Große Bekenntniswerke beim 6. Philharmonischen Konzert in Dortmund

Das 6.
Philharmonische Konzert im hieigen Konzerthaus am 19. und 20.02.2019
stand unter dem Motto „Selige Stimmen“. Zwei große Komponisten
mit zwei persönlichen Bekenntniswerken standen im Mittelpunkt der
beiden Abende. Zum einen die mysteriös-unvollendete Messe c-Moll KV
427 von Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791), nach seinem Umzug
nach Wien und seiner Hochzeit mit Constanze Weber entstanden, zum
anderen die musikalische Liebeserklärung an Russland „Die Glocken“
op. 35 von Sergej Rachmaninow (1873 – 1943).

Für die beiden
herausragenden Werke wurde die ganz große Besetzung aufgeboten.
Neben den Dortmunder Philharmonikern unter der temperamentvollen
Leitung von Generalmusikdirektor Gabriel Feltz waren noch insgesamt
sieben Solosängerinnen und Sänger mit ausdrucksstarken Stimmen
sowie der renommierte Tschechische Philharmonische Chor Brno an den
Aufführungen beteiligt. Chormeister und Direktor dieses
eindrucksvollen Chors ist Petr Fiala.

Die
herausragende Messevertonung der europäischen Musikgeschichte von
Mozart, aufgebaut in Kyrie, Gloria, Credo und Sanctus, zeichnet sich
durch viele stilistische Ebenen aus. Sie ist gleichermaßen von
barocken Passagen wie auch von der italienischen Oper durchdrungen.
Die Sopranistin Akiho Tsujii hatte den größten Gesangspart zu
bewältigen und tat dies mit Bravour. Auch ihre Gesangskollegen Anna
Harvey (Mezzosopran, Benjamin Glaubitz (Tenor9 und Lucas Singer
(Bass) standen ihr in verschiedenen Konstellationen, ob Solo- im
Duett, Terzett oder am Ende als Quartett in nichts nach. Der
„typische“ Mozart, mit dem ihm eigenen Stil als Meister des
Kontrapunkts, war bei der Aufführung unverkennbar heraus zu hören.

Für „Die Glocken“ von Sergej Rachmaniniow wurde das große Orchester, dazu eine Solosängerin (Olesya Goloneva als Sopran), Maxim Aksenov (Tenor), der in Dortmund gut bekannte Luke Stoker (Bass) als Solosänger sowie der Tschechische Philharmonische Chor Brno als gewaltiges klangliches Fundament eingesetzt.

Der Komponist wurde
durch das Gedicht „The Bells“ von Edgar Allan Poe, frei übersetzt
ins Russische von Konstantin Balmont, zu seinem chorsymphonischen
Werk angeregt. Diese russische Übersetzung wurde für die
Aufführungen übernommen. So kommt viel „russische Seele“ rüber.

Unterstützt wurden die Dortmunder Philharmoniker beim 6. Philharmonischen Konzert vom eindrucksvollen Tschechischen Philharmonischen Chor Brno. (Foto: © Pavel Nesvatba)
Unterstützt wurden die Dortmunder Philharmoniker beim 6. Philharmonischen Konzert vom eindrucksvollen Tschechischen Philharmonischen Chor Brno. (Foto: © Pavel Nesvatba)

In vier Sätzen wird
hier der vor der Verbreitung der Uhr durch Kirchenglocken bestimmte
Lebensrhythmus der Menschen, den Rachmaninow gut aus seiner Heimat
von früher kannte, musikalisch dargelegt.

Glocken kommen im
Konzert auch in verschiedenen Größen und mit unterschiedlichen
Klangfarben, die hervorragen die verschiedenen Stimmungen in den
unterschiedlichen Lebenssituationen begleiteten.

Im ersten Satz
„Silberne Glocken“ steht die jugendliche Lebensfreude im
Mittelpunkt. Er beginnt mit einem hellen Läuten von Schlittenglocken
(Glockenspiel, Triangel, Celesta und Streicher). Der Solotenor
begleitete mit seiner vollen Stimme im Wechsel mit den Chor das
Geschehen.

