Mit der „romantischen Sinfonie“ in die Spielzeitpause

Mit Bruckner und Gubaidulina verabschiedeten sich die Dortmunder Philharmoniker und ihr Leiter, Gabriel Feltz in die Sommerpause. Nicht ganz, denn am 19. Juni steht noch das 3. Konzert für junge Leute an. Dennoch war das 10. Philharmonische Konzert ein würdiger Abschluss der Spielzeit.



Und gewichtig war auch die 7. Sinfonie von Bruckner, die nach der Pause erklang. Die 7. Sinfonie ist in vier Sätzen angelegt und nimmt den Hörer mit auf eine emotionale Reise. Auch wenn ich persönlich mit Bruckner nicht warm werde, der dritte und vierte Satz seiner „Siebten“ haben mir sehr gut gefallen. Der dritte Satz, das Scherzo, bringt eine willkommene Abwechslung mit seinem lebhaften, tänzerischen Charakter. Hier zeigt sich Bruckners Fähigkeit, rhythmische Energie und spielerische Melodien zu kombinieren. Das Finale ist geprägt von einer enormen dynamischen Bandbreite, von zarten, fast schwebenden Passagen bis hin zu kraftvollen, mitreißenden Orchesterstürmen.

Vor der Pause erklang noch das „Märchenpoem“ der Komponistin Sofia Gubaidulina. Diese Spielzeit widmete ihr das Konzert bereits eine Zeitinsel. Das „Märchenpoem“ basiert auf das Märchen die „Schneekönigin“. Ein bemerkenswertes Merkmal von „Märchenpoem“ ist Gubaidulinas Verwendung von Klangsymbolik, um die Charaktere und die Atmosphäre des Märchens darzustellen. Sie schafft Klangbilder, die die Kälte der Schneekönigin, die Verlockungen des Bösen und die Hoffnung der Protagonisten einfangen.

Den Beginn des Konzertes machte ein kurzes, aber musikalisch spannendes Stück, dessen Urheberschaft im Dunkeln liegt. Ist das „Sinfonische Präludium“ von Anton Bruckner oder von seinem Schüler Rudolf Krzyzanowski. Vielleicht war es auch eine „Hausarbeit“, die Bruckner Krzyzanowski gestellt hatte.

Ein wuchtiger, sehr romantischer Abend ging mit Standing Ovations zu Ende.




Zeitinsel Gubaidulina – Zwischen Bach und Bajan

Der 04. Februar 2023, samstagfrüh um 11 Uhr. Die richtige Zeit für das nächste Konzert der Zeitinsel Gubaidulina. Dieses Mal standen Werke von Johann Sebastian Bach und eben Sofia Gubaidulina auf dem Programm. Daneben stand ein ungewöhnliches Instrument im Mittelpunkt: das Bajan. Das russische Instrument Bajan ist eine Art Akkordeon. Es ist ein handgefertigtes Instrument mit Tasten und Bassknöpfen, das einen warmen und voluminösen Klang hat. Aber es kann auch anders: Grollen, Fauchen und Atmen.



Die drei Stücke von Bach wurden vom Cellisten Narek Hakhnazaryan sehr gefühlvoll gespielt. Dabei waren Besucher und Musiker gleichzeitig auf der Bühne, so dass es ein intimes Konzert wurde. Der Kontrast zur Musik von Gubaidulina war sehr stark, aber ich denke, jeder Besucher konnte die spirituellen Gemeinsamkeiten zwischen dem Barockmeister und der Komponistin zeitgenössischer Kammermusik spüren.

Die Akteure des Samstagvormittagskonzerts (v.l.n.r.) kathrin Rabus, Elsbeth Moser, Narek Hakhnazaryan und Li Chang. (Foto: (c) Petra Coddington)
Die Akteure des Samstagvormittagskonzerts (v.l.n.r.) kathrin Rabus, Elsbeth Moser, Narek Hakhnazaryan und Li Chang. (Foto: (c) Petra Coddington)

„Silenzio“ ist ein Stück, das 1991 komponiert wurde. Es ist ein besonderes Beispiel für Gubaidulinas Verwendung von Stille und Raum in ihrer Musik, um tiefgreifende spirituelle und emotionale Ausdrucksformen zu schaffen. Hier spielen Violine, Violoncello und eben das Bajan eine wichtige Rolle. Der extrem leise Beginn auf der Violine (Kathrin Rabus) sorgt dafür, dass die Aufmerksamkeit der Besucher geschärft wird. Man hört sogar das Umblättern der Seiten. Das entscheidende ist aber der Einsatz des Bajans, gespielt von Elsbeth Moser. Von zärtlichem Wispern bis hin zu wütendem Grollen entlockt sie dem Instrument ungeahnte Lebendigkeit.

In der Bearbeitung für Violoncello und Bajan erklang „In croce“. Es verwendet eine starke kontrapunktische Struktur, um eine dichte, atmosphärische Klangwelt zu schaffen. Zusätzlich zu den komplexen polyphonen Strukturen enthält das Stück auch meditative Passagen, die das Thema „Kreuz“ aufnehmen, Auch hier fängt das Bajan langsam an, fast suchend, bis es im späteren Verlauf im komplexer und intensivere Klangstrukturen bildet.

Beim letzten Stück „De profundis“ musste Elsbeth Moser aus gesundheitlichen Gründen passen, ihr Schüler Li Chang übernahm ihren Part. „De profundis“ verwendet eine Vielzahl von Klängen und Farben, um eine dichte und atmosphärische Klangwelt zu schaffen. Das Stück ist geprägt von seiner starken rhythmischen Struktur und den kontrastreichen Passagen, die von leisen, meditativen Abschnitten zu lauten und explosiven Ausbrüchen wechseln. Hier kann man spüren, dass das Bajan atmet.