Listen, Listen, überall Listen – Wir sind noch nicht fertig

Für die einen ist eine To-do-Liste ein Fluch: Es gibt Rechnungen zu bezahlen, E-Mails zu beantworten und einen Papierstapel auf dem Schreibtisch, der aussieht wie der Eiffelturm in Kleinformat. Und irgendwo zwischen „endlich mal Sport machen“ und „Oma anrufen, bevor sie mich enterbt“ steht noch der Wunsch, ein Musikinstrument zu lernen und fünf Bücher zu lesen.

Für die anderen ist die To-do-Liste ein Segen: Für Menschen wie mich, die mit Konzentrationsschwierigkeiten oder ADHS zu kämpfen haben, sind To-do-Listen nicht nur ein nützliches Werkzeug, sondern oft ein Rettungsanker. Während das Gehirn in alle Richtungen gleichzeitig sprintet – von „Was wollte ich gerade machen?“ zu „Oh, ein Eichhörnchen!“ – hilft eine Liste, den Tag zu strukturieren und den Fokus zu bewahren.

Die Tanzwerkstatt KOBI unter der Leitung von Birgit Götz hat am 15.02.25 und 16.02.25 im Theater im Depot mit Wir sind noch nicht fertig ein kleines Tanztheaterstück auf die Beine gestellt, das diese täglichen Routinen aufs Korn nimmt.

Zwischen Alltagsstress und großen Lebenswünschen

Schon zu Beginn waren die 13 Tänzerinnen in ihrer täglichen Routine gefangen: Aufstehen, sich fertigmachen, frühstücken, zur Arbeit fahren, nach Hause kommen – kurz gesagt: die To-do-Liste abarbeiten. Die Choreografien verdeutlichten eindrucksvoll den Unmut über den eintönigen Tagesablauf.

Erledigte Aufgaben oder unerfüllte Wünsch? (Foto: www.freepik.com)
Erledigte Aufgaben oder unerfüllte Wünsch? (Foto: www.freepik.com)

Dann gibt es noch die Liste der Wünsche: Was möchte eine Person im Leben noch erreichen? Die Weltreise? Eine Fremdsprache lernen? Und wann werden diese Wünsche unerfüllbar? Ich denke dabei an folgende Liedzeilen:

Dein Leben dreht sich nur im Kreis
So voll von weggeworfener Zeit
Deine Träume schiebst du endlos vor dir her
Du willst noch leben irgendwann
Doch wenn nicht heute, wann denn dann?
Denn irgendwann ist auch ein Traum zu lange her

(„Kein Zurück“, Wolfsheim)

Am Ende wurden die Zuschauer:innen selbst involviert: Manche mussten ihre Wünsche für eine Bucket List oder „Löffelliste“ aufschreiben.

Ein Requisit hatte eine besondere Bedeutung: das Pausenbrot – oder hier im Ruhrpott das „Bütterken“. Für mich symbolisierte es eine Pause von der Routine.

Mit dabei waren: Karin Brindöpke, Claudia Dortschy, Marie Ebmeier, Bettina Escher, Birgit Frese, Susanne Grytzka, Juliane Kath, Katharina Schlüter, Heike Schwensow, Sybille Teunissen, Barbara Timmer-Kahl, Maria Wagener, Ulrike Wiggermann.




Was werden wir vermissen – „Goodbye / Farewell“

Die Klimakatastrophe hängt wie ein Damoklesschwert über unseren Köpfen. Was werden wir vermissen? Wovon müssen wir Abschied nehmen? In der Performance „Goodbye / Farewell“ suchten am 1. November 2024 im Theater im Depot Antje Velsinger und das Kollektiv new trouble gemeinsam mit dem Publikum nach Antworten. Diese kamen direkt von den Zuschauenden und wurden zu einem Teil des Stücks.

