Heldenhafter Kampf gegen die Monotonie

Die Damen von der Telefonzentrale (Dortmunder Sprechchor) erzählten von Burnout und Depressionen. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Die Damen von der Telefonzentrale (Dortmunder Sprechchor) erzählten von Burnout und Depressionen. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Herzlich willkommen zum „Tag der offenen Tür“ in ihrem Finanzamt. Was wie eine komische Idee klingt, gab und gibt es aber in der Realität. Julia Schubert präsentiert – zum ersten Mal als Regisseurin – in den Kulissen der „Borderline Prozession“ eine irre Reise durch die Räume eine fiktiven Steuerbehörde. Merkwürdiges, Verzweifeltes, Komisches wechseln in jeder Runde ab. „Heimliche Helden“ könnte der skurrile Zwillingsbruder der „Borderline-Prozession“ sein. Auch bei den „Heimlichen Helden“ sieht der Zuschauer nicht alles, es sei denn, er kommt öfter wieder. Da wir von Ars tremonia zu Zweit unterwegs waren, konnten wir bei der Premiere am 21. Oktober 2016 einen Blick in alle Räume erhaschen.

Wie bereits geschrieben, das Stück findet in den Kulissen der „Borderline-Prozession“ statt, genauer gesagt, im vorderen Teil. Es gibt acht Räume und den Garten, aber nur sieben Runden, die jeweils um die 10 Minuten dauerten. Natürlich unterbrochen von der Mittagspause („Mahlzeit“) Jeder Zuschauer erhält eine Karte mit einer Nummer. Dort ist penibel (wir sind ja in einer deutschen Steuerbehörde) aufgezeichnet, welche Räume in welcher Runde man zu besuchen hat. Nicht, dass noch etwas durcheinander kommt.

Doch am Anfang erzählte uns Frank Genser im Wartebereich über die „heimlichen Helden“: Die Beamten in der Steuerbehörde, die treu gegen die Monotonie ihres Tagesablauf ankämpften. Ich halte es aber eher wie Schriftsteller Terry Pratchett, der in seinem Buch „Das Licht der Fantasie“ eine Figur folgendermaßen charakterisierte: „Er machte graue Durchschnittlichkeit zu einer erhabenen Kunst, und in seinem Bewusstsein herrschte die gleiche dunkle, gnadenlose Logik wie in einer Beamtenseele“.

Stichwort: Grau. Schauspieler und Mitglieder des Sprechchores trugen beinahe allesamt diese schöne unbunte Farbe.

Für mich begann der Zug durch die Büros bei Herrn Genser, der gekonnt die Möglichkeiten darbot, wie man sich die Zeit vertrieb, wenn man nichts zu arbeiten hatte. Gekonntes Kugelschreiber bewegen von rechts nach links und ein kleines Theaterstück mit Spielfiguren. Danach hatte ich gleich in zwei Räumen die Konfrontation mit dem negativen Auswirkungen der sich ständig wiederholenden Arbeiten. Depression bei den Damen vom Telefondienst und Marlena Keil präsentierte eine Mitarbeiterin mit persönlichen Problemen.

Hier noch ein kleiner Einschub: Innerhalb der Räume wechseln sich die Szenen auch noch ab, so dass kaum jemand den gleichen Abend erleben wird.

Eine besondere Rolle spielte Uwe Schmieder, alias Herr Krüger. In ziemlich mitgenommener Kleidung schlürfte er schon zu Beginn durch den Gang. In dem kleinsten grottenartigen Raum der „Büros“ konnten die Besucher erfahren, das er schon über 35 Jahre im Steuerbüro gearbeitet hat und nun in den Ruhestand geschickt wird. Sein Wellensittich im Einweckglas hat diese Zeit nicht überlebt. Tragisch-komisch dargestellt.

Neben „normalen“ Büros, gab es auch noch sehr besondere Räume: Im Garten wurde das Betriebsfest vorbereitet und die Zuschauer durften mit Hand anlegen. Käsewürfel zurecht machen, an einer Büroklammergirlande basteln oder Buchstaben ausschneiden. Der abgefahrenste Ort war sicherlich das Auto mit den Einschusslöchern der Borderline Prozession. Hier unterhielten Ekkehard Freye und Thorsten Bihegue die Besucher auf ihre spezielle Art.

