MAMATOR – oder Glanz und Elend eines Kuttenfans

Eine Kutte ist eine Jeansjacke, die mit Aufnähern übersäht ist. Bei Fußballfans steht meist der eigene Verein im Vordergrund, doch es gibt auch Aufnäher, die den Rivalen oder andere missliebige Vereine beleidigen. Ihre Hochzeit hatten die Kuttenfans im Fußball in den 70ern und 80ern. Mittlerweile sind sie in den Stadien beinahe eine Randerscheinung geworden, im Mittelpunkt der Fankultur stehen die Ultras-Gruppierungen, die mit Gesängen und Choreografien das Bild der Profiligen prägen.



Die Kuttenfans stehen auch für die eher proletarische Variante der Fußballfans, die die Stadien bevölkert haben, als Fußball noch nicht hip war und auch nicht in den verschiedenen Privat-TV-Sendern gezeigt wurde. Von Sky und Co ganz zu schweigen.

Basierend auf dem Roman „Nordkurve“ des Gelsenkirchener Autors Michael Klaus, der 1993 von Adolf Winkelmann verfilmt wurde, erarbeitete der kürzlich verstorbene Theatermacher Rolf Dennemann für artscenico einen Text mit dem Titel „Mamator oder guck mal ob die Mama guckt“.

„Mamator“ ist ein Solostück, das in einem Hinterhof spielt. Denn „Mamator“ spielt mit der Umgebung. Maximilian Strestik als namenloser Protagonist versucht öfters mit seiner Umgebung zu kommunizieren, sei es umherfliegende Vögel oder imaginäre Nachbarn.

Der Handlungsrahmen ist kurz erzählt: In einem Hinterhof hat sich ein Mann seinen Rückzugsort geschaffen. Der Mann ist Mitte 40 und lebt eigentlich noch bei seiner Mutter. Vor seiner Mutter verheimlicht er, dass er arbeitslos ist. Er ist leidenschaftlicher Fußballfan, Welterklärer, Biertrinker und hat, so sagt er, Stadionverbot. Dabei findet heute das entscheidende Spiel seines Vereins gegen den Abstieg statt.

Die Hauptfigur hat die Begabung, so nenne ich es mal, lose Zusammenhänge zu verknüpfen und dann in Wortkaskaden auf die Zuschauenden loszulassen. So verbindet er beispielsweise Wurstsorten mit Redewendungen in denen Wurst vorkommt. Vergleichbar mit einem Typen in der Kneipe, der einem nach einem oder zwei Bier ungefragt die Welt erklärt, indem er beliebige Bruchstücke zu einem Ganzen zusammenfügt.

Dazu passt das Setting sehr gut: Ein etwas heruntergekommener Hinterhof in der Missundestraße in der Nordstadt wird zu einem Fußballfeld, Grillplatz und Aufenthaltsort, den natürlich die Mama nicht entdecken darf.

Rolf Dennemann zeigt uns die Hauptfigur als einen Menschen, der sich seine eigene Welt geschaffen hat, in der der Geist der 70er/80er Jahre weht („Früher hießen die Fußballer noch Eisenfüße“). Auch zu erkennen im Namen des Wirtsehepaars Gerda und Jupp.

Diese Figur bringt uns Maximilian Strestik sehr gut rüber. Seine ganze Versponnenheit und positiver Enthusiasmus für seinen Verein machen ihn sofort sympathisch und sorgen für einige Lache im Publikum.

Auch wenn das Stück nicht für die EM 2024 konzipiert wurde, es ist eine wunderbare Reminiszenz an eine Fußballkultur, die es in dieser Form nur noch selten gibt. Zumal das Ruhrgebiet sicherlich eine Hochburg der Kultur der Kuttenfans war.

Wer also den Menschen hinter der Kutte erleben möchte, kann am 03. und 04. Mai 2024 jeweils um 19 Uhr in die Missundestraße 10 kommen.

Eintrittspreise 17/10€

Tickets online unter ticketree oder Reservierung unter orga@artscenico.de.