Eine Reise des Abschieds und der Reflexion

Die Klimakrise bringt weit mehr als nur Umweltveränderungen mit sich. Es geht um den drohenden Verlust von Ökosystemen, Kulturen und alltäglichen Erfahrungen, die uns mit unserer Umwelt verbinden. Dazu gehören die Biodiversität, aber auch küstennahe Orte oder Landstriche, die zunehmend durch Waldbrände bedroht sind. Die Zuschauerinnen und Zuschauer notierten, was sie glauben zu verlieren, an eine Tafel. Diese Begriffe bauten die Akteurinnen und Akteure in ihre Choreografie ein und ließen das Publikum so direkt am Stück teilhaben.

Die Partizipation ging weiter: In Gruppen aufgeteilt, setzten sich die Besucherinnen und Besucher mit Fragen auseinander. Unsere Gruppe beschäftigte sich mit dem Thema: Worauf sollten wir verzichten, um die Klimakrise nicht weiter zu verschärfen? Die Antworten überraschten kaum: weniger Fleischkonsum, Verzicht auf Fast Fashion und weniger Flugreisen.

Die vier Akteure von "Goodbye / Farewell". (Foto: (c) Charlotte Ducousso)
Die vier Akteure von „Goodbye / Farewell“. (Foto: (c) Charlotte Ducousso)

Auch diese Themen wurden in die Choreografien integriert, die abwechselnd energetisch und sehr melancholisch wirkten. Besonders berührend war die Solo-Choreografie von Sunday Israel Akpan, dessen Stimme durch Loops vervielfältigt wurde, was dem Ganzen eine intensive, eindrucksvolle Tiefe verlieh. Auch die Tänzerin Mihyun Ko und der Tänzer David Pallant bereicherten das Stück durch ihre präzise und eindringliche Darbietung.

Die innere Zerrissenheit zwischen dem Wunsch, festzuhalten, und der Notwendigkeit, loszulassen, wurde in dem Stück sehr deutlich spürbar. Der Abschied von bestimmten Dingen zeigte, dass auch wir uns der Veränderung stellen müssen.




Tanztheater-Performance „Alles spiegelt sich“

In Koproduktion mit dem Dortmunder Theater im Depot hatte die Tanzwerkstatt KOBI Seminare in dessen Örtlichkeit am 11.03.2023 mit ihrem neuen Projekt „Alles spiegelt sich“ Premiere.



Seit September 2022 beschäftigten sich 14 Frauen, die zwischen 48 und 65 Jahre alt sind und deren leidenschaftliches Hobby Tanz und Theater ist, mit diesem neuen Stück. Konzept und die Choreografien stammen von Birgit Götz.
An der Bühnenwand waren mehrere Spiegel zu sehen und auf der Bühne vier begeh- und bewegbar gemachte große. Diese wurden später von den Beteiligten für ihre Choreografie-Performance ausgiebig genutzt.
Zudem kamen auch offene Kartons mit Spiegelfolien oder dünne weiße Masken zum Einsatz, welche die Akteure über den Kopf ziehen konnten, ohne dass ihre individuellen Gesichter erkannt werden konnten.

"Alles spiegelt sich" (Foto: (C) Birgit Götz)
„Alles spiegelt sich“ (Foto: (C) Birgit Götz)

Es geht um die Frage, wie wir uns und andere sehen. Was und wen spiegeln wir? Durch welche Erfahrungen, Schönheitsideale und Vorbilder wird unser „Bild“ über uns und dem Gegenüber bestimmt? Lohnt es sich, hinter den Spiegel und die oberflächlichen Fassaden zu blicken, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten auszuloten?
Die Frauen auf der Bühne fügen mit viel Humor und Selbstironie ihre Spiegelbilder zusammen und verbünden sich mit dem Publikum. Dies hat die Möglichkeit, schon vorher mit Taschenlampen die sich auf der Bühne bewegenden Darstellerinnen (die eine Art reflektierenden Handschuhen trugen) zu „durchleuchten“.
Da sich alles spiegelt, waren die Zuschauenden zudem selbst mit kleinen „Spiegelfolienträgern“ ausgestattet und wurden in das Stück aktiv einbezogen. Sie sollten nach Aufforderung zum Beispiel in den Spiegel schauen und sagen, ob sie damit zufrieden sind. Dann wurden auch noch Fragen zu den Personen auf der Bühne gestellt.
Witzig war die kleine, humorvoll-ironisch eingebaute Modeschau, bei der die Zuschauenden jeweils aus zwei Kleidungsstücken oder Accessoires auswählen durften.
Neben der Choreografie war natürlich die passende Musikauswahl von Marianne Rosenberg bis Aretha Franklin für die Ausdruckskraft bedeutend.
Das Wichtigste ist wohl, dass man sich gut fühlt und mit sich im Reinen ist. Nur wer sich mag, kann den Ähnlichkeiten und Unterschieden zu anderen Menschen offen begegnen.
Kompliment an alle Beteiligten für die starke Leistung.




