Kraftvoller Aufstand einer Fraueninitiative

Auf großes Interesse stieß die
Ausstellungseröffnung „Sich ins Geschehen werfen“ am Sonntag im
Hoesch-Museum. Im Rahmen des f2 Fotofestivals zeigt das Museum Fotos
und Exponate der Hoesch Fraueninitiative und ihrem Kampf zum Erhalt
der Stahlarbeitsplätze Anfang der 80ziger Jahre. Dieser hatte bis
jetzt im historischen Rückblick wenig Beachtung gefunden. Vor der
Museumstür schürte Museumsmitarbeiter Karl-Heinz Jenrich, stilecht
im silbernen Hitzeschutzanzug gekleidet, das Feuer in einer
Feuertonne.

Zur
Eröffnung der Ausstellung sprachen u.a. Dr. Karl Lauschke,
Vorsitzender der Freunde des Hoesch-Museums e.V. (2.v.li) und Isolde
Parussel (re.) einführende Worte. Die Leiterin des Hoesch-Museums
ordnete die 22 Fotos der Schau als zeithistorische Fotografien und
nicht als zeitgenössische Bilder ein. Der Betrachter könne erleben
wie zeitlos Solidarität ist und was ein gemeinsames Einstehen für
ein Ziel bewirken könne. Hier nahm sie auch Bezug auf die
Solidarität und Demonstrationsstärke der ehemaligen DDR-Bürger,
die den Fall der Mauer zur Folge hatte.

Dr. Karl Lauschke, Vorsitzender der Freunde des Hoesch-Museums e.V. (2.v.li) und Isolde Parussel (re.) bei der Eröffnung der Ausstellung.
Dr. Karl Lauschke, Vorsitzender der Freunde des Hoesch-Museums e.V. (2.v.li) und Isolde Parussel (re.) bei der Eröffnung der Ausstellung. (Foto: © Anja Cord)

Die
schwarzweiß Fotos des Dortmunder Fotografen Gisbert Gramberg stehen
im Zentrum der Ausstellung. Er begleitete damals die Aktionen der
Frauen mehrere Monate in einer freien Fotoarbeit, die heute einen
Einblick in das intensive Engagement der Protestierenden geben. Es
sind die Originalabzüge aus der damaligen Zeit. Aber auch die
Exponate wie die Unterschriftenlisten, ein Liederbuch der Initiative
oder ein Zeitungsbericht über die Hungerstreikenden vermitteln
eindrücklich die Intensität der Auseinandersetzung.

Auslöser
der Aktivitäten war die Stahlkrise der 70iger Jahre die in
Entlassungen und Werksschließungen zu enden drohte. Die beteiligten
Frauen, viele von Ihnen waren in anderen Berufen tätig, schlossen
sich aus Überzeugung mit den Stahlarbeiterfrauen zusammen um für
den Erhalt der Werke und damit der Arbeitsplätze zu kämpfen. Sie
organisierten zahlreiche Infostände in den Stadtteilen und
beteiligten sich an Demonstrationen. Mit dem Verkauf von
„Arbeitsplätzchen“ sammelten sie Spenden, an einem Tag vor der
Reinoldikirche sammelten sie gemeinsam mit den Stahlwerkern 13000
Unterschriften gegen die Werksschließungen. Der Slogan lautete
„Stahlwerk jetzt, später oder gar nicht?“

Große
Bewunderung und Unterstützung erlangten 7 Frauen der Initiative, die
Anfang Februar 1981 für drei Tage vor dem Tor 1 der Westfalenhütte
in einen Hungerstreik traten.

Mit
Rita Schenkmann-Raguse (re.)und Brigitte Sonnenthal-Walbersdorf (li.)
waren die zwei Zeitzeuginnen anwesend, die ihr Archivmaterial für
die Konzeption einer Ausstellung zur Verfügung gestellt hatten. Die
Auswertung der umfangreichen Unterlagen übernahmen Svenja Grawe von
der Ruhr Universität Bochum und Frederic Roth von der TU Dortmund.

Zwei Zeitzeuginnen: Rita Schenkmann-Raguse (re.)und Brigitte Sonnenthal-Walbersdorf (li.)
Zwei Zeitzeuginnen: Rita Schenkmann-Raguse (re.)und Brigitte Sonnenthal-Walbersdorf (li.) (Foto: © Anja Cord)

Die
Ausstellung läuft bis 9. Februar 2020. Öffnungszeiten des Museums
sind Di./Mi. 13h bis 17h, Do 9h bis 17h, So 10h bis 17h




Ausstellung erinnert an Hoesch-Fraueninitiative

Im Rahmen des diesjährigen f² Fotofestivals in Dortmund zum Thema
„Gerechtigkeit“ bietet das Hoesch-Museum vom 09. November 2019
bis zum 09. Februar 2020 einen interessanten Beitrag unter dem Titel
„Sich ins Geschehen werfen“.