Darsteller: Maximilian Strestik

Regie: Matthias Hecht

Regieassistenz: Ludwig Juhrich

Dramaturgie: Berthold Meyer

Ausstattung: Marius Glagovsek

Mitarbeit Produktion: Sven Möller

Fotos: Guntram Walter Artwork / Presse & Öffentlichkeitsarbeit: Lars Wege




Mamator – Guckt die Mama?

Die Sprache im Ruhrgebiet ist schon eine besondere Sprache. Nehmen wir mal den Titel des Stückes „Mamator“. Es kann „mach mal (mama) das Tor“ oder auch „Mama, Tor!“ bedeuten. Jedenfalls es geht über Fußball. Nein, nicht über einen bestimmten verein. Das letzte Stück des kürzlich verstorbenen Rolf Dennemann, dem Kopf von artscenico, basiert lose auf dem Roman „Nordkurve“ von Michael Klaus, der von Adolf Winkelmann verfilmt wurde.



Die Hauptfigur, G. (gespielt von Maximilian Strestik) genannt, lebt noch mit Mitte 40 bei seiner Mutter und verbringt fast die gesamte Zeit in einem Hinterhof. Seiner Mutter erzählt er, dass er arbeiten geht. G. ist großer Fußballfan und das letzte Spiel seines Lieblingsverein steht an, bei dem es um Abstieg oder Klassenerhalt geht. Er selbst kann nicht im Stadion sein, da er nach eigenen Angaben Stadionverbot hat.

G. ist nicht nur Fußballfan, sondern auch erzählt auch gerne. So erklärt er die große und kleine Welt und kommt von Hölzken auf Stöcksken. Eine Art Kneipenphilosoph, die im Ruhrgebiet verbreitet ist und spätestens nach dem dritten Bier ihre Sicht der Dinge zum Besten geben.

Der Infoflyer zum Stück "Mamator" von artscenico.
Der Infoflyer zum Stück „Mamator“ von artscenico.

Auch wenn das Stück im Hinterhof der Missundestraße 10 tief in der Dortmunder Nordstadt spielt: In „Mamator“ geht es um keinen speziellen Fußballverein. Eher um das Lebensgefühl von Menschen, die einen Großteil ihres Lebens ihrem Fußballverein widmen. Denn Liebe kennt keine Liga.  

Mamator ist ein Theatersolostück für einen lebendigen Ort – also nicht notwendigerweise ein Theater. Mamator ist eine Hinterhofballade; Garagenblues. Und nicht zuletzt ist Mamator auch eine Hommage an einen Fan und seinen Fußball.

Natürlich könnte man denken, dass „Mamator“ ein kultureller Beitrag zur EM 2006 in Dortmund sei, aber das Stück war vorher schon geplant, leider kam der Tod Dennemanns dazwischen. Damit ist „Mamator“ nicht nur eine Erinnerung an Rolf Dennemann, sondern auch der Neubeginn von artscenico.

Uraufführung am 26.04.24

Aufführungen: 27.04. / 03. & 04.05.24 / Beginn 19:00 Uhr

Hinterhof Missundestraße 10, Dortmund

Eintrittspreise 17/10€

Tickets online unter ticketree oder Reservierung unter orga@artscenico.de.




Rolf Dennemann verstorben

2024 fängt für das Dortmunder Kulturleben mit einer schlechten Nachricht an: Rolf Dennemann, der Kopf und Macher von artscenico ist in der Nacht vom 05. auf den 06. Januar 2024 gestorben.



Natürlich hatte unser Kulturblog schon früh seine Fühler nach Rolf und artscenico ausgestreckt. Der erste Beitrag über ihn war noch im Rahmen der Vorstellung des Programms der Museumsnacht 2013. Damals berichtete meine Frau noch über eine Performance in den Katakomben des Dortmunder U unter dem Titel „Lost in Culture“.

Danach sahen Rolf und ich uns regelmäßig bei Pressekonferenzen, zunächst überwiegend im Theater im Depot, in denen Performances wie „Missing Links“ oder „Die Messe“ stattfanden. Für manche (zu) ungewöhnlich, mich haben diese Performances immer wieder fasziniert. Ich erfuhr auch, wie tief er in der Dortmunder Kulturszene verwurzelt war.