Große Erwartungen und Realität

Das neue Projekt vom Tanztheater des Theaters im Depot und Kobi-Seminare mit dem Titel „Die Scheußlichkeit der schönen Momente“ handelt von hohen und immer höher Erwartungen an unser Leben. Immer mehr und besser sollen die „Highlight“ werden. Die persönlichen individuellen Erwartungen kollidiert natürlich des öfteren mit der Realität. Ars tremonia war bei der Vorstellung am 12.02.2017 anwesend.

Die 14 Tänzer/innen des Tanztheaterprojekts (13 Frauen und 1 Mann) haben zusammen unter der Konzeptleitung und Choreografie von Birgit Götz eine Geschichte um vierzehn Freunden entwickelt, die sich nach längerer Zeit wieder treffen und auf eine gemeinsame Kreuzfahrt gehen. Jeder bringt seine eigene Vorfreude und Erwartungen mit auf diese Reise. Auf engem Raum prallen auch verschieden Charaktere aufeinander.

Die unterschiedlichen Typen wurden gut von den einzelnen Ensemble-Mitgliedern humorvoll und glaubwürdig auf die Bühne gebracht. Da ist die Frau, die ständig von ihrer Familie angerufen wird, die panisch Ängstliche, die mit dem Überblick und den Plan für die Reise, oder diejenige, die eigentlich gar keine Schiffsreise wollte. Natürlich ist auch eine Frau anwesend, die dauernd betont, wie sehr sie sich auf diesen Moment gefreut hat. Eine Sonderstellung hat Holger, der einzige Mann in der Gruppe und schon damals Schwarm der Mädchen auf der Schule. Er spielt mit viel Humor und Ironie den bei den Damen ein wenig Überforderten. Als „Running Gag“ will eine Frau ständig ein Foto der Gruppe machen achtet dabei auf die genaue Positionierung.

Als Einleitung in die Aufführung, noch in Dunkelheit, werfen kleine Gruppen des Tanztheater jeweils verschiedene Worte wie zum Beispiel „Moment“ oder „Moment mal“ in den Raum. Beeindruckend waren die fantasievollen und schönen Gruppen-Tanzchoreografien zu passender rhythmischen Musik.

Ein Podest mit zwei seitlichen Treppenaufgängen mit einer Reling vorn und einem Rettungsring diente als Kreuzfahrtschiff.

Die Erwartungen werden schon am Anfang erheblich gedämpft. Anstatt ins Mittelmeer geht die Fahrt von Köln nach Trier. Also Mosel statt Mittelmeer. Während die Eine an einen festen Ablaufplan festhält, wollen andere „chillen“. Alles wird von den Beteiligten mit Spiel-und Tanzfreude dar gebracht.Den optischen Höhepunkt bildete der Abschlussball und gleichzeitige Geburtstag von Holger. Da war viel Gold und Glitzer zu sehen.

Für das unterhaltsame Tanztheater gab es vom Publikum viel Beifall.

Weitere Vorstellungen finden im Depot noch am 15. und 16.02.2017 um 20:00 Uhr statt.

Kartenreservierung unter: 0231/9822336 oder www.depotdortmund.de




Nein, das esse ich nicht!

Als Eltern am Tisch: Matthias Damberg und Birgit Götz.
Als Eltern am Tisch: Matthias Damberg und Birgit Götz.