Zum Abschluss des Tages der offenen Tür stieg dann noch das Betriebsfest, bei dem der altgediente Kollege Krüger verabschiedet wurde und der Alleinunterhalter Rene Carmen drei Lieder sang.

Julia Schubert schafft es, zusammen mit dem Ensemble und dem Sprechchor, ein warmherziges Stück auf die Bühne zu bringen. Ein liebevoller und humorvoller Blick auf Typen und Situationen von Menschen, die eben nicht 24 Stunden, sieben Tage die Woche kreativ arbeiten müssen, dafür aber nach 17 Uhr den Stift fallen lassen können. Welches Leben ist das bessere? Das muss jeder Besucher für sich selber entscheiden.

Wann ist wieder Tag der offenen Tür in der Finanzbehöre? Am 01. und am 27. November 2106 oder unter www.theaterdo.de nachschauen.




Die Manege des Lebens ist geöffnet

Die Dressiernummer scheint zu klappen. Der Zirkusdirektor ist zufrieden. (Foto: © Birgit Hupfeld)
Die Dressiernummer scheint zu klappen. Der Zirkusdirektor ist zufrieden. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Am 12. März 2016 um 20 Uhr findet im Studio des Schauspielhauses die Premiere des neuen Jugendclubstücks „Watch me!“ statt. Alles wird sich um den Zirkus drehen. Die positiven Aspekte werden gezeigt wie den Glamour, aber auch die negativen Seiten wie Konkurrenzdruck.

Die sechste Produktion des Jugendclubs entstand unter der bewährten Begleitung der Theaterpädagogin Sarah Jasinszczak und es freien Theatermachers Thorsten Bihegue. In den vergangenen Herbstferien haben sich die Jugendlichen in einer Schreibwerkstatt zusammengesetzt und an einen Stück gearbeitet. Schnell kam die Idee „Zirkus“ auf und weitere Themenbereiche wurden erarbeitet. „Geld“ oder „was würde ich für Geld tun“ ist eines der Bereiche ebenso wie Jugend- und Tierschutz oder die „Selbstdarstellung“.

Zu einem Zirkus gehört natürlich auch ein Clown und so gab es für die Theaterpartisanen 16+ einen Clownsworkshop, um die verschiedenen Clownstypen kennenzulernen. Tiere spielen in den klassischen Zirkussen auch eine Rolle und so hat jeder der neun Spieler ein Alternativtier.

Die handelnden Figuren stammen natürlich aus der Zirkuswelt: Zirkusdirektor, Clown, zwei Trapezkünstlerinnen, die sich nicht grün sind, und die Assistentin des Direktors. Die Rollen sind klar verteilt: Der Zirkusdirektor möchte den Laden am Laufen bringen, während der Konkurrenzkampf zwischen den beiden Trapezkünstlerinnen für schlechte Stimmung sorgt und die Assistentin des Direktors hat auch nicht immer Lust auf gute Laune. Geht es den Bach runter oder hält man zusammen, denn schließlich ist man ja ein Team, oder? Dieser Kampf zwischen dem eigenen Dressiert werden und dem Zusammenhalten ist ein Thema in dem Stück.

Wie in einem Zirkus üblich, gibt es ungefähr 15 Nummern. Davon sind einige dabei, die man in einem Zirkus erwarten würde, manche sind eher aus dem Alltag, beispielsweise wenn das Handy klingelt und man es verzweifelt sucht.

Die Bühne und Kostüme Clara Hedwig und Vanessa Rust lassen die Welt des Zirkus aufleben, es ist bunt und glamourös und die Band trägt Uniformen ähnlich wie die Beatles bei „Sgt. Pepper“. Die Band ist die Zirkuscombo des inklusiven Projektes „gesamtkunstwerk e.v.“. Zu hören ist typische Zirkusmusik, aber auch Pop und Rap.

Weitere Termine sind am 13. März, 20. April, 18. Mai und 02. Juni 2016. karten und Infos unter www.theaterdo.de




Simrock’n‘ roll in der Spielbar

Thorsten Bihegue (links) und Maximilian Steffan gestalteten im Instutut eine gemütliche Leseatmosphäre.
Thorsten Bihegue (links) und Maximilian Steffan gestalteten im Instutut eine gemütliche Leseatmosphäre.