Was Rolf und artscenico ausmachten, war, dass sie auch immer in die Stadtgesellschaft hineingingen. Das „Tal der fliegenden Messer“ sowie der Nachfolger „Juckpulver und Hagebuttentee“ fanden in einem Hinterhof der Missundestraße statt, für „Alice“ wurde der Fredenbaumpark zum Wunderland und Rolf zeigte auch, dass Kultur auf Friedhöfen sich nicht ausschließen.

Nicht zu vergessen, durch Rolf habe ich bemerkenswerte SchauspielerInnen wie Elisabeth Pleß, Thomas Kemper, Chino Monagas oder Cynthia Scholz kennengelernt.

Vom Depot zur Nordstadt über den Hauptfriedhof bis hin zum Haus Schulte-Witten: Unsere Wege haben sich oft gekreuzt und ich war immer gespannt, was Rolf sich wieder hat einfallen lassen. ars tremonia dankt dir für all diese Erfahrungen.




30 Jahre artscenico – drei Monate Festival mit Brennschärfe X

An einem ungewöhnlichen, aber sehr ehrwürdigem Ort feiert die freie Theatergruppe um Rolf Dennemann ihr 30-jähriges Bestehen: Das Haus Schulte-Witten in Dorstfeld ist der Schauplatz eines Programms, das über drei Monate das Erdgeschoss in künstlerische Anordnungen verwandelt. Der Startschuss fällt am 01. Oktober 2021 um 18 Uhr.

Rund 36 einzelne Veranstaltungen halten das Haus Schulte-Witten in künstlerischem Atem. Möglich gemacht hat das eine Kooperation mit der Stadt- und Landesbibliothek und die Förderung durch das NRW Landesbüro für freie Künste.

Der Eingangsbereich vom Haus Schulte Witten. Im Erdgeschoss wird artscenico von Oktober bis Dezember 2021 der Hausherr sein.
Der Eingangsbereich vom Haus Schulte Witten. Im Erdgeschoss wird artscenico von Oktober bis Dezember 2021 der Hausherr sein.

Ein zentraler Punkt ist die gleichnamige Fotoausstellung namens „Helter Skelter“. Die Ausstellung ist immer mittwochs von 17.00 – 21.00 Uhr geöffnet und von donnerstags – sonntags immer 1 Stunde vor Veranstaltungsbeginn. Die Fotos von Guntram Walter sind schöne Zeitdokumente über die verschiedensten Aktion von artscenico. Dazu gibt es die Möglichkeit, Unikate zu kaufen. Daneben gibt es einen kleinen Raum – für zwei bis drei Menschen gleichzeitig – in dem Filme angeschaut werden können.

Doch die Eröffnung bietet noch mehr, nämlich den ersten „in-ear“ Abend. Hier müssen Matthias Hecht, Elisabeth Pleß, Sascha von Zambelly und Stefanie Winner direkt wiedergeben, was sie auf dem Ohr gesagt bekommen. Ohne Zeit zu reflektieren. Um 20 Uhr ist am 01. Oktober Zeit für Künstler wie Jonathan Meese, Joseph Beuys und andere. Weitere dieser „in-ear“ Abende gibt es am 09.10.21 um 20 Uhr mit dem Thema „Wissenschaftler“ und am 05.11.21 um 20 Uhr sowie am 06.11.21 um 19 Uhr mit dem Thema Sport.

Musikalisch bietet die Veranstaltungsreihe auch einiges. Volker Wendland spielt mit Gregor Hengesbach Gypsy Swing am 02.10.21 um 19 Uhr und am 16.12.21 um 15 Uhr, am 07.10.21 um 20 Uhr präsentiert sich Chilek mit der ungewöhnlichen Kombination Gitarre, Cello und Schlagwerk, Yoyo Röhm bringt am 21.10.21 um 19 Uhr musikalische Gäste mit. Literatur trifft auf Musik am 25.11.21 um 20 Uhr, denn dann liest Elisabeth Pleß und Chilek machen dazu Musik.

Für langjährige Mitstreiter von artscenico finden gesonderte Abende statt, bei denen sie sich präsentieren können. Thomas Kemper entwickelt seine „Frauenfigur“ am 30.10.21 um 19 Uhr, danach ist der Besucher zu Gast bei Matthias Hecht am 26.11.21 um 19 Uhr und am 17.12.21 um 20 Uhr präsentiert Elisabeth Pleß ihr Programm.

