MAMATOR – oder Glanz und Elend eines Kuttenfans

Eine Kutte ist eine Jeansjacke, die mit Aufnähern übersäht ist. Bei Fußballfans steht meist der eigene Verein im Vordergrund, doch es gibt auch Aufnäher, die den Rivalen oder andere missliebige Vereine beleidigen. Ihre Hochzeit hatten die Kuttenfans im Fußball in den 70ern und 80ern. Mittlerweile sind sie in den Stadien beinahe eine Randerscheinung geworden, im Mittelpunkt der Fankultur stehen die Ultras-Gruppierungen, die mit Gesängen und Choreografien das Bild der Profiligen prägen.



Die Kuttenfans stehen auch für die eher proletarische Variante der Fußballfans, die die Stadien bevölkert haben, als Fußball noch nicht hip war und auch nicht in den verschiedenen Privat-TV-Sendern gezeigt wurde. Von Sky und Co ganz zu schweigen.

Basierend auf dem Roman „Nordkurve“ des Gelsenkirchener Autors Michael Klaus, der 1993 von Adolf Winkelmann verfilmt wurde, erarbeitete der kürzlich verstorbene Theatermacher Rolf Dennemann für artscenico einen Text mit dem Titel „Mamator oder guck mal ob die Mama guckt“.

„Mamator“ ist ein Solostück, das in einem Hinterhof spielt. Denn „Mamator“ spielt mit der Umgebung. Maximilian Strestik als namenloser Protagonist versucht öfters mit seiner Umgebung zu kommunizieren, sei es umherfliegende Vögel oder imaginäre Nachbarn.

Der Handlungsrahmen ist kurz erzählt: In einem Hinterhof hat sich ein Mann seinen Rückzugsort geschaffen. Der Mann ist Mitte 40 und lebt eigentlich noch bei seiner Mutter. Vor seiner Mutter verheimlicht er, dass er arbeitslos ist. Er ist leidenschaftlicher Fußballfan, Welterklärer, Biertrinker und hat, so sagt er, Stadionverbot. Dabei findet heute das entscheidende Spiel seines Vereins gegen den Abstieg statt.

Die Hauptfigur hat die Begabung, so nenne ich es mal, lose Zusammenhänge zu verknüpfen und dann in Wortkaskaden auf die Zuschauenden loszulassen. So verbindet er beispielsweise Wurstsorten mit Redewendungen in denen Wurst vorkommt. Vergleichbar mit einem Typen in der Kneipe, der einem nach einem oder zwei Bier ungefragt die Welt erklärt, indem er beliebige Bruchstücke zu einem Ganzen zusammenfügt.

Dazu passt das Setting sehr gut: Ein etwas heruntergekommener Hinterhof in der Missundestraße in der Nordstadt wird zu einem Fußballfeld, Grillplatz und Aufenthaltsort, den natürlich die Mama nicht entdecken darf.

Rolf Dennemann zeigt uns die Hauptfigur als einen Menschen, der sich seine eigene Welt geschaffen hat, in der der Geist der 70er/80er Jahre weht („Früher hießen die Fußballer noch Eisenfüße“). Auch zu erkennen im Namen des Wirtsehepaars Gerda und Jupp.

Diese Figur bringt uns Maximilian Strestik sehr gut rüber. Seine ganze Versponnenheit und positiver Enthusiasmus für seinen Verein machen ihn sofort sympathisch und sorgen für einige Lache im Publikum.

Auch wenn das Stück nicht für die EM 2024 konzipiert wurde, es ist eine wunderbare Reminiszenz an eine Fußballkultur, die es in dieser Form nur noch selten gibt. Zumal das Ruhrgebiet sicherlich eine Hochburg der Kultur der Kuttenfans war.

Wer also den Menschen hinter der Kutte erleben möchte, kann am 03. und 04. Mai 2024 jeweils um 19 Uhr in die Missundestraße 10 kommen.

Eintrittspreise 17/10€

Tickets online unter ticketree oder Reservierung unter orga@artscenico.de.

Darsteller: Maximilian Strestik

Regie: Matthias Hecht

Regieassistenz: Ludwig Juhrich

Dramaturgie: Berthold Meyer

Ausstattung: Marius Glagovsek

Mitarbeit Produktion: Sven Möller

Fotos: Guntram Walter Artwork / Presse & Öffentlichkeitsarbeit: Lars Wege




Mamator – Guckt die Mama?

Die Sprache im Ruhrgebiet ist schon eine besondere Sprache. Nehmen wir mal den Titel des Stückes „Mamator“. Es kann „mach mal (mama) das Tor“ oder auch „Mama, Tor!“ bedeuten. Jedenfalls es geht über Fußball. Nein, nicht über einen bestimmten verein. Das letzte Stück des kürzlich verstorbenen Rolf Dennemann, dem Kopf von artscenico, basiert lose auf dem Roman „Nordkurve“ von Michael Klaus, der von Adolf Winkelmann verfilmt wurde.



Die Hauptfigur, G. (gespielt von Maximilian Strestik) genannt, lebt noch mit Mitte 40 bei seiner Mutter und verbringt fast die gesamte Zeit in einem Hinterhof. Seiner Mutter erzählt er, dass er arbeiten geht. G. ist großer Fußballfan und das letzte Spiel seines Lieblingsverein steht an, bei dem es um Abstieg oder Klassenerhalt geht. Er selbst kann nicht im Stadion sein, da er nach eigenen Angaben Stadionverbot hat.

G. ist nicht nur Fußballfan, sondern auch erzählt auch gerne. So erklärt er die große und kleine Welt und kommt von Hölzken auf Stöcksken. Eine Art Kneipenphilosoph, die im Ruhrgebiet verbreitet ist und spätestens nach dem dritten Bier ihre Sicht der Dinge zum Besten geben.

Der Infoflyer zum Stück "Mamator" von artscenico.
Der Infoflyer zum Stück „Mamator“ von artscenico.

Auch wenn das Stück im Hinterhof der Missundestraße 10 tief in der Dortmunder Nordstadt spielt: In „Mamator“ geht es um keinen speziellen Fußballverein. Eher um das Lebensgefühl von Menschen, die einen Großteil ihres Lebens ihrem Fußballverein widmen. Denn Liebe kennt keine Liga.  

Mamator ist ein Theatersolostück für einen lebendigen Ort – also nicht notwendigerweise ein Theater. Mamator ist eine Hinterhofballade; Garagenblues. Und nicht zuletzt ist Mamator auch eine Hommage an einen Fan und seinen Fußball.

Natürlich könnte man denken, dass „Mamator“ ein kultureller Beitrag zur EM 2006 in Dortmund sei, aber das Stück war vorher schon geplant, leider kam der Tod Dennemanns dazwischen. Damit ist „Mamator“ nicht nur eine Erinnerung an Rolf Dennemann, sondern auch der Neubeginn von artscenico.

Uraufführung am 26.04.24

Aufführungen: 27.04. / 03. & 04.05.24 / Beginn 19:00 Uhr

Hinterhof Missundestraße 10, Dortmund

Eintrittspreise 17/10€

Tickets online unter ticketree oder Reservierung unter orga@artscenico.de.