Es war zwar nicht der Siebenschläfertag, denn der ist am 27. Juni, aber auch Freitag, der 13. März ist mystisch aufgeladen. Thorsten Bihegue und Maximilian Steffan lasen an diesem Tag im Institut des Schauspielhauses unter dem Motto „Irgendwann ist immer“ aus einem bunten literarischen Sammelsurium.

Und immer wieder grüßte das Murmeltier, nein der Siebenschläfer oder besser: die Siebenschläfer. Karl Simrocks Märchen aus dem Jahre 1864 war der Basistext, zu dem immer wieder zurückgekehrt wurde. Man lernte dazu: Neben den Siebenschläfern in der christlichen Legende, gibt es Siebenschläfer auch im Tierreich. Sie sind „possierliche“ (Grzimek) Tiere, genauer gesagt gehören sie zur Familie der Bilche. Das bekamen die Zuhörer ebenfalls erklärt.

Weitere Texte stammten von Charles Bukowski, Zahlengedichte und weiteres skurriles aus der literarischen Grabbelkiste wurde geboten.

Die Highlights waren auf jeden Fall die Übersetzungen von englischen Raptexten und Erotikliteratur durch Google Translate.

Garniert wurde die Lesung durch herrlich absurde Videos und die Zuschauer lernten Thorsten Bihegue als Fotokünstler kennen. Dass er Musik macht, dürfte den Kennern bereits bekannt sein, auch hier spielte er auf der Ukulele und ein Lied von Christian Anders („Das Schiff der großen Illusionen“).




Theaterpartisanen auf Identitätssuche

Auf der Suche nach Identität: Mia Katharina Reiss, Helena Demantowsky, Max Kurth, Esther Wegelin und Finnja Loddenkemper. (Foto: ©Birgit Hupfeld)
Auf der Suche nach Identität: Mia Katharina Reiss, Helena Demantowsky, Max Kurth, Esther Wegelin und Finnja Loddenkemper. (Foto: ©Birgit Hupfeld)

Am 13. März 2015 findet die Premiere vom neuen Stück „Identity“ des Jugendclubs des Schauspielhauses der „Theaterpartisanen“ statt. Die Fragen nach der eigenen Identität stellt sich besonders in der Pubertät. Zum ersten Mal haben die Partisanen einen „externen“ Regisseur: Thorsten Bihegue, den Gastdramaturgen am Dortmunder Schauspielhaus.

Am Anfang stand die Schreibwerkstatt. Mit den Texten, die die Jugendlichen mit der Theaterpädagogin Sarah Jasinszczak erarbeitet haben, ging es sechs Wochen lang in die szenische Umsetzung. Doch auch hier hat Regisseur Bihegue mit den acht Jugendlichen weiter an den Texten gearbeitet. „Es wird ein performatives Stück, das auch direkte Ansprache an das Publikum beinhaltet“, erzählt Bihegue. Die Texte stammen aus unterschiedlichen Quellen und die Besucher erleben eine Form von Collage. „Wir begeben uns in alle Abgründe der Literatur“, so Bihegue.

Das Stück spielt auf einem Flughafen. Ein Ort, wo viele Identitäten aufeinander treffen, um dann wieder zu verschwinden. Sieben Charaktere sind zu sehen, der achte ist eine Clownsfigur. Der Clown hat keine Identität, dafür hat er im Stück viele Freiheiten. Er symbolisiert vielleicht das Metaphysische, denn ob die Szene real war oder nur in seinem Kopf existiert, weiß niemand.

Der Clown konfrontiert auch die anderen Theaterpartisanen mit dem Tod. Wie geht man mit dem Thema um? Lässt man es zu oder wehrt man sich dagegen?

Musik gibt es auch: Neben Liedern von Blumfeld und der Berliner Band „Mutter“ ist Jazz, Pop und minimalistische Housemusik zu hören.

Wie gefällt den Jugendlichen die Arbeit mit Thorsten Bihegue? „Er ist direkter und konkreter von dem, was er von Schauspielern und Texten erwartet“, so Maximilian Kurth, einer der Theaterpartisanen.

Neben der Premiere am 13. März wird das Stück am 14. März sowie am 17. und 29. April 2015 aufgeführt.