Selbstverständlich ist auch Rolf Dennemann beim Mammutprogramm vertreten. „Hattingen ist nicht Helsinki“ lautet seine Lesung mit Drums und Piano, die am 12.11.21 um 20 Uhr stattfinden wird. Daneben macht er auch das Gespräch „Der Tod auf Visite“ am 19.11.21 um 20 Uhr, bei dem es um die Frage geht, wie er und sein berufliches Umfeld mit seiner Krebserkrankung umgeht.

Darüber hinaus gibt es weitere Veranstaltungen mit Lesungen, Musik und sogar Tanz. Eine Filmcrew kommt dreimal zum Filmen und an manchen Tagen kann man sein mitgebrachtes Grillgut grillen lassen. Wann? Das ausführliche Programm finden Sie auf https://www.artscenico.de/blog/2021/09/10/brennschaerfe-x/. Dort finden Sie auch Informationen zu Kartenreservierungen.

In den Veranstaltungsraum passen coronabedingt nur 20 Menschen, es kann sein, dass die Kapazität auf 30 erhöht werden kann. Dennoch möchten die Veranstalter von artscenico, dass der intime Charakter gewahrt wird.
Eintritt:
Normaler Ausstellungsbesuch: kostenfrei
Konzerte: 15 €/10 €
Performances: 10 €/5 €
Tanzabende: 15 €/10 €
L’après-midi (sonntags): 5 €
Flatrate alle Veranstaltungen: 100 €

Eine Reservierung ist erforderlich. Es gelten die Regeln der Coronaschutzverordnung.




Premiere von Blutmond unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Am Freitag, den 20.03.2020 um 20:00 Uhr sollte die Premiere „Blutmond“ (About fear and fun, love and loss) von artscenico e.V. im Dortmunder Theater im Depot unter der Regie von Rolf Dennemann „normal“ mit Publikum stattfinden. Der Coronavirus macht einen Strich durch die Rechnung.

Beim Pressegespräch verkündeten die Organisatoren nun, dass die Premiere wie geplant zum Termin unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt werden soll.

Vorgesehen sind eine Videoaufzeichnung und eventuell ein Streaming in den sozialen Medien.

Blutmond (Blue Moon) ist im englischen Sprachgebrauch die Bezeichnung für einen zweiten Vollmond innerhalb eines Monats im gregorianischen Kalender und ein seltenes Ereignis. Eine Metapher für Sehnsüchte. Die Performance spielt assoziativ mit den Themen Angst, Verlust, Unsicherheit aber auch mit Liebe und Spaß. Es geht um Transformationen, Träume und das Leben. Es sollen kleine Bilder im Kopf der Zuschauenden entstehen.

Mit "Blutmond" probiert artscenico andere Wege: Die Premiere wird gestreamt. gespannt sind (v.l.n.r.) Elisabeth Pleß (Performerin), Rolf Dennemann (arscenico), Regieassistentin Maya Porat und Joanna Stanecka (Performerin).
Mit „Blutmond“ probiert artscenico andere Wege: Die Premiere wird gestreamt. gespannt sind (v.l.n.r.) Elisabeth Pleß (Performerin), Rolf Dennemann (arscenico), Regieassistentin Maya Porat und Joanna Stanecka (Performerin).

Die „organisch surreal“ anmutenden Inszenierungen von artscenico passen gut in diese Zeit. Unsere Realität wirkt gerade jetzt surreal unwirklich. Die Inszenierung enthält Elemente aus Tanz, Performance, Video und Musik und fügt sie zu einem Gesamtkonzept zusammen.

Beteiligt sind drei Performerinnen (Elsa Marschall, Elisabeth Pleß, Joanna Scanecka) eine Live-Band (2 Gitarren, Kontrabass, Sängerin) mit Swing und Gypsy-Sol Musik (zum Beispiel „Fly me to the moon). Dazwischen wird es als Kontrast auch brachiale Musik und kurze Texte (etwa von Stanislaw Lem) eingebaut.

Zu spüren ist die Unsicherheit der Situation für alle Beteiligten. Genaue Planungen sind nicht möglich. Positiv ist das Gefühl des Zusammenhalts der Künstler*innen, sowie der Wille von allen, die Widrigkeiten zu meistern und ihre Arbeit zu einem guten Ende zu führen.

