Der Sternstundenmarathon 2025 – Rising Stars im Konzerthaus

Mit Benjamin Kruithof (Cello), Sào Soulez Larivière (Viola), Carlos Ferreira (Klarinette), dem Quartett „Quatuor Agate“ und Mathilda Lloyd (Trompete) schaffte es das Konzerthaus erneut, mehr als vier Stunden mit klassischer Musik zu füllen. Der Schwerpunkt der Stücke lag im 20. Jahrhundert. Die Sonate für Klavier und Violoncello von Brahms aus dem Jahre 1865 war das älteste Werk an diesem Abend. Moderiert wurde die Veranstaltung, wie bereits im vergangenen Jahr, von Marlies Schaum. Ein Konzertbericht vom 1. Februar 2025.

Vielfältige Klänge der Streich- und Holzblasinstrumente

Benjamin Kruithof startete zusammen mit Zhora Sargsyan am Klavier den Abend mit dem genannten Werk von Brahms. Die Sonate wird häufig als „Sonate in Erinnerung an Beethoven und Bach“ bezeichnet, da Brahms sich stilistisch und motivisch auf diese Komponisten bezieht. Besonders bemerkenswert ist die gleichberechtigte Behandlung von Klavier und Violoncello, was das Werk zu einem Dialog zwischen den beiden Instrumenten macht.

Danach spielten beide noch das „Rêverie“ für Cello und Klavier, das die Komponistin Sally Beamish speziell für Kruithof geschrieben hat. Hier steht die Ruhe der Natur in Luxemburg, der Heimat Kruithofs, im Mittelpunkt.

Die Viola oder Bratsche gilt zu Unrecht als das Stiefkind der klassischen Musik, doch junge Künstler wie Sào Soulez Larivière zeigen, welche Möglichkeiten und Klangfülle in diesem Instrument stecken. Vor allem im dritten Stück seines Konzerts demonstrierte Larivière das Potenzial der Viola. Die „Sequenza VI“ für Viola von Luciano Berio fordert eine hohe Ausdauer und technische Meisterschaft von den Interpreten, da es eine enorme Präzision und Kontrolle über Klangfarben und Spieltechniken erfordert. Auch die melancholische „Elegie“ von Strawinsky und das Auftragswerk „Cloth“ von Julia Wolfe zeigten, dass Larivière sein Instrument perfekt beherrscht.

Die große Bühne des Konzerthauses war bereitet für die Rising Stars. (Foto: (c) David Vasicek)
Die große Bühne des Konzerthauses war bereitet für die Rising Stars. (Foto: (c) David Vasicek)

Nach den Streichinstrumenten gab es nach der ersten Pause eine kleine Abwechslung. Das Holzblasinstrument Klarinette stand im Mittelpunkt und damit auch Carlos Ferreira. Er wurde begleitet von Pedro Emanuel Pereira am Klavier. Ferreira begann das Konzert mit der „Sonate für Klarinette und Klavier“ von Francis Poulenc. Die Sonate erfordert von beiden Instrumenten technisches Können und eine gute Zusammenarbeit. Klarinette und Klavier treten in einen lebendigen Dialog. Poulenc nutzt die klanglichen Möglichkeiten der Klarinette meisterhaft, von tiefen, warmen Tönen bis zu hohen, strahlenden Passagen. Auch von Leonard Bernstein gibt es eine „Sonate für Klarinette und Klavier“. Ähnlich wie Poulenc verwendet Bernstein Jazzelemente in seiner Musik.

Beim Stück „La lune, l’ombre et moi“ von Lanqing Ding für Solo-Klarinette ging sogar der Mond auf – wenn auch nur per Projektion. Diese poetische Inszenierung passte perfekt zu dem Stück der chinesischen Komponistin.

Von kraftvollen Quartetten bis zur Trompete als Soloinstrument

Danach war es Zeit für das Quartett. „Quatuor Agate“, bestehend aus Adrien Jurkovic (Violine), Thomas Descamps (Violine), Raphaēl Pagnon (Viola) und Simon Iachemet (Cello), überzeugte vor allem mit dem Streichquartett Nr. 8 von Dmitri Schostakowitsch. Das Quartett ist geprägt von einer düsteren, elegischen Atmosphäre, durchsetzt mit Momenten aggressiver Energie und bedrückender Stille, die die Musiker gekonnt herausarbeiteten. Es ist nicht nur ein politisches Statement, sondern auch eine Auseinandersetzung mit Schostakowitschs Identität und seinem Überlebenskampf im repressiven sowjetischen System.

Auch düstere Momente prägten „Last Flight“ der Auftragskomponistin Anna Korsun. Das Stück erinnerte an Musik für Horror- oder Gruselfilme. Die ukrainische Komponistin verarbeitete darin die Geschichte des Komponisten Carlo Gesualdo, der seine Frau und ihren Liebhaber ermordete.

Nach der zweiten Pause kam Mathilda Lloyd auf die Bühne. Ihr Instrument ist die Trompete, und sie wurde von Martin Cousin am Klavier begleitet. Lloyd spielte Werke von Alfred Desenclos, George Enescu, Alan Hovhaness und Dani Howard, die mit „Continuum“ eigens ein Stück für sie geschrieben hatte. Die ausgewählten Werke passten hervorragend zusammen und boten einen krönenden Abschluss des abwechslungsreichen Abends.