Die unglaubliche Reise ins Herz der katholischen Aufklärungsliteratur

Leon Müller, Ekkehard Freye und Mitglieder des Dortmunder Sprechchors (Foto ©Birgit Hupfeld)
Leon Müller, Ekkehard Freye und Mitglieder des Dortmunder Sprechchors (Foto ©Birgit Hupfeld)

Wenzel Storch wollte sein erstes Theaterstück „Komm in meinen Wigwam“ nicht als Satire verstanden haben. Doch der harte Realismus der katholischen Aufklärungs- und Anstandsliteratur der 50er und 60er allein reichte aus, um die Besucher der Premiere am 17. Oktober im Studio ständig zum kichern zu bringen. Es ging um die Werke des späteren Ehrenprälat Bernhard Lutz, der als Autor in seinen Werken eine wahre Pracht von knospenden Blüten und Stengeln zum Lobpreise Gottes wachsen ließ.

Ein Gemeindehaus im Irgendwo. Gut katholisch in lila ausgestattet mit einer Kanzel. Ekkehard Freye gibt eine Art Gemeinderatsvorsitzenden, der durch einen wahrlich bunten Abend führt. Thema ist das Werk von Bernhard Lutz. An seiner Seite sind zwei Ministranten (Maximilian Kurth und Finnja Loddenkemper vom Jugendclub Theaterpartisanen) und ein Wissenschaftler, der von Thorsten Bihegue dargestellt wird. Bihegue ist eigentlich Dramaturg am Haus, doch nach seiner schauspielerischen Leistung am Freitag könnte man problemlos sagen: Das Schauspielensemble hat ein neues Mitglied gewonnen.

Stilecht werden wir in die 50er Jahre geführt, wenn Kaplan Buffo (Heinrich Fischer vom Seniorentheater) mit einem Mädchen (Jana Katharina Lawrence) und einem Jungen (Leon Müller) in zeitgenössischer Kleidung sehen. Auch Lawrence und Müller sind Mitglieder der Theaterpartisanen Buffo dient als eine Art Reinkarnation von Lutz.

Wie sollte es auch anders sein, es wird viel aus den Werken von Lutz und auch teilweise auch anderen katholischen Aufklärungsautoren rezitiert. „Ein fröhlicher Fabulant“ nennt unser Wissenschaftler Lutz einmal. Lutz hat aber nicht nur eine kirchliche Karriere, sondern war im Zweiten Weltkrieg auch Bomberpilot, so dass er auch bei Streitigkeiten durchaus physische Gewalt empfiehlt. Ein kleiner Don Camillo eben.

Die Sprache und vor allem die Metaphern die Lutz benutzt hat, klingt für unsere Ohren 60 Jahre später extrem komisch. Sätze, die vielleicht 1951 noch unschuldig klangen, haben manchmal eine eindeutig zweideutige Konnotation bekommen. Heute denkt kaum jemand bei Titeln wie „Peter legt die Latte höher“ nur an Stabhochsprung. Vor allem nicht, wenn der Junge auf dem Titelbild uns mit dem Hintern (auch Allerwertester genannt) entgegenkommt.

Doch mit blühenden Wiesen und ihren sprießenden Knospen brauchten die Zuschauer nicht nur ihre Phantasie bemühen. Dank der wunderbaren Arbeit von Pia Maria Mackert, die für Bühne und Kostüme zuständig war, erwachten die Stengel plötzlich zum Leben, auch tanzende Nonnen bevölkerten die Bühne. Unter den Kostümen verbargen sich Mitglieder des Dortmunder Sprechchors.

Wenzel Storch, der nach eigenen Angaben katholisch erzogen wurde, hat in „Komm in meinen Wigwam“ (ja, das ist das Lied von Heino und kam auch zu Gehör), eine ganze Menge aufgearbeitet. Seiner Leidenschaft für christlichen Pop und die Kastelruther Spatzen wurde ebenfalls gefrönt. Und natürlich dem Mann ein Denkmal gesetzt, dessen Werke eine weite Verbreitung fanden, der aber heutzutage vergessen ist. Weder im Kirchenlexikon noch bei Wikipedia taucht Bernhard Lutz auf, der mit seinem „poetischen Realismus“ und seinen „sakral-psychedelischen“ Zeichnungen, in der katholischen Sexualmystik der 50er und 60er Jahre führend war. Die 70er Jahre haben in dann weggespült.