Achten Sie auf aktuelle Informationen in den (sozialen) Medien!




artscenico lud zum Meeting 2020

Traditionell lud „artscenico“ unter der Leitung von Rolf Dennemann und seine langjährigen Mitstreiter Matthias Hecht, Elisabeth Pleß, Thomas Kemper, Joanna Stanecka, Chino Monagas, Cynthia Scholz am 28.01.2020 zum diesjährigen Meeting in das Dortmunder Theater im Depot ein.

In diesem Jahr stand das besondere Treffen von Künstlern und Publikum unter dem Motto „Check dein Weltbild“. Sie positionieren sich damit deutlich gegen Hass, rechte Propaganda und Terror. Heimat ist hier kein Kampfbegriff.

Der Musik-Leistungskurs des Max-Planck-Gymnasiums überraschte das Publikum mit ihrer eigenen Interpretation von Franz Schuberts „Der Lindenbaum“ (Winterreisezyklus)

Es wurde in der Folge öfter nachdenklich und besinnlich. Rolf Dennemann las „Das Phänomen“ (1981) von Hanns Dieter Hüsch als eindrucksvolles Statement geben Ausgrenzung.

Wie gewohnt wurde zunächst auf die Produktionen des letzten Jahres wie die „Hinterhof-Trilogie in der Missundestraße (Raum vor Ort), „Choose your Granny“, „Silent City“ oder „Konstellation H2“ (ein Abend über Wohin und Hier) zurück geblickt. Johanna Stanecka und Thomas Kemper boten live eine Kostprobe aus „Konstellation H“.

Einen Ausblick auf die (sicherlich wieder humorvoll-skurrilen) Produktionen 2020 gab es natürlich auch. So kann sich das Publikum am 20./21. März diesen Jahres auf „Blutmond – About fear and fu, love and loss“ mit Live-Band freuen.

Ende Mai gibt es das Projekt „artscenico quasel 2020“ (moderierte Filmübersicht).

 Roman D. Metzner (Akkordeon) und der Countertenor Etienne Walch sorgten für ein musikalisches Highlight an dem Abend. (Foto: © Anja Cord)
Roman D. Metzner (Akkordeon) und der Countertenor Etienne Walch sorgten für ein musikalisches Highlight an dem Abend. (Foto: © Anja Cord)

Spannend wird die für den Oktober 2020 vorgesehenen Produktion „Peer Gynt“ (Henrik Ibsen). Sie wird „Open Air“ in einem Park aufgeführt werden. Musik spielte im weiteren Verlauf eine nicht unbedeutende Rolle.

Direkt vor der Pause gab es als Einspieler „Griechischer Wein“ (Udo Jürgens) mit Text auf der Leinwand. Der zweiten Teil der Performance an diesem Abend brachte mit dem ausgezeichneten Countertenor Etienne Walch, begleitet von Roman D. Metzner am Akkordeon ein großes musikalisches Highlight.

Das Trio Ansambal NAj mit der Sängerin Manuela Weichenrieder, Serge Corteyn (Gitarre, Elektronics) sowie Ludger Schmidt (Cello) sorgten mit ihren jazzig-jiddischen Liedern für Gänsehautmomente.

Eindringlich vorgetragen von Schauspielerin Elisabeth Pleß wurden Kurt Tucholskys bitteres und starkes politisches Gedicht „Rosen auf den Weg gestreut“.

Zum Abschluss gab es noch eine ironisch-witzige „Belobigung“ von artscenico für das ökologisch und politisch sicher vorbildliche Verhalten des Publikums.




Kooperationsprojekt von artscenico zum Thema „Stille“

Die Welt um uns herum wird immer hektischer, lauter und
schnelllebiger. Wenig Zeit und Muße zum Innehalten und sich auf die
Stille mit all ihren erhellenden, anheimelnden oder manchmal auch
bedrückend wirkenden Aspekten einzulassen und dann sie auszuhalten.

