Hommage an Paul Abraham

Die Operette spielt viel mit Exotik. Die „Blume von Hawaii“ wird erkoren. (Foto: © Björn Hickmann, Stage Picture)

Nach dem Erfolg mit „Roxy und ihr Wunderteam“ von Paul Abraham (1892 -1960) wagte sich Regisseur Thomas Enzinger nun an eine weitere Operette des jüdischen Komponisten. „Die Blume von Hawaii“ aus dem Jahr 1931 mit dem Text von Alfred Grünwald und Fritz Löhner-Beda. Premiere war am 21.01.2017 im Opernhaus Dortmund.

Gleich zu Beginn überrascht uns Regisseur Enzinger mit einer berührenden Szene. Abraham (Mark Wiegel) dirigiert ein unsichtbares Orchester. Das tat der Komponist im echten Leben 1946 in New York mitten auf der Straße und wurde wegen dieser Wahnvorstellung in die Psychiatrie eingeliefert. Zusammen mit seinem Arzt (Gaines Hall), der sich im weiteren Verlauf in die Figur des „Jim Boy“ verwandelt, erleben beide das Stück. Quasi als Stück in Stück durchbrechen beide Personen die Handlung kurz, weil Abraham einige Dinge erklärt.

Die Verbindung von romantischen Operettenmelodien, Jazz und exotischen Hawaii-Klänge entsprach der Sehnsucht der Menschen nach exotischer Fremde.

Indem Enzinger die Figur des Komponisten Paul Abraham in die Inszenierung integriert, wird gleichzeitig die tragische Lebensgeschichte Abrahams lebendig vor Augen geführt. Als Jude musste der Komponist Deutschland 1933 verlassen und konnte in seiner neuen Heimat in den USA musikalisch nicht mehr richtig Fuß fassen. So ist dies am Ende mit Bildern aus seinem Leben an die Bühnenwand Persönlichkeit auch eine Hommage an den Komponisten und an all die vielen jüdischen Künstler, die der Terror des Nationalsozialismus zwang, ihr Land zu verlassen oder ermordet wurden.

Die Blume von Hawaii“ ist ein Kind ihrer Zeit und sicherlich nicht politisch korrekt. Die Figur des „Jim Boy“, eines Weißen, der sein Gesicht schwarz anmalt („Blackfacing“) wäre heute sehr problematisch. Doch Enzinger verknüpft den Alltagsrassismus gegenüber Schwarzen in den USA in dem Lied Bin nur ein Jonny, zieh durch die Welt“ mit der Situation der Juden in Deutschland nach 1933. Abraham berichtet, wie er von allen angestarrt und ausgegrenzt wurde, „nur weil ich beschnitten bin“. Ein Satz von ihm passt sehr gut zur heutigen Situation: Niemand weiß, wie sich ein Flüchtling fühlt, der nicht selbst fliehen musste“

Zur Operetten-Story:

Die Einheimischen Hawaiis wollen die verhasste amerikanische Fremdherrschaft abschütteln. Da trifft es sich gut, das die rechtmäßigen Herrscher Prinzessin Laya und Prinz Lilo-Taro in Honolulu auftauchen. Es entspinnt sich eine wahnwitzige rasante Handlung um politische Interessen und Liebes-Verwirrungen. Wer mit wem anbändelt, liiert ist oder verkuppelt werden soll, ist ein herrlicher effektvoller Operettenwahnsinn. Nicht immer politisch korrekt und logisch in der Handlung.

Vor einer bunten und opulenten „hawaiianischen Kulisse“ und in wunderbaren Kostümen wird dem gesamten Ensemble alles abverlangt.

Wie bei einem Musical sind neben Gesang auch Spiel-und Tanzkunst auf hohem Niveau gefordert. Emily Newton musste gleich in eine Doppelrolle spielen. Als Prinzessin Laya und in der Rolle der Jazz-Sängerin Suzanne Provence. Das gelingt der vielseitigen Künstlerin mühelos. Jens Janke als Sekretär John Buffy und Karen Müller als Bessie Worthington waren hauptsächlich für das komödiantische Element in der Operette verantwortlich. Die übrigen Figuren waren gut besetzt und sorgten mit dem ausgezeichneten Tanzensemble für gute Stimmung. Da wurde gesteppt und getanzt, das es eine Freude war. Der Chor des Theaters Dortmund unter Leitung von Manuel Pujol überzeugte auch dieses Mal wieder.

Die Dortmunder Phiharmoniker unter der Leitung des erfahrenen Kapellmeister Philipp Armbruster sorgten mit dem passenden musikalischen Arrangement für den passende Background.