Bei aller Ironie und vielen Gelegenheiten zum Schmunzeln ist der ernste Hintergrund angesichts der in den letzten Jahren öffentlich gewordenen Pädophilie-Skandalen in der katholischen Kirche im Hintergrund gegenwärtig. Sieht man von Freye und Bihegue ab, waren nur Laien auf der Bühne, ein Umstand, den Storch durchaus bevorzugt. Alles in allem war es ein gelungener Abend.




Familiärer Abend mit Musik

Nein, es waren nicht die „Hits aus den 80ern, 90ern und das Beste von heute“, sondern die Mischung, an Songs die Andreas Beck und Thorsten Bihegue bei der Spielbar am 14. März spielten, war deutlich bekömmlicher. „Die Welt ist eine Scheibe“ hieß es und man konnte das schwarze Vinyl spüren.

 

Tja, PVC hat ja einen nicht ganz so guten Ruf, aber in schwarze Scheiben gepresst, sorgt es für Extase und die glühendsten Erinnerungen. Doch die Spielbar wäre nicht die Spielbar, wenn sie einfach Platten abspielen würde. Zumal es nicht die Möglichkeit gab, einen Plattenspieler anzuschließen. So kam der Musikgenuss in elektronischer Form.

 

Zuerst mussten die Gäste wählen (oder ‚voten‘ wie es jetzt heißt). Zehn Lieder aus verschiedenen Epochen standen zur Wahl und daraus entstand eine Hitparade. Erwartungsgemäß kam James Blunt „You’re beautyful“ auf den letzten Platz. Dass Kraftwerk mit „Autobahn“ so schlecht abschnitt und auf den hinteren Plätzen kam, fand ich persönlich schade. Am Ende gab es zwei Sieger: Marvin Gaye mit „Sexual healing“ und die Eagles mit „Hotel California“.

 

Dazwischen gab es noch Textkunde, manche Songs wurden ins Deutsche übersetzt. Bihegue spielte zwei Lieder auf seiner Ukulele und es gab zwei Raterunden, bei denen die Besucher Schallplatten gewinnen konnten.

Das Texte für Mißinterpretationen sorgen können, ist bekannt. Andreas Beck erzählte die Geschichte von Pink Floyds „Another brick in the wall“, in der angeblich der Kinderchor die deutschen Worte „hol ihn, hol ihn unters Dach“ singt. Danach gab es noch weitere Kostprobem von „Verhörungen“.

 

Da wir ja in einem Theater waren, durfte die hohe Kultur nicht fehlen. So trugen Ekkehard Freye und Uwe Schmieder (ost-)deutsche Lyrik vor wie etwa „Ein bißchen Frieden“, „Ich steh auf Berlin“ oder „Hey, junge Mutti“.

 

So eine Spielbar sollte auf alle Fälle wiederholt werden, denn es gibt bestimmt noch genug Geschichten aus der „Scheibenwelt“.




Diese Spielbar legt auf

Von Schlager bis Prog-Rock. Songs udn die Geschichten dahinter beleuchten Dramaturg Thorsten Bihegue (links) und Schauspieler Andreas Beck.
Von Schlager bis Prog-Rock. Songs und die Geschichten dahinter beleuchten Dramaturg Thorsten Bihegue (links) und Schauspieler Andreas Beck.

Und zwar Schallplatten. Gut, kein Vinyl, aber wenn es am 14. März 2014 um 22:30 Uhr heißt „Die Welt ist eine Scheibe“ haben die Musikjunkies Andreas Beck (Schauspieler) und Thorsten Bihegue (Dramaturg) ihre Plattenregale durchstöbert.

 

Es geht am Freitagabend auch um Geschichten hinter den Songs, es wird ein Ratespiel geben und Freunde des (ost)deutschen Liedgutes werden von den Schauspielern Uwe Schmieder und Ekkehard Freye bedient.

 

Absurditäten und Skurriles werden sich auf dem mittlerweile elektronischen Plattenspieler ein Stelldichein geben. Thorsten Bihegue möchte auf seiner Ukulele das Lied „Das Leben eines Dramaturgen ist nicht einfach“ zum Besten geben.

 

Das Ende ist offen.  Ob ab 02:00 Uhr Stockhausen auf dem Programm stehen wird? Der Abend scheint für viele Überraschungen offen zu sein.

 

Die Karten kosten nur 5 €.




Wer bestimmt die Regeln?