Mit einer neuen
erweiterten Koproduktion „Silent City“ möchte artscenico unter
künstlerischen Leitung von Rolf Dennemann, Hans Dreher (Prinz
Regenten Theater) und João
Garcia Miguel (Teatro
Ibérico/Lissabon)
mit einem internationalem
Künstlerensemble die BesucherInnen auf eine Expeditionsreise durch
inszenierte Räume (25 Stationen) in verschiedenen Versionen
(Theater, Tanz, Installation, Projektion, Bilder) rund um das Theater
im Depot führen. Das
Projekt ist außerdem
eine Kooperation mit
„Parzelle im Depot“
und dem Depot e.V. Unterstützt
wird „Silent City“ unter anderem vom Kulturverband Ruhr und NRW
Kultur International.

Rolf Dennemann entführt uns mit artscenico in die "Stille Stadt" (Silent City).
Rolf Dennemann entführt uns mit artscenico in die „Stille Stadt“ (Silent City).

Nach
Version I im Bochumer Prinz Regenten Theater, finden die Premieren
der Version II im Dortmunder Depot am 06.09.2019 ( Freitag) und am
07.09.219 (Samstag) statt.

Wie
Rolf Dennemann beim Pressegespräch verriet, gab es die Idee zum
Projekt schon länger und sie bot sich als Kooperationsprojekt mit
Gleichgesinnten an. Wichtig ist dabei eine intime Atmosphäre.

Nur
für jeweils 6 Personen, jeweils zur vollen Stunde, ist der Zugang
möglich.

Der
Einlass ist stündlich ab 17:00 bis 21:00 Uhr.

Es
wird der gesamte Gebäudekomplex (Depot) für eine Betrachtung des
Themas „Stille“ in all seinen dramatischen Zuständen mit
verschiedenen künstlerischen Mittel
genutzt.

Die
BesucherInnen treffen auf Schauspieler, Tänzer, Musiker und
Performer, welche stille,
theatrale Situationen herstellen, oder aber eine menschenleere
Rauminstallation, die fremd gewordene Stille intensiv verkörpert.
Die Spanne reicht von geschlossenen Geschichten mit einem Anfang und
Ende, bis hin zu abstrakten sowie meditativen Bildern, Tanz oder kaum
vernehmbare Musik.

Auf
alle Fälle wird es ein individuelles, von jeder Person anders
empfundenes Abenteuer für den, der sich darauf einlässt.
Ausgangspunkt ist der der Eingangsbereich zum Theater im Depot (Bar).

Achtung: Eine Voranmeldung ist dringend notwendig!

Telefonisch
unter 0231/ 9822336 (Anrufbeantworter) oder, per E-Mail:
ticket@theaterimdepot.de




Vom Ghetto-Netto zum Vermieter-Gebieter

Der dritte Teil der Nordstadtsaga um den Hinterhof in der
Missundestraße 10 trägt den schönen Titel „Soda und Gomera“.
Nach „Juckpulver und Hagebuttentee“ (2018) und „Im Tal der
fliegenden Messer“ (2017) geht es diesmal mit der Produktion von
artscenico in die Zukunft. Hier ist die Nordstadt das hippe Viertel
der Republik und die Mietwilligen stehen Schlange. Eine schwere
Entscheidung für den Vermieter, der sich als König geriert. Zudem:
The Return of the Omas. Ein Premierenbericht vom 13. Juni 2019.

Zurück in die
Zukunft – wo andere einen Fluxkompensator brauchen, um in die
Vergangenheit zu reisen, reichen Rolf Dennemann, der Kopf hinter
artscenico, nur ein paar Papptafeln um von 2017 und 2018 in die
Zukunft und wieder zurück zu reisen.

Die altbekannten
Gesichter sind wieder dabei: Emmi (Elisabeth Pleß) ist die Frau vom
Vermieter (Linus Ebner) und Walla (Thomas Kemper), der als Oma einen
mobilen Kiosk mit dem schönen Namen „Wallahalla“ betreibt.
Logischerweise gibt es dort Eierlikör in rauen Mengen.