Erinnert wird an
den in Vergessenheit geratenen starken Einsatz der
Hoesch-Fraueninitiative in den vier Monaten Ende 1980 bis in den
Februar 1981 hinein für den Erhalt der Arbeitsplätze in der
Westfalenhütte. Die Chefetage von Hoesch hatte damals ihr
Versprechen zurückgenommen, ein neues modernes Stahlwerk zu
errichten, um den 13.000 verbliebenen Arbeitskräften ihre
Lebensgrundlage zu erhalten.

Mit 25 Fotografien
(zeitgenössische Abzüge) in schwarz-weiß vom Dortmunder
Foto-Designer Gisbert Gerhard sowie einigen Archivarien (Dokumente,
Unterschriftensammlungen und anderen Stücken) wird diese
aufrührerische Zeit wieder lebendig gemacht.

Zu sehen ist das originale Banner des damaligen Hungerstreiks der Hoesch-Fraueninitiative, vergrößerte Fotos und Dokumentationen der vielen Aktionen (z.B. Unterschriftensammlungen). Gisbert Gerhard hatte die Widerstandskraft der Frauen während der ganzen Zeit fotografisch begleitet.

Rita Schenkmann-Raguse erzählte über die ereignisreiche Zeit Anfang der 80er Jahre.
Rita Schenkmann-Raguse erzählte über die ereignisreiche Zeit Anfang der 80er Jahre.

Eine der beteiligten Zeitzeuginnen ist Rita Schenkmann-Raguse. Sie ist eine der wichtigen Aktivistinnen der Fraueninitiative. Beim Pressegespräch im Hoesch-Museum erzählte sie lebendig von dieser bewegenden Zeitspanne. Es wurde nach und nach eine politische Welle in aufrührenden Zeiten angeschoben. Auch normale „Hausfrauen erhoben damals mutig ihre Stimme „Stahlwerk jetzt!“. Die Solidarität gegenüber den Betroffenen wuchs. „Es war eine Schule des Selbstbewusstseins“, so Schenkmann-Raguse. Es wurde sich einfach in das „Geschehen geworfen“.

Dabei waren die
Frauen unabhängig von ihrer Herkunft, Beruf und persönlicher
politischer Position gemeinsam aktiv. Von Vorwürfen der
Instrumentalisierung von Parteien konnten sie sich freimachen . Allen
gemeinsam (ob direkt mit Hoesch verbunden oder nicht) war die
Einsicht in die Notwendigkeit, sich für die Zukunft der Gesellschaft
zu engagieren. Stadtweit schlossen sich sich verschiedene
Bürgerbewegungen an. Auch die Liedermacherin Fasia Jansen aus
Hamburg unterstützte das Engagement der Frauen.

Das Hoesch-Museum
arbeitete das reichhaltige Konvolut gemeinsam mit zwei Studierenden
der TU Dortmund und der Ruhr-Universität Bochum auf. Svenja Grawe
kuratiert dabei die Ausstellung mit.

Die Ausstellung ist
in in Abschnitte eingeteilt und geht von den Anfängen der
Hoesch-Fraueninitiative, über die Vorbereitung und Durchführung
einer Demonstration bis letztendlich zum kurzen Hungerstreik als
Zeichen.

Zudem ist auch eine
zwanzigminütige Filmdokumentation von Studierenden aus der Zeit zu
sehen.

Eine hochaktuelle
Ausstellung, die deutlich macht, wie wichtig gerade auch bei den
vielen „Brandherden“ in der Gesellschaft Widerstand und
gemeinsames Eintreten für humanitäre Interessen ist. Damals waren
es starke Frauen, die mutig Zeichen gesetzt haben.

Die Ausstellung wird
am Sonntag, den 10.11.2019 um 11.00 Uhr im Hoesch-Museum von Isolde
Parussel (Leiterin des Museums) eröffnet. Zur Eröffnung ist das
fünfköpfige Ruhrgebiets-Ensemble „Vokalrunde“ zu hören, das
eigens zu diesem Anlass ein Lied geschrieben hat. Übrigens: Ein
Ensemble-Mitglied ist die Nichte der Friedensaktivistin und
Liedermacherin Fasia Jansen!

Begleitprogramm: Donnerstag, 28. November 2019 um 18:00 Uhr: Museumsgespräch: „Unsichtbare Motoren“ . Die Fraueninitiative Hattingen während des Hüttenstreiks 1986/87. Referentin: Alicia Gomy (Institut für soziale Bewegungen Bochum). 02. Februar 2020, 11.00 Uhr Sonntagsmatinee: Der Hungerstreik 1981 der Hoesch-Fraueninitiative mit Rita Schenkmann-Raguse, Brigitte Sonnenthal-Walbersdorf und weiteren Zeitzeuginnen.

Ein Bericht der Ausstellungseröffnung von unserer Kollegin Anja Cord: https://ars-tremonia.de/kraftvoller-aufstand-einer-fraueninitiative/