Josef K. (Björn Gabriel) wird in die Zange genommen von Andreas Beck (links) und Uwe Rohbeck.
Josef K. (Björn Gabriel) wird in die Zange genommen von Andreas Beck (links) und Uwe Rohbeck. (Foto: © Birgit Hupfeld)

Am 14. Februar 2014 um 20 Uhr wird im Studio des Schauspiel der „Prozess“ von Franz Kafka eröffnet. Neben der „Verwandlung“ ist der „Prozess“ das wohl bekannteste Werk des Schriftstellers. Allgemein hin gilt „Der Prozess“ als eine Art der Auseinandersetzung mit einer unmenschlich agierenden Bürokratie.

 

Kurz zur Handlung: Der Bankangestellte Josef K. wird verhaftet, weiß aber nicht, welches Verbrechen er eigentlich beschuldigt wird oder wer hinter der Anklage steht. Da er zwar verhaftet, aber nicht eingesperrt wurde, versucht er vergeblich die Hintergründe herauszubekommen. Inzwischen wird Josef K. verurteilt und am Ende hingerichtet.

 

Für Dortmund haben sich Dramaturg Thorsten Bihegue und Regisseur Carlos Manuel eine Neuinterpretation ausgedacht. Stellt man sich den „Prozess“ als Art Anklage gegen den Bürokratismus vor , mit lauter Menschen in grauen Anzügen, geht es dem Regisseur eher um die Frage: Was ist privat und was ist öffentlich? Und vor allem: Wer bestimmt die Regeln?

 

Schon der Ablauf des Stückes von Kafka macht den Wechsel von Privat zu Öffentlichkeit deutlich: Beginnt das Stück im Zimmer von Josef K., werden die Orte immer öffentlicher: Erst sein Wohnzimmer, dann das Zimmer der Nachbarin, sein Büro in der Bank und letztendlich die Vorstadt. Josef K. muss erkennen, dass er nach den Regeln der anderen Akteure spielen muss. Die öffentliche und private Ebene vermischen sich.

 

Kann der „Prozess“ auch eine Komödie sein. Nach einer Anekdote soll sich Kafka bei einer Lesung von „Der Prozess“ unter Freunden amüsiert haben. Wahrheit oder Mythos? Jedenfalls nicht für Regisseur Carlos Manuel. Für ihn hat die Kritik gegen ein System, von dem man selber ein Teil ist, etwas komisches.

 

In der Inszenierung wird die Figur des Josef K. (gespielt von Björn Gabriel) immer im Mittelpunkt der Bühne stehen, das heißt alle Figuren drehen sich quasi um ihn.

 

Die ersten drei Vorstellungen sind schon ausverkauft, weitere Termine (ab April) folgen. Infos unter www.theaterdo.de

 




Das Spiel mit den Grenzwerten

Uwe Schmieder im "Pornofinger".
Uwe Schmieder im „Pornofinger“.

In der Grosteke „Pornofinger“ von Paul M Waschkau konfrontierten Teile des Schauspielensembles unterstützt von zwei Gästen am 07. Februar in der Reihe „SpielBar“ die Besucher mit der Frage: Wie weit darf Theater gehen?

 

„Pornofinger“ behandelt auf groteske Weise den wahren Fall des Stückes „Nacktes Leben“, ebenfalls von Waschkau. „Nacktes Leben“ bekam einen Preis und sollte in Würzburg aufgeführt werden. Doch zwei Tage vorher setzte der Intendant das Stück mit der Begründung ab, es sei den Würzburgern nicht zuzumuten. Es bleibt die Frage: Was darf Theater den Zuschauer zumuten?

 

Jetzt könnte man die Frage ähnlich wie Tucholsky über die Satire mit „Theater darf alles“ beantworten. Doch schnell kommt die Schere im Kopf ins Spiel. Der Begriff „Zensur“ fällt natürlich nicht, doch der Intendant (Frank Genser) will den „Pornofinger“ auf keinen Fall aufführen, auch wenn er einen Preis bekommen hat. „Wir wollen doch nicht vor leeren Rängen spielen“, erklärt er ironisch dem Dramaturgen (Oscar Musinowski). So krittelt und mäkelt er ständig an dem Stück herum. Zunächst bekommt er Unterstützung vom Regisseur. Der, herrlich gespielt von Ekkehard Freye, kommt von außerhalb und ist außer sich: „Wo sind die Dialoge?“ Erst als er erfährt, dass es sich um ein preisgekröntes Stück handelt, ändert sich seine Meinung um 180° und er wird zum glühenden Verfechter.