Was tut man/frau nicht alles, um dem Vermieter zu gefallen und die Wohnung zu bekommen. (Foto: © Guntram Walter)
Was tut man/frau nicht alles, um dem Vermieter zu gefallen und die Wohnung zu bekommen. (Foto: © Guntram Walter)

Die Hauptgeschichte
spielt im Jahre 2022: Der junge Hausbesitzer weiß nicht, an wen er
eine seiner Wohnungen vermieten soll. Die Nordstadt ist so attraktiv
geworden, dass die Kandidaten Schlange stehen und an einem
„Mietmarathon“ teilnehmen müssen. Walla ist mit seinem mobilen
Kietz-Kiosk unterwegs als er seinen alten Kumpel Kalla wiedertrifft,
der jahrelang als Maskenverleiher auf Gomera sein karges Leben
fristete.

Rolf Dennemann hat
hier wieder das aktuelle Thema „Wohnungsnot“ in gewohnt
skurril-amüsanter Form aufbereitet. Auch wenn die Nordstadt noch
weit weg ist von der Gentrifizierung, in anderen Städten müssen die
Mietkandidaten sich quasi nackt machen vor dem „Vermieter-Gebieter“.
Schon die kleinste Verfehlung kann das Aus bedeuten. Schwierig ist es
auch für einen unerfahrenen Vermieter, der das Haus vererbt bekommt,
den oder die richtige Kandidatin zu finden. Es hat ja auch etwas mit
Vertrauen zu tun, wem man seine Wohnung vermietet.

Wer es am Ende sein
wird, verrate ich nicht, denn das können die Besucher am 21. und 22.
Juni 2019 noch selbst herausfinden. Wer also etwas Abstand vom
Kirchentag haben möchte und Lust hat sich intelligent und
hintergründig zu unterhalten, der sollte gegen 19:30 Uhr nicht an
der Missundestraße 10 vorbei gehen. 90 Minuten echte
Nordstädter-Hinterhofatmospähre mit überdachter Tribüne.




Soda und Gomera – wenn die Nordstadt zum Hipsterviertel wird

Irgendwann in der Zukunft – also 2022 – verwandelt sich die
Nordstadt in ein beliebtes Hipsterviertel, bei dem sogar der
Prenzlauer Berg vor Neid erblasst. Das ist zumindest die Ausgangslage
von „Soda und Gomera“, dem dritten Stück von Rolf Dennemann, dem
Kopf von artscenico, das im Hinterhof der Missundestraße 10
stattfindet. Die Premiere ist am 13. Juni 2019.

Das Stück „Soda
und Gomera“ ist im Prinzip der dritte Teil von „Tohuwabohu“ und
„Juckpulver und Hagebuttentee“. Nicht nur der Ort ist derselbe,
sondern auch die gleichen Hauptakteure machen wieder die Nordstadt
unsicher.

Handlungsort:
Hinterhof in der Dortmunder Nordstadt. Thema: „Wohnung zu
vermieten“- die Reaktionen auf seine Anzeige stürzt den jungen
Hausbesitzer in seiner Ambition, menschlich und „politisch
korrekt“ zu handeln, geradewegs in die Abgründe seiner
Vorurteile und zwingt zur Konfrontation mit sich selbst und der Frage
nach Vertrauen. Die Nordstadt ist 2022 zum Hipsterviertel geworden
und Menschen aus aller Welt wollen dort hinziehen. Er hat Wohnungen
zu vermieten und es melden sich zahlreiche Interessenten mit
unterschiedlichsten Hintergründen. Wem kann man vertrauen? Er ringt
mit sich und seinen menschlichen Vorstellungen von Zusammenleben.
Eine Stimme sagt ihm immer wieder „Achtung! Hier stimmt was nicht!“
Es entsteht Chaos und Verwirrung. Die Wohnungssuchenden werden mit
Prüfungen konfrontiert und versuchen mit allen möglichen Tricks,
den Zuschlag zu bekommen. Wie schwer wiegt hier Vertrauen und wie
wird Vertrauen aufgebaut?

Probenfoto mit Thomas Kemper (Walla), Linus Ebner (Deniz) und Elisabeth Pleß (Emmi). (Foto: © Guntram Walter)
Probenfoto mit Thomas Kemper (Walla), Linus Ebner (Deniz) und Elisabeth Pleß (Emmi). (Foto: © Guntram Walter)

Dennemann hat also
ein aktuelles Thema auf die Bühne bzw. den Hinterhof gebracht: Der
alltägliche kampf um das Wohnen. Wen darf ich was vermieten und wie
finde ich den richtigen Mieter? Es beginnt für jeden potentiellen
Mieter ein „Miet-Marathon“ durch verschiedene Räume, bei dem
bald alles aus dem Ruder läuft. „Das Wort Chaos wäre eine
Untertreibung“, beschreibt Dennemann die Situationen.