Informationen zu weiteren Terminen finden sie unter : www.theaterdo.de




Leicht, luftig, locker, Lehár

Lucian Krasznec als Graf René von Luxemburg als Karnevalskönig der Narren. (Foto: © Thomas M. Jauk / Stage Picture)
Lucian Krasznec als Graf René von Luxemburg als Karnevalskönig der Narren. (Foto: © Thomas M. Jauk / Stage Picture)

Bekömmlich wie ein Wiener Kaiserschmarrn präsentierte Regisseur Thomas Enzinger Lehárs Operette „Der Graf von Luxemburg“ bei der Premiere am 11. Januar 2014. Enzinger baute viele kleine komische Elemente in seine Inszenierung ein, wobei der Höhepunkt der Auftritt von Johanna Schoppa als Gräfin Stasa Kokozow war. Sie brachte mit ihrem Lied „Alles mit Ruhe genießen“ den Opernsaal zum mitsingen.

 

Worum geht es bei dieser Operette? Alter Mann mit Fürstentitel liebt junge Frau, die ihn aber nicht heiraten kann, weil sie eine Bürgerliche ist. Daher soll sie den verarmten Graf von Luxemburg heiraten und sich nach drei Monaten scheiden lassen. Der Graf bekommt 500.000 Francs und Angèle Didier (die junge Frau) wird in den Adelsstand befördert. Selbst bei der Eheschließung sehen sich die beiden nicht. Es kommt aber, wie es bei eine Operette halt kommt: Die beiden treffen sich und verlieben sich ineinander. Pech für Fürst Basil (dem alten Mann), den noch ein altes Eheversprechen mit Gräfin Stasa Kokozow einholt. So findet am Ende der Topf sein passendes Deckelchen.

 

Franz Lehár schrieb „Der Graf von Luxemburg“ 1909 als eine Art Nachfolger von „Die lustige Witwe“, die ein Riesenerfolg für den österreichisch-ungarischen Komponisten wurde. Es gibt ein paar Gemeinsamkeiten: Beide Operetten spielen in Paris und haben ein wichtiges slawisches Element (Graf Danilow in der „Witwe“ und Fürst Basil im „Grafen von Luxemburg“). Ansonsten siedelt das Stück in der Künstlerbohème der Jahrhundertwende. Das Leben ein einziger Karneval – die Künstler genießen und singen „Wir bummeln durchs Leben, was schert uns das Ziel“. Am Ende wird aber aus der Bohème die Bourgoisie.

 

Thomas Enzinger nahm einige kleine Veränderungen vor, die das Stück moderner wirken ließ. So führte er die Figur des Poeten (gespielt von Thomas Pohn) ein, der als Erzähler durch das Stück begleitet. So führt er beispielsweise die Hauptfiguren ein.

 

Zudem setzt der Regisseur auf starke Frauen: So ist die Angèle Didier keine Sängerin wie im Original, sondern eine erfolgreiche Modedesignerin, die zu ihrem beruflichen Erfolg noch einen Adelstitel für den gesellschaftlichen Erfolg braucht, um endlich ganz oben anzukommen. Dann aber funkt der kalten Geschäftsfrau die Liebe dazwischen. Auch beim zweiten Paar der Operette ist die Frau die treibende Kraft: Juliette Vermont ist als Muse des Malers Armand Brissard der treibende Faktor des doch eher zaudernden Künstlers. Wer beim dritten Paar Gräfin Stasa Kokozow und Fürst Basil Basilowitsch die Hosen anhat, wird schnell deutlich. Denn die Gräfin duldet keinen Widerspruch. Und so wird aus dem großmäuligen Basil schnell ein Pantoffelheld.

 

Ob Gentrifizierung von Stadtteilen schon 1909 ein Thema in Paris war? Ich weiß es nicht. Enzinger lässt die Handlung der Operette quasi im gleichen Raum stattfinden. War er im ersten Akt ein Künstleratelier, wurde er im zweiten Akt von Spekulanten gekauft und anscheinend von Angèle Didier angemietet, um dort eine Modenschau zu veranstalten. Im dritten Akt waren die Spekulanten wieder aktiv und verwandelten den Raum in die Empfangshalle eine Grand Hotels.

 

Bedauerlicherweise war Lucian Krasznec der Sänger des Grafen René von Luxemburg, etwas stimmlich angeschlagen, wie Opernintendant Jens-Daniel Herzog vor Beginn der Vorstellung bekannt gab. Zu Beginn sang Krasznec noch etwas vorsichtig, fand dann aber im Laufe des Stückes wieder Vertrauen in seine Stimme, die bis zum Ende durchhielt. Gewohnt souverän meisterte Julia Amos ihre Rolle der Angèle Didier, wie auch Fritz Steinbacher (Armand) und Mirella Hagen (Juliette). Fürst Basil war wieder eine Paraderolle für Kammersänger Hannes Brock. Hier konnte er seine humorvolle-ironische Seite, wie auch schon im Musical „Anatevka“, voll ausleben. Der Star war aber ohne Zweifel Johanna Schoppa, die im dritten Akt alle mitriss. Mit ihrer Persönlichkeit und Bühnenpräsenz war die Rolle der Gräfin Stasa Kokozow wie maßgeschneidert für Schoppa.