Welche Eltern haben diesen Satz von ihren Kindern schon gehört? Ich nehme mal an, die meisten von ihnen. Was gestern noch mit Appetit gegessen wurde, wird heute verschmäht. Warum, wieso, weshalb? Das Tanztheaterstück „Edda mag nicht“, das am 17.Mai um 15.00 Uhr im Theater im Depot Premiere hat, will keine Antworten geben, aber Lust auf Lebensmittel machen.

„Es ist kein pädagogisches Lehrstück“, betonte Regisseurin Cordula Hein. „Wir wollen Kinder auf bestimmte Lebensmittel neugierig machen“, ergänzte Choreographin Birgit Götz. Denn Edda, die Titelheldin, ist extrem wählerisch geworden. die Möhren sind ihr zu orange und die Erbsen zu rund. Ständig nörgelt sie über das Essen und niemand kann es ihr Recht machen.

Das Stück wird aus zwei Perspektiven erzählt: Zum einen aus der Sicht der Eltern, die Angst um ihre Tochter haben und ständig neue und exotischere Lebensmittel ausprobieren. Zum anderen aus der Sicht der Lebensmittel, die frustriert im Kühlschrank vor sich hin warten,weil Edda sie nicht mehr essen mag.

In „Edda mag nicht“ geht es nicht vordergründig um den Gegensatz zwischen „gesunden“ und „ungesunden“ Lebensmittel und auch nicht darum, dass man alles mögen muss. Denn Hand auf Herz: Auch für Erwachsene gibt es Lebensmittel, die sie nicht mögen und die daher nicht auf den Tisch kommen.

Daher ist „Edda mag nicht“ kein reines Kinderstück, sondern ebenso geeignet für die Eltern. Das Stück ist für Kinder ab fünf Jahre.

Wer die Premiere leider verpasst: Es ist geplant, das Stück im September wieder aufzunehmen.




In jedem Ende steckt auch ein neuer Anfang

Das Tanztheater im Dortmunder Depot zeigte mit ihrem neuen Stück „Alles auf Ende Anfang“ einen Appell zur Neuorientierung: Auch wenn das Leben wie ein verworrener Knäuel aussieht. Ein neuer Anfang ist möglich. Ars tremonia besuchte die zweite Vorstellung am 16. Februar.

 

Eine leere Bühne, ein einsames angestrahltes Knäuel. Wo ist der Anfang, wo das Ende? Ist das eigene Leben nicht genauso verworren? 15 Tänzerinnen und ein Tänzer versuchten sich an einer Entwirrung.

Im Mittelpunkt des Abends stand eine Erzählerin, die dem Stück den roten Faden gab. Begonnen wurde es im Kindesalter, als die TänzerInnen mit allerlei Spielzeugen auf die Bühne kamen. Cowboy und Indianer wurde gespielt, mit dem Roller und später mit dem Fahrrad wurde symbolisch gefahren.

Nach der Kindheit kam die Jugend und die Verliebtheit. Das wurde von den Beteiligten schön mit Gesichtsmasken umgesetzt und so traf Charlie Chaplin auf Marilyn Monroe. Danach gab es Szenen aus dem Arbeitsleben und dem ewigen Konkurrenzkampf. Dieser Kampf wurde sehr gut mit Stühlen umgesetzt. Das was man hat, gefällt einem plötzlich nicht mehr und man möchte das, was der Nachbar hat.

Gut gelungen war auch die Umsetzung des Themas „Veränderung und Rebellion“. So verriet die Erzählerin, dass sie sich gerade erst die langen Haare hatte abschneiden lassen, die sie damals aus Rebellion gegenüber ihren Eltern super lang wachsen ließ. Das Ende der einen Rebellion als der Anfang einer neuen Rebellion?

 

Ein gelungener Abend mit ebenfalls gut ausgesuchter Musik. Von Philipp Glass über Charleston bis hin zu Pop-Musik war eine ausgewogene Mischung zu hören.

 

Zu Recht wurden alle Tänzerinnen und Tänzer mit großen Applaus verabschiedet.

Weitere Termine: 19.02.14 (20 Uhr) und 20.02.14 (20 Uhr). Kartenreservierung unter 0231 9822336 oder ticket@theaterimdepot.de