im Deutschen Fußballmuseum oder wird auch als Zeitungsbeilage (Funke Mediengruppe) zugestellt.
Infos /Tickets unter www.www.fussballmuseum.de oder Tel.: 0231/ 2222 1954 (di-fr 10.00 bis 16:00 Uhr)
Genauere Informationen zum Programm und Führungen der Dortmunder freien Kulturszene oder des Dortmunder Kunstvereins werden in nächster Zeit in einem anderen Beitrag vorgestellt!
Eine Reise in die Traurigkeit
Wenn es ein Landstrich gibt, das seit 4000 Jahren ständig in Kriegen und Konflikten lebt, dann ist es der Nahe Osten. Familien, die auseinandergerissen wurden, die Angehörige verloren haben, die Gewalt zieht sich durch die Jahrtausende.
Ein Teil davon erzählt die Familiengeschichte „Told by my mother“, die Ali Chahrour als Tanz- und Musikperformance im Theater im Depot am 14. März 2024 aufführte. Die Performance, die in intimen und herzlichen Geschichten von ikonischen Müttern und ihren Familien berichtet, von denen einige verstreut oder verschwunden sind. Ihre Stimmen betreten die Bühne, singen und erzählen, was einmal war, um zu retten, was noch übrig ist. Sie tanzen, um zu überleben, was bleibt.
Die Geschichte von „Told by my mother“ bringt Laila Chahrour, die Mutter mit ihrem Sohn Abbas, der mit 18 Jahren beschloss, sich den Kämpfern anzuschließen, und Ali Chahrour, Choreograf, Tänzer und Verwandter von Laila, zusammen. Er erzählt die Geschichte seiner Tante »Fatima« (ebenfalls eine Cousine von Laila), deren Reise darin bestand, ihr verlorenes Kind »Hassan« zu finden, das seit 2013 in Syrien vermisst wird.
Mit dabei sind die syrische Schauspielerin Hala Omran, die der Geschichte ihre Stimme leiht, sowie die Musiker Ali Hout und Abed Kobeissy. Der musikalische Ansatz der Aufführung bezieht sich auf die Lieder eben dieser Familien, die in Zeiten der Trauer und der Freude gesungen werden, ein kulturelles Erbe arabischer Volkslieder.
Ein eindrücklicher Abend, der meist erfüllt war von großer Traurigkeit. Diese Traurigkeit konnte man fast mit Händen greifen und sie erzählte von den Sorgen der Mütter über Verlust und Angst. Angst, ihre Kinder durch Krieg oder Rechtlosigkeit von einen Tag zum anderen zu verlieren oder nicht zu wissen, wo es ist.
Performende: Hala Omran, Leila Chahrour, Abbas Al Mawla, Ali Hout, Abed Kobeissy, Ali Chahrour
Regie & Choreografie: Ali Chahrour
Das ist unser Bad – Der Volksfeind
Am 09. März 2024 zeigte das Schauspielhaus Dortmund die Premiere von „Der Volksfeind“ von Ibsen in einer Bearbeitung von Julienne De Muirier. Das naturalistische Stück wurde von De Muirier ordentlich durchgeschüttelt und gerührt und dem Publikum serviert. Nur der Cocktail schmeckte nicht allen…
Ich persönlich finde moderne Interpretationen von klassischen Stücken nicht nur gut, sondern sogar notwendig. Denn ich möchte schon, dass die heutigen Probleme auf der Bühne thematisiert und verhandelt werden. Mich interessiert nicht, ob ein Adeliger eine Bürgerliche heiraten kann, mich würde interessieren ob der Spross eines mittelständischen Unternehmens eine Supermarkt-Kassiererin heiraten dürfte. Aber wir sind beim falschen Stück.
Antje Prust, Nika Mišković, Viet Anh Alexander Tran, Sarah Quarshie und Lukas Beeler als Bademeister in „Ein Volksfeind“. (Foto: (c) Birgit Hupfeld)
Das faszinierende beim „Volksfeind“ von Ibsen ist ja, dass es leider(!) immer noch hochaktuell ist. Was ist wichtiger: Der Profit oder die Gesundheit der Menschen oder der Natur. Wenig überraschend ist es meistens so, dass für den schnellen Euro oder Dollar vor allem die Natur und später dann die Gesundheit der Menschen leidet. Die Beispiele dafür sind Legion.
De Muirier versucht sich an einem Kniff und erzählt die Geschichte aus der Sicht eines Bademeisters. Halt stopp, aus der Sicht von fünf Bademeistern. Das Stück hat selbstverständlich auch seine komischen Momente, schließlich ist es ja auch eine „Katastrophenkomödie“, vor allem wenn die fünf AkteurInnen „Lösungen“ für die Klimakatastrophe diskutieren. Argumente wie „nie wieder fliegen“ oder „aufhören, außereuropäisch zu importieren“ zeigen die Diskrepanz der „aufgeklärten“ Menschen in Europa und Nordamerika, die eigentlich wissen müssten, was die Stunde geschlagen hat, aber zwischen „komplett unrealistisch“ und „Nichtstun“ hin- und herschwingen. Da zeigt das Stück seine Qualitäten.
Leider sind Teile dazwischen, die auf mich total unorganisch wirken. Plötzlich tauchen tanzende Bakterien auf, eine Bademeisterin macht Werbung für ihr neues Wasser, seltsame Diskussionen finden statt.
Keinen Vorwurf möchte ich den fünf Schauspielenden auf der Bühne machen: Viet Anh Alexander Tran, Nika Mišković, Sarah Quarshie, Lukas Beeler und Antje Prust machten noch das Beste aus der Vorlage.
Wer Ibsens „Volksfeind“ kennt und mit der Erwartung ins Theater geht, zumindest einige Teile oder handelnde Personen wiederzukennen, der wird sicher enttäuscht sein. Ich denke je weniger die Vorlage bekannt ist, desto eher ist die Chance unvoreingenommen in das Stück zu gehen.
Stückentwicklung um Loslassen, Bleiben und Außeneinflüsse
Die Regisseurin Hannah Biedermann hatte am 08.03.2024 ihre Premiere mit der Stückentwicklung „Wir sind hier“ im Studio des Schauspiels Dortmund.
Hierfür brachte sie in einer spannenden Konstellation vier Menschen mit verschiedenem Lebenshintergrund auf die Bühne. Diese Personen unterschieden sich in ihrem Alter (etwa 25 -75 Jahre) und Lebensabschnitt, Herkunft, Hintergrund oder Interessen.
Akasha Daley, Bärbel Göbel und Peter Jacob (Foto: (c) Birgit Hupfeld)
Die beiden Älteren waren Bärbel Göbel und Peter Jacob vom Dortmunder Sprechchor, denen die Schauspieler*innen Akasha Daley sowie Alexander Darkow (Ensemble Dortmund) gegenübergestellt wurden. Die beiden vom Sprechchor sind in Dortmund geboren und nicht wirklich weggekommen, die Schauspieler*innen für ein Engagement in unserer Stadt.
Die Zuschauer waren auf beiden Seiten rund um das Geschehen positioniert.
Vier offen-kleine (schnell auf- und abbaubare) verschiebbare Holzhausgerüsthäuschen wurden als Zeichen der Ankunft, Aufbruchs oder Bleibens von den Protagonisten multifunktional genutzt. Es ist Aufbruchstimmung und Koffer werden gepackt. Was ist wirklich von Bedeutung für uns, um mitgenommen zu werden? Welche nicht eingeschlagenen Wege bedauern wir?
Die Lebenswege von Alexander Darkow und Bärbel Göbel wurden anschaulich bildhaft mit Kreide auf dem Boden gezeichnet.
Es wurde dem Publikum viel Privates offenbart, aber auch selbst Fragen gestellt.
Neben den Gesprächen mit den vier Personen über ihre Erfahrungen und Lebensentwürfe wurden auch Interviews mit mehreren Menschen geführt.
Die großen Fragen waren: Wie sieht ein „erfolgreiches“ Leben aus? Sind wir alle frei in unseren Entscheidungen oder werden wir durch äußere Einflüsse wie Krieg, Hunger oder Umweltkatastrophen gezwungen, zu gehen? Was spielen Hoffnungen und Lebensträume für eine Rolle?
Hintergrundgeräusche und passende Musik wurde eingespielt, und wie bei Hannes Waders „Heute hier, morgen dort“, teilweise vom Publikum mitgesungen.
Eine interessante Stückentwicklung, die nahe an den Menschen aus unserer Stadtgesellschaft ist.