Im zweiten Satz
erklingen „Hochzeitsglocken“, und die helle klare Stimme der
Sopranistin gesellt sich nach dem feierlichen Choreinsatz in die
fröhliche Stimmung ein und es endet mit dem Einsetzen von
Röhrenglocken zu freudigen Rufen des Chors.

Im Dritten Satz
„Sturmglocken“ wird die Wirkung der Feuer-und Alarmglocke auf den
Menschen musikalisch eindrucksvoll beschrieben. Es geht hoch her in
den Wirren des Lebens. Klage und Schreckensrufe des Chors und werden
kontrastreich und dramatisch mit dem Sopran gesteigert.

Die „Todesglocken“
im vierten Satz deuten auf das Lebensende hin. Elegisch-melancholisch
beginnt er mit dem Einsatz des Englischhorn. Er wird dann monoton
traurig begleitet vom Chor und dem tiefen warmen Bass. Atmosphärisch
eindrucksvoll ist der musikalische Wechsel von Aufbäumen im Schmerz
und dem Versinken in Trauer bis zum. Da kommt viel rüber, was man al

Ein wunderbares
Orchesternachspiel, das harmonisch und melodisch etwa an das Ende von
Wagners „Götterdämmerung“ erinnert, bildete den eindrucksvollen
Abschluss.




Starker Chor bei Dvořáks Requiem

Die lateinische Totenmesse hat viele Komponisten inspiriert. Denken wir an das wohl berühmteste Requiem von Mozart, das „Deutsche“ von Brahms oder an das „War Requiem“ von Britten. Auch Antonín Dvořák komponierte 1890 ein Requiem, was am zweiten Tag seiner Zeitinsel am 16. Mai 2014 aufgeführt wurde. Im Gegensatz zu „Rusalka“ einen Tag zuvor waren kaum slawische Klänge zu hören.

 

Das Requiem von Dvořák ist musikalisch sehr spannend, denn der Komponist nimmt einerseits Rückgriffe auf den typischen gregorianischen Gesang, der vor allem im erstenTeil, aber auch im „Offertorium des zweiten Teils hörbar wird. Andererseits sind deutliche spätromantische Einflüsse deutlich erkennbar oder Rückgriffe auf andere Musikstile wie der Wiener Klassik. Es erscheint, als hätte Dvořák aus dem Fundus der Vergangenheit das für ihn wichtigste herausgenommen, um sein Requiem zu schreiben.

 

Durch seine klaren Rückgriffe auf die Gregorianik bekommt das Werk einen ehrwürdigen, fast archaischen Charakter. Besonders im ersten Teil, der die Angst der armen Sünder für dem Tag der Abrechnung beschreibt, bekommt Dvořáks Musik einen beklemmenden Ton. Im zweiten Teil, der mehr von der Bitte um Vergebung geprägt ist, wird die Musik hoffnungsvoller, ja fast froher.

 

Dvořáks Requiem steht und fällt mit einem Chor. Hatte der Tschechische Philharmonische Chor Brünn noch bei „Rusalka“ eine fast unbedeutende Nebenrolle gespielt, übernimmt sie im Requiem die Hauptrolle und drängt die Solisten in den Hintergrund. Nicht das Juliane Banse (Sporan), Jolana Fogašová (Mezzosporan), Peter Berger (Tenor) oder Alejandro Marco-Buhrmester (Bass) in irgendeiner Weise schlecht gesungen hätten, auf keinen Fall, doch gegen die Stimmgewalt des Chores, die in beinahe magischer Weise die Töne in Energie umwandelten, die unter die Haut ging, waren sie zweiter Sieger.

 

Ein Chor braucht auch jemanden, der sie lenkt. Dirigent Iván Fischer meisterte die Aufgabe, sein Orchester, das Budapest Festival Orchestra,  und den Chor zu einer kompletten musikalischen Einheit zu schmieden.

 

Auch wenn mir „Rusalka“ musikalisch noch einen Tick besser gefallen hat, der zweite Abend der „Zeitinsel Dvořák“ enttäuschte auf keinen Fall.