 

„Pornofinger“ persifliert die typischen Theaterstrukturen. Der Dramaturg als ärmste Sau sitzt zwischen allen Stühlen, der Regisseur ist von sich überzeugt, aber dennoch immer wankelmütig und dem Intendant geht es weniger um das Stück, sondern mehr um seine „Verkaufbarkeit“.

 

Dabei waren die Schauspieler nicht nur live zu sehen, sondern auch für alle gut sichtbar auf der Leinwand im Institut. Kontrastierend dazu lief auf einem Fernseher, der auf einer schwarz-rot-goldenen Decke stand, der Film „Die 120 Tage von Sodom“ von Pier Paolo Pasolini. Dieser Film ist Pasolinis Abrechnung mit dem System des Faschismus, aber wegen seiner drastischen Bilder von Mord und Folter in vielen Ländern verboten. Auch hier stellt sich die Frage: Wer bestimmt dies und nach welchen Kriterien läuft das ganze ab?

 

Auf der Leinwand wurden auch Einspieler gezeigt, die Teile des Stückes „Nacktes Leben“ rezitierten, der Autor Paul M. Waschkaue war gegen Ende des Stückes ebenfalls zu sehen. Thorsten Bihegue als männlicher Feme im Häschenkostüm lockerte die Szenerie auf.

 

Und wo war der „Pornofinger“? Den symbolisierten zwei „Franziskas“ (Nicole Janz sowie Carolin Wirth) und ihr männlicher Kompagnon (gespielt von Uwe Schmieder).

 

Am Ende steht der Satz von Waschkau, der sinngemäß sagte: Das Theater soll nicht schauen, wo die Grenzen sind, sondern nach Möglichkeiten suchen, diese Grenzen zu überwinden.




„The Blog House“ geht in die nächste Runde

Die neue Late-Night im Institut des Dortmunder Schauspielhauses wird am 7. Dezember um 22:00 Uhr zum zweiten Mal vom Internetblog ruhrbarone.de präsentiert. Blogger aus dem Revier und dem World Wide Weblesen dort ihre Texte, Essays und aus ihren Romanfragmenten.Das Ganze wird zwischendurch mit Musik aufgelockert und es können sich interessante Diskussionen mit dem Publikum ergeben.

 

Dieses „Blog House“ beschäftigt mit dem gerade in letzter Zeit viel diskutiertem Thema „Freiheit und Verbote“. Denken wir nur an den von den Grünen vorgeschlagenen „Veggie Day“ oder die heißen Debatten zum Rauchverbot und Prostitution. Die Thematik wirft viele Fragen auf.

 

Einige überraschende Antworten haben die dazu geladenen Gäste des Abends. Mit dabei sind der Gründer des preisgekrönten Blogs „publikative.org“ Andrej Reisin. Er liest aus seinem Buch der „Präventivstaat“. Die beiden Ruhrpott-Punks Dennis Rebmann und Philip Stratman lesen aus ihrer neusten Veröffentlichung über diese widerständigste Subkultur „Mit Schmackes – Punk im Ruhrgebiet“. „Punk spielt eine große Rolle wenn es um Freiräume zu schaffen oder Grenzüberschreitungen geht“, erläuterte Thorsten Bihegue, Blogger und Dramaturg am Schauspielhaus. Außerdem mit von der Partie ist „Ruhrbaron“ Martin Kaysh. Er ist vor allem durch seine Rolle als „Steiger“ im Geierabend aber auch als Kolumnist für „Bodo – Das Straßenmagazin“ bekannt.

 

Gastgeber und Moderator des Abends ist der Mitbegründer des Internetblogs ruhrbarone.de Stefan Laurin. Die Redebeiträge dauern etwa 6 bis 10 Minuten. Dazwischen ist etwas Zeit um bei Musik und einem Getränk zu Gesprächen.

 

„Es wäre schön, wenn dadurch eventuell einige Menschen aus dem Publikum angeregt werden, selbst einmal zu schreiben und es zu einer möglichen Vernetzung kommt“, hofft Bihegue.

 

Karten für die „Late-Night“ gibt es für 5,- Euro unter: Tel: O0231/50-27 222 oder unter www.theaterdo.de.

 

Das nächste „BlogHouse“ mit neuem Programm gibt es übrigens im Februar 2014.