Rising Stars – Sternstundenmarathon im Konzerthaus

Einmal im Jahr ist es soweit – ein über vierstündiges Konzert mit aufstrebenden NachwuchskünstlerInnen. Die „jungen Wilden“ zeigten, dass sie an ihren Instrumenten bereits wahre Meister sind. Es spielten Júlia Pusker (Violine), Christia Hudziy (Klavier), Sebastian Heindl (Orgel), Sean Shibe (Gitarre), das Sonoro Quartett, Mathis Stier (Fagott) und Ria Akamatsu (Klavier).



Den Beginn machte die Violinistin Júlia Pusker, die begleitet wurde von Christia Hudziy am Klavier. Den Beginn machten die „Fünf Melodien“ von Sergej Prokofjew in der Fassung für Violine und Klavier. Diese Stücke sind charakterisiert durch ihre expressive Vielfalt und die Fähigkeit des Komponisten, eine breite Palette von Emotionen und Stimmungen zu erfassen. Danach folgte das Auftragsstück für Pusker. Alle „Rising stars“-Künstler bekommen jeweils ein Auftragswerk auf ihren Leib geschrieben. Und Éric Tanguy schaffte mit „Trois pièces“ für Violine solo die Virtuosität von Pusker zu unterstreichen. Sein Stück ist eine Art Hommage an das Instrument und zeigt die Bandbreite der Emotionen, die die Violine hervorbringen kann. Den Schlusspunkt setzte Pusker mit der Rhapsodie für Violine und Klavier von Béla Bartók. Die wilden Tänze aus seinem Heimatland Ungarn hat der Komponist bewahrt, was zu einem wunderbaren Hörerlebnis führte.

Danach war Sebastian Heindl an der Orgel an der Reihe. Wer Bach erhofft hatte, wurde enttäuscht, denn Heindls Leidenschaft liegt nicht nur in der Klassik, sondern auch im Jazz und im Rock. Vor allem die Hammondorgel hat es ihm angetan. So kamen neben Clara Schumanns „Caprice à la Boléro“ und Camile Saint-Saens “Dance macabre” auch eine “Rock-Toccata” von Heindls selbst komponiert zu Gehör. Es ist faszinierend, wie Heindl die Orgel so einstellen kann, dass sie wie unterschiedliche Instrumente klingt. Auch das Stück „Orck“, das von Moritz Eggert für ihn geschrieben wurde, verwendet verschiedene Spieltechniken und unterstreicht die Virtuosität von Heindl.

Nach der großen Pause stand Sean Shibe im Mittelpunkt. Bei seinem Solo-Konzert im Mai 2023 zeigte sich Shibe noch experimentierfreudig und spielte auf Laute, Gitarre und E-Gitarre. Beim Sternstundenmarathon beließ er es bei akustischer Gitarre. Auf seinem Programm stand Johann Sebastian Bachs „Präludium, Fuge und Allegro“ (BWV 998). Bachs herausragender Technik, expressiver Tiefe und innovativem Geist wurde von Shibe Genüge getan. Auch beim Auftragswerk von Thomas Adès („Forgotten dances“) zeigte, dass Shibe ein wahrer Meister am Griffbrett ist. Die Akkordfolgen und Läufe waren ziemlich herausfordernd.

Danach war es Zeit für das Sonoro Quartett. Sie starteten das Konzert mit dem Streichquartett Hob. III:78, das durch seine melodische Schönheit, formale Klugheit, dynamische Vielfalt und den programmatischen Charakter des zweiten Satzes, der den Sonnenaufgang darstellt, beeindruckt. Auch die MusikerInnen Sarah Jégou-Sagemann (Violine), Jeroen de Beer (Violine), Séamus Hickey (Viola) und Léo Guiguen (Violoncello) konnten auch musikalisch überzeugen und harmonierten perfekt zusammen.

Das zweite Stück, ein Auftragswerk Annelies van Parys mit dem Titel „Tsunami“, ist geografisch in Japan angesiedelt, jedoch geht es in dem Stück nicht um einen Wassertsunami, sondern um den Klang einer Vielzahl von Zikaden. So wurden die Streichinstrumente des Sonoro Quartetts zu einem Meer von Zikaden.

Von einem Inselstaat zum nächsten führte uns Mathis Stier nach der Pause. Mit seinem Fagott ging es nach Island. „Remenbering“ von Maria Huld Markan Sigfúsdóttir beschäftigt sich mit dem Thema Gedächtnisverlust, Demenz und vagen Erinnerungstücken, die ab und zu auftauchen. Die Kombination zwischen dem Fagott und der Elektronik, die bearbeitete Klänge von Cellos abspielen, sorgte für eine mystische Atmosphäre.  

Danach folgte die Sonate für Fagott und Klavier von Camille Saint-Saëns. Stier zeigte uns ihre Eleganz, melodische Schönheit und Virtuosität. Seine Begleiterin am Klavier war Rie Akumatsu. Zum Schluss spielten beide noch „Interférences“ von Roger Boutry. In diesem Werk setzt Boutry die einzigartigen Qualitäten des Fagotts ein, um melodische Linien und virtuose Passagen zu präsentieren, während das Klavier als Begleitinstrument und zur Erweiterung des Klangspektrums dient.