Eine Oper als Requiem

Wenn ein Opernkomponist wie Gaetano Donizetti ein Requiem komponiert, dann können sich die Zuhörenden auf ein Werk freuen, dass dramatisch, lyrisch und alles dazwischen ist. Die Dortmunder Philharmoniker und der Philharmonische Chor des Dortmunder Musikvereins unter der Leitung von Granville Walker präsentierten das Werk am 17. Juni 2023 in der Reinoldikirche im Rahmen des Festivals „Klangvokal“.



Die „Messa di Requiem“ von Donizetti wurde ursprünglich im Jahr 1835 komponiert. Sie wurde zu Ehren des italienischen Schriftstellers und Dichters Alessandro Manzoni geschrieben, der ein enger Freund von Donizetti war. Das Werk wurde jedoch erst nach Donizettis Tod im Jahr 1846 veröffentlicht.

Donizettis Requiem ist ein liturgisches Werk für Solisten, Chor und Orchester. Es besteht aus den traditionellen Teilen des Requiems, wie dem Introitus, dem Kyrie, dem Dies Irae, dem Offertorium, dem Sanctus und dem Agnus Dei.

Doch seine Arbeit als Opernkomponist kommt deutlich zum Tragen. Donizetti verwendet ausdrucksstarke Melodien, die oft von den Solisten und dem Chor interpretiert werden. Diese Melodien haben oft eine lyrische Qualität, die typisch für Donizettis Opern ist. Wie in seinen Opern geht es aber nicht nur lyrisch zu. Die dramatischen Passagen des Dies Irae oder des Offertoriums erinnern an die intensiven Momente in seinen Opern, in denen Spannung und Leidenschaft dargestellt werden.

Dafür braucht man gute Stimmen. Mit Anna Sohn (Sopran), Anna Harvey (Mezzosopran), Carlos Cardoso (Tenor), Germán E. Alcántara (Bariton) und Jens Hamann (Bass) hatte Granville Walker exzellente Solisten an seiner Seite, die vom Philharmonischen Chor adäquat begleitet wurden.

Der Abend hat gezeigt: Ein gelungenes Requiem von Donizetti, das sich vor Verdis Requiem nicht zu verstecken braucht.




Starker Chor bei Dvořáks Requiem

Die lateinische Totenmesse hat viele Komponisten inspiriert. Denken wir an das wohl berühmteste Requiem von Mozart, das „Deutsche“ von Brahms oder an das „War Requiem“ von Britten. Auch Antonín Dvořák komponierte 1890 ein Requiem, was am zweiten Tag seiner Zeitinsel am 16. Mai 2014 aufgeführt wurde. Im Gegensatz zu „Rusalka“ einen Tag zuvor waren kaum slawische Klänge zu hören.

 

Das Requiem von Dvořák ist musikalisch sehr spannend, denn der Komponist nimmt einerseits Rückgriffe auf den typischen gregorianischen Gesang, der vor allem im erstenTeil, aber auch im „Offertorium des zweiten Teils hörbar wird. Andererseits sind deutliche spätromantische Einflüsse deutlich erkennbar oder Rückgriffe auf andere Musikstile wie der Wiener Klassik. Es erscheint, als hätte Dvořák aus dem Fundus der Vergangenheit das für ihn wichtigste herausgenommen, um sein Requiem zu schreiben.

 

Durch seine klaren Rückgriffe auf die Gregorianik bekommt das Werk einen ehrwürdigen, fast archaischen Charakter. Besonders im ersten Teil, der die Angst der armen Sünder für dem Tag der Abrechnung beschreibt, bekommt Dvořáks Musik einen beklemmenden Ton. Im zweiten Teil, der mehr von der Bitte um Vergebung geprägt ist, wird die Musik hoffnungsvoller, ja fast froher.

 

Dvořáks Requiem steht und fällt mit einem Chor. Hatte der Tschechische Philharmonische Chor Brünn noch bei „Rusalka“ eine fast unbedeutende Nebenrolle gespielt, übernimmt sie im Requiem die Hauptrolle und drängt die Solisten in den Hintergrund. Nicht das Juliane Banse (Sporan), Jolana Fogašová (Mezzosporan), Peter Berger (Tenor) oder Alejandro Marco-Buhrmester (Bass) in irgendeiner Weise schlecht gesungen hätten, auf keinen Fall, doch gegen die Stimmgewalt des Chores, die in beinahe magischer Weise die Töne in Energie umwandelten, die unter die Haut ging, waren sie zweiter Sieger.

 

Ein Chor braucht auch jemanden, der sie lenkt. Dirigent Iván Fischer meisterte die Aufgabe, sein Orchester, das Budapest Festival Orchestra,  und den Chor zu einer kompletten musikalischen Einheit zu schmieden.

 

Auch wenn mir „Rusalka“ musikalisch noch einen Tick besser gefallen hat, der zweite Abend der „Zeitinsel Dvořák“ enttäuschte auf keinen Fall.