Altbekannte Figuren
wie Kalla und Walla treten wieder auf und es gibt Rückblicke auf die
Vorgängerstücke. Mit dabei sind unter anderem Thomas Kemper,
Matthias Hecht, Elisabeth Pleß, Linus Ebner, Asta Nechajute.

Sichern Sie sich Ihren Platz durch Voranmeldung, die Tickets liegen an an der Abendkasse:

orga@artscenico.de
und telefonisch unter 0176 63826162

PREMIERE:
DONNERSTAG, 13.Juni 2019, 19.30 Uhr

und 14.6., 21./22.6.

Dortmund –
Nordstadt – Missundestraße 10 (Hinterhof)

Und 21./22.6. im
Kulturprogramm des Ev. Kirchentages




Poetische Fotografien im Kunstraum

Vom 23. Februar bis
zum 12. April 2019 zeigt der Kunstraum in Langen August an der
Braunschweiger Straße Fotos von Guntram Walter und Rolf Dennemann
unter dem Titel „Laue Luft kommt blau geflossen“.

Der Titel der
Ausstellung stammt zwar aus einem Gedicht von Joseph von Eichendorff,
doch die Fotografien, die beinahe jede Nische des Kunstraums
ausfüllen, spiegeln die jüngeren Projekte von artscenico wider.
Seit 2010 begleitet der Fotograf Guntram Walter artscenico und hält
eindrucksvolle Impressionen der Inszenierungen fest. Dabei gehen die
ausgewählten Fotografien über reine Erinnerungen und Dokumentation
hinaus, daher sind sie auch nicht chronologisch aufgehängt. Für
etwa 75 Prozent der Bilder ist Walter verantwortlich, die anderen 25
Prozent stammen von Dennemann.

Guntram Walter begleitet die artscenico-Produktionen schon seit 2010.
Guntram Walter begleitet die artscenico-Produktionen schon seit 2010.

Wer die Produktion
von Rolf Dennemann, dem Kopf hinter artscenico verfolgt hat, wird
häufig ein Dé­jà-vu-Er­leb­nis bekommen. Dennemann und
Wagner haben sich bis auf eine Ausnahme auf „Outdoor-Produktionen“
konzentriert, daher sind beispielsweise Bilder aus Litauen, der
Nordstadt („Juckpulver und Hagebuttentee“) oder dem Hauptfriedhof
(„Rehe auf der Lichtung“) zu sehen. Eine Ausnahme ich ein Foto
aus der Inszenierung „50 Menschen“, die im Depot stattfand.

Die größte Schwierigkeit bestand sicherlich aus der Auswahl der etwa 5.000 bis 6.000 Fotos. „Das Problem war die Befangenheit vor dem eigenen Spiegel“, formulierte Dennemann das Dilemma. Fotos, die man vor Monaten noch toll fand, fielen plötzlich in der Gunst weit nach hinten. Doch ein Foto hat einen besonderen Platz. Es stammt aus der Produktion „Juckpulver und Hagebuttentee“ und die abgebildeten Personen schauen den eintretenden Besucher an.

Auch wenn es Bilder
sind, die Aktionen „draußen“ zeigen, für die Ausstellung wurde
ein intimer Raum gesucht, der nicht so flüchtig ist. Da bot sich der
Kunstraum idealerweise an. Möglicherweise wird die Ausstellung auch
nach Lissabon und/oder Kaunas wandern.

Passend zur
Ausstellung gibt es noch ein kleines Rahmenprogramm. So werden Rolf
Dennemann und Elisabeth Pleß eine kleine Lesung mit Musik unter dem
Titel „Laute und leise Laute mit Gesicht“ geben. Sie findet am
06. April 2019 um 20 Uhr im Kunstraum statt.

Öffnungszeiten
Kunstraum

Dienstag bis Freitag
15 bis 19 Uhr

www.langer-august.de