 

Für die Bühne und Kostüme war der Magdeburger Bühnenbildner Toto zuständig. Von den wunderschönen Kostümen profitierten neben den Sängerinnen und Sängern auch der Dortmunder Opernchor unter der Leitung von Granville Waker. Sie liefen mit farbenfrohen karnevalistischen Kostümen auf die Bühne. Das Künstleratelier im ersten Akt bot ebenfalls viel für das Auge. Überall hingen große Gemälde, die an ihrem Stil an die Avantgarde der Jahrhundertwende erinnerten. Im zweiten Akt konnte er in der Modenschau seine Kreativität freien Lauf lassen, während das Grand Hotel im dritten Akt sehr reduziert wirkte.

 

Zu einer Operette gehört natürlich auch Musik: Motonori Kobayashi leitete die Dortmund Philharmoniker ebenso leicht und heiter wie es sich für eine Operette gehört.




Erfolgstitel aus der silbernen Operettenära

Ars tremonia im Interview mit Regisseur Thomas Enzinger.
Ars tremonia im Interview mit Regisseur Thomas Enzinger.

Arme Pariser Künstler, reiche Russen. Dennoch: „Der Graf von Luxemburg“ spielt nicht in der Jetztzeit. Die Pariser Bohème in der Zeit der Jahrhundertwende hat anscheinend mehrere Librettisten und Komponisten fasziniert. So auch Robert Bodanzky und Alfred Maria Willner. Die Musik der Operette schrieb kein geringerer als Franz Lehár, die Uraufführung war 1909. Die Operette hat am 11. Januar 2014 im Opernhaus Premiere. Ars tremonia war bei der öffentlichen Probe.

 

Die Handlung der Operette kurz zusammengefasst: Fürst Basil Basilowitsch hat sich in die Sängerin Angèle Didier verliebt. Leider kann er sie nicht heiraten, da Angèle nicht adelig ist. Basil überredet den armen Graf René von Luxemburg für 500.000 Francs Angèle zu heiraten und nach drei Monaten sich wieder scheiden zu lassen.Somit wäre Angèle adelig und eine standesgemäße Partie für Basil. René und Angèle heiraten – ohne sich zu sehen – und verlieben sich ineinander. René fühlt sich aber an sein Wort gebunden, als urplötzlich die Gräfin Stasa Kokozow auftaucht, die ein Heiratsversprechen von Basil einfordert und René sein konfisziertes Vermögen wiederbeschafft. So finden dann zum Schluss die richtigen Paare zusammen.

 

Regisseur Thomas Enzinger, ein waschechter Wiener, arbeitet sehr akribisch. Armand Brissard (gesungen von Fritz Steinbacher) und seine Freundin Juliette Vermont (gesungen von Mirella Hagen) müssen ihr Duett „Wir bummeln durchs Leben“ oft unterbrechen, weil Enzinger einige Details immer noch nicht gefallen haben.

Der Beginn der Operette spielt in einem Pariser Künstleratelier. Bilder hängen an den Wänden und Künstler tun, was Künstler halt so tun laut Opern- und Operettenlibrettisten: Malen, trinken, sich mit Frauen vergnügen. „Alles, nur nicht brav sein“, fordert Enzinger von den Beteiligten.

[youtuber youtube=’http://www.youtube.com/watch?v=DH_VFdVGr38′]

Die Gräfin Stasa Kokozow spielt und singt Johanna Schoppa. Sie besitzt eine enorme Bühnenpräsenz und Entertainer-Qualität. Wenn Schoppa im dritten Akt ihr Lied „Alles mit Ruhe genießen“, das mit aktuellen Bezügen angereichert wurde, singt, lohnt allein das den Besuch der Vorstellung. Dazu können sich die Besucher auf Lucian Krasznec (René), Julia Amos (Angèle) und Kammersänger Hannes Brock (Basil) freuen.

 

Die Termine: Sa, 11. Januar 2014, Fr, 17. Januar 2014, So, 26. Januar 2014, Mi, 05. Februar 2014, Fr, 14. Februar 2014, So, 16. Februar 2014, Do, 06. März 2014, Fr, 14. März 2014, Fr, 28. März 2014, Sa, 12. April 2014, Do, 17. April 2014 und So, 04